Inhaltsverzeichnis vom 13.04.2022

Geht es um militärische Hightech-Fantastereien, vergessen sogar die treuesten SVP-Politiker, was ihnen ihr Regimentskommandant aus Herrliberg befohlen hat: den immerwährenden Kampf für die integrale, sprich die totale Neutralität.

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine kippt in der Schweiz ein sicherheitspolitisches Tabu ums andere. Die Schweizer Luftwaffe soll ihren Beitrag zur Sicherung des europäischen Himmels leisten, fordert der Mitte-Präsident. Das Heer soll an Nato-Übungen teilnehmen können, meint sein FDP-Pendant. Sogar ein Beitritt zum Verteidigungsbündnis ist wieder denk- und öffentlich sagbar, übernommen haben das die Grünliberalen. Und angesichts des Todes und der Verwüstung, die russische Kurzstreckenraketen und Marschflugkörper in der Ukraine ...

Die Grube von Aminona ist von weit unten im Rhonetal sichtbar. Von Sierre aus erscheint sie als grauer Fleck zwischen Wiesen, Wäldern und Häusern. Je höher man fährt, 1000 Meter im Zickzack die Walliser Rebberge hoch, desto größer wird der Fleck. Bis man davor steht - und gar nichts mehr sieht.

Eine menschhohe Wellblechwand fasst die 15 Hektare große Schottergrube ein. Drinnen sollte das Aminona Luxury Resort and Village stehen, eine Ferienanlage im Megaformat: fünf Türme, mehrere Dutzend Luxuschalets, Restaurants und Edelshops, über 1000 Hotelbetten. Kostenpunkt: 650 Millionen Franken. Gebaut von der Gemeinde, finanziert mit russischem Geld. Das war der ...

Ich hatte gehofft, dass mein kleiner Sohn noch ein paar positive Erinnerungen an seine Großmutter sammeln kann. Das gestaltete sich bisher schwierig. Sie ist dement, seitdem hat er Angst vor ihr. An die Zeit davor erinnert er sich kaum. Inzwischen aber ist er sieben und kann begreifen, was mit ihr los ist. Wir fuhren zu ihrem 89. Geburtstag ins Heim, sie erkannte ihn möglicherweise. Zum ersten Mal setzte er sich entspannt auf ihren Schoß und sagte "Oma" zu ihr, was ihr sichtlich gefiel. Auf dem Flur des Heims hängen bunte Tierfotos. Mein Sohn mag es, wenn ich meine Mutter frage, w ...

Von WOLFGANG BAUER

Im Tunnel. Die Gesichter glänzend vor schwarzem Öl, kauern die drei Männer im Scheinwerferlicht ihres Lkw. Sie beugen sich über ihre Werkzeuge und einen defekten Bremszylinder. Sie reden kaum. Ihnen bleibt nicht viel Zeit. Nur das leise Klirren ihrer Schraubenschlüssel ist zu hören.

Tief im Gebirge Afghanistans, das die Welt als Hindukusch kennt, flirrt die Luft vor Autoabgasen, Dreck und Ruß. Dicklicher giftiger Nebel. Die Sicht im Tunnel reicht nur wenige Meter. In der klaustrophobisch engen Röhre kommen zwei Fahrzeuge knapp an ein an der vorbei. Auf dem einst asphaltierten Boden liegt zentimeterhoch der Staub, die Wände sind bedeckt von einer ...

Von ALARD VON KITTLITZ

Am 20. November 2013 befand ich mich in der mir sehr fremden Stadt Pittsburgh, Pennsylvania, und ich weiß noch, dass es schon spät war und dunkel, als unser Auto eine ausgestorbene Ladenzeile entlangfuhr, um vor jenem neonbeleuchteten Piercing-Studio haltzumachen, in dem ich ein Cyborg werden sollte.

Die Prozedur, der ich mich damals auf einer kunstledernen Pritsche unterzog, bestand in einer ziemlich scheußlichen anästhetischen Spritze in die Kuppe meines linken Ringfingers, den ich zuvor für den im schlimmsten Fall verzichtbarsten meiner zehn Finger befunden hatte. Alsdann schnitt mir der Piercer mit einem Skalpell den Finger auf, formte im ...

VON TILLMANN PRüFER

Das hätten sich die Römer wahrscheinlich nicht gedacht, dass ein wesentliches Erbe ihres Weltreichs ausgerechnet Sandalen sein sollten. Auch diesen Sommer werden wir auf Römersandalen durch die Gegend laufen. Jedenfalls wenn man sich auf das bezieht, was heute gemeinhin als Römersandale interpretiert wird: eine schmale Sohle, von der aus sich Riemchen den Unterschenkel hochranken. Solche Römersandalen sieht man etwa in der Kollektion von Valentino oder auch bei Max Mara. Bei Chris tian Dior werden sie bis zum Knie hoch geschnürt, bei Akris enden die Riemchen kurz über dem Knöchel. Solch filigranes Schuhwerk ist gewissermaßen die Gegenthese zum klobigen Birkenstock-Schuh.
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VON ECKSTEIN

Waagerecht: 7 Blattkanten sind′s üblicherweise, außer in der Natur 10 Anlassgemäß schick in Schale oder süß verpackt 14 Haben bei Geheimtextlesern eine Entschlüsselstellung 15 Taugen als Plätzchen hülle, zum Erbsenliefern, fürs Eintopfverwahren 17 Fühlen sich mit "My Lord" korrekt angesprochen 19 Ein ungekrönter König, durchaus auch in Mitteleuropa 20 Ist die Lösung hier gefunden, ... 21 Der Mann im Herzen der Liebsten von Montague jr. 22 Legen schon mal eine gute Portion Jubilyrik in ihre Gesänge 23 Heimische Namensschwester von 34 senkrecht 24 ... auch Bildes Lettern eingebunden, ... 26 Freunde des Entfesselten sind drauf versessen 28 Als ...

VON TILMLMANN PRÜFER

Wenn es Luna nicht gut geht, macht sie sich etwas zu essen, und dann geht es ihr besser. Manchmal schickt sie mir Fotos von den Mahlzeiten, die sie sich zubereitet hat - etwa Avocado und weiße Bohnen mit Spinat und Pilzen auf Sauerteigbrot. Oder warmes Bananenbrot mit Honig. Oder Brokkoli-Cremesuppe mit Brotkrusten. Oder Glasnudelsalat mit Enoki-Pilzen. Oder gedämpften grünen Spargel mit pochiertem Ei. Die Bilder sehen gut aus, sie könnten auf einem Foodblog oder der Website eines Restaurants stehen. Aber Luna kocht für sich allein. Wenn es ihr nicht gut geht, dann geht sie einkaufen und sucht so ...

DAS GESPRäCH FüHRTE FRIEDERIKE MILBRADT

Herr Schmidbauer, ich kenne ein Paar, bei dem die Frau immer sehr viel grübelt und sich oft Sorgen um alles Mögliche macht. Der Mann ist das Gegenteil: Typ Optimist, stets gut gelaunt. Das führt häufig zu Konflikten. Wie geht man am besten damit um, wenn man so unterschiedliche Gemüter hat?

Ich denke, nicht anders, als wenn man ähnliche Gemüter hat. Es ist einfach wichtig, dass man die Unterschiedlichkeit akzeptiert. Und es gibt ja sowieso nie zwei Leute, die genau gleich sind. Selbst eineiige Zwillinge mit denselben Erbanlagen unterscheiden sich in ihren Emotionen und Einstellungen. Zu erwarten, d ...

Der Priester erzählt mit ruhiger Stimme, wo sie die toten Körper fanden und wie sie später die Leichen vergruben, hier, auf dem Friedhof vor der weißen Andreas kirche mit den goldenen Kuppeln. Hier, in Butscha, jener Kleinstadt im Kiewer Umland, die zum Inbegriff der russischen Kriegsgräuel wurde.

Irgendwann, erzählt der Priester, habe der Platz auf dem Friedhof nicht mehr ausgereicht, also mussten sie ausweichen, in die erstbesten Parks, auf Wiesenflächen, manche Toten habe man einfach neben der Straße vergraben. Neben dem Priester steht der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer und starrt reglos in das Erdloch vor ihm. Es regnet, der Boden ist ...

Der Eingang zur kleinen Kapelle in der Wiener Belvederegasse ist so unauffällig, dass man ihn übersieht, selbst wenn man die Hausnummer parat hat. Die Milchglasschiebetür fügt sich wie ein Stück Wand nahtlos in die Fassade eines Wohnhauses. Wer am Aschermittwoch zur Abendmesse möchte, der kann nicht einfach läuten oder an klopfen, sondern muss anrufen. Ein Mitglied der kleinen Kirchengemeinde hebt ab, kontrolliert, wer spricht, erst dann schiebt sich die Tür auf und gleich wieder zu. Über sechs Stufen geht es hinunter ins Souterrain, wo Österreichs erste und einzige römisch-katholische Bischöfin in wenigen Minuten einen Gottesdienst halten wird. Aber: Geht das überhaupt? K ...

Pater Martin Werlen sitzt im Speisesaal der Propstei St. Gerold. Zwischen zwei Löffeln Suppe sagt er: "Der Herrgott spielt einem jeden Tag viele Bälle zu." Ob er wohl manchmal bereut, dass er diesen einen Ball angenommen hat, der ihn hierher in das österreichische Provinznest gebracht hat, als Vorsteher eines Hotels und Seminarhauses mit Kultur- und Therapieangeboten? Ihn, den früheren Abt von Einsiedeln, den gefeiertsten Geist lichen der Schweiz, einen Promi, den manch einer schon als Kardinal in Rom gesehen hat? Pater Martin winkt ab: "Es ist egal, wo ich bin."

Zuletzt war es ruhig geworden um den 60-jährigen Schweizer. Dann, A ...

Eigentlich soll ein Flyer ja Lust machen, Interesse wecken, Leute anlocken. Aber dem Faltblatt des Kunstfestivals "Görlitzer Art" merkt man schnell an, dass hier irgendetwas komisch ist. Dass Ärger in der Luft liegt.

Abgebildet darauf sind mehrere Skulpturen und Installationen. Alles Kunstwerke, die an verschiedenen Orten der sächsischen Stadt Görlitz - direkt an der Grenze zu Polen gelegen - gezeigt werden. In kleinen Kacheln sind die Arbeiten nebeneinander abgedruckt, dicht an dicht. Aber eine Kachel sticht heraus. Man sieht dort kein Foto, sondern ein schwarzes Feld. Darauf steht in weißer Schrift: "Das Werk ›Kulisse‹ von Lisa Maria Baier konnte nicht ...

Scharf richten sich gerade alle Blicke auf die Bedrohung von außen. Wie sollte es nach dem Ausbruch des Angriffskrieges der Russen gegen die Ukraine auch anders sein? Doch gibt es derzeit eine weniger beachtete Gefahr, die von befreundeten und verbündeten Ländern ausgeht - ausgerechnet jetzt, da der Zusammenhalt der EU, der Nato und des Westens so zwingend ist wie selten zuvor. In Frankreich haben die Wählerinnen und Wähler nicht nur die rechtspopulistische Ma rine Le Pen in die Stichwahl mit dem Präsidenten Emmanuel Macron geschickt. Insgesamt entfielen auf Rechte, Rechtsextremisten und Linksextremisten mehr als 50 Prozent der Stimmen; Ma rine Le Pens ...

Micky Beisenherz, ein sprachmächtiger Mitarbeiter der Unterhaltungsbranche, schrieb am Montag zur Causa Anne Spiegel auf Twitter folgende Sätze: "Poli tik ist ein Gemetzel, in das man sich vermutlich nur begibt, wenn man entweder zu dumm oder zu wenig geldgeil für die Wirtschaft ist. Wer tut sich das freiwillig an." Dieser Kommentar ist deswegen wert, zitiert zu werden, weil er ein verbreitetes Vorurteil formuliert, und zwar so, dass auf exemplarische Weise jedes Wort falsch ist.

Natürlich ist Politik kein Gemetzel. Vielmehr ist sie Staatsverwaltung, verantwortliches Handeln für andere, sie ist Freundschaft und Gegnerschaft, sie ist banale Sachlichkeit und hohe Kunst, sie ...

PARIS

Auf den ersten Blick hat Frankreich sich im Kreis gedreht. Am Ende der ersten Amtszeit von Emmanuel Macron sieht es so aus, als sei das Land wieder genau dort angekommen, wo es schon einmal war: In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen stehen sich am 24. April Emmanuel Macron und Marine Le Pen gegenüber, ganz so wie vor fünf Jahren. Dieselben Kandidaten, das gleiche Duell - und doch ist etwas Entscheidendes anders: Le Pen könnte diesmal tatsächlich Präsidentin werden. Auf jeden Fall spricht sie schon so.

"Mein größter Ehrgeiz ist es, die Franzosen zu vereinen", sagt Le Pen am Sonntagabend in ...

KIEW

Als die Deutschen kamen ..." So beginnen viele Erzählungen älterer Ukrainer über die russischen Soldaten, die ihre Dörfer besetzt haben. Dass die Älteren die Russen nimtsi nennen - das ukrainische Wort für "die Deutschen" -, davon hörte ich zuerst von der Mutter eines Kollegen, dann von einem anderen Reporter. Ich begann, selbst darauf zu achten. Und tatsächlich, die nimtsi waren überall, um Kiew, um Tschernihiw und anderswo.

Nadia Fedoriwna nennt die russischen Soldaten so. Sie stammt aus Butscha, jenem Vorort von Kiew, dessen Name als Schauplatz russischer Kriegsverbrechen um die Welt ging. Sie war sechs, als der Zweite Weltkrieg endete. S ...

Schnee und Eis haben sich in ihre Ketten gefressen, die Sonne hat unbarmherzig auf ihre Zweimanndrehtürme gebrannt, über Jahre. Ohne Schutz, ohne Dach über der Maschinenkanone, stehen rund 100 ausgediente Schützenpanzer vom Typ Marder auf dem Werksgelände der Düssel dorfer Rüstungsfirma Rheinmetall. Mit jedem Tag werden sie ein bisschen ungelenker, rosten ein wenig mehr ein. Ausgerechnet diese gepanzerten Obdachlosen, Veteranen zahlloser Schaukämpfe auf deutschen Manöver-Schlachtfeldern, sollen nun helfen, Russlands Krieg in der Ukraine zu stoppen. Wie genau ihr Zustand ist, weiß in der Bundes regierung niemand. Bis zu Beginn dieser Woche hatte niemand danach gefragt. Dabei sind die Marder genau das, was ...

ISTANBUL

Er sitzt am Bosporus und zählt die "Todesmaschinen", die vorüberziehen. Fast täglich kommt Yörük I°ik mit seiner Kamera herunter an die Promenade neben das holzver täfelte Anlegergebäude. Von dort aus fotografiert er Schiffe und ihre Geheimnisse, auch Kriegsschiffe, die vor den grünen Hügeln des asiatischen Ufers vorbeifahren. Er ist professioneller Schiffsspotter und schreibt regelmäßig über maritime Sicherheit. Yörük I°ik weiß, dass Russland "fast alle Schiffe seiner Flotten aus dem Kaspischen und dem Mittelmeer ins Schwarze Meer gebracht" hat. Auf dem Handy zeigt er seine riesige Sammlung mit Aufnahmen von Schiffen. I°ik hat den russischen Krieg gegen die syrische Zivilbevölkerung vorhergesehen, als ...

Manchmal ist es ja so, dass das Amt noch gar keine Zeit hatte, den Politiker zu verändern, und trotzdem ist schon alles anders, bei dem Politiker und bei dem Amt. Wirtschaftsminister zum Beispiel, das war bis vor Kurzem noch ein mittelinteressanter Posten mit mäßigen Kompetenzen und durchschnittlicher öffentlicher Präsenz. Und Robert Habeck war noch vor einigen Monaten ein Vorsitzender einer Oppositionspartei, der zwar ab und zu in Talkshows auftauchte, aber jenseits seiner Partei nicht viel zu entscheiden hatte.

Nach etwas mehr als 100 Tagen Ampel regierung allerdings ist davon nichts mehr zu spüren. Das Bundeswirtschaftsministerium gilt mit einem Mal als das ...

Im Rückblick auf eine Woche voller gesundheitspolitischer Niederlagen klingt Karl Lauterbach keineswegs zerknirscht. Im Gegenteil. Der Bundesgesundheitsminister kündigt schon jetzt für den Herbst das Comeback der Maßnahmen an, mit denen er zuletzt auf ganzer Linie gescheitert ist. "Eine Herbst- und Winterwelle können wir nicht bewältigen, ohne dass wir an das Infektionsschutzgesetz noch einmal herangehen. Und ich glaube, dass wir dann auch zu einer Maskenpflicht zurückkehren werden." Einen Spielraum für weitere Lockerungen "sehe ich nicht".

Zu Beginn der Woche hatte Lauterbach sich selbst in einen ziemlichen Schlamassel geritten. Er hatte die Quarantänepflicht zunächst nach Absprache mit den Ländern zur Freiwilligkeit ...

Vor ein paar Jahren hat einmal jemand untersucht, wo eigentlich ein Porsche Cayenne herkommt, das ist eines dieser Straßenmonster, die in deutschen Städten immer beliebter werden. Aber es soll hier nicht um Ästhetik gehen. Woher kommt der Cayenne? Aus Stuttgart - wie zu vermuten wäre, dem Stammsitz von Porsche? Aber nein. Zusammengeschraubt wird der Wagen in der Slowakei, genauer gesagt in Bratislava. Die Sitze etwa liefert die Firma Adient, die unter anderem Fasern aus Sri Lanka verarbeitet. Die Spiegel stammen von einer amerikanischen Firma, die wiederum Rohstoffe aus anderen Ländern importiert. So kommen schnell mehr als 30 Zulieferer zusammen, die ...

SHANGHAI

So habe sie sich das Frühjahrsfasten nicht vorgestellt, witzelte eine bekannte Shanghaier Influencerin im Netz, nachdem vergangene Woche ein Vertreter der Stadt behörden im Staatsfernsehen Tipps zum Lebensmittelsparen gegeben hatte. Seit mehr als einer Woche darben 26 Millionen Shanghaier im Lockdown. Sie dürfen ihre Wohnungen nicht verlassen; alle Geschäfte sind geschlossen. Die Bilder, die seither um den Globus gehen, können viele Bewohner dieser stolzen Weltmetropole selbst kaum fassen: Menschen, die sich in den Höfen ihrer Wohn anlagen um Lauchstangen prügeln. Obdachlose Wan der arbei ter, die ihren Hunger aus Keks packungen stillen müssen, die ihnen von Anwohnern aus Hochhausfenstern zugeworfen werden. Schreiende Kleinkinder, die positiv getestet ...

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JA, sagt Svenja Flaßpöhler. Gerade in Kriegszeiten ist die Warnung vor dem Abgrund so wichtig

Die Ostermärsche werden in diesem Jahr großen Zulauf haben. Kann das überraschen? Und vor allem: Mit welchem Argument ließe sich eine Teilnahme ernsthaft verurteilen? Schließlich gibt es einen konkreten, schrecklichen Anlass, der die Menschen schon seit Wochen für den Frieden demonstrieren lässt. Auch die Ostermärsche richten sich gegen den russischen Angriffskrieg, der unvorstellbares Leid über die ukrainische Bevölkerung bringt. Der Name Butscha ist jetzt schon tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, als Synonym für Gräueltaten an der zivilen Bevölkerung. Demonstriert wird überdies, so besagt die gerade ...

POLITIK

Frankreich Macrons Gegenspielerin Marine Le Pen: Wie stehen ihre Chancen - und was will sie wirklich? VON MATTHIAS KRUPA2

Ukraine "Die Deutschen kommen ..." - Warum viele ältere Ukrainer beim Vorgehen der Russen in ihrem Land an den Zweiten Weltkrieg denken VON NATALYIA GURBANYUK 3

Waffenlieferungen Hundert alte Bundeswehrpanzer könnten in die Ukraine geschickt werden. Doch die Bundesregierung zögert VON PETER DAUSEND4

Türkei Wie lange kann Recep Tayyip Erdogan seinen Spagat zwischen Russland und der Ukraine durchhalten? VON MICHAEL THUMANN5

Regierung Robert Habeck verändert die politische Kommunikation und wird so zur populärsten Figur der jetzigen Krise VON ROBERT PAUSCH 6

Corona Ist Karl ...

Walther Rathenau war am 24. Juni 1922 gegen 11 Uhr in seinem Wagen von Berlin-Grunewald auf dem Weg nach Mitte, als die Mörder ihn in einer Kurve überholten. Fünf Schüsse und eine Handgranate trafen den Außenminister der Weimarer Republik. Rathenau sackte im offenen Fond seines Cabriolets zusammen - ermordet von Rechtsextremisten wegen seines jüdischen Glaubens, wegen seiner liberalen, eher prowestlichen Haltung und wegen eines Abkom mens, das er wenige Wochen zuvor mit Sowjetrussland in der ligurischen Stadt Rapallo bei Genua abgeschlossen hatte.

Walther Rathenau war die tragische Figur dieses vor 100 Jahren unterzeichneten deutsch-sowjet russischen Vertrags. Tragisch, weil er das Abkommen, unter das ...

Marion Gräfin Dönhoff war für den BND unbezahlbar. "Der Geheimdienst", schrieb sie am 26. Juli 1963 in der ZEIT, "ist ein so schmutziges Geschäft, daß nur ein Gentleman ihn führen kann" - "Gehlen", fuhr sie fort, "ist ein Gentleman".

Gehlen, Reinhard Gehlen, Präsident des Bundesnachrichtendienstes, unter Hitler Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost im Vernichtungskrieg gegen die Sow jet union. Mit beiseitegeschafftem Material über die Rote Armee tritt er nach 1945 in den Dienst der Amerikaner, leitet unter CIA-Aufsicht die "Organisation Gehlen", kurz Org, aus der 1956 der BND hervorgeht.

"Etwas Weltmännisches" habe der Mann an sich, schreibt die Politikchefin der ZEIT, " ...

DIE ZEIT: Herr Frei, der Bundesnachrichtendienst hat für Konrad Adenauer fast zehn Jahre lang den SPD-Vorstand ausspioniert. Hat Sie diese Enthüllung überrascht?

Norbert Frei: Was Klaus-Dietmar Henke hier mit beeindruckender Genauigkeit rekonstru iert hat, ist wirklich von höchstem Interesse. Aber seine Befunde passen auch ins Bild: Dass so etwas möglich war, bestätigt aufs Neue die machtpolitische Skrupellosigkeit des Gründungskanzlers Adenauer und seines engsten Mitarbeiters Hans Globke.

ZEIT: Globke war Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, im BND tummelten sich viele ehemalige Nazis. Ist der Spitzel-Skandal auch das Resultat einer ungenügenden Distanzierung von der NS-Vergangenheit?

Frei: Nein. Was wir hier sehen, ist Auswuchs einer ...

Trotz eindringlicher Warnungen haben wir uns bei der Verteidigung stets auf die militärische Stärke der USA verlassen. Und Russland wurde der Hauptlieferant für fossile Energie - die derzeitige Basis für die größte Volkswirtschaft der EU. Denn unsere Kohleförderung haben wir eingestellt, die Atomkraftwerke abgeschaltet und selbst nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahre 2014 nicht gehandelt. Im Gegenteil, Nordstream 2 wurde - trotz großer Widerstände zum Ende hin - gebaut, das Wort "Alternativlosigkeit" machte die Runde, und die sogenannten Putin-Versteher verstummten nicht.

Um sich aus den selbst verschuldeten Abhängigkeiten zu befreien, wäre in der Tat ein Plan gut, w ...

Die Diskussion ist interessant, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Geschlechtsumwandlung - die ja immer nur unvollständig sein kann.

Natürlich hat der Sexualmediziner Alexander Korte recht, dass die biologische Grundlage erst einmal in den unterschiedlichen Chromosomen angelegt ist, also ob jemand weiblich oder männlich programmiert ist - nur ein verschwindend geringer Prozentsatz der Bevölkerung kommt mit unklaren Verhältnissen auf die Welt!

Aber jeder Mensch, Frau wie Mann, hat doch verschiedene Seiten, weiche und harte, des Aktiv-Seins und des Sich-hingeben-Wollens, wenn auch unterschiedlich ausgeprägt. Da hat die Soziologie sicher recht, dass da die Erziehung und Einflüsse der Umwelt eine große Rolle ...

VON MANUEL BOGNER

Vorbemerkung der Redaktion: Wenige Tage vor Veröffentlichung dieses Textes ist der ermittelnde Kommissar, Roland Marxer, beim Wandern tödlich verunglückt. Die Gespräche mit ihm fanden über Monate vor seinem Tod statt.

Die Straßenreinigung fand die Leiche am frühen Morgen des 4. November 1990 mitten auf dem Münsterplatz, dem Herzen der kleinen Großstadt Ulm. Sofort war klar, dass es sich um eine brutale Gewalttat handelte. Das Gesicht des Toten war kaum noch zu erkennen. Offenbar war mit Stiefeln auf den Mann eingetreten worden. Auch ein Teil der Nase war abgetrennt. Sonst war nicht viel klar: Es gab keine Personalien, keine ...

DIE ZEIT: Herr Müller, wie bereiten Sie Ihre Behörde auf den Fall vor, falls die Gas liefe run gen aus Russland ausbleiben?

Klaus Müller: Im Nachbarhaus gibt es 5000 Liter Diesel, Trinkwasserversorgung, Notrationen und Feld betten. Sollte eine Gasnotlage eintreten, was wir vermeiden wollen, wären wir mit 65 Personen 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche handlungsfähig.

ZEIT: Sie machen auch die Gas-Notfallpläne für das ganze Land. Was sehen die vor?

Müller: In den ersten zwei Stufen geht es darum, Gas zuzukaufen, Gas einzusparen und Gas einzuspeichern. Nichtsdestotrotz bereiten wir uns auch für die dritte Stufe vor - für die Gasnotlage. Das ...

Es ist noch früh am Morgen an diesem Donnerstag im Januar in der Stadt Goma in der Demokratischen Republik Kongo, als sich Patrick Siwako mal wieder der Hinterlassenschaften seiner Mitbürger annimmt. Siwako zieht Gummihandschuhe an und drückt Obst- und Gemüseschalen, Hühnchenknochen und Plastikflaschen in einem Sack zusammen. Dann hievt er alles auf eine Karre und schiebt sie zum Müll wagen auf der Straße. Sack für Sack, das ist Siwakos Job, befreit er die Stadt vom Müll.

Doch es gibt ein Problem: Er kann nur jene befreien, die zahlen. Der 31-Jährige ist für Great Vision Business unterwegs, eine private Müllabfuhr, die Kunden ...

Es gibt Aussagen, die im Nachhinein so erhellend sind, dass ihre Schöpfer auf ewiges Vergessen hoffen müssen, man ihnen aber in Texten wie diesem den Gefallen auf keinen Fall tun mag. Also, Auftritt Eckhard Cordes: Nachdem prorussische Separatisten im Jahr 2014 ein Passagierflugzeug vom Himmel geschossen und 298 Menschen getötet hatten, sagte der damalige Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft: "Wenn Putin diesen Weg weitergeht, dann ist es nicht der Weg der deutschen Wirtschaft." Man rief ihm zu: Na, Gott sei Dank!

Heute, nach den russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine, stellt das Spitzenpersonal der deutschen Wirtschaft immerhin deutlicher fest, d ...

Die Corona-Pandemie hat auch modisch ihre Spuren hinterlassen. Jogginghose und Hoodie wurden für Millionen Menschen zur Uniform. Wozu sich Mühe geben, wenn man den ganzen Tag nur im Homeoffice saß und auf Zoom- Kacheln starrte? Merkte ja niemand, solange man nicht aus Versehen in Unterhose durchs Bild lief.

Nun fallen nach und nach die Pandemie- Beschränkungen - und das Bedürfnis nach Schönheit kehrt zurück. Das legen zumindest Meldungen aus Frankreich nahe. Seit dem 14. März müssen in französischen Geschäften und Restaurants keine Masken mehr getragen werden. Prompt stieg der Verkauf von Lippenpflegeprodukten um 35 Prozent, meldete ein US-amerikanisches Marktforschungsinstitut. Französischen Marktforschern zufolge ...

Er ruft: "Hey! Hier entlang. Ist ein bisschen schwer, uns zu finden."

Das Gebäude steht auf einem Industrieparkplatz, Marburger Straße 12 in 35390 Gießen. Die Fassade bröckelt, an der Mauer hängen Schilder: "Möbelausstatter Büro Funk", Warenannahme im Erdgeschoss. Und "Yogastudio OM - Blume des Lebens". Er lächelt verschmitzt, sagt: "Wir haben leider kein Klingelschild." Dann schreitet Ingo Berghöfer, Redakteur beim Gießener Anzeiger, durch eine schmale Eingangstür eine Wendeltreppe hoch ins Obergeschoss.

Nichts an dem Gebäude deutet darauf hin, dass hier, auf einem Flur im ersten Stock, jeden Montag bis Samstag eine der ältesten Zeitungen des Landes entsteht. Eine Zeitung, d ...

DIE ZEIT: Der Krieg Russlands gegen die Ukraine verschärft die Welternährungskrise. Zugleich ist Bayers Aktienkurs seit der Invasion um 25 Prozent gestiegen und steht so hoch wie seit fast zwei Jahren nicht mehr. Wie erklären Sie sich das?

Rodrigo Santos: Einen Zusammenhang zwischen dem Krieg und unserem Aktienkurs sehe ich nicht. Der Kurs hatte sich schon zuvor gut entwickelt. Neben einem guten Agrargeschäft konnten wir positive Entwicklungen im Pharmabereich und bei Consumer Health vorweisen. Gleichzeitig haben wir gezeigt, dass wir mit neuen Technologien eine produktivere und zugleich nachhaltigere Landwirtschaft ermög lichen und zur weltweiten Reduktion von Klimagasen in der Atmosphäre beitragen.
...

Lieber Herr Wewel,

vor 50 Jahren, als man noch in der Bank vorsprechen oder zum Telefonhörer greifen musste, um eine Aktie zu kaufen, hat man sich gewünscht, dass das Ganze eines Tages müheloser gehen würde. Aber dass der Aktienkauf nun nicht mal mehr zwei Wischer auf dem Smart phone erfordert und wir zwischen zwei S-Bahn-Stationen locker drei Sparpläne aufsetzen und vier Fonds liquidieren können, ist dann doch erstaunlich.

Beigetragen haben dazu die schlanken Broker-Apps, die Start-ups wie Trade Republic auf den Markt gebracht haben. Im Grunde sind sie nichts anderes als "digitale Börsenmakler", die einem das "Traden", also den Börsenhandel, von ...

Im Januar 2022 habe ich versucht, eine Rolex-Uhr zu kaufen. Nicht etwa weil ich Rolex-Uhren so schön finde. Sondern weil man mir sagte: Eine Rolex ist eine gute Investition.

Und wenn deine Mutter stirbt und dein Stiefvater dir am Tag nach ihrem Ableben eröffnet, dass er dein Erbe, rund 950.000 Franken, mit Day-Trading verzockt hat und du stattdessen vier Hermès-Handtaschen erbst, dann überlegst du sehr genau, wie du vielleicht doch noch eine kleine Altersvorsorge ergattern kannst. Ergattern im Sinne von Anlage, Vorsorge.

Was Hermès mit Rolex zu tun hat, darauf komme ich noch. Rolex jedenfalls wurde mir als Investment ...

Zum Beispiel Australien: An der Ostküste liegt das Great Barrier Reef. Nach mehr als einer halben Million Jahren funktioniert die natürliche Symbiose nicht mehr, die das 2000 Kilometer große Ökosystem einst formte. Unter Hitzestress stoßen die Korallen jene Einzeller ab, die sie ernähren. Die Folge: Korallenbleiche. Gerade passiert das zum vierten Mal in sechs Jahren. Obwohl das Riff so verletzlich ist, hat die australische Regierung unter Premierminister Scott Morrison in den vergangenen Jahren dem Bau von Kohle häfen und von Fahrrinnen durch das Riff zugestimmt. Sie setzen nicht nur dem ohnehin schwer angeschlagenen Ökosystem zu, sondern befeuern dazu noch die Klimakrise.
...

Schweden überraschte alle. Als Anfang 2020 die Welt endlich begriffen hatte, dass sich ein gefährliches Coronavirus verbreitet, zeigte sich das skandinavische Land trotzig. Schwedens oberster Seuchenschützer Anders Tegnell sträubte sich gegen Maskenpflicht und harte Kontaktsperren. Er baute auf die Eigenverantwortung der Bürger. Obwohl es nie offen ausgesprochen wurde, sollten offenbar viele Infektionen nach und nach eine natürliche Herdenimmunität erzeugen. Die meisten Schweden folgten dem rebellischen Kurs Tegnells, in anderen Ländern avancierte der Chef-Epidemiologe zur Lichtgestalt der Corona-Skeptiker.

Bald jedoch zeigte sich, dass der schwedische Sonderweg viele Menschen das Leben kostete. Widerstand formierte sich, Wissenschaftler schrieben Protestnoten. Nun, zwei Jahre später, h ...

Wäre alles gelaufen wie geplant, hätten der kopflose Petrus und die anderen Apostel schon vor zwei Jahren wieder strah lend weiß die Blicke der Liebieghaus- Besucher auf sich gezogen. Das spätgotische Figurenensemble ist eins der Hauptwerke des Skulpturenmuseums in Frankfurt am Main. Bis zu 70.000 Gäste kommen jährlich, um die fein gearbeiteten Figuren zu bestaunen. Die Kreuzigungsszene aus der Kloster kirche Santa Maria delle Grazie in Rimini besteht aus 18 filigran geschnitzten Einzelobjekten.

Doch über die Zeit waren die Figuren des Rimini-Altars grau und glanzlos geworden, der Kleber früherer Restaurierungsbemühungen vergilbt und spröde. Ein Fall für die Werkstatt. Aber es lief nicht ...

Wer sich etwas abgewöhnen will, überschätzt meist seinen Willen. Viele denken: Wenn ich es mir nur fest genug vornehme, werde ich diese lästige Angewohnheit schon wieder los. Aber so einfach ist es nicht. Ein ungünstiges Verhalten abzulegen strengt an. Man sollte sich sehr gut überlegen, ob sich diese Anstrengung lohnt. Am Beginn jeder Veränderung steht deshalb die Frage: Will ich das überhaupt - und wenn ja, warum?

Ein Beispiel: Viele haben in der Pandemie schlechte Angewohnheiten im Umgang mit Medien entwickelt. Ich selbst verbringe seitdem viel Zeit am Handy, und das oft im Multitasking-Modus: Ich checke während der Videokonferenz meine ...

Das brennende Theater und lange Schlangen vor einem Supermarkt in Mariupol, Leichen auf offener Straße in Butscha - viele der Bilder aus den Kriegsgebieten in der Ukraine stammen aus dem All. "Diese Satellitenbilder entlarven Putins Lüge", heißt es in Zeitungsüberschriften oder "US-Satellitenbilder zeigen Leichen". Doch bei allem Wunsch nach unabhängigen Belegen für Kriegsverbrechen: Ein Satellitenbild allein entlarvt noch keine Lüge, zeigt keine Leiche und dokumentiert keinen Ansturm auf die letzten Lebensmittel.

Bilder sind schon lange ein zweiter Kriegsschauplatz: Einst waren es Schlachtengemälde, seit dem Deutsch-Französischen Krieg im Jahr 1870 Fotos, Filme folgten im Ersten Weltkrieg und Satellitenbilder spätestens im Bosnien-Krieg. I ...

DIE ZEIT: Frau Müller, Sie stehen als Sängerin auf großen Bühnen, moderieren Ihre Talkshow in einer knall engen Kneipe - mit Corona ging beides schlecht zusammen. Konnten Sie der Pandemiezeit dennoch auch etwas Gutes abgewinnen?

Ina Müller: Oh ja. Dieses Desinfektionszeug überall und das Maskentragen - das fand ich herrlich. Ich liebe alles Medizinische. Manchmal gehe ich zum Krankenhaus um die Ecke und beobachte, wie die Ärztinnen und Ärzte da so geschäftig rein- und rauslaufen in ihren Gummischuhen. Ich bin schon durch die Gänge geschlichen, nur um mal ein bisschen zu riechen.

ZEIT: Jetzt übertreiben Sie aber.

Müller: Nein! Zu weißen ...

"Auf die Lehrerinnen und Lehrer kommt es an." Der neuseeländische Bildungswissenschaftler John Hattie hat diese scheinbar simple Wahrheit eindrucksvoll empirisch belegt. Seit der Veröffentlichung seines Werkes Visible Learning wiederholt die Bildungspolitik diese Erkenntnis wie ein Mantra. Unterricht wird danach unter anderem dann hochwirksam, wenn Lehrkräfte gemeinsam im Dialog mit Schülerinnen und Schülern das Lehren und Lernen "sichtbar machen": Auf Plakaten in der Klasse, auf Lernplattformen im Internet ist anonym ablesbar, wie die Lernenden vorankommen und wie die Lehrperson sie dabei unterstützt. Auf der Basis dieser Daten soll der Unterricht stets weiterentwickelt werden.

Jahrzehntelang funktionierte das nicht. Landesweites Testen oder ...

1. USA: Der Besitzer eines Tauchzentrums in Florida zieht zu Ostern ein Hasenkostüm über seinen Taucheranzug und versteckt Eier in einem Korallenriff. Wer bei seiner Eiersuche mitmachen will, muss ab tauchen - und etwas Geld für Kinder in Not spenden.

Wahr: H Falsch: T

2. Philippinen: Wenn die Kirchenglocken zum Osterfest läuten, stellen Eltern ihre Kinder auf den Kopf. Das soll die Durchblutung fördern und ein langes Leben schenken.

Wahr: O Falsch: A

3. Frankreich: In der Stadt Bessières werden am Ostermontag 15.000 Eier in einer riesigen Pfanne zu einem Omelette gebraten. Die gigantische Eier speise geht auf eine alte Legende zurück: Angeblich ...

Am Anfang war nicht Hoffnung, sondern Rache. Jedenfalls in der griechischen Mythologie: Zur Strafe, weil sie heimlich in den Besitz des Feuers gelangt waren, schickten die Götter den Menschen eine wunderschöne Frau namens Pandora, die eine Büchse, voll mit Übeln, bei sich trug. Licht hatte die Welt werden sollen, hell und aufgeklärt. Doch plötzlich wurde sie dunkel und trostlos. Denn als Pandora den Deckel von der Büchse nahm, entwichen aus deren Innerem Mühsal und Leid, Krankheit und Laster. Einzig die Hoffnung, die tief unter all dem Bösen verborgen lag, schaffte es nicht mehr nach draußen und blieb in jener Büchse ...

DIE ZEIT: Herr Yücel, vor beinahe vier Wochen sind Sie von fünf Ihrer Vorgänger - von Gert Heidenreich, Christoph Hein, Johano Strasser, Josef Haslinger und Regula Venske - aufgefordert worden, Ihr Amt als Präsi dent des PEN zurückzugeben, nachdem Sie auf der Eröffnungsveranstaltung der lit.Cologne am 15. März 2022 eine Flugverbotszone für die Ukraine gefordert hatten. Das entspreche, so der Vorwurf, nicht der Charta der Schriftstellervereinigung. Erst jetzt äußern Sie sich ausführlich in einem Interview zu dieser Aus ein an der set zung. Warum so spät?

Deniz Yücel: Ich habe am selben Tag mit einem Brief an sie und die Vereinsmitglieder geantwortet. Außerdem habe ich ...

Der Frühling ist die schönste Jahreszeit in New York. Die Vögel, die auf der zubetonierten Insel Manhattan überlebt haben, zwitschern, Unkraut blüht zwischen den Ritzen des vom Frost zerfetzten Gehsteigs, und die ersten Mädchen auf Fahr rädern kommen wieder aus ihren Winter höhlen gekrochen, um die Autofahrer, die sie über sehen, zu beschimpfen. Ich bin eine von ihnen. Ich wackle drohend die erhobene Faust und klopfe mit der flachen Hand auf Beifahrertüren, während ich versuche, auf dem ausgeliehenen City bike das Gleichgewicht zu halten. Es hat drei Gänge, von denen zwei nicht funktio nieren. Man tut, was man tun muss, um in New York zu ...

Eine Wolke fällt vom Himmel. Plötzlich wird es dunkel, das große, weiche Ding umhüllt den Besucher. Die Wolke verschluckt auch die anderen Passanten, die an der Ostseite des Hauses der Kunst in München vorbeikommen, bremst ihre Schritte. Man steht im Nebel, das Auge fokussiert nicht mehr. Es ist eine latent unheimliche Erfahrung, ein Kontrollverlust, aber einer, der glücklich macht, wie die Bewegung im künst lichen Nebel auf einer Tanzfläche. Viel zu schnell brechen Sonnenstrahlen durch das feuchte Weißgrau, die Wolke verweht in Richtung Eisbach, der sich hier durch den Englischen Garten schlängelt und auf dem Surferinnen und Surfer eine ewige Welle ...

Je länger der Krieg in der Ukraine Europa erschüttert, desto unabweisbarer wird die Frage, was chinesische Eliten über die gegen wärtige und die zukünftige Weltordnung denken. Man mag überrascht von einem Protestbrief einiger chinesischer Historiker gegen den Krieg gelesen oder vom Ratschlag des Shanghaier Politikwissenschaftlers Hu Wei gehört haben, der der Parteiführung öffentlich empfahl, sich rechtzeitig von Putin loszusagen, um nicht in das Visier westlicher Sanktionen zu geraten. Insgesamt ist unser Wissen über Chinas Debatten indes begrenzt: Wer in Deutschland kennt etwa die Namen Yan Xuetong oder Qin Yaqing? Wer hat von Shi Yinhong oder Jia Qingguo gehört? Die Liste der ...

In der Lawine der Bilder aus dem Krieg gibt es Innenansichten zerbombter Häuser in Charkiw. Ein Buchregal in einem Wohnzimmer, gemusterte Tapeten im Hintergrund, wie sie im gesamten sowjetischen Raum verbreitet waren. Bücher ausschließlich auf Russisch, russische Klassik und Übersetzungen: Nikolai Leskow, Theodore Dreiser, Théophile Gautier, Mythen und Legenden des alten Griechenlands, viele Buchrücken kenne ich aus der Wohnung meiner Eltern, ein sehr ähnliches Buchregal hat meine Mutter in St. Petersburg. Nur steht in der zerbombten Wohnung eine Lenin-Büste vor den Büchern und bei meiner Mutter eine von Majakowski. Das sind Scherben ehemaligen gemeinsamen Lebens im Vielvölkerstaat Sow jet union.

Dieser Krieg ...

André Bernheim mag nicht mehr. Nach einem Schlaganfall ist der 85-Jährige halbseitig gelähmt, an Bett und Rollstuhl gefesselt. "Das ist kein Leben", sagt Bernheim, und: "Das bin nicht mehr ich."

Ein Mann will die Welt verlassen und bittet seine Lieblingstochter, ihm dabei zu helfen. Das ist auch schon die Handlung von François Ozons neuem Film Alles ist gut gegangen.

André Bernheim, Industrieller und Bonvivant, wird gespielt von dem französischen Kino- und Theaterstar André Dussolier, einem Meister des tiefgründigen Boulevards. Mit hängender Unterlippe und entgleisten Zügen verleiht Dussolier seiner Figur die erschütterte und doch unzerstörbare Macht des Patriarchen. Er ist ein ...

Während die Straßen der ukrainischen Städte unter Beschuss liegen, Bomben auf deren Häuser fallen und ihre Einwohner sterben, erscheint erstmals ins Deutsche übersetzt ein Buch, das der "zählebigsten Stadt der Ukraine" (Ossip Mandelstam), der Hauptstadt Kiew, mit seinem Erscheinen im Jahr 1928 ein Denkmal gesetzt hat.

Der Roman Die Stadt von Walerjan Pidmohylnyj (1901-1937) ist eine Hommage an die Dnepr-Metropole, die der Leser auf gut 400 Seiten zusammen mit der Hauptfigur Stepan erkundet, der aus einem Dorf kommt, um in Kiew zu studieren. In Spaziergängen, die ihn entlang des zentralen Boulevards Chreschtschatyk, in das alte städtische Viertel Podil, auf den ...

Gründungsverleger:Gerd Bucerius (1906-1995)

Herausgeberrat:Prof. Jutta Allmendinger, Dr. Nicola Leibinger- Kammüller, Zanny Minton Beddoes, Florian Illies, Dr. Josef JoffeEhemalige Herausgeber:Dr. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002)Helmut Schmidt (1918-2015)

Vorsitzender der Chefredaktionen des Zeitverlags und Chefredakteur: Giovanni di LorenzoStellvertretende Chefredakteure: Moritz Müller-Wirth (Managing Editor),Sabine Rückert, Holger Stark, Bernd UlrichMitglieder der Chefredaktion:Malin Schulz, Tanja Stelzer, Jochen Wegner Chef/in vom Dienst: Iris Mainka (verantwortlich), Mark Spörrle

Chefreporter: Dr. Stefan Willeke

Textchef: Dr. Christof Siemes

Geschäftsführende Redakteure: Patrik Schwarz, Andreas Sentker

Chefkorrespondentin: Tina Hildebrandt

Internationaler Korrespondent: Matthias Naß

Leitender Redakteur: Hanns-Bruno Kammertöns

Redaktionsleiter Digitale Ausgaben: Götz Hamann

Parlamentarischer Korrespondent: Matthias Geis

Politik Hamburg/Berlin: Marc Brost/Elisabeth Raether/Dr. Heinrich Wefing (verantwortlich), Andrea Böhm, Alice Bota, Peter ...

Sea Cliff ist ein überschaubares, von Parkanlagen eingehegtes Wohnviertel von San Francisco, in dem sich die teuersten Häuser halsbrecherisch an den Abhang der Steilküste klammern. Heute wohnen hier Leute wie Jack Dorsey, der CEO von Twitter, und andere, die ihren Reichtum im Silicon Valley anhäufen. Ihr komfortables Leben verdanken sie letztlich den Hippies: Die experimentierten in der Bay Area nicht nur mit Drogen, sie erfanden die digitalen Oberflächen, ohne die die Realitätsfluchten der Gegenwart undenkbar wären.

Vendela Vidas Roman heißt Die Gezeiten gehören uns, und er konzentriert sich auf die Jahre 1983 und 1984, da die Hippies schon Geschichte, das ...

Als der Bruder Richard sich mit dreißig umgebracht hat, geben sie sich ein Versprechen: Sie würden nächtens mit einer langen Stange zum Grab zurückkehren und die verschweißte Urne durchstoßen, seine Asche befreien, wenn sie sie schon nicht im See verstreuen dürfen. Sie, das sind Monika Helfer und - ja wer? Die Autorin und Erzählerin meint, es sei Michael gewesen, ihr Mann, aber der kann sich an nichts dergleichen erinnern. Sicher ist: Die nächtliche Intervention auf dem Friedhof hat nicht stattgefunden.

Die tastende Befragung eigener und fremder Erinnerung ist bezeichnend für Helfers Methode der literarischen Familienaufstellung, die sie nach Die Bagage ...

Es ist eine eigentümliche Wucht, die von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen erzeugt werden kann: Da wird dieser Tage der jüngste Bericht des Weltklimarats der Vereinten Nationen veröffentlicht, der die verbleibenden Handlungsspielräume im Klimawandel markiert. Gleichzeitig erscheint das lange erwartete Hauptwerk des indischen Historikers Dipesh Chakrabarty, der feststellt, dass die Geistes- und Sozialwissenschaften den Klimawandel über Jahrzehnte hinweg ziemlich verschlafen haben, wie auch er selbst. Weswegen er nun, im Lichte der Katastrophe, eine Art planetare Geschichtsphilosophie ex post vorlegen will, die endlich den modernen Menschen als geologische Handlungsmacht in den Blick nimmt. Als einen Spät ankömm ling auf Erden, der zum prägenden Faktor ...

Die hellen Rufe der Kinder und darüber die Schreie der Möwen - der Sommer ist so schön wie nie, und Em me line sieht auch schon besser aus als vor ein paar Tagen. Em me line Pankhurst, Anführerin der britischen Frauenwahlrechtsbewegung, Freundin der Komponistin Ethel Smyth, mit der sie jetzt, Ende Juli 1914, an der bretonischen Küste Urlaub macht. Wie ein Schatten ihrer selbst war sie im Hafen von Saint-Malo ihrer Freundin ent ge gen gewankt, hohlwangig, bedrohliche sechs Kilo leichter nach ihrem mittlerweile zehnten Hungerstreik.

Eigentlich hätte sich Mrs. Pankhurst am 22. Juli wieder im Londoner Gefängnis Holloway einfinden müssen. Stattdessen blinzelt sie nun in die ...