Inhaltsverzeichnis vom 05.01.2022

War alles nur ein Fehlalarm? Noch Anfang Dezember pro gnos ti zier ten Epidemiologen, dass sich die neue Corona-Variante Omikron rasend schnell verbreiten werde. Zur selben Zeit warnten Intensivmediziner, dass schon die Delta-Variante die Intensivstationen bald überlasten werde, von 6000 mit Corona-Patienten belegten Intensivbetten zu Weihnachten war die Rede. Doch bisher bleibt der Omikron-GAU aus, und die Intensivstationen leeren sich sogar eher. Haben sich die Modellierer schlicht getäuscht?

Was Omikron angeht, sollte man noch keine Entwarnung geben. Die Zahlen würden nur verzögert ansteigen, erklärt Anita Schöbel vom Fraunhofer- Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik. "Maßnahmen gegen die Delta-Variante wie 2G und 2G+ haben offenbar gewirkt", sagt ...

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Wenn es stimmt, dass sich Ostdeutsche oft ein bisschen mehr bemühen müssen, damit man ihnen zuhört, dann widerlegt Kai Pflaume diese Regel. Ohne zu schwafeln, zu brüllen oder gar zu provozieren, kommt die Aufmerksamkeit fast von ganz allein zu ihm. Selbst jetzt, an diesem Abend im Herbst, an dem der Moderator im Halbdunkel eines Backstage-Bereichs in Leipzig steht.

So gelassen, wie man ihn vor der Kamera kennt, so gelassen bewegt sich Kai Pflaume auch hinter der Kamera in weißen Sneakers und einem Kapuzenpulli durch die Gänge, in der Hand eine Flasche Wasser. Eine halbe Stunde noch, dann ist es 20.1 ...

Etwas passt nicht zusammen, hier in Mjølnerparken. Die vier Wohnblocks mitten in Kopenhagen gelten in Dänemark als "hartes Ghetto", als ein Viertel mit hoher Arbeits losig keit und Kriminalität und mit zu vielen Einwanderern, ein Viertel, das mit aller Macht verändert werden soll. Selbst vor Zwangsumsiedlung schreckt die Regierung nicht zurück. An Laternenmasten hängen Kameras. "Området er video overvåget" - "Das Gebiet ist videoüberwacht", warnen Schilder. Geht man aber durch die Innenhöfe der vierstöckigen Klinkerbauten, sieht man: Rasen, Bäume, Bänke, einen hübschen Spielplatz, unter der Rutsche versteckt sich eine Katze. Vor den Hauseingängen stehen Fahrräder, die vertrauensselig nur ab-, nicht angeschlossen sind. U ...

Fast hätte man es für Propaganda halten können: Wladimir Putin lächelte 200.000 österreichischen Zeitungslesern vom Cover einer Beilage entgegen, freundlich und vertrauensvoll. Just in den Dezembertagen, als der russische Präsident mit einem Truppenaufmarsch die Ukraine bedrohte. Aber es war kein Heft des Kreml, das die Abonnenten der
Kleinen Zeitung
,
der
Tiroler Tageszeitung
,
der
Vorarlberger Nachrichten
oder der
Presse
in den Händen hielten, sondern das neue Magazin des Milliardärs Dietrich Mateschitz:
Der Pragmaticus
.

Der reichste Österreicher finanziert nicht nur Fußballclubs und ein Formel-1-Team, sondern auch Servus TV und Hochglanzmagazine. Für den
Pragmaticus
kooperiert der ...

Seit eineinhalb Jahren arbeitet Bettina Sailer im Test- und Impfzentrum in Oberwart. Sie hat Leute gesehen, die vor Glück in Tränen ausbrachen, als sie ihre erste Corona-Schutzimpfung bekamen, die sich bei den Sanitätern und Ärztinnen für ihre Arbeit bedankten. Sie hat aber auch erlebt, wie andere eine halbe Stunde in der Schlange vor der Messehalle warteten und sich dann, sobald sie vor Sailer standen, lautstark weigerten, den Aufklärungsbogen auszufüllen. Die nur kamen, um über die angebliche Unsinnigkeit der Impfung zu diskutieren. Anfangs musste Bettina Sailer manchmal in sich hineinlachen, so absurd kam ihr das vor. Später war sie immer öfter ...

Wien ist eine rasch wachsende Großstadt, jedes Jahr entstehen rund 12.000 neue Wohnungen. Die Baubranche boomt. Doch sie wird sich ab 2023 mit veränderten Spielregeln konfrontiert sehen: Dann dürfen nämlich Gebäude nur noch ohne Gasanschluss errichtet werden, und für Heizung, Warmwasser und Kühlung muss die Energie aus erneuerbaren Quellen kommen. Die städtischen Baubehörden schlagen in ihren Broschüren Erdwärme, Biomasse oder Fotovoltaik vor, zudem bietet Wien ein dichtes Fernwärmenetz an.

Den rund 400.000 bereits bestehenden Gasheizungen in älteren Häusern geht es ebenfalls an den Kragen, allerdings wird ihnen eine Übergangsfrist bis 2040 gewährt. Doch da die Gemeinde selbst rund ...

Herr Lewitan, ich nehme mir - wie viele andere Menschen auch - am Anfang des Jahres
gerne neue Ziele vor. Was halten Sie von solchen Vorsätzen?

Mir leuchtet nicht ein, warum man sich ausgerechnet am 1. Januar etwas vornehmen sollte, wo man es doch genauso gut am 1. November tun könnte. Manche nehmen sich zum Beispiel an Neujahr vor, nicht mehr zu rauchen. Eine so grundsätzliche Entscheidung ist aber doch nicht von einem bestimmten Datum abhängig. Was richtig ist, gilt nicht nur ab dem 1. Januar! Das neue Jahr sollte nicht sofort mit Maximalforderungen an sich beginnen.

Das stimmt. Trotzdem ...

Ich bin etwas besorgt über die Gesundheit unserer Kinder. Ich weiß, das ganze Land ist gerade besorgt, aber ich sorge mich zusätzlich um etwas anderes: Ich bin überzeugt, dass meine Tochter Greta sich demnächst eine Unterkühlung holen wird. Sie zieht sich einfach nicht ordentlich an. Jetzt im Winter geht Greta manchmal in Turnschuhen aus der Wohnung. Und zwar in Turnschuhen ohne Strümpfe. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie man damit durch einen nasskalten Dezember kommen soll. Mein Gott, das Kind muss doch frieren! "Ich friere nicht, Papa!", sagt Greta dann und verschwindet aus der Tür. Ich hingegen ziehe mir ...

Von Tillmann Prüfer

Manchmal halten sich Bestandteile bestimmter Kleidungsstücke über Jahrhunderte, ohne dass man so recht weiß, was das eigentlich soll. So hat es offenbar gar keinen Sinn, dass ein Mantel Schulterstücke hat, und auch das Revers einer Anzugjacke ist einfach überflüssig. Andererseits fänden wir eine Anzugjacke ohne Revers sehr seltsam. Genauso ist es mit dem Kragen eines Anzughemdes. Er ist einfach da, weil er da ist. Er hat keinen Sinn, im Grunde ist er auch das sinnloseste Stück Stoff, das es an einem Hemd gibt: Der Kragen wird schnell schmutzig, dann kann man das Hemd nicht mehr tragen, und er ...

Von Eckstein

Waagerecht:
7 Wo unternommen, wird nicht unbedingt ein Spazierweg draus 11 Schuldfragenbeantwortung mit viel Vorbehalt 14 Zum danke gängig, mit bitte Sitte 15 Wo Liebe ist und Weisheit, da ist weder Furcht noch ... (Franz v. Assisi) 19 Ausbügeldienst, handwerklich zumeist 20 Zwischen milk und honey im Roxette-Frühstück 21 Niemand hat heute ein so vollkommenes ..., dass er alles verstehen und würdigen kann: Habe den Mut zu sagen, dass du von einer Sache nichts verstehst (K. Tucholsky) 24 Ur-Brüder mit Graslandanklang im Namen 25 Schnupperte viel Berg-, viel Stadtluft in ihren Lehr- und Wanderjahren 26 Blaublütiger in ...

Von ANNA KEMPER

Ich wusste nicht, dass ich meinen Helden des Jahres treffen würde, als ich im Mai vor dem Impfzentrum im Flughafen Tegel stand. Es fühlte sich an wie eine seltsame Mischung aus dystopischem Katastrophenfilm und Feelgood-Movie: Hunderte Menschen in einer Schlange vor einem ausgedienten Terminal, in dem uns ein völlig neuartiger Stoff gegen eine bedrohliche Pandemie injiziert werden würde. Aber dann, als ich nach der Anmeldung den Weg zur Impfhalle entlanglief, stand da dieser Mann, wies auf die weit offene Tür, hinter der man die Impfkabinen sehen konnte, und sagte: "Willkommen im Paradies."

In den Flughafenhallen wurde die Größe ...

Von Heike Faller

Der Winter ist ein Härtetest für alle Lebewesen, "Wintersterblichkeit" heißt das schaurige Fachwort dafür, dass Kälte und Hunger schwache Exemplare einer Population töten, egal ob Käfer, Vögel oder Säugetiere. Selbst unter Menschen sind die Sterbezahlen im Januar höher als im Sommer, um 15 bis 20 Prozent. Der Organismus ist geschwächt, Krankheiten enden häufiger mit dem Tod. Fast egal, welcher Art wir angehören: Wir alle werden weniger, wenn es Winter wird.

Wie geht es den Rehen im Winter?, wollte ich wissen, als ich in Sailershausen bei Haßfurt den Forstdirektor Hans Stark, 61, traf. Ich hatte ihn gefragt, weil ...

Von BARBARA ACHERMANN

Würde es nicht regnen, sähe man vom Haus in Uetliburg aus die Glarner Alpen. Nun reicht die Aussicht knapp bis zum Zürichsee, der an diesem Tag wie aus Blei gegossen in der Ebene liegt. Hier hat der berühmte Kinderarzt und Forscher Remo Largo bis zu seinem Tod am 11. November 2020 gelebt. Als Experten für Kinder und Erziehung kannte ihn die ganze Welt. Aber was war er selbst für ein Vater? Diese Frage wollen wir seinen drei Töchtern Johanna, Kathrin und Eva Largo stellen. Mit dem Auto sind sie von Zürich und Winterthur hierher ins hüglige Hinterland angereist. J ...

Im Zuge der Corona-Maßnahmen ist ein neuer Typus von Respektsperson entstanden, ich nenne ihn "Corona-Kontrolleur". Die Corona-Kontrolleure stehen an den Eingängen von Restaurants, Schwimmbädern, Läden oder was auch immer und überprüfen, ob eine Person geimpft, genesen oder getestet ist, gemäß den gerade geltenden Regeln. Meistens läuft es darauf hinaus, dass man sein Handy zu zeigen hat, mit dem Impfzertifikat. Anschließend fordert die Kontrollperson, dass man sich über eine App eincheckt, oft will sie auch den Ausweis sehen.

Die meisten dieser Menschen sind es nicht gewohnt, Kontrolleur zu sein. Bisher hatten viele es als Dienstleistende mit Kundinnen und Kunden zu tun, m ...

Als im Mai das Telefon klingelte, habe ich gesagt: "Auf Ihren Anruf warte ich seit mehr als zwei Jahrzehnten." So lange hatte ich schon versucht, mich bei
Wer wird Millionär?
zu bewerben. Im Januar 2000 habe ich die Sendung das erste Mal geschaut. Ich war gerade mit meiner Frau zusammengezogen, sie war schwanger, und ich glaube, ihre beste Freundin hatte den Fernseher bei uns eingeschaltet. Ich war direkt begeistert: von dem Konzept und von Günther Jauch, den ich sehr schätze.

Ich habe Quizsendungen schon immer geliebt: In meiner Kindheit in der DDR habe ich im Westfernsehen
Der Große ...

Nach einem anstrengenden Nachtdienst im Spital frühmorgens auf dem Nachhauseweg in ein schmunzelndes Schneemannsgesicht zu blicken.

Judith Riedl-Bouali,
St. Gallen, Schweiz

Der kleine Schornsteinfeger-Anhänger, den mir unser Schornsteinfeger neulich geschenkt hat, als ich ihn berührte und sagte: "Heute brauche ich aber wirklich mal Glück."

Am gleichen Tag kam eine frohe Botschaft!

Inga Matzdorf,
Berlin

Beim Küchenschrankreparieren fällt mir ein Päckchen Puddingpulver in die Hand. FLAN CHINO,
consumir preferentemente antes del fin de 1994
. Ergab drei Näpfchen mit allerschönstem Tütensuppencampingerinnerungs-Geschmack.

Wilfried Schlosser,
Ludwigsau, Hessen

Im winterlich vernebelten Großstadtverkehr fällt ein klitzekleines Auto auf. Es ist ein alter Mini, der ...

Wer bin ich?", fragt König Théoden in
Der Herr der Ringe,
während man ihm auf der Hornburg die Brünne anlegt für die große Schlacht. Mir geht es ähnlich, ich habe den Tag auf Edinburgh Castle und drum herum verbracht und fühle mich nun gleichfalls gewappnet, mich den großen Sinnfragen zu stellen. Ich frage eine Passantin nach einer guten Bar für einen Longdrink und lande in der
Bar Tonic
in der Innenstadt: Eine kleine Treppe führt von der Straße hinunter in den früheren Keller eines viktorianischen Hauses.

"Ein schönes kaltes Bier?", fragt der Kellner, Anfang 20. Nee, Bier ...

Ein Restaurant kam als Ort, um über Einsamkeit zu reden, nicht infrage (zu laut, zu öffentlich), die Redaktion der ZEIT (zu sachlich) auch nicht. Also luden wir die beiden an einem regnerischen Nachmittag im Dezember kurzerhand an den Wohnzimmertisch von Ursula März ein: Diana Kinnert, 29, politisch aktive Unternehmerin, CDU-Mitglied und stoische Hutträgerin, veröffentlichte im Frühjahr letzten Jahres die Studie "Die neue Einsamkeit". Daniel Schreiber, freier Autor, 44 Jahre alt, hat den im Herbst erschienenen, hochgelobten Essay "Allein" verfasst. Beide Bücher schafften es auf die Bestsellerliste. Beide Autoren dürfen als Einsamkeitsexperten gelten und leben in Berlin. Daniel Schreiber ist als ...

Manchmal entwickelt man ja Wort-Ticks, versehentlich. Ich hatte mal eine Mitbewohnerin aus Österreich, die zur Bestätigung einer Aussage immer "voll!" sagte. Anfangs fand ich das gänsehautig sprachverunstaltend, aber Sie können es sich schon denken: Heute sage ich selbst andauernd "voll!" statt "stimmt!", oder statt einfach die Klappe zu halten. "Geil" ist auch so ein Wort oder "mega" oder "Ich weiß" oder "Wahnsinn!" oder "ehrlicherweise". Könnte man kürzen aus der alltäglichen Kommunikation.

Zusätzlich zu all den Wort-Ticks habe ich leider einen Satz-Tick, nämlich: "Nicht so schlimm." Sage ich andauernd, bei allem.

Das Nudelwasser kocht über. Nicht ...

Uli Hoeneß macht in den Tagen vor seinem 70. Geburtstag einen aufgeräumten, zufriedenen
Eindruck. Sein ereignisreiches Leben hat sich vor zwei Jahren in doppelter Hinsicht beruhigt;
im November 2019 legte er sein Amt als Präsident des FC Bayern München nieder, vier Monate
später brach in Deutschland die Corona-Pandemie aus. "Meine Frau und ich sind sehr
diszipliniert", sagt er über seinen Alltag zwischen vierter und fünfter Infektionswelle, "wir
versuchen, praktisch keine Kontakte draußen zu haben." Eine Frage, die man in diesen Wochen
beinahe automatisch stellt: Ist er Befürworter einer Impfpflicht? "Nein, das würde die
Gesellschaft noch mehr spalten. Aber ...

Es ist kurz nach Weihnachten 2021, die Mail kommt um 10.49 Uhr, es schreibt der Privatsekretär des ehemaligen Papstes. Benedikt XVI. will sich zu seiner Verantwortung im Fall des Missbrauchstäters Peter H. äußern. "Er dankt für Ihre Fragen", schreibt der Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, der
ZEIT,
"die er allerdings nur knapp und vereinzelt beantworten kann, da er der unabhängigen Untersuchung in München nicht vorgreifen möchte." Es sei Benedikt jedoch ein Anliegen, in Kürze einige Punkte klarzustellen, "zur Vermeidung von Missverständnissen".

Diese Mail könnte das letzte Kapitel einer Geschichte sein, die Benedikt und seine Mitstreiter der Öffentlichkeit jahrelang ...

W enn Schlafenszeit ist, passieren die merkwürdigsten Dinge. Ein Herr namens Bo, der stets seinen Mantel anbehält, kann nicht einschlafen. Nacht für Nacht quält er sich, liegt stocksteif und bemantelt im Bett und - bleibt wach. Also macht er sich eines Abends auf die Suche nach dem Schlaf. Er spaziert durch den Wald, kommt an das weite Meer und trifft dort auf seinen Freund, den lebensklugen Otter Otto. Otto fragt Bo, warum er denn nicht einfach schwimmen gehe. "Ich frier immer so", sagt Bo. "Du brauchst nur deinen Mantel anzubehalten", sagt Otto. Also steigt Bo mit Mantel ins Meer. Als ...

Vor fast zwanzig Jahren stand
Das Notizbuch des Zeichners
auf der Nominierungsliste des Deutschen Jugendliteraturpreises. Die Jury hob hervor, das Buch, in dem der ägyptische Illustrator und Grafiker Mohieddin Ellabbad Kindheitserinnerungen mit kulturgeschichtlichen Betrachtungen über das Zeichnen und Schreiben verbindet, lasse "erlernte Wahrnehmungsmuster hinter sich". Die Hoffnung, das außergewöhnliche Buch werde weiteren arabischsprachigen Titeln die Tür zum deutschen Markt öffnen, erfüllte sich nicht. Sieht man von den wenigen Verlagen wie Baobab Books oder Edition Orient ab, die vereinzelt Übersetzungen aus dem Arabischen herausbringen, gibt es diese Bücher in Deutschland kaum zu kaufen.

Das ist umso bedauerlicher, als die arabischsprachige Kinder- ...

Dies ist ein Roman, der eigentlich aus mehreren Romanen besteht und sich, auf über fünfhundert Seiten, dann doch zu einem Ganzen schließt. Äußerlich betrachtet ähnelt er seiner Heldin Sybil, obwohl die sonst bloß eine Nebenrolle spielt. Sybil, das muss man erklären, ist eine Maschine, die aus unzähligen, sehr dünnen und ineinandergewirkten Goldfäden besteht, fünf Meter hoch und umhüllt von einem durchsichtigen Zylinder. Wenn sie denkt und spricht - und was sie denkt und spricht, davon hängt auf dem Sternenflug der Argos nun einmal alles ab -, dann pulsiert ein Licht im klugen Fadenknäuel. Es leuchtet mal hier, mal dort, ein ebenso ...

Der Chefredakteur von Deutschlands bedeutendster liberaler Zeitung verliebt sich in seine junge Sekretärin. Also ein Mann jenseits der sechzig, jüdischer Herkunft, prominent, seit vielen Jahren im Amt und mit den Mächtigen der Welt vertraut, und eine Frau, noch keine zwanzig, aus eher einfachen Verhältnissen, die ihre Chance sucht - das wäre heute entweder der Stoff für eine Serien-Schmonzette, ein bisschen Emanzipation inklusive, oder für einen realen Skandal, mit Rücktritt oder Rausschmiss. Theodor Wolff, der von 1906 bis zu seiner Emigration 1933 das
Berliner
Tageblatt
leitete und dessen Namen heute einer der renommiertesten deutschen Journalistenpreise trägt, verwandelte solch ein Erlebnis in ...

Heute ist alles so extrem tricky, und das ganz sicher zu Recht. Wenn ich schwul wäre, das heißt, wenn ich schwul gewesen wäre, ich denke, mein Leben wäre anders verlaufen und ich hätte ein anderes Gefühl bei dem neuen Roman von Hanya Yanagihara, in dem schwule Männer und ihre Liebe eine zentrale Rolle spielen, anders als in den Romanen von John Updike aus dem letzten Jahrhundert, in denen Männer nur Frauen hinterherschauen, ja ganz anders als in den meisten Romanen der Weltliteratur. Als schwuler Leser würde ich sicher aufatmen, dass endlich schwule Paare in der schönen Literatur vorkommen und nicht ...

Um das Hamsterrad des Lebens auszuhalten, haben wir Menschen den Sinn erfunden. Früher kam er in der Zwangsjacke der Religion daher, und dass dieses Konzept im Zeitalter von Klimakrise und künstlicher Intelligenz für viele immer noch funktioniert ("Schuftet bis zum Umfallen in der hiesigen, und ihr werdet in der jenseitigen Welt reich belohnt!"), kann man entweder sehr komisch oder beeindruckend finden, je nach charakterlicher Disposition. Zeitgemäßer ist es, einen gewissen Sinn in die Sphären der Kunst zu verschieben. Es ist auch demokratischer, weil sich über Kunst zumindest streiten lässt und in ihrem Namen selten Menschen verfolgt oder getötet wurden.
...

Ich kann nicht schreiben. Auf gar keinen Fall kann ich schreiben, ich schaffe es ja kaum, den Müll runterzubringen oder gar so etwas Verrücktes wie Duschen in Angriff zu nehmen. Ich kann nicht schreiben, aber ich muss: Die Deadlines zischen an mir vorbei wie Silvesterraketen, wer jetzt kein Buch schreibt, veröffentlicht keines mehr, wer jetzt uninspiriert ist, wird es lange bleiben. Ich liege im Bett, weil alles andere unmöglich ist, das Zimmer ist abgedunkelt. Kein Fernseher läuft, ich lese kein Buch. Ich starre an die Decke, und meine Hauptbeschäftigung besteht darin, zu hoffen, dass es irgendwann aufhört.

Schuld ist, wie ...

Wir waren erst zwei Jahre in Deutschland und hatten kaum Geld, als wir in eine Sechszimmerwohnung in einem großen, majestätischen Jugendstilhaus mitten in Hamburg-Harvestehude einzogen. Das war im Sommer 1972, kurz vor den Olympischen Spielen in München, und wir hatten sie als schwarzhaarige Ausländer, die ein oft unvollständiges, merkwürdiges Osteuropäer-Deutsch sprachen, nur deshalb gekriegt, weil die reichen Deutschen damals lieber aufs Land zogen. Und weil mein Vater den Besitzern zehntausend Mark gegeben hatte, keine Ahnung, woher die kamen. "Im Sozialismus nannte man das Bestechung", sagte er und lachte, "sie sagen Abstandszahlung dazu."

Lange dachte ich an diese schöne, riesige, ein bisschen ...

Gründungsverleger:
Gerd Bucerius (1906-1995)

Herausgeberrat:
Prof. Jutta Allmendinger, Dr. Nicola Leibinger-Kammüller,
Zanny Minton Beddoes, Florian Illies, Dr. Josef Joffe

Ehemalige Herausgeber:
Dr. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002) Helmut Schmidt
(1918-2015)

Vorsitzender der Chefredaktionen des Zeitverlags und Chefredakteur:
Giovanni
di Lorenzo

Stellvertretende Chefredakteure:
Moritz Müller-Wirth (Managing Editor),
Sabine Rückert, Holger Stark, Bernd Ulrich

Mitglieder der Chefredaktion:
Malin Schulz, Jochen Wegner, Dr. Stefan
Willeke (Chefreporter)

Chef/in vom Dienst:
Iris Mainka (verantwortlich), Mark Spörrle

Textchef:
Dr. Christof Siemes

Geschäftsführende Redakteure:
Patrik Schwarz, Andreas Sentker

Chefkorrespondentin:
Tina Hildebrandt

Internationaler Korrespondent:
Matthias Naß

Leitender Redakteur:
Hanns-Bruno Kammertöns

Redaktionsleiter Digitale Ausgaben:
Götz Hamann

Parlamentarischer Korrespondent:
...

Die Kamera starrt über eisige Wiesen. Aus der Stille wächst ein Sound, und da kommen sie, Militärjeeps brettern auf ein granitgraues Herrenhaus zu - Normandie 1944, die britische Armee nimmt Quartier? Oder: Rücktransport der Versehrten nach England, ins Lazarett? Ist es der richtige Film, also
Spencer
über Diana, die 1981 als Welpe den britischen Kronprinzen heiratete und davon träumte, Königin zu werden, die 16 Jahre später in einem Tunnel unter Paris aus einem Mercedesschrotthaufen gezogen wird? Todesursache: Herz kaputt.

Der chilenische Regisseur Pablo Larrain greift in die alte Motivkiste des britischen Kriegsdramas. Thema: Gemetzel. Er inszeniert das Weihnachtsfest auf der ...

Und, haben Sie heute schon einen Fehler gemacht? Ist Ihnen im Supermarkt was runtergefallen?
Haben Sie Ihren Nachbarn mit dem Heizungsableser verwechselt? Ihren Ehepartner betrogen? Nicht
schlimm, das kann jedem mal passieren. Wichtig ist nur, dass Sie sich die hochnotpeinliche
Situation jetzt genau einprägen, in der Sie so jämmerlich versagt haben. Gehen Sie Schritt für
Schritt noch einmal durch, wie Sie in diese missliche Lage geraten sind, und bewahren Sie alle
diese Selbstvorwürfe tief in Ihrem Gedächtnis. In dunklen Stunden können Sie dann die
Erniedrigungen leicht wieder abrufen und sich eindringlich und ziellos mit ihnen befassen.

Mit dieser Selbsttechnik ...

Wenn man sagt, dass man gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen ist, dann denken die Leute immer direkt, dass man auch Katzenbabys ertränken würde oder Obdachlose anzünden. Wer gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen ist - wer also nicht davon träumt, dass jedem Bürger dieses Landes monatlich ein garantierter Betrag von um die 1000 Euro ausgezahlt wird, und wer nicht glaubt, dass das die Lösung aller sozialpolitischen Probleme wäre -, der muss mindestens neoliberal sein und allermindestens ein bisschen dumm. Wer will das denn nicht: Geld, einfach so, für alle?

Es klingt schon sehr gut, das muss man zugeben. Wenn jeder Mensch 1000 Euro im ...

Am Bahnhof Kings Cross in London steht eine rote Lok und dampft. Ihr Pfeifen klingt vergnügt, fast so, als würde sie sich darauf freuen, noch einmal von Gleis 9¾ losrattern zu dürfen. Acht Harry-Potter-Filme lang hat der Hogwarts- Express Zauberschülerinnen und Zauberschüler in das Internat für Hexerei und Zauberei Hogwarts gebracht. Zum ersten Mal in
Harry Potter und der Stein der Weisen
- das ist 20 Jahre her. Zum Jubiläum darf der Zug von damals noch einmal tuten - für ein besonderes Fernseh-Spektakel namens
Harry Potter 20th Anniversary: Return to Hogwarts,
das seit Anfang Januar in Deutschland zu sehen ...

Für die Bewältigung einer so außergewöhnlichen Krise wie der weltweiten Corona-Pandemie ist es von zentraler Bedeutung, wie wissenschaftliche Erkenntnis in die Politik gelangt und welche Expertinnen und Experten in der Politik Gehör finden. Diesen Prozess habe ich selbst als von einigen Zufälligkeiten geprägt erlebt.

Mitte Februar 2020 begann meine Arbeitsgruppe mit der Programmierung eines Simulationsmodells für die Virusausbreitung. Im März erhielten wir - nach kurzem Austausch mit etablierten Wissenschaftlern - für dieses Projekt eine Förderzusage des Bundesforschungsministeriums (BMBF). Meines Wissens nach wurde zum damaligen Zeitpunkt nirgendwo in Deutschland mit einem ähnlichen Modell gearbeitet. Es koppelt die Virusausbreitung an die reale ...

DIE ZEIT:
Wenn Sie an die Schule denken, Herr Jauch, was fällt Ihnen zuerst ein?

Günther Jauch:
Gepflegte Langeweile und das Gefühl eines Marathonlaufs, den man zu Ende bringen muss.

ZEIT:
Klingt nicht nach einer prägenden Zeit.

Jauch:
Interessanter wurde es in den höheren Klassen. Die Grundschule war eher unauffällig, außer dass man da von Mitschülern mal ein paar Zähne ausgeschlagen bekam.

ZEIT:
Wirklich wahr?

Jauch:
Da war ich neun. An unserer Schule gab es etliche Kinder, die aus Kinderheimen kamen. Die hatten in ihrer Verzweiflung kein anderes Ausdrucksmittel als Gewalt. Morgens kamen diese ...

Das passiert gerade:
Die Omikron-Variante breitet sich aus und entfacht alte Diskussionen neu. Lehrerverbände mahnten vergangene Woche bereits, Wechsel- und Distanzunterricht dürften kein Tabu sein. Pisa-Chef Andreas Schleicher dagegen sprach sich für offene Schulen aus. Dann preschte Thüringens Kultusminister vor und kündigte flächendeckenden Distanzunterricht bis Mitte Januar an - um kurz darauf festzustellen, dass das Bundesinfektionsschutzgesetz dies gar nicht zulässt. Nun sollen die Thüringer Schulen selbst entscheiden, wie sie vorgehen. Alle anderen Bundesländer, so die Kultusministerkonferenz, würden mit Präsenzunterricht ins neue Jahr starten. Sind offene Bildungseinrichtungen wirklich vertretbar?

Das sagt der Kinder- und Jugendarzt:
Für mich sind bei ...

An einem Montagmorgen um kurz nach acht bollert ein Holzboot aus dem Hafen von Guayaquil raus in den Golf, der die größte Stadt Ecuadors mit dem Pazifik verbindet. Die sechs Frauen an Bord ziehen sich Schirmmützen und Handschuhe gegen den Fahrtwind und die brennende Novembersonne an, Rettungswesten gegen das mulmige Gefühl. Keine von ihnen kann schwimmen. Dabei ist dies ihr Weg zur Arbeit. Sie sind Grundschullehrerinnen in Puná, einem Bezirk, der zahlreiche Inseln vor Guayaquil umfasst.

Im Herbst 2020 enthüllte der
Expreso,
eine der wichtigsten Zeitungen des Landes, dass es in vier abgelegenen Dörfern Punás seit mindestens fünf Jahren ...

DIE ZEIT:
Frau Dubourg, Sie haben einmal gesagt, Ihnen komme es auf Ehrlichkeit an. Welche Wahrheit schmerzt, wenn man in einem Chemie-Unternehmen für die Nachhaltigkeit zuständig ist?

Saori Dubourg:
Dass die Transformation zur Nachhaltigkeit eine größere Herausforderung ist, als viele Menschen denken. Wir wollen bis 2050 klimaneutral werden. Wir müssen unsere Energieversorgung auf erneuerbare Quellen umstellen und Portfolios neu ausrichten. So wie alle in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen auch wir uns anstrengen.

ZEIT:
BASF verdient Geld mit Pestiziden, die der Natur schaden. Die EU-Kommission fordert, den Pestizideinsatz bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Was bedeutet ...

War alles nur ein Fehlalarm? Noch Anfang Dezember prognostizierten Epidemiologen, dass sich die neue Corona-Variante Omikron rasend schnell verbreiten werde. Zur selben Zeit warnten Intensivmediziner, dass schon die Delta-Variante die Intensivstationen bald überlasten werde, von 6000 mit Corona-Patienten belegten Intensivbetten zu Weihnachten war die Rede. Doch bisher bleibt der Omikron-GAU aus, und die Intensivstationen
leeren sich
sogar eher. Haben sich die Modellierer schlicht getäuscht?

Was Omikron angeht, sollte man noch keine Entwarnung geben. Die Zahlen würden nur verzögert ansteigen, erklärt Anita Schöbel vom Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik. "Maßnahmen gegen die Delta-Variante wie 2G und 2G+ haben offenbar gewirkt", sagt ...

Etwas passt nicht zusammen, hier in Mjølnerparken. Die vier Wohnblocks mitten in Kopenhagen gelten in Dänemark als "hartes Ghetto", als ein Viertel mit hoher Arbeitslosigkeit und Kriminalität und mit zu vielen Einwanderern, ein Viertel, das mit aller Macht verändert werden soll. Selbst vor Zwangsumsiedlung schreckt die Regierung nicht zurück. An Laternenmasten hängen Kameras.
"Omr
ådet er video overvåget"
- "Das Gebiet ist videoüberwacht", warnen Schilder. Geht man aber durch die Innenhöfe der vierstöckigen Klinkerbauten, sieht man: Rasen, Bäume, Bänke, einen hübschen Spielplatz, unter der Rutsche versteckt sich eine Katze. Vor den Hauseingängen stehen Fahrräder, die vertrauensselig nur
ab
-, n ...

DIE ZEIT:
Herr Ploss, weltweit werden weniger Autos, Kühlschränke und Spielekonsolen gebaut, weil es an Elektronikchips fehlt. Sie sind Chef eines der größten Produzenten: Erklären Sie einmal für Laien, warum Halbleiter so zentral geworden sind.

Reinhard Ploss:
Halbleiter sind die Bausteine, die unsere Elektronik zum Laufen bringen. Notebooks und Handys basieren auf Halbleitertechnologie, die Waschmaschine wäscht mit wesentlich weniger Wasser und Strom, weil Elektronik sie steuert. Im Auto geht das weiter. Und weil die Welt immer elektronischer wird, braucht es immer mehr Halbleiter. Wenn Sie in Zukunft einer sprachgesteuerten Kaffeemaschine zurufen: "Ich hätte gern einen Espresso!", dann ...

Der Rüstungshersteller Israel Aerospace Industries (IAI) hat ein neues Produkt vorgestellt: einen Roboter mit vier Reifen, der mit einem Maschinengewehr bewaffnet ist und eigenständig seine Feinde identifiziert. Er heißt Rex MK II und wird von seinen Erfindern als "autonomes Bodensystem" klassifiziert. Er kämpft also weitgehend von allein gegen Menschen, weil er mit Sensoren und einem leistungsfähigen Rechner bestückt ist. IAI will bald mit dem Export beginnen, zeigt den Roboter auf Rüstungsmessen vor, und Unternehmenschef Boaz Levy spricht von einem "signifikanten Markt".

Die Roboter kommen - das ist gerade ein weltweiter Trend in der Rüstungsindustrie. Gleich mehrere Konzerne gehen mit autonomen ...

Der Mann, der den Georgiern eine bittere Wahrheit über Deutschland erzählte, steht auf dem Markt in der Kleinstadt Chaschuri unter einer Zeltplane und verkauft Mandarinen. Es ist ein kalter Novembertag, Jemal Tschatschanidze zieht die Mütze tief ins Gesicht und hält das Handy für das Videogespräch vor sich.

Seit dem Sommer kennen viele Georgier Tschatschanidze - als rebellischen Saisonarbeiter, der sich im fernen Deutschland gegen seine Ausbeutung wehrte. Wochenlang gab er Interviews, im Fernsehen, im Radio, in Zeitungen. Immer wieder erzählte er von dem Vertrauen, das er in Deutschland hatte, von der Hoffnung auf einen gerechten Lohn für harte Arbeit, vom ...

Gerade als man sie am meisten brauchte, scheute die Welthandelsorganisation (WTO) das Risiko. Da war sie, die Chance, die Welt wieder für neue Geschäfte zu öffnen: Der Anti-Globalisierer Donald Trump war abgewählt, nach der Welle von Corona-Rückschlägen sehnten sich viele Länder nach neuen Einnahmequellen, und in den Wochen zuvor hatte ausgerechnet der Welthandel gezeigt, dass noch viel Leben in ihm steckt. Er hatte 2021 um schätzungsweise 25 Prozent zugelegt und die Weltwirtschaft entscheidend neu belebt.

Ein frischer Globalisierungsschub mit neuen Handelsöffnungen hätte noch mal weiteren Schwung geben können - doch ausgerechnet da sagte die WTO ihre 12. Ministerrunde mit einer ...

Der Blick auf die ersten Corona-Wellen liefert eine Menge Material, um der Wirtschaft Mut zu machen. Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland während der Pandemie? Gesunken! Die Arbeitslosigkeit? Wieder auf Vor-Corona-Niveau. Der deutsche Aktienindex Dax? Fast auf Rekordstand. Und der Anteil fauler, vom Ausfall bedrohter Kredite an Unternehmen ist seit Jahren fast kontinuierlich gesunken.

Andreas Pres verweist gern auf diese Zahlen. Er ist der Geschäftsführer von Prespartners, einem Hamburger Unternehmen, das anderen Firmen auf die Beine helfen will, wenn sie auf der Kippe stehen. Im März 2020 hätten er und andere Restrukturierungsberater noch geglaubt, "dass die Covid-19-Pandemie einen weltweiten Nachfrageschock ...

Was ist ein angemessener Preis? Das ist eine gute Frage, auf die es leider keine gute Antwort gibt. Sie hängt nämlich davon ab, welche Interessen man verfolgt und welchen Maßstab man anlegt. Deswegen lässt sich über angemessene Preise ebenso intensiv wie ergebnislos debattieren. Wie man gerade wieder am Beispiel Lebensmittel sieht. Niemand kennt den angemessenen Preis dafür. Doch jeder glaubt zu wissen, dass Marktpreise unangemessen sind. Konkret: Supermarktpreise.

Einigen sind sie zu niedrig. Das gilt beispielsweise für den Fruchtsafthersteller Granini, der bei der Supermarktkette Edeka höhere Preise durchsetzen will. Rewe berichtet, Nudel- und Kaffeeproduzenten hätten das ebenfalls gefordert - so ...

Das Schlimmste am Krieg ist nicht die Angst, sagt Clarissa Ward. Es ist die Schuld. "Warum kann ich gehen, aber so viele andere Menschen müssen bleiben? Warum habe ich dieses Privileg? Nur weil ich den richtigen Pass besitze?"

Kabul, Ende August 2021. Im Morgengrauen fahren Ward und ihr Team, der Produzent Brent Swails und der Kameramann William Bonnett, zum Flughafen, wo sie in eine der Transportmaschinen steigen sollen. Ward ist erschöpft, sie will nach Hause zu ihren Söhnen, drei und ein Jahr alt. Tagelang hat sie, die Chefreporterin des amerikanischen Fernsehsenders CNN, aus Kabul gesendet. Als eine von wenigen westlichen ...

DIE ZEIT:
Herr Schachtel, ist für Dating-Plattformen wie Parship gerade Hochsaison?

Marc Schachtel:
Auf jeden Fall. Nach Weihnachten gehen unsere Nutzungszahlen jedes Jahr deutlich nach oben, im zweistelligen Prozentbereich.

ZEIT:
Sie haben jetzt auf Plakaten, im Fernsehen und in sozialen Netzwerken eine Kampagne gestartet, dass Ihre Nutzer sich beim Flirten im Internet besser benehmen sollen. Ist die Lage so schlimm?

Schachtel:
Es geht um ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, nicht nur um unsere Kunden. Früher war Online-Dating ein Nischenthema, jetzt kennt fast jeder ein Paar, das sich im Internet kennengelernt hat. Aber wir sehen auch: Trotz dieser Popularität ...

Die Strafgewalt dieses Amtsgerichts reiche nicht aus, erklärt Frau M., das Verfahren gehöre vor das Landgericht. Abgelehnt. Bis zum 4. Juli 1997 gab es weder hier noch dort Strafgewalt; eine Vergewaltigung in der Ehe, um die es gleich gehen wird, galt allenfalls als Nötigung. Doch der (fraktionsübergreifende) Gesetzentwurf, der dem damals im Bundestag ein Ende setzte, war nur der zweitbeste im parlamentarischen Rennen. Er öffnete der vergewaltigten Ehefrau das Tor zum Gericht, aber er versperrte ihr den Hinterausgang ins Leben. Im Gesetzgebungsverfahren waren eine Widerspruchs- und eine Versöhnungsklausel diskutiert worden, wonach das Vergewaltigungsopfer der Fortsetzung der Strafverfolgung hätte widersprechen ...

Die Autorin fordert, die evangelische Kirche möge sich wieder auf ihre Kernkompetenzen
konzentrieren, statt von links zu missionieren. Ich möchte ihr als evangelische Christin
widersprechen. Jesus hat sich stets für die Ausgestoßenen und Schwachen eingesetzt. Wenn wir
ihm nachfolgen wollen, wäre es doch angezeigt, sich daran zu orientieren. Nichts anderes ist
ja diakonisches Handeln. Den Menschen gefällt keine Kirche, die Nächstenliebe, Gerechtigkeit
und Bewahrung der Schöpfung predigt, dabei aber nicht dafür eintritt, dass diese Ziele im
irdischen Leben auch erreicht werden können. Die Menschen lassen sich nicht mehr wie im
Mittelalter auf das Jenseits vertrösten. Wenn es ernst wird mit ...

Er hatte europäische Hochkulturen entdeckt und Goldschätze und Königsgräber und Troja. Er war rastlos gewesen und rücksichtslos und getrieben, einundzwanzigsprachig und kleinwüchsig und Halbwaise und unendlich reich. Ein glücklicher Mensch war er nicht gewesen. Und nun war er tot. Heinrich Schliemann lag am 4. Januar 1891 aufgebahrt in seiner Stadtvilla in Athen. Hinter den Leichnam hatte man seine große Liebe gewuchtet, eine Büste des griechischen Dichters Homer. Ein Kreuz aus weißen Blumen zierte den Sarg.

Staatsoberhäupter aus der ganzen Welt hatten kondoliert. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. hatte einen prachtvollen Kranz geschickt, im Namen des deutschen Volkes. Der griechische König ...

POLITIK

USA
Vor einem Jahr erstürmten Demonstranten das Kapitol. Was damals geschah
und wie es danach weiterging VON SAMIHA SHAFY
2

Der republikanische Wahlleiter Stephen Richer stellte sich gegen Donald Trump - und zog den
Hass seiner eigenen Partei auf sich VON AMRAI COEN
3

Freiheit
Justizminister Marco Buschmann über die Impfpflicht, die Lernkurve
der FDP und Liberalismus in Zeiten der Pandemie
4

Energiepolitik
Die EU will Erdgas und Atomenergie zu nachhaltigen
Technologien erklären. Das sorgt auch in der Berliner Koalition für Ärger VON PETRA PINZLER
5

Fotoreportage
Der Alltag in Frauengefängnissen in Lateinamerika
6

Strafjustiz
2018 marschierten Rechtsextreme durch Chemnitz, das Restaurant
von Ali ...

Aktuelle Civey-Umfrage für die ZEIT

Hätte der legendäre George Best ähnlich gedacht wie der nicht ganz so legendäre Peer Steinbrück, wäre ihm manches erspart geblieben - vor allem sein Geld. Der deutsche Finanzminister Steinbrück kündigte 2006 an: "Wir müssen sparen, bis das Blut unter den Fingernägeln hervorläuft." Damals hatte der nordirische Fußballer Best nicht nur seine Lebensbilanz längst gezogen ("Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Weiber und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst") - er war auch schon ein Jahr lang tot. Zyniker würden nun vielleicht sagen: Kein Wunder. Andere wiederum halten sich eher an ...

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Und wieder kriegt die evangelische Kirche auf die Mütze. Zu säkular sei ihre Predigt, zu politisch, gar parteipolitisch, also irgendwie rot-grün. So lautete, an dieser Stelle, das Klagelied von Liane Bednarz, die sich als konservative Christin bezeichnet und fordert, die Kirche möge sich gefälligst auf "ihren Kern" besinnen
(
ZEIT
Nr. 53/21).

Blöd nur, dass niemand genau sagen kann, was diesen christlichen "Kern" ausmacht. Die Bibel? Ja sicher. Nur ist aus ihr in den letzten zwei Jahrtausenden schon alles herausgelesen worden - und das Gegenteil.

Der Kapitalismus und der Glaube an Markt und Technik lassen sich aber eher schwer aus ...

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DIE ZEIT:
Frau Zeh, das Land hat mal wieder ein ziemlich außergewöhnliches Jahr hinter - und wahrscheinlich vor sich. Krankenhäuser am Limit, Grundrechtseinschränkungen, wie es sie noch nie gab, und mittendrin nach 16 Jahren ein neuer Kanzler. Ziemlich viel Stoff für eine Schriftstellerin, Juristin und Gegenwartsseziererin, wie Sie es sind. Und trotzdem: Jedes Mal, wenn wir Sie dazu bewegen wollten, einen Essay für diese Seiten zu schreiben, sagten Sie ab. Warum?

Juli Zeh:
Ich schreibe schon seit einigen Jahren keine Essays mehr, weil ich die Lust verloren habe, am Schreibtisch zu sitzen und meine eigenen Ansichten auszuformulieren. Wir ...

VON VALERIE SCHÖNIAN

Dass etwas Schlimmes passiert ist, sieht man gleich. Ali T., ein 46 Jahre alter Mann aus Chemnitz, steht an einem Herbsttag des Jahres 2018 im Eingangsbereich seines türkischen Restaurants Mangal und schiebt mit seinem Fuß Scherben zur Seite. Er blickt in den Raum, in dem sonst seine Gäste sitzen. Auf der Theke das aufgeklappte Reservierungsbuch, im Schrank stehen Biergläser, auf den Tischen liegen Gabel, Messer und rote Servietten an jedem Platz. Aber essen kann so bald keiner mehr in diesem Bistro: Alles im Raum ist schwarz, überzogen mit einer dicken Schicht aus Ruß. "Wir haben alles hier ...

Das neue Jahr hat kaum begonnen, schon hat die öffentlich auf Harmonie gepolte Ampelkoaliton den ersten Krach. Vordergründig geht es dabei um die künftige Energieversorgung. Aber hinter den Kulissen darum, wer in Berlin und Brüssel künftig das Sagen hat. In der Klimapolitik - und auch sonst.

Angefangen hat der ganze Ärger mit einem Schreiben. Ausgerechnet in der Silvesternacht, zwei Stunden vor Neujahr, verschickte die EU-Kommission einen Textentwurf an alle Regierungen der Mitgliedsstaaten. Gas und Atomkraft, so hieß es darin, sollen künftig, unter bestimmten Bedingungen, als "klimafreundliche Energien" gelten. Atom und Gas sind nun öko? Prominente Grüne protestierten umgehend. Umweltfreundlich sei ...

DIE ZEIT:
Herr Minister, Sie tragen nun Verantwortung für ein Thema, das
gerade besonders umstritten ist: die Freiheit. Was ist Freiheit für Sie?

Marco Buschmann:
Freiheit ist eine Leitidee für das Zusammenleben von Menschen. Danach sollen wir uns gegenseitig möglichst viel Individualität und Selbstverwirklichung zubilligen. Freiheit meint auch eine regulative Idee für Politik, die Menschen dazu anhält, sich gegenseitig möglichst große Verwirklichungsräume zu ermöglichen.

ZEIT:
Das Selbsterfahrungsbuch
Walden
des US-Amerikaners Henry David Thoreau gilt vielen als ultimativer Freiheitsentwurf: ein Mann, der ohne Einwirkung des Staates in der Natur lebt und niemandem Rechenschaft schuldig ist. Können Sie damit ...

Stephen Richer hat eine etwas ungewöhnliche Vorstellung von seiner Arbeit: Sie soll möglichst langweilig sein. Richer ist der Wahlleiter von Maricopa County, Arizona. Im November 2020, als die USA einen neuen Präsidenten wählten, stand in Maricopa County auch sein Name auf den Stimmzetteln: Wahlleiter ist in Amerika ein politisches Amt. Stephen Richer, ein Republikaner, war angetreten mit dem Slogan: Wahlen wieder langweilig machen! "Leider ist mir das bisher vollends misslungen", sagt er.

Während Donald Trump als Präsidentschaftskandidat in Maricopa County knapp verlor, gewann Stephen Richer knapp. Besucht man ihn in seinem Büro im Zentrum von Phoenix, Arizona, muss man zuerst ...