GENIOS WirtschaftsWissen > STRATEGIE
Logo GENIOS WirtschaftsWissen

Die Schaeffler-Gruppe - steht der Konzern vor dem Aus

STRATEGIE | GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 02/2009 vom 09.02.2009

Beitrag

Das Schaeffler Konzern hat sich mit der Übernahme des Reifen- und Autoelektronik-Konzerns Continental übernommen. Die Übernahme wird deutlich teurer als geplant und die Continental-Aktien verlieren immer mehr an Wert. Schaeffler möchte gern auf Staatshilfen zurückgreifen, die dieser aber ablehnt. Zudem trifft die Finanzkrise den Schaeffler-Konzern. Ist das Unternehmen jetzt auf Investoren angewiesen?


Schaeffler hat sich mit Continental-Übernahme übernommen

Die Übernahme der Continental AG hat die Schaeffler-Gruppe deutlich geschwächt. Inzwischen hat Schaeffler 22 Milliarden Euro Schulden angehäuft, viel mehr als geplant und Continental ist wesentlich weniger Wert, als vor der Übernahme. Dabei sollte durch die Übernahme der weltweit drittgrößte Lieferant für fast alle Autohersteller entstehen.
Stattdessen ist Schaeffler gezwungen, sein Übernahmeversprechen einzuhalten und die Continental-Aktien zu einem, in der Zwischenzeit völlig überteuerten Preis, von 75 Euro abzunehmen. Die Finanzkrise hat dafür gesorgt, dass beim Reifenhersteller Continental die Geschäfte einbrechen, die Aktie verliert an Wert und Schaeffler muss, um alle Aktien kaufen zu können, Kredite aufnehmen. Zeitweise geriet der Continental-Aktienkurs unter die 20 Euro.
Um die Schuldenlast zu verringern wird jetzt nach externen Investoren gesucht. Konkrete Angebote gibt es aber bislang nicht. Daher hat Schaeffler den Staat um Hilfe gebeten, vorerst aber umsonst.
Zusätzlich zu den finanziellen Problemen, haben auch die wochenlangen Diskussionen um den Aufsichtsrat, die erst mit dem Rücktritt von Hubertus von Grünberg beendet waren, dem Ansehen von Schaeffler geschadet. (1)


Keine Staatshilfe für Schaeffler und Continental

Schaeffler ist ins Trudeln geraten. Die Übernahme und die Finanzkrise waren für den Konzern zuviel. Aus diesem Grund hat Schaeffler den Staat um Hilfe gebeten. Gesprächspartner von Schaeffler waren Bundeswirtschaftsminister Michael Glos und die Ministerpräsidenten Horst Seehofer aus Bayern und Christian Wulff aus Niedersachsen.
Im Laufe des Gesprächs wurde deutlich, dass es vorerst keine Finanzhilfe für Schaeffler geben wird. Stattdessen hat das Unternehmen die Auflage bekommen, in den nächsten Wochen, ein zukunftsweisendes Konzept vorzulegen. Diese Konzept muss zudem mit den beteiligten Banken abgesprochen worden sein. Das sind die Voraussetzungen für weitere Verhandlungen um eine Staatshilfe.
Generell wird eine mögliche staatliche Hilfe in der Politik und Wirtschaft kontrovers diskutiert. Staatshilfen seien nicht dazu da, um riskante Unternehmensentscheidungen zu unterstützen. (2)


Mit Innovation aus der Krise

Aufgrund der hohen Schulden von Schaeffler und der Finanzkrise ist das Unternehmen schwer angeschlagen. Ein Weg aus der Krise ist die Entwicklung neuer Techniken. Die Ingenieure von Schaeffler haben ein neues Kugellager entwickelt und hoffen auf neue Kunden. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung der Schaeffler-Gruppe Robert Schullan, sieht in den Branchen Windkraftwerk und Bahntechnik noch Wachstumspotential und bleibt für das Jahr 2009 insgesamt zuversichtlich.
Besonders in der noch relativ neuen Branche Windkraft wird ein großer Absatzmarkt erwartet. Im Bereich Bahntechnik sieht man in China einen großen Markt. Probleme hingegen befürchtet Schaeffler in der Schwerindustrie, die ihre Produktion heruntergefahren hat.
Grundsätzlich setzt der Schaeffler-Konzern, mit seinen weltweit 5 200 Mitarbeitern in Forschung und Entwicklung, auch in Krisenzeiten auf Innovationen. Pro Jahr werden 1 400 Erfindungen gemacht, davon werden 1 100 zum Patent angemeldet. Insgesamt hat Schaeffler zur Zeit 13 100 laufende Patente. (3)



Fallbeispiele

Continental-Finanzchef wechselt zu Thyssen

Alan Hippe, Continental Finanzchef, wechselt am 1. April in den Vorstand des ThyssenKrupp Konzerns. Dort soll er zusammen mit dem bisherigen Finanzchef von ThyssenKrupp, Ulrich Middelmann, das Finanzressort führen. Middelmann wird das Unternehmen im Jahr 2010 verlassen, dann wäre Hippe alleiniger Finanzchef. Bis dahin führt er innerhalb des Finanzressorts die Bereiche Recht und Controlling. Als Grund für den Wechsel von Hippe gilt die Übernahme von Continental durch die Schaeffler-Gruppe. Schaeffler hat ihm zwar den stellvertretenden Vorstandsvorsitz und die Leitung der Gummisparte angeboten, trotzdem zieht Hippe den Wechsel vor. (7), (9)

Aufsichtsratschef verlässt Continental

Eine weitere Personalmaßnahme betrifft den Aufsichtsratschef von Continental, Hubertus von Grünberg. Er ist wohl auf Druck der Schaeffler-Gruppe von seinem Posten als Aufsichtsratschef zurückgetreten. Schaeffler hatte von Grünberg vorgeworfen, dieser sabotiere systematisch gemeinsame Lösungen und verfolge eigene Interessen. Außerdem stand die Maßnahme im Raum, alle zehn Sitze im Aufsichtsrat neu zu besetzen, falls von Grünberg nicht zurücktreten werde. Trotzdem bleibt von Grünberg Mitglied des Aufsichtsrats. Neuer Conti-Aufsichtsratschef soll ein Schaeffler-Vertreter werden. (8)

Weiterführende Literatur:

(1.) Hawranek, Dietmar / Tietz, Janko, Aus der Kurve getragen, Die Hochzeit von Schaeffler und Conti wird für beide zur Existenzfrage / Der eine Konzern hat weit höhere Schulden als geplant, der andere ist deutlich weniger wert als gedacht, Der Spiegel, 26.01.2009, Nr. 5, Seite 66
aus Der Spiegel, 26.01.2009, Nr. 5, Seite 66

(2.) O.V., Kein Rettungsschirm für Schaeffler, AUTOHAUS Online, 29.01.2009
aus AUTOHAUS Online vom 29.01.2009

(3.) O.V., Schaeffler Gruppe Industrie / Breites Wälzlagerprogramm soll zu Wachstum führen, MM MaschinenMarkt, Nr. 001, 05.01.2009, S. 008
aus MM MaschinenMarkt Nr. 001 vom 05.01.2009 Seite 008

(4.) Hildebrand, Jan / Hartmann, Jens, Sechs Monate Kurzarbeit bei Schaeffler, Die Welt, 03.02.2009, Nr. 28, S. 11
aus DIE WELT, 03.02.2009, Nr. 28, S. 11

(5.) O.V., Die Kugelrolle, Die Schaeffler Gruppe Industrie präsentiert eine neue Wälzlagerbauart, Konstruktionspraxis, Nr. 001, 30.01.2009, S. 050
aus Konstruktionspraxis Nr. 001 vom 30.01.2009 Seite 050

(6.) Köhn, Rüdiger / Ritte, Johannes, Völlig verhoben, Die Übernahme von Conti hat Schaeffler ins Wanken gebracht / Nun sucht das Unternehmen doch nach Investoren, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2009, Nr. 22, S. 18
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2009, Nr. 22, S. 18

(7.) O.V., Presse: Conti-Finanzchef wechselt zu ThyssenKrupp, aktiencheck.de, 22.01.2009
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2009, Nr. 22, S. 18

(8.) O.V., Conti-Aufsichtsratschef gibt Posten ab, netzeitung.de, 24.01.2009
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2009, Nr. 22, S. 18

(9.) O.V., Weg frei für Alan Hippe, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.01.2009, Nr. 21, S. 16
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.01.2009, Nr. 21, S. 16

M.Dengl

Metainformationen

Quelle: GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 02/2009 vom 09.02.2009
Dokument-ID: c_strategie_20090209

Alle Rechte vorbehalten. © GBI-Genios