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Inhaltsverzeichnis vom 04.03.2021
DIE ZEIT
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Hereinspaziert
Der Volg in Däniken, einem Dorf zwischen Aarau und Olten, steht in einer runtergewirtschafteten Ladenpassage. Rundherum herrscht gespenstische Leere, im Innern anspruchslose Nüchternheit. In den Regalen steht, was man für den täglichen Bedarf an Lebensmitteln braucht, vieles davon in dreifacher Ausführung. Erbsen und Karotten aus der Büchse, Marke Hero, dazu zwei Eigenmarken, eine davon eine Billiglinie.
Mit einem Bilderbuch-Dorfladen, in dem eine pausbäckige Verkäuferin hinter einer hölzernen Ladentheke steht, hat die Volg-Filiale nicht viel zu tun. Doch wenn der Ladenleiter Björn Meier von seinen Kundinnen spricht, wird klar, wie viel Tante-Emma-Denken der Agroriese Fenaco, dem die Volg-Kette gehört, in seine ...
Das Lädeli lebt im Internet
Die beiden haben sich eine hübsche Gründergeschichte zurechtgelegt, wie das alle Start-ups tun. Sie erzählt vom bayerischen Kleinbauernnachfahren, der qua Abstammung ein Faible fürs gute Leben hat, und vom russischen Enkel, der die Sommer gerne auf dem Hof seines Opas in Sibirien verbrachte. Aber als man Roman Hartmann (den russischen Enkel) danach fragt, wie es denn wirklich dazu gekommen sei, dass er und sein Compagnon Tobias Schubert (der Bayer) seit einigen Jahren im Schweizer Lebensmittelhandel mitmischen, da wird klar: Dahinter steckt kühle unternehmerische Rechnerei. "Wir wollten unbedingt etwas gründen", sagt Hartmann, der Schubert in Moskau kennengelernt hatte. Da habe sich ...
Wie kastrierte Schmusekater
Vor vier Jahren tobte ein wüster Wahlkampf um die fünf Sitze in der Walliser Kantonsregierung, dem Staatsrat. Oskar Freysinger, der SVPler, wurde abgewählt. Dieses Jahr ist tote Hose. Die Gewählten stehen fest, schon vor dem Urnengang am nächsten Sonntag. Trotzdem kuschen alle Papabili wie kastrierte Schmusekater vor Christophe Darbellay, der als Parteipräsident - zusammen mit dem Fraktionspräsidenten Jean-Michel Cina - die CVP schweizweit in den Niedergang geritten hat.
Früher berichteten Radio und Fernsehen halbwegs kritisch aus dem Wallis. Seit Jean-Michel Cina Präsident der SRG ist, kuschen alle. Berichtet wird schwergewichtig über jene Zermatter Bergbahnen, in deren Verwaltungsrat Cina sitzt.
Immerhin ...
Last der Trägheit
Deutschland ist ein Land, in dem ziemlich viel herumliegt. 1.587.974 noch nicht verabreichte Impfdosen von AstraZeneca zum Beispiel (Stand Dienstag dieser Woche), 3,4 Milliarden Euro, die vom Parlament für den Klimaschutz bereitgestellt, aber bislang nicht abgerufen wurden, 2,9 Milliarden Euro an unverbauten Sondermitteln für die Schulen und 2,1 Milliarden Euro für die Erweiterung des Glasfasernetzes. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Was diese Beispiele zeigen: Wir haben ein Problem. Allerdings ist es mit dem derzeit populären Begriff Regierungsversagen nur unzureichend beschrieben. Es ist ja nicht so, dass die Regierung nicht regierte. Beschlüsse werden gefasst, Gesetze geschrieben. E ...
Im Haushaltsloch
Wenn man bei einer Internetsuche den Fragen-Anfang eingibt: "Warum gibt es keine weiblichen ...?", bietet der Server zur Vervollständigung an: Skispringer, Schachweltmeister, Serienmörder, Komponisten, Mönche, Minions. Die Vorstellung, dass Weiblichkeit mit einem Defizit verbunden ist, scheint naheliegend zu sein. Man könnte die Liste ergänzen: Warum findet sich in der Liste der zehn reichsten CEOs der Welt keine Frau? Warum gibt es keine weibliche Elon Musk? (Setzen Sie hier gern einen Namen Ihrer Wahl ein.) Ja, warum bloß?
Lassen wir einen Moment die Minions, die Mönche und die Möglichkeit außer Acht, dass der liebe Gott den Frauen einfach ein ...
Der demaskierte Minister
Am Abend des 24. März 2020 geht im Bundesgesundheitsministerium eine E-Mail ein. Sie stammt vom Grevener Logistikunternehmen Fiege. "Wie abgestimmt finden Sie anbei unser Angebot", schreibt ein Mitarbeiter. Noch am selben Abend antwortet ein Abteilungsleiter des Ministeriums: "Danke, (...) ich gehe davon aus, daß ich Ihnen bis mittags den von mir unterschriebenen Vertrag mailen kann." Die E-Mails liegen der
ZEIT
vor. Und tatsächlich unterschreibt der Abteilungsleiter am 25. März, nur wenige Stunden später, einen Vertrag mit der Firma Fiege, der die Bundesregierung in der Folge alles in allem rund eine Milliarde Euro kosten wird. In diesen Tagen ...
"Spürt er nicht, dass das nicht geht?"
Nervosität macht sich breit in der Spitze der Unionsfraktion. Mehrfach wird CSU-Landesgruppenchef und Fraktionsvize Alexander Dobrindt am Dienstag bei einem Pressefrühstück gefragt, wie lange man denn noch warten wolle, bis aus einem finsteren Verdacht ernsthafte Konsequenzen gezogen würden: Kein Hinterbänkler, sondern der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein, 51, steht im Verdacht, Maskenherstellern Zugang zu Ministerien verschafft, dafür 660.000 Euro als Provision bekommen und auch noch keine Umsatzsteuer gezahlt zu haben. Es ist möglich, dass er die Panik und Not der Pandemie ausgenutzt und den politischen Schaden für alle billigend in Kauf genommen hat.
"Scheiße", sagt einer aus der ...
Wer hat die Verantwortung?
Armin König kann sehr genau sagen, wann die Stimmung in seiner Gemeinde umgeschlagen ist. Vor drei Wochen war das, als die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten einen neuen Inzidenzwert als Ziel ihrer Corona-Maßnahmen ausgaben: nicht mehr 50, sondern 35. "Da hat ein Teil der Leute gesagt: Ihr könnt mich mal - und macht seitdem, was er will. Und der andere Teil rennt dem Ordnungsamt die Tür ein und beschwert sich, dass es nicht härter durchgreift." Armin König ist Bürgermeister im saarländischen Illingen, seit bald 25 Jahren. "So gespalten wie heute", sagt er, habe er die Einwohner noch nie erlebt. Der ...
Was Kinder jetzt brauchen
Warum es nicht reicht, die Schulen zu öffnen
Den Kindern geht es nicht gut, so viel ist ersichtlich. Sie sitzen da, in ihren geteilten Zimmern in Wohnungen ohne Parks drum herum. Die Eltern haben ein schlechtes Gewissen; 60 Prozent der Deutschen, ergab eine Umfrage der
ZEIT,
sorgen sich vor allem um die Zukunft ihrer Kinder, denn die langweilen sich, die lernen nichts. "Für die jetzigen Dritt- und Zweitklässler ist es besonders übel gelaufen", sagt der Pädagoge und Soziologe Aladin El-Mafaalani, "viele können nicht richtig lesen und schreiben."
In manchen Kinderpsychiatrien gibt es keine Plätze mehr, Depressionen und Essstörungen nehmen zu. D ...
"Verrat am Vaterland"
Was macht man mit einem, der nicht schweigt? Der noch vor Gericht die russische Staatsmacht beleidigt? Der jeden Prozesstermin für eine politische Rede an das Volk benutzt? Man steckt ihn in das Straflager 2 in Pokrow im Gebiet von Wladimir, hundert Kilometer östlich von Moskau. Dorthin, das wurde Anfang der Woche bekannt, hat man Alexej Nawalny jetzt gebracht. Dort muss er, nachdem seine Berufung abgelehnt wurde, zwei Jahre und acht Monate absitzen. So haben es die Richter verfügt, die ihn nach seiner Rückkehr aus Deutschland verurteilt haben.
Pokrow hat 17.000 Einwohner und ein Schokoladenmuseum, das Lager liegt auf der ...
Auf der Suche nach Nähe
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DIE ZEIT:
Es ist 39 Jahre her, dass SPD und FDP gemeinsam im Bund regierten. Was verbindet Sozialdemokraten und Liberale heute noch - oder wieder?
Johannes Vogel:
Das progressive Element, das Zukunftsoptimistische. Das Beste liegt noch vor uns - diese Haltung haben Liberale und Sozialdemokraten gemeinsam. Sie unterscheidet uns von Konservativen und Grünen. Die einen sind oft gefangen in ihrer Sehnsucht nach dem Vergangenen, die anderen in ihrer Fortschrittsskepsis.
Kevin Kühnert:
Ich erlebe, dass beide Denkrichtungen nicht geprägt sind von bloßer Verzichtsethik, sondern vom Glauben, dass die Zukunft zum Besseren gestaltet werden kann - häufig mit verschiedenen Vorstellungen ...
Neue Studie zur Nutztierhaltung
Deutsche Ställe sind für zu viele Tiere kein schöner Ort. Das befand im Februar 2020 eine Kommission, eingesetzt von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU), geleitet vom früheren CDU-Landwirtschaftsminister Jochen Borchert. Es gebe "erheblichen Handlungsbedarf zur Verbesserung des Tierwohlniveaus in der Nutztierhaltung". So steht es im Abschlussbericht der Kommission. Dafür brauche man politische Steuerung. Und viel Geld. Die Expertinnen und Experten rechneten aus, dass in den kommenden Jahrzehnten bis zu 3,6 Milliarden Euro nötig seien, und zwar pro Jahr, um Ställe im Sinne des "Tierwohls" umzubauen und die Nutztiere insgesamt "artgerechter" zu halten. Das Gremium machte auch Vorschläge, wie diese Mittel ...
Orbán droht mit Austritt aus der EVP
Man hatte zuletzt schon nicht mehr richtig zugehört, wenn Europas Christdemokraten wieder einmal mit Viktor Orbán stritten. Der Ungar provozierte, die anderen rangen die Hände, nichts passierte - so ging das seit Jahren. Nun könnte sich doch etwas verändern.
Am vergangenen Mittwoch, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, wollten die Abgeordneten der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament über eine neue Geschäftsordnung abstimmen. Die EVP ist die größte und mächtigste Parteienfamilie in der EU, zu ihr gehören CDU und CSU und bislang auch die ungarische Regierungspartei Fidesz. Ob Orbán und der Fidesz noch einen Platz in der Familie haben, ist in der EVP ...
"Sie töten uns, und der Rest des Landes schweigt"
HAMDAJET, SUDAN
Seit drei Monaten braucht Amanuel Tesfay die Hilfe Gottes, um überhaupt in den Tag zu kommen. Er betet für die Kraft, von dem schmalen Bett aufzustehen, einer durchgelegenen Matratze auf einem Metallrahmen. Und er betet für ein funktionierendes Telefonnetz, um die Stimmen von Fereweyni, seiner Ehefrau, und seinen drei Kindern zu hören, von denen er getrennt wurde.
Drei Monate nur. Tesfay versucht zu verstehen, wie in dieser kurzen Zeit aus ihm, dem 35-jährigen Familienvater und Sesamhändler mit bescheidenem Wohlstand aus Tigray, ein Flüchtling im abgelegenen sudanesischen Grenzdorf Hamdajet werden konnte. Der auf Essensrationen von Hilfsorganisationen angewiesen ist. Der in ...
"Der Kronprinz hat sie am lautesten diffamiert"
DIE ZEIT:
Ihre Schwester, Loujain al-Hathloul, wurde aus dem Gefängnis entlassen, aber sie darf Saudi-Arabien nicht verlassen und sich nicht öffentlich über ihre Haft äußern. Sie selbst leben seit einigen Jahren in Belgien. Wie frei können Sie miteinander sprechen?
Lina al-Hathloul:
Wir telefonieren über verschlüsselte Apps. Ich kann aber nicht alles weitergeben. Es könnte Loujain und meine Familie in Saudi-Arabien gefährden. Loujain ist längst noch nicht frei. Sie darf nicht reisen, nicht arbeiten, nicht frei sprechen, und es gelten drei Jahre Bewährung. Dagegen geht sie jetzt in Berufung. Hartnäckigkeit wirkt, das habe ich durch sie gelernt. Anfangs hatten ...
Liebe verdient ...nicht genug
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Am 8. März ist Weltfrauentag. Interessant. Das hätte ich gar nicht mitbekommen, wenn ich
nicht eine E-Mail meiner Plattenfirma bekommen hätte, in der ich dazu aufgefordert wurde, ein
Statement abzugeben. Ich frage mich, wie immer bei diesen "Frau Connor, können Sie uns etwas
dazu sagen?"-Anfragen: Was soll das bringen? Welcher Frau in unserem Land hilft es weiter,
wenn ich meine Gedanken zu starken Frauen und tapferen Müttern über sie gieße?
Für mich fühlt sich dieser Weltfrauentag an wie ein weiterer heuchlerischer Versuch, Aufmerksamkeit für ein Thema zu erzeugen, der ohne Folgen bleibt ... Folgenloses Mitgefühl, die tückische Krankheit ...
Dausend Prozent
Aktuelle Civey-Umfrage für die ZEIT
Darf man über den Weltfrauentag schreiben, wenn man ein nicht heteronormativer Cis-Kerl ist, also ein Mann, der sich als Mann fühlt, sexuell jedoch eher Frauen anziehend findet, der aber Heterosexualität nicht als Norm definiert und somit nichts gegen Männer hat, die sich als Frau fühlen und auf Menschen stehen, die sich einem binären Geschlechterverständnis entziehen? Und natürlich auch nichts gegen Frauen, die sich als Mann fühlen, denen aber trotzdem die Abwesenheit eines "Nein" nicht reicht und die erst in einem Akt der
Consent Culture
ein klares, aus eigenem Willen heraus geäußertes "Ja" hören müssen, bevor sie ...
INHALT
POLITIK
Masken
Hat Gesundheitsminister Jens Spahn einem Unternehmen aus seiner Heimat Vorteile verschafft? Von Ingo Malcher und Fritz Zimmermann
2
Wie die Bundestagsfraktion von CDU und CSU auf die Skandale ihrer Parteikollegen reagiert Von Mariam Lau
2
Corona
Vieles läuft schief in Deutschland. Aber wer trägt eigentlich die Verantwortung? Von Marc Brost, Peter Dausend, Martin machoweCZ und Heinrich Wefing•
3
Was Kinder jetzt brauchen von Anna mayr
4
Russland
Nach dem Straflager könnte Alexej Nawalny die Ausbürgerung drohen von Michael Thumann
5
Machtoption Ampel
FDP-Mann Johannes Vogel und SPD-Vize Kevin Kühnert über politische Gemeinsamkeiten. Ein Interview
6
Europäische Volkspartei
Einige europäische Konservative wollen Viktor Orbán loswerden, weil ...
Sie ist wieder da
Vor der Ostküste Japans, am Grunde des Pazifiks, lebt die Japanische Flunder. Ein Plattfisch mit filigranen Flossen, auf der Oberseite hellbraun gepunktet, auf der Unterseite glatt und weiß. Biologen bewundern sie, weil sie ihre Farbe und Maserung dem Meeresboden anpassen kann. Köche lieben sie, wegen ihres festen Fleischs. Takeshi Takano lebt von ihr.
Es ist halb sechs morgens an diesem Tag im Februar 2021, Takano steht am Steuer seines Fischerboots, ein kleiner Kutter mit weißem Rumpf, und bringt seinen Fang nach Hause. Er trägt Handschuhe und Regenjacke, über das graue Haar hat er eine Kappe gezogen. Ein eisiger Wind weht ...
Der Überforderte
Am 30. Oktober 2020 ließ der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Bombe platzen. Das Erzbistum Köln erklärte, es werde das von ihm selbst in Auftrag gegebene Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) nicht veröffentlichen. Die "unabhängige Untersuchung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt" soll nun - bei gleichbleibendem Prüfungsauftrag - von dem Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke vollständig neu gefasst und bis zum 18. März 2021 fertiggestellt werden. Das empört viele. Dem Kardinal wird Vertuschung vorgeworfen. Er hält mit anderen Expertenmeinungen dagegen. Der Streit dauert bis heute an. Der Ton ist mitunter scharf.
Wer herausfinden will, wie berechtigt ...
"Der Rechtsstaat hat kapituliert"
DIE ZEIT:
Herr Knispel, Sie sind seit fast 30 Jahren Staatsanwalt in Berlin. Nun haben Sie das Buch "Rechtsstaat am Ende" geschrieben, bei dem einem ganz flau im Magen wird, wenn man es liest. Wie schlimm ist die Lage?
Ralph Knispel:
Wenn ich mich zurückerinnere, dann unterscheidet sich meine Tätigkeit von jener vor rund 30 Jahren erheblich. Die Bedingungen, die wir heute vorfinden, empfinde ich als erschütternd: Personalnot, Raumnot, Überlastung an allen Stellen, mangelhafte technische Ausstattung. Und das ist nur der Anfang.
ZEIT:
Sie schreiben, der Rechtsstaat sei in Teilen nicht mehr funktionsfähig. Man ist geneigt, zu ...
Wollt ihr etwa ewig leben?
Die Welt ist prinzipiell nicht beherrschbar, so der Gedankengang von Thea Dorn. Der Mensch ist den Mächten des Schicksals unterworfen. Das Schicksal beeinflussen zu wollen ist eine Anmaßung. Am Ende dieses Dreisprungs sitzen alle der Aufklärung nahestehenden Konzepte auf der Anklagebank.
Gegenthesen: Radikalität ist ein Ansatz, der an die Wurzel von Problemen geht. Es ist
keineswegs "schlicht" oder "mechanisch", einen radikalen Ansatz zu wählen, wenn das Handeln
auf der Symptomebene nicht zur Problemlösung beiträgt. Radikalität und Demokratie sind kein
Gegensatz: In einer Demokratie können sich die Menschen durchaus auf einen radikalen Ansatz
verständigen (im Totalitarismus dagegen nur unter Gefährdung der ...
Sechs Buchstaben kosteten ihn den Job
Der alte weiße Mann Donald McNeil - Journalist der
New York Times
- gerät in die
Schlagzeilen. Nicht wegen seiner Kompetenz als Covid-Experte, sondern wegen einer
Rassismus-Beschuldigung. Die Hauptrolle dabei spielt das Kulturkampf-Milieu in den US-Medien.
Und zum unguten Schluss lesen wir, dass die
NYT
im Zuge der neuen Machtverteilung bei
der Besetzung neuer Redakteursstellen von rein fachlichen Kriterien Abstand nehmen will und
"eher meinungs- und gemeinschaftsgetriebenen" Journalismus favorisiert. Was sich bereits in
der Berichterstattung vieler Jungredakteure, die sich an Social-Media-Likes ausrichten,
ablesen lässt, wird jetzt quasi zur redaktionellen Leitlinie der
NYT.
KLAUS D. LUBJUHN, AACHEN
Als ich las, d ...
Häuschen klein, Umweltschwein
Die Grünen haben recht! Wir wollen das Klima, Flora und Fauna retten. Dazu muss der Flächenverbrauch aufgehalten werden. Denn neue Wohngebiete und Verkehrswege vernichten Wälder, Wiesen und Ackerflächen. Der geforderte "Baustopp" wäre ein kleiner, aber wichtiger Baustein zur Transformation unserer Gesellschaft in Richtung Postwachstumsökonomie. Es bedarf weiterer einschneidender und vor allem unpopulärer Regelungen, um diesen Planeten zu retten!
Da Menschen auch wählen, müssen sich Parteien überlegen, welche Dinge sie tatsächlich ändern
wollen. Verbieten sie neue Siedlungen oder Umgehungsstraßen und geht es an die vermeintliche
Freiheit jedes Einzelnen, erhalten sie keine Stimmen und bleiben draußen. Beim Wähler muss es
erst noch ...
Ein deutscher Dschingis Khan
Niemand sollte überleben. Soldaten drangen in die Häuser ein. Sie brachten die jüdischen Männer und Jungen auf der Stelle um, vergewaltigten die jüdischen Frauen und Mädchen. Wer entkam, den jagten die Schergen auf der Straße mit Gewehren und Äxten, Schaufeln und Spaten. "Die Juden müssen vernichtet und aus dem Volke herausgeschnitten werden. Blut für Blut!"
Als er so redete, stand der Befehlshaber Roman Fjodorowitsch Freiherr von Ungern-Sternberg in kniehohen Kosakenstiefeln auf dem zentralen Platz von Urga, das wenig später in Ulan-Bator umbenannt wurde. Einige Tage zuvor war der baltendeutsche Kommandeur an der Spitze einer Guerillaarmee in die von Chinesen besetzte ...
Arbeitslos in der Krise: Wer ein Jahr raus ist, hat es schwer
Pfeifen im Walde hört sich heute so an: "Der Arbeitsmarkt ist trotz Lockdown stabil." Und so: "Diese Zahlen stimmen mich vorsichtig zuversichtlich." Mit diesen Worten kommentierte Hubertus Heil Anfang der Woche die neuesten Arbeitslosenzahlen. Seine Botschaft: Keine Panik, wir haben das im Griff.
Es fragt sich nur, ob der SPD-Arbeitsminister selbst daran glaubt. Man muss nicht einmal besonders tief in die Statistik des Arbeitsmarktes eintauchen, um festzustellen, dass die Lage sich dramatisch verschlechtert hat. Nur auf den ersten Blick erscheint dort alles stabil, weil die Arbeitslosenquote im Februar wie im Januar unverändert 6,3 Prozent betrug. Das waren ...
Impfstoffe: Kauft bald jedes EU-Land für sich?
Der Tabubruch geschah am Montagabend. Der slowakische Ministerpräsident Igor Matoviè war dafür extra zum Flughafen von Košice gefahren, um die erste Lieferung von 200.000 Impfstoffdosen aus Russland in Empfang zu nehmen, die per Sonder- maschine des Militärs eintraf. 1,8 Millionen weitere Dosen sollen bald folgen. Matoviè lässt keinen Zweifel daran, dass er aus dem gemeinsamen Beschaffungsprogramm der Europäischen Union ausschert und auf eigene Rechnung weiteren Impfstoff zukauft.
Und er ist nicht der einzige Regierungschef, der eigene Pläne verfolgt. Auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat Vakzinen in China und Russland bestellt. Ebenso wie Tschechiens Premier Andrej Babiš. "Wir können ...
Bumble: Wie wird man mit Dating zur Milliardärin?
Mit 31 Jahren ist Whitney Wolfe Herd nicht nur die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt, sie ist auch die jüngste Vorstandschefin, die je ein US-Unternehmen an die Börse gebracht hat. Das jedenfalls berichtet das Wirtschaftsmagazin
Forbes
. Wolfe Herd verdankt ihr Vermögen dem Börsengang von Bumble, einer Dating-App, die sie 2014 entwickelt hat. Als das Start-up vergangenen Monat im Nasdaq gelistet wurde, legten die Aktien auf Anhieb um mehr als 60 Prozent zu. Wolfe Herds Anteil wurde damit etwa 1,5 Milliarden Dollar wert.
Die in Salt Lake City geborene Unternehmerin hat sich im männerdominierten Silicon Valley durchgesetzt. Und zwar weil, n ...
Tesla: Ist das Unternehmen maßlos überbewertet?
Vielleicht liegt es daran, dass Elon Musk so gern zum Mars möchte. Mit irdischen Argumenten ist jedenfalls nicht zu erklären, warum Tesla an der Börse in diesen Tagen noch immer mit einem Gesamtwert von umgerechnet mehr als 560 Milliarden Euro gehandelt wird. Das Unternehmen baute 2020 rund 500.000 Autos. Das ist eine ganze Menge, aber fast 40-mal weniger als Toyota und Volkswagen zusammen im selben Jahr auf die Straße brachten.
Doch die beiden sind in Summe an der Börse gerade mal halb so viel wert wie der E-Auto-Pionier: Volkswagen 95 Milliarden Euro, Toyota 200 Milliarden Euro.
Da kann einem ...
Management by Militär
Verrückt klingende Nachrichten ist man aus Brasilien gewohnt, seit der frühere Hauptmann Jair Bolsonaro 2018 zum Präsidenten gewählt wurde. So fiel die jüngste Wirtschaftsnachricht kaum auf: Ein General soll den größten Ölkonzern des Landes übernehmen, das krisengebeutelte, halbstaatliche Unternehmen Petrobras, das in besseren Zeiten einmal zu den größten Ölproduzenten der Welt gehörte. Der neue Mann an der Spitze werde sich
on the job
ins Ölgeschäft einarbeiten, war zu hören.
Zum Wochenbeginn gab es noch etwas Widerstand in Unternehmens- und Investorenkreisen, aber kaum jemand zweifelt daran, dass sich Bolsonaro mit dieser Personalentscheidung durchsetzt. Näher betrachtet ist die Sache auch gar nicht ...
Warp Speed und Schneckentempo
Lawrence Ganti ist Chef des Medizinprodukteherstellers SiO2 aus Auburn im US-Bundesstaat Alabama. Wenn er etwas braucht, ruft er eine besondere Nummer an, dann wird ihm geholfen. So war das etwa im vergangenen Jahr, nachdem der Impfstoffproduzent Moderna bei ihm eine große Lieferung Spezialfläschchen für die Abfüllung der Vakzinen bestellt hatte. Um diese fertigen zu können, benötigte Ganti zwei neue Maschinen - eine aus Japan, eine aus Deutschland. Doch während der Pandemie war es schwierig, die schweren Geräte in die USA zu schaffen. "Wir versuchten es mit dem Schiff, aber das war zu langsam", sagt Ganti. Dann fragte er Frachtfluggesellschaften, "aber ...
"Ich werde für euch kämpfen"
DIE ZEIT:
Herr Müller, diese Woche wurde das Lieferkettengesetz im Bundeskabinett verabschiedet. Können wir jetzt sicher sein, dass bei der Herstellung unserer Jeans keine Menschenrechte verletzt wurden?
Gerd Müller:
Das ist das Ziel, und zwar nicht nur mit Blick auf die Jeans. Das Gesetz gilt für alle Produkte, die weltweit produziert und bei uns in Deutschland verkauft werden. Die Hersteller müssen darauf achten, dass bei ihnen selbst und bei ihren Zulieferern Mindeststandards eingehalten werden. Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass das Gesetz jetzt kommt. Ich habe lange dafür gekämpft.
ZEIT:
Es gibt ja schon verschiedene freiwillige ...
Scheinheilig
Pflegerinnen und Pfleger sind schlecht bezahlt, das ist in Deutschland schon eine Art Allgemeinwissen. Der Satz "Pflegekräfte verdienen zu wenig" hat es auch deshalb zur Dauerschleife in den Talkshows während dieser Pandemie gebracht.
Das sei hier nur deshalb noch einmal betont, um den Irrsinn folgender Nachricht aus der vergangenen Woche klarzumachen: Einen neuen flächendeckenden Mindestlohn für Pflegekräfte wird es vorerst nicht geben. Und verantwortlich dafür sind nicht etwa Verbände gieriger privater Heimbetreiber - sondern die Dienstgeberseite der katholischen Caritas, die die Ausweitung eines neuen Tarifvertrags zum Scheitern gebracht hat. Diese handelt damit nicht nur hochgradig egoistisch. Ihr Tun hat auch ...
Ihre Zinsen kann man trinken
Bier ist natürlich das Kerngeschäft. Das legt der Firmenname Giesinger Bräu nahe. Man wird mit Steffen Marx und seinen Leuten daher unbedingt über den Widerspruch sprechen müssen, den das "erste naturtrübe Helle Münchens" bei bayerischen Puristen auslöst, die trüb und hell für unvereinbar halten. Aber probiert wird später, am Feierabend. Während der Arbeitszeit wird geredet. Das kann Steffen Marx genauso gut wie brauen.
Der 43-Jährige ist das Kraftpaket, das im Zentrum der jungen Brauerei Giesinger alles antreibt. Seine Gründungsstory mag klischeehaft klingen, ist aber wahr. Er hat sein Braustudium nie abgeschlossen. Als mehr oder weniger Ungelernter fabrizierte er von 2005 ...
Der Konflikt
Alles war bereit: Studio, Kameramann, Maskenbildnerin. Ich sollte eine wissenschaftspolitische Diskussionsrunde moderieren. Kurz vor Beginn der Aufzeichnung lief einer meiner Diskutanten auf mich zu. Ein Professor, der Chef einer großen Forschungsorganisation. Ich hatte ihn schon öfter interviewt, ich trug einen Hosenanzug, ich hatte Moderationskarten in der Hand, ich war startklar für die Bühne. Er begrüßte mich mit den Worten: "Hallo! Sind Sie die Maske?"
Erst war ich sprachlos, dann wütend, dann neugierig. Nichts gegen den Beruf der Maskenbildnerin. Nur: Was war da gerade passiert? In jener Sekunde, in der sein Gehirn den Kurzschluss machte: Da steht eine Frau - die ...
Neue deutsche Wälder
Die gute Nachricht vorweg: Auch wenn man bei einer Fahrt durchs Land oder bei der Lektüre der jüngsten, Ende Februar veröffentlichten Waldzustandserhebung einen anderen Eindruck bekommen könnte - der deutsche Wald stirbt nicht. Zwar haben drei Trockenjahre, haben Hitzewellen, Stürme und Borkenkäferbefall vor allem Fichten- und Kiefernplantagen schwer zugesetzt. Doch selbst in den Extremszenarios des Klimawandels wird Deutschland - entgegen raunenden Warnungen in den Medien - auch in hundert Jahren zu großen Teilen bewaldet sein.
Die Frage lautet nicht: Bleibt der Wald? Sondern: Wird der Wald auch in den kommenden Jahrzehnten all den Anforderungen gerecht, die an ihn gestellt werden? F ...
"Die Natur ist ein fauler Fälscher"
Um die Vielfalt der Natur zu begreifen, haben Menschen unterschiedlichste Überlegungen angestellt. Wer von einer göttlichen Schöpfung ausgeht, vermutet einen kreativen Geist, der alle Tier- und Pflanzenarten so entworfen hat, wie wir sie heute kennen. Wer es eher mit Charles Darwin hält, stellt sich Evolution in etwa so vor: Die Natur probiert nach dem Zufallsprinzip neue Dinge aus, ein bisschen größere Ohren hier oder einen etwas längeren Hals dort - und in einem Ausleseprozess setzen sich schließlich jene Individuen durch, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind.
Der amerikanische Paläontologe Neil Shubin von der University of Chicago hat in ...
Der Lehrer aus Silver City
Als Meridens Stadtväter 1885 eine Highschool bauten, wollten sie ein Zeichen setzen. Die Steinquader des Fundaments erinnern an römische Gemäuer, Terrakotta-Friese zieren die Fassade, ein gewaltiger Rundturm überragt das Ganze. Lange vernachlässigt, wurde das Gebäude vor ein paar Jahren restauriert; heute ist es der Sitz von Meridens Schulverwaltung. Es war einst der Arbeitsplatz von Miguel Cardona, den der US-Senat am Montag als neuen amerikanischen Bildungsminister der Regierung Biden bestätigte. Cardona, 45, war bislang in Washington ein Unbekannter: Bildungsminister von Connecticut, dem drittkleinsten Bundesstaat, ein früherer Lehrer, der selbst eine ganz ungewöhnliche Bildungsgeschichte hat.
Um Cardona zu verstehen, sind Meriden und ...
Die Klima-Idee
Hundert Millionen Dollar hat der Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk ausgelobt, als "Preis für die beste Technologie, um Kohlenstoff einzufangen". Der reichste Mensch auf Erden macht sich für die ingenieursmäßige, die andere Art des Klimaschutzes stark. Lange waren solche Ansätze Umweltaktivisten suspekt. Sie fürchteten: Wer auf rettende Erfindungen in der Zukunft vertraut, lähmt die Bereitschaft für Emissionsminderungen in der Gegenwart. Spätestens seit dem 1,5-Grad-Report des Weltklimarats von 2018 ist jedoch klar: Selbst bei sinkendem Ausstoß ist schon so viel Treibhausgas in der Luft, dass ein gehöriger Teil wieder rausmuss. Welche technischen Ideen könnten dabei helfen? Hier ist eine.
Das ...
Nicht teamsfähig
Noch immer verhindert der Datenschutz an vielen Schulen den bestmöglichen Distanzunterricht. Dabei sind die Gefahren für die Kinder allenfalls theoretisch. Was also könnte der Ausweg aus der Misere, ein möglicher Kompromiss sein? Man könnte den Datenschutz für die Dauer der Pandemie missachten, um ihn dann umso rigoroser durchzusetzen.
Was hat Corona mit dem Datenschutz zu tun?
Der Online-Dienst Padlet gilt bei vielen Lehrern als Geheimtipp. Eine digitale Pinnwand, auf der Schüler Texte und Fotos hinterlegen oder auch Videos und Sprachnachrichten anpinnen können. Datenschützer allerdings sind wenig begeistert. Padlet entspreche nicht der Datenschutz-Grundverordnung DSGVO - es sei "nicht geklärt", welche ...
"Stimmt wirklich alles?"
1 Welches Tier ist das politischste?
Abgesehen vom Menschen sind es Ameisen und Bienen. Sie leben in Staaten und organisieren sich, ohne Worte austauschen zu können. Das ist faszinierend, fast schon gruselig.
Weil sie so ein hierarchisches System haben?
Ameisen verstehen sich nicht als Individuen, alle dienen blind ihren Königinnen - damit kann ich mich nicht identifizieren. Aber politisch ist es.
2 Welcher politische Moment hat Sie geprägt - außer dem Kniefall von Willy
Brandt?
Ich bin 1987 geboren, daher waren es zwei Momente der jüngeren Geschichte: erstens, als
Donald Trump auf der Rolltreppe im Trump Tower heruntergefahren kam, um ...
Der Kaputtmacher
DIE ZEIT:
Ralph, die Maus und du, ihr seid fast gleich alt. Wann habt ihr euch kennengelernt?
Ralph Caspers:
Vermutlich als ich drei war und anfing fernzusehen. Ich weiß noch, dass ich damals die Sachgeschichten total langweilig fand, aber die kleinen Maus-Spots total toll.
ZEIT:
Inzwischen machst du seit mehr als 20 Jahren selbst Sachgeschichten.
Caspers:
Hatte ich gesagt, dass ich die Sachgeschichten dann auch schnell sehr toll fand?
ZEIT:
Schon klar. Was gefällt dir daran, anderen die Welt zu erklären?
Caspers:
Es gibt so viele Dinge, die erst einmal rätselhaft sind. Und dass ...
Am Boden bleiben
Akademikerinnen und Akademiker, vor allem aus den wohlhabenden Ländern der Nordhalbkugel, gehören zu denjenigen, die weit überdurchschnittlich häufig mit dem Flugzeug unterwegs sind. Sie tragen damit in besonderem Maße zu den klimaschädlichen CO2-Emissionen bei. Zugleich sind sie diejenigen, die auf eine veränderte Umweltpolitik drängen. Die innerwissenschaftlichen Widerstände dagegen, das Reiseverhalten von Akademikerinnen und Akademikern umweltverträglicher zu gestalten, waren vor der Corona-Pandemie erheblich. Die Erfahrungen des Corona-Jahres 2020 bieten nun die Chance, auch längerfristig einen Weg aus der Vielfliegerei zu finden.
Wie viele andere gesellschaftliche Bereiche hat die Wissenschaft schnell auf die mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen der Mobilität reagiert und ...
Das Supergras
Verwendung
Pandas vertragen ihn roh. Menschen sollten Bambus erst kochen - wegen der Gift- und
Bitterstoffe. Genießbar sind Sprossen, Schösslinge und Samen (Bambusreis). Das Gras wird
verwendet für Baugerüste, Parkett, Möbel, Textilien, Küchenutensilien, Musikinstrumente,
Spielzeug, Schmuck oder Holzkohle.
Querschnitt
Das Holz von Bäumen ist im Kern hart und außen weicher. Bambus dagegen ist innen hohl, und seine Halmwand versteift sich nach außen. Im Querschnitt sind Gefäßbündel zu erkennen. Sie transportieren Nährstoffe und Wasser; ihre reißfesten Faserstränge machen den Bambus gleichzeitig stabil und elastisch.
Im Dienst von Schuften und Genies
Seiner Vielseitigkeit verdankt der Bambus bemerkenswerte Einsatzgebiete
Glühlampe
Viele der frühesten Glühlampen wurden mit Fäden ...
Los geht′s ins Jenseits von Gut und Böse
Am heutigen Donnerstag kommt
Eurotrash
von Christian Kracht in die Buchhandlungen. Ein neues Buch von Kracht ist immer ein Ereignis, er ist der neben Botho Strauß und Peter Handke umstrittenste Gegenwartsautor deutscher Sprache. Seine Romane sorgen verlässlich für scharfe Debatten in den Feuilletons über die Frage, ob sich hinter seinem snobistischen Ästhetizismus gefährliches Rechtsabweichlertum verbergen könnte.
Eurotrash
wurde besonders gierig entgegengefiebert, denn der Verlag hatte in seiner Vorschau angedeutet, dass der neue Roman an Krachts berühmtes Debüt
Faserland
von 1995 anknüpfe. Viele
Faserland-
Fans waren zuletzt mit der Entwicklung ihres bewunderten Autors unglücklich: Sie hielten ihn für ein Gegenwartsorakel ...
Ein dünnes Schwarzes Mädchen
In Sonnengelb und mit rotem Diadem im aufgetürmten Haar stand die junge Lyrikerin in der
klaren Winterluft von Washington, trug ihr Gedicht
The Hill We Climb
vor, und die
Welt hielt den Atem an. "Ein dünnes Schwarzes Mädchen / Nachkommin von Sklaven und Kind einer
alleinerziehenden Mutter", so wiegte sich Amanda Gorman, zugleich Soziologin an der
Harvard-Universität, in den Versen ihrer verkörperten Stimmkunst und im Bild ihrer selbst, im
Porträt einer jungen Amerikanerin, die davon träumen kann, "eines Tages selbst Präsidentin zu
sein / während sie heute für einen Präsidenten auftritt". Ein unerhörtes Original, diese
Stimme, die da zur Amtseinführung ...
Pixel für Millionen
Die Auktion begann am vorigen Donnerstag mit einem Einstiegsgebot von 100 Dollar, nach nur einer Stunde war daraus eine Million geworden. Und längst ist die Versteigerung nicht zu Ende. Noch eine Woche lang, bis zum 11. März, lässt sich bei Christie′s in New York ein Werk ersteigern, das schon deshalb bemerkenswert ist, weil es im Grunde nicht existiert. Nicht im herkömmlichen Sinne jedenfalls, denn es kommt ohne Leinwand aus, ohne Farbe, ohne haptische Qualitäten. Auch entzieht sich das Bild den üblichen Material- und Maßangaben. Das Auktionshaus vermerkt lediglich die Anzahl der Bytes: 319.168.313. Bei Redaktionsschluss wurden dafür drei ...
Das Recht der Räuber
Womit anfangen? Mit dem Dieselskandal und dem Vorsprung durch Täuschungstechnik? Mit den langjährigen Absprachen zwischen Autokonzernen, einem unbesungenen Höhepunkt der liberalen Wettbewerbsgesellschaft? Mit dem bandenmäßigen Cum-Ex-Betrug, bei dem sich feine Damen und feine Herren mit freundlicher Unterstützung ehrenwerter Banken Steuern zurückzahlen ließen, die sie nie entrichtet hatten?
Von dem jüngsten Datenleck im US-Finanzministerium und den FinCEN-Files schweigt des Sängers
Höflichkeit, denn die Enthüllungen beweisen, in welch gigantischem Ausmaß erstklassige Banken
mit astreinem Leumund Geldwäsche betrieben, obwohl sie hätten wissen müssen, dass das Geld aus
schmutzigen Quellen stammte, von Waffenschiebern, Millionenbetrügern, kriminellen Oligarchen
und Mafiabossen. Beihilfe zur Steuerflucht als normales Geschäftsmodell? G ...
Nichts passiert. Und alles
Nie ist der Pool ganz zu sehen. Angeschnitten füllt er einen Winkel des Bildes. Sein unwirkliches Weiß-Blau scheint über der trockenen Landschaft zu schweben. Manchmal hört man das Planschen der Kinder auf der Tonspur. Unten im Tal glitzert der halb ausgetrocknete Stausee. Nahezu alle Bilder dieses Films bleiben in Erinnerung wie intensiv angeschaute Fotografien. Als Komposition, Zustand, Atmosphäre. Als dem Fluss der Zeit enthobener Moment.
For The Time Being,
das Debüt der deutsch-spanischen Regisseurin Salka Tiziana, lief im vergangenen Jahr auf mehreren Festivals, war bei First Steps als bester deutscher Nachwuchsfilm nominiert und wird nun von dem auf Arthouse-Filme ...
Du musst einzigartig sein
VON ANDREAS BERNARD
Seit vier Wochen läuft die neue Staffel von
Germany′s Next Topmodel
auf ProSieben, und noch stärker als in den vergangenen Jahren steht die Show im Zeichen der Diversität. In den ersten beiden Folgen kamen fast ausnahmslos jene Kandidatinnen zu Wort, die nicht den gewohnten Mustern und Erscheinungsbildern weiblicher Schönheit entsprechen - Transsexuelle, füllige Mädchen, eine gehörlose Bewerberin, eine Teilnehmerin mit Albinismus und eine mit Hauttransplantationen am gesamten Körper. Heidi Klum wird nicht müde, Abend für Abend den Willen zur Diversity zu betonen, und für den Zuschauer ist es verblüffend, wie kompatibel dieser Auftrag mit dem oft am Rande ...
Die Kunst, einen Song zu träumen
Barry Gibb und seine Brüder Maurice und Robin wurden in den Siebzigerjahren mit Hits wie
"How Deep Is Your Love" und "Staying Alive" zu Superstars. Seit dem Tod von Maurice und
Robin sind die Bee Gees Geschichte, und Barry Gibb schien zunehmend das Interesse an der
Musik verloren zu haben. Aber zu Jahresbeginn meldete er sich überraschend mit dem Album
"Greenfields" zurück: Unterstützt von Kollegen wie Dolly Parton, Alison Krauss, Sheryl Crow
und Olivia Newton John deutet er da zwölf Bee-Gees-Klassiker zu Country-Songs um. Zur
Telefon-Audienz mit Barry Gibb ist noch Dolly Parton aus Nashville zugeschaltet. Die
amerikanische Country-Ikone setzte ...
Grenzen der Fiktion
Eigentlich müsste
Bridgerton
die Herzen aller Geschichtslehrer höherschlagen lassen: 82 Millionen Haushalte schauten in den letzten Wochen den Lords und Ladys des vorviktorianischen Englands beim Tanzen, Konversieren und Duellieren zu. Das Kostümdrama, das von einer gerüchte- und skandalumwobenen Londoner Ballsaison des Jahres 1813 erzählt, brach auf Netflix Zuschauerrekorde. Doch der Erfolg zieht auch heftige Kritik nach sich. Denn die Serie leistet sich eine Art retrospektive Utopie. Der Cast ist aus schwarzen und weißen Schauspielern gemischt, und Königin Charlotte wird von der schwarzen Schauspielerin Golda Rosheuvel gespielt, kurzum: Das London
Bridgertons
ist ein Paradies abgeschaffter ethnischer Diskriminierung.
Darf politisch motivierte Fiktion ...
Wahnsinn von innen
Es ist leider üblich geworden, die gesamte Welt durch das Prisma des Corona-Lockdowns zu betrachten. Und weil Ottessa Moshfeghs neuer Roman von der Einsamkeit einer Frau handelt, dauerte es nicht lang, bis die
New York Times
ihn zu einem Buch erklärte, das perfekt in unsere Zeit passe. Dabei ist das Einzige, was sich aus diesem Roman lernen lässt, die Einsicht: Spazierengehen macht irre.
"Ich war allein, ein bedeutungsloser Mensch, eine zweiundsiebzigjährige Frau", sagt die Professorenwitwe Vesta Guhl, mit deren inneren Monologen man von Anfang an vorliebnehmen muss. Sie lebt in einem Dorf an der amerikanischen Ostküste. Es gibt einen Birkenwald ...
Wer modernisiert besser?
Begegnen sich Japaner und Chinesen, die der Sprache des anderen nicht mächtig sind, nehmen sie oft ein Blatt Papier und verständigen sich schriftlich. Denn die chinesische Schrift ist auch die der Japaner. Beide Völker gehören, gemeinsam mit den Koreanern, zum "Kulturkreis der chinesischen Zeichen". Eine Nähe, die meist ein Segen war, die aber auch zum Fluch werden konnte. Dann schlug gegenseitige Achtung um in Herablassung und Hass.
"Sie können nicht miteinander, aber sie können auch nicht ohneeinander": So fasst der Hamburger Sinologe Kai Vogelsang die chinesisch-japanischen Beziehungen zusammen. In seinem glänzenden Buch über
Zwei Reiche unter einem Himmel
geht er ...
Nerds sind jetzt Helden
Das muss man jetzt vielleicht erklären. Die Keyboarderin DOMi, geboren vor 20 Jahren als Domitille Degalle bei Nancy in Frankreich, und der Schlagzeuger JD Beck, Texaner, 17 Jahre alt, gelten als die Zukunft des Jazz - und sind doch längst seine Gegenwart. Seit zwei Jahren werden ihre Videoschnipsel durchs Internet gereicht: In einer Mischung aus Kinderzimmer und Tonstudio sieht man die beiden hinter ihren Instrumenten sitzen. DOMi stehen zwei sehr blonde Zöpfe seitlich vom Kopf ab, JD schlackern die schulterlangen Locken beim Trommeln vorm Gesicht wie einem Cockerspaniel im Wind die Ohren. Knallbunte Fleecejacken tragen sie, Latzhosen, Riesensweatshirts.
DOMi massiert ...
Den Schrecken poetisch reflektieren
Nichts lag Philippe Jaccottet so fern wie die Aura von Größe und Klassizität, und doch war er einer der Großen der französischen Poesie und bereits zu Lebzeiten ein Klassiker. Er lebte weitab vom Literaturbetrieb, war aber alles andere als ein Einsiedler. 1925 im westschweizerischen Moudon geboren, ging er 1946 nach Paris, doch trotz lebenslanger Freundschaften - Francis Ponge, André du Bouchet, Yves Bonnefoy - hielt es ihn nicht in der Großstadt. 1953 zog er mit seiner Frau, der Malerin Anne-Marie Jaccottet, ins abgelegene südfranzösische Grignan. In diesem Dorf fand Jaccottet das so lange gesuchte Gleichgewicht; hier verbrachte er sein weiteres ...
Hauptsache, was mit Hitler
Am Anfang war Ironie. Da formulierte Mike Godwin 2004 in dem Magazin
Wired
ein eisernes Gesetz: "In einer Online-Diskussion nähert sich die Wahrscheinlichkeit eines Vergleichs mit Nazis oder Hitler dem Wert eins", also der totalen Gewissheit. Dem fügen wir ein Korollar hinzu: "Die Menge der Analogien wächst exponentiell"; es tobt die Hyperinflation.
Vor mir liegen knapp 200 Seiten aus dem Archiv, die von "Alles ist Hitler, alles ist Holocaust" künden. Die Lektüre gerät zum Studium des Immergleichen. Zwei aktuelle Beispiele: In Berlin laufen sieben Verfahren gegen arabischstämmige Clans wegen Erpressung, Raub, Waffen- und Drogenhandel. Auf Instagram postet ein Mitglied: "Die ...
Zwischen Schredder und Bestsellerliste
Dass ein Kinderbuch es auf die Bestsellerliste schafft, ist üblicherweise Star-Autorinnen wie J. K. Rowling vorbehalten. In Ungarn ist seit sechs Monaten ein Märchenbuch für Grundschüler unter den meistverkauften Titeln. Eine schöne Überraschung für die Verlegerinnen, die anfangs nur eine kleine Auflage gedruckt hatten. Und eine böse Überraschung für unterschiedlichste ultrakonservative und rechtsradikale Gruppen im Land, denen eine Fee wohl gerade ganz gelegen käme, mit deren Hilfe sie die Geschichtensammlung fortwünschen könnten.
An dem Märchenbuch
Meseország mindenkié
(auf Deutsch: "Märchenland für alle") hat sich ein politischer Streit entzündet, weil die klassischen Stoffe in Botschaften gegen Rassismus und Diskriminierung verwandelt wurden: D ...
Da guckst du
Man kann sich diesem Buch tänzelnd nähern, es als "Augenweide" oder "Blickfang" beschreiben. Oder man geht es kategorisch an und spricht vom "ungewöhnlichsten Sachbuch seit Langem". Beides ist möglich. Beides ist richtig.
Von allen Sinnen des Menschen - dem Riechen, dem Schmecken, dem Hören, dem Tasten - ist das Sehen der mächtigste: Der Großteil aller Informationen aus der Umwelt wird über die Augen ans menschliche Gehirn weitergeleitet. Um diese beiden Wunderwerke der Wahrnehmung und um das, was durch sie entsteht, geht es in diesem Sachbuch, das im Deutschen den simplen Titel
Sehen
trägt.
"Am Anfang war es dunkel, es war ...
"Jetzt fällt endlich wieder Licht auf uns"
Ab Freitag gilt im Irak eine landesweite strenge Ausgangssperre. Offiziell wegen der
steigenden Corona-Zahlen, in Wahrheit wegen eines betagten Besuchers: Der 84-jährige
Franziskus reist als erster Papst in die Heimat der drei großen Weltreligionen. Hier wurde
der Genesis zufolge Abraham geboren, den Juden, Christen und Muslime als Stammvater
verehren. In dem von mehreren Kriegen verwundeten und vom "Islamischen Staat"
traumatisierten Land sucht der Papst nun die brüderliche Nähe zum Islam. Er trifft unter
anderem den Großajatollah der Schiiten, Ali al-Sistani, in der heiligen Stadt Nadschaf. Am
dringendsten erwartet wird er jedoch von den Christen im Land. Ihre Zahl sank von ...
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> 04.03.2021
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