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Nationale E-Government-Strategie - Bund und Länder verstärken ihre Bemühungen

STRATEGIE | GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 12 vom 21.12.2011


Nachholbedarf beim E-Government

Bund und Länder schlagen bei der Umsetzung der "nationalen E-Government-Strategie" ein höheres Tempo an. Ziel der Einführung einer "digitalen Verwaltung" ist unter anderem die Entbürokratisierung insbesondere von Tätigkeiten der Verwaltung für den Bürger. So ist es denkbar, dass der Umzug von einer Stadt in die andere irgendwann keine Behördengänge mehr nach sich zieht. Stattdessen sollen in Zukunft alle Ummeldungen am neuen Wohnort - wie etwa die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt, die Ummeldung von Autos oder die Anmeldung beim Finanzamt - per Internet möglich sein. Ein weiteres Ziel der E-Government-Strategie ist es, den öffentlichen Verwaltungen eine einheitliche IT-Architektur zu verschaffen und so Doppelentwicklungen zu vermeiden.

Die im letzten Jahr beschlossene Strategievorlage ist eine Reaktion auf den von Experten für Deutschland konstatierten Nachholbedarf bei der Einführung computergestützter Verwaltungsarbeit. So belege Deutschland im E-Governance-Ranking der Europäischen Union nur den 13. Platz. Da sich träge Verwaltungsarbeit auch auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland niederschlagen könne, müsse hier eine Aufholjagd begonnen werden.

Gebündelt wird Deutschlands E-Government-Strategie im IT-Planungsrat. Dieser besteht aus einer Beauftragten der Bundesregierung und jeweils einem Vertreter aus den 16 Bundesländern. Die dem Planungsrat gestellten Aufgaben sind vielfältig und umfassen beispielsweise auch den Punkt "Innovative IT-Angebote des Staates". Ein anderes Feld sind die rechtlichen Aspekte eines stärkeren IT-Einsatzes im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland. So muss gewährleistet sein, dass der Datenschutz auch dann gewahrt ist, wenn Bürger persönliche Daten via Computer an die Verwaltung schicken. Die Arbeitsgruppe fungiert somit als Bindeglied zwischen dem staatlichen IT-Einsatz zur Digitalisierung der Verwaltung einerseits und der Wissenschaft und Wirtschaft andererseits. (1)


Mehr IT-Sicherheit, mehr Bürgerbeteiligung

Die Beschleunigung der bundesdeutschen E-Governance-Bemühungen ist die Folge eines kürzlich vom Planungsrat beschlossenen Schwerpunktprogramms. Nach eingehender Beratung mit Fachministerkonferenzen, Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern sowie Verbänden wurden unter anderem Mindeststandards im Bereich der IT-Sicherheit gesetzt. Diese werden als besonders wichtig erachtet, denn die Bürger sollen sich per Internet an kommunalen Diskussionen und Entscheidungsprozessen beteiligen können. Zu der großen Zahl beschlossener Maßnahmen gehört auch der Aufbau eines föderativen Informations- und Wissensmanagements, kurz FIM. (2), (4)


Hohes Interesse an E-Partizipation

Ebenfalls in den Kanon der E-Government-Strategie aufgenommen ist die sogenannte E-Partizipation. Gemeint ist damit die elektronische Mitwirkung der Bürger an der Verwaltungsarbeit. Diese Dialogmöglichkeit soll das Interesse der Bürger an den Aufgaben der Verwaltung erhöhen und Vertrauen bilden. Laut einer Studie schätzen zwei Drittel der Verwaltungen dieses Thema als bedeutend ein. Auf kommunaler Ebene haben bereits 52 Prozent der befragten Städte ein Beteiligungsangebot für Bürger und Wirtschaft aufgelegt. Bei Bund und Ländern fallen die Beteiligungsmöglichkeiten hingegen deutlich kleiner aus. Knapp ein Fünftel der befragten Verwaltungen will Möglichkeiten der E-Partizipation anbieten. (3)


Fortschritte durch den Personalausweis mit Chip

Ein zentraler Baustein für eine bürgerfreundliche und transparente Verwaltung ist der neue Personalausweis. Der nur noch scheckkartengroße Ausweis löst das Problem der zweifelsfreien Identifizierung eines Antragstellers. Zudem kann der Bürger mit dem Ende 2010 eingeführten Dokument eine qualifizierte elektronische Signatur durchführen, die der persönlichen Unterschrift gleichgestellt ist. Dies ist möglich, weil der neue Ausweis einen RFID-Chip enthält, auf dem sowohl Personaldaten als auch biometrische Daten des Besitzers gespeichert sind.

Schon heute gibt es Online-Serviceangebote der Verwaltung und der Behörden, die sich mit Hilfe des neuen Ausweises vom heimischen PC aus nutzen lassen. So können Autofahrer ihren Punktestand im Flensburger "Sündenregister" abrufen. Die Stadt Münster bietet den Online-Bezug von Dokumenten aus dem Katasterregister an. Bisher wurden sechs Millionen der neuen Ausweise ausgestellt, bis zum Jahr 2020 soll ihn jeder Bürger haben. (5)



Trends


Münster besonders innovativ

Die Stadt Münster ist Vorreiter auch auf anderen Gebieten der digitalen Verwaltung. So können sich die Bürger zum Beispiel ihre polizeilichen Führungszeugnisse online bestellen. Der neue Personalausweis ist als Identitätsnachweis freilich unverzichtbar. Zudem können Münsteraner Bürger das Internet bei der Beantragung eines KFZ-Wunschkennzeichens und für die Anmeldung von Elektrogroßgeräten zur Abholung und Entsorgung nutzen. Weitere Anwendungen betreffen die Bestellung von Personenstandsurkunden und die Anträge auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für private Baumaßnahmen an öffentlichen Straßen. (5)



Fallbeispiele


Weniger Papier in den Ämtern

Bürokratieabbau lässt sich nicht nur durch die Einführung von digitalen Angeboten durch die Verwaltungen erreichen. Dies zeigt der neueste Beschluss der Bundesregierung. Das Kabinett bestimmte, dass die Aufbewahrungsfristen von Rechnungen und Belegen von derzeit zehn auf fünf Jahre verkürzt werden, um so die Finanz- und Lohnbuchhaltung zu vereinfachen. Alleine diese Maßnahme soll die jährlichen Bürokratiekosten um 10,9 Milliarden Euro reduzieren. Das Maßnahmenpaket wurde von Verbänden und Interessengemeinschaften einhellig begrüßt. (6)


München setzt auf Berater

Auch München will sich eine eigene E-Government-Strategie geben. Innerhalb eines halben Jahres soll nun erst einmal festgestellt werden, wie weit die Stadt hinsichtlich der Schaffung einer digitalen Verwaltung überhaupt ist. Für die sich daran anschließenden Maßnahmen ist vorgesehen, auf externe Berater zurückzugreifen. Ziel soll die Entwicklung einer bürgerfreundlichen IT-Architektur sein. (7)


Kindergeld online

Nach der Registrierung mit Hilfe des neuen Personalausweises können Eltern bei der Bundesagentur für Arbeit an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr Informationen über ihren Kindergeldbezug abrufen und Änderungen der persönlichen Daten vornehmen. Auch die Abfrage des Bearbeitungsstandes eines über Kindergeld-Online eingereichten Antrages und die Anzeige der Zahlungs- und Leistungsinformationen zum eigenen Kindergeldbezug sind möglich. (8)



Weiterführende Literatur:

(1.) Bürokratie auf einen Klick
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.12.2011, Nr. 284, S. B5

(2.) Haushaltskonsolidierung durch Koproduktion
aus Der Neue Kämmerer vom 01.12.2011, Nr. 5, S. 8

(3.) Aktuelle Studie belegt hohes Interesse der öffentlichen Verwaltung an Bürgerbeteiligung (E-Partizipation). Kommunen sind bei E-Partizipation aktiver als Bund und Länder
aus news aktuell, 2011-11-08

(4.) E-Government-Strategie
aus CIO - IT-Strategie für Manager, Meldung vom 18.10.2011

(5.) E-Government mit neuen Personalausweis
aus CIO - IT-Strategie für Manager, Meldung vom 22.11.2011

(6.) "Großer Wurf für Bürokratieabbau"
aus Passauer Neue Presse vom 19.12.2011

(7.) D-München: Softwareprogrammierung und -beratung
aus Passauer Neue Presse vom 19.12.2011

(8.) Kindergeld online rund um die Uhr
aus Rheinische Post Nr. vom 16.08.2011

Robert Reuter

Metainformationen

Quelle: GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 12 vom 21.12.2011
Dokument-ID: c_strategie_20111221

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