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Inhaltsverzeichnis vom 14.01.2021
DIE ZEIT
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In Ruhe lassen
Was haben Corona-Pandemie, Klimakrise und das Artensterben gemeinsam? Ungefähr alles.
Woran man bisher beim Naturschutz denkt, sind die traurigen Gesichter von Panda, Gorilla und Tiger. Woran man in Zukunft denken sollte, sind die ernsten Gesichter von Angela Merkel, Justin Trudeau und Emmanuel Macron. Sie haben in dieser Woche erklärt, bis 2030 dreißig Prozent des Planeten unter Naturschutz stellen zu wollen. Sie versprechen Milliarden von Euro, um Regenwälder zu bewahren und Korallenriffe wiederherzustellen, Wälder aufzuforsten. Bei aller Sympathie für Panda, Gorilla und Co.: Es ist höchste Zeit, die Ikonografie des Naturschutzes um solche Bilder politischer Entschlossenheit zu erweitern.
Immerhin dies ...
Teilt das Städtchen Moutier
Energisch stapft Orianne Grimm durch den frisch gefallenen Schnee. Sie umrundet ihr altes Bauernhaus oberhalb des Städtchens Moutier im Berner Jura und wuchtet das Tor zum Heuschober auf. Im Halbdunkel steht eine mächtige Holzbarrikade mit aufgepinseltem Jurawappen. "Das ist eine 300 Kilo schwere Gesprächsverweigerung", sagt sie grimmig.
Dieses Hindernis versperrte eines Morgens im März 2019 das Sträßchen hinauf zu ihrem Haus. Die Béliers, die militante jurafreundliche Separatistengruppe, hatten es in der Nacht aufgebaut. Die Polizei ermittelte von Amtes wegen. Man musste die Wand, die Orianne Grimm nun als Mahnmal aufbewahrt, mit einem Traktor abtransportieren. "Hätte man mich in einem Brief ...
6004
Wie viele Touristen erträgt Luzern? Die Frage trieb in den vergangenen Jahren die Einheimischen um, die sich daran störten, dass sich immer mehr Gäste aus Asien, Amerika und anderswo über ihre Kapellbrücke drängten und die Reisecars auf dem Schwanenplatz im Minutentakt Touristen ausspuckten. Es tat nichts zur Sache, dass das Gewimmel der Fremden sich auf ein paar Stunden des Tages und auf wenige Orte, etwa beim Löwendenkmal, konzentrierte und die
Lozärner
ihr Städtchen im Großen und Ganzen für sich behielten. Eine Studie der Hochschule Luzern belegte das Unbehagen mit Zahlen: 80 Prozent der 1530 Befragten befanden, die "akzeptable" Anzahl von ...
"Das Dorf gibt es vielleicht noch in den Köpfen"
DIE ZEIT:
Herr Sager, wir haben letzte Woche über große Gemeinden in der
Agglo berichtet, die im neuen Jahr ohne Regierung dastehen oder diese bald neu bestellen
müssen. Warum steckt die Demokratie ausgerechnet dort in der Krise, wo sich die Schweiz am
stärksten entwickelt? In Kriens zum Beispiel ...
Fritz Sager:
... ja, Kriens! Das ist ein tolles Beispiel. Es zeigt, wie gut die Demokratie dort funktioniert.
ZEIT:
Ein Bürgerkomitee hat gegen die eigene Regierung geputscht und den gesamten Stadtrat zur Abwahl empfohlen.
Sager:
Diese Leute hatten offensichtlich den Eindruck, dass ihre Exekutive den Herausforderungen, d ...
Das Leiden der anderen
Tanja Krones ist empört. "Es ist doch klar wie Kloßbrühe: Auch hier in der Schweiz sterben vor allem die Armen an Corona!" Krones ist leitende Ärztin und Medizinethikerin an der Universität Zürich. Spricht sie in diesen Wochen und Monaten mit ihren Kolleginnen und Kollegen, die in den hiesigen Spitälern arbeiten, erfährt sie immer dasselbe: Dass das Virus jene Menschen besonders hart treffe, die weniger privilegiert seien. Menschen, die sich nicht ins Homeoffice zurückziehen können, weil sie an der Supermarktkasse oder in einer Produktionsstraße arbeiten. Neu sei dieses Wissen ja nicht, sagt Krones: "In der Schweiz will das aber noch ...
Ende des Albtraums
Die beste Nachricht: Es war kein "Putsch", und Amerika ist keine "Bananenrepublik". Zitieren wir Edward Luttwak, den Autor des Standardwerks
Coup d′État,
der das Offenkundige beleuchtet. Einen "Staatsstreich kann man nicht sehen". Sichtbar ist nur das Ergebnis der Verschwörung im Dunkeln: Panzer in den Straßen, Soldaten, die Befehlszentralen besetzen und Machthaber meucheln.
Dagegen bestand die Katastrophe im Kapitol "nur aus Bildern". Es war Politik als Schreckenstheater, wo die Meute der Selbstdarsteller die Bühne kaperte. Der kriegsbemalte Halbnackte mit Gehörn wurde mit 120 anderen Randalierern verhaftet. Zwar hatte die Polizei versagt, aber nach ein paar Stunden war die Performance vorbei. D ...
"Das ist ein Kriegsgebiet"
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Als Stephen Randolph am Mittwochabend der vergangenen Woche in Washington an seinem Auto ankommt, steckt unter seinem Scheibenwischer ein Strafzettel. 50 Dollar fürs Falschparken. Randolph hat eine blutige Lippe und ist todmüde. Seit knapp 24 Stunden ist er nun auf den Beinen. Er hat zugesehen, wie der amerikanische Kongress gestürmt wurde. Er war dabei, als Tausende Trump-Anhänger die Treppen des Kapitols erklommen und als schließlich überall um das Kapitol Trump-Flaggen geschwenkt wurden. "Das war eine blutige Lippe und einen 50-Dollar-Strafzettel wert", sagt er zwei Tage später am Telefon.
Randolph ist 31 Jahre alt, er lebt in dem kleinen Ort Harrodsburg in ...
Demokratie? Gesperrt
Zum ersten Mal hat Donald Trump am 4. Mai 2009 um 20.54 Uhr getwittert. Ein harmloser Hinweis auf einen Auftritt in einer Talkshow:
"Be sure to tune in and watch Donald Trump on Late Night with David Letterman as he presents the Top Ten List tonight!"
Damals war Twitter noch ein Start-up unter vielen in San Francisco. Und Trump ein selbsterklärter Milliardär, dessen Fernsehsendung gerade an Aufmerksamkeit verlor.
Wäre es dabei geblieben, bei ein bisschen eitler Eigenwerbung, sähe die Weltgeschichte wohl anders aus. Aber Trump ist mit Twitter groß geworden. Und Twitter mit Trump. 56.570 Tweets später ...
"Der Sturm auf das Kapitol ist unser Tschernobyl-Moment"
DIE ZEIT:
Vergangene Woche hat eine Mischung aus Rechtsradikalen, Verschwörungstheoretikern und ehemaligen Soldaten das US-Parlament, das Kapitol, gestürmt. Dabei starben mehrere Menschen, darunter ein Polizist. Hat der rechtsextreme Terror den Islamismus als größte Gefahr für die Sicherheit der USA abgelöst?
James Comey:
Ja. Der aktuelle FBI-Direktor Christopher Wray hat rechtsextreme Gewalt als die größte Bedrohung bezeichnet. Und ich stimme dem zu.
ZEIT:
Wie haben Sie den Sturm auf das Kapitol verfolgt?
Comey:
Ich habe das Ganze live verfolgt, zu Hause am Fernseher und parallel am Telefon. Und es hat mich fertiggemacht. Dieser Angriff auf die Zitadelle ...
Wahlen in Uganda Welche Chancen hat der Rapper?
Time Bomb
heißt einer seiner Hits. "Freiheit kommt zu denen, die kämpfen", singt Bobi Wine. "Nicht zu denen, die heulen." Das klingt nach typischem Rapper-Macho-Pathos, aber der Mann meint es ernst.
An diesem Donnerstag finden in Uganda Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, Wine kandidiert gegen Amtsinhaber Yoweri Museveni, der eine sechste Amtszeit antreten möchte. Dass ihm das gelingen wird, gilt als höchst wahrscheinlich. Dass Wine seine Wandlung vom Künstler zum Politiker überlebt, ist nicht so sicher.
Museveni, Sieger eines Bürgerkriegs, wurde 1986 Präsident und Hoffnungsträger, führte 1995 ein Mehrparteiensystem ein, stabilisierte das zerrüttete Land - und lässt seither von der ...
Nord Stream 2 Welchen Zweck hat die Stiftung?
Warum, das wird Manuela Schwesig in diesen Tagen ständig gefragt, tut sie das? Warum unterstützt sie mit aller Macht den Bau einer Pipeline aus Russland an die deutsche Ostseeküste - ein Projekt, das ihr in weiten Teilen der politischen Öffentlichkeit alles Mögliche einbringt, aber sicher keine Zuneigung?
"Ganz einfach", antwortet sie. "Weil wir der Überzeugung sind, dass es richtig ist, dieses Projekt zu Ende zu führen. Und weil ich der Überzeugung bin, dass wir die Ostseepipeline für eine gesicherte Energieversorgung in Deutschland brauchen." Also alles Idealismus?
Nahezu 1200 Kilometer von Nord Stream 2 sind verlegt, einige wenige Kilometer vor ...
Wohin steuern sie die CDU?
Es wird die wichtigste - und schwierigste - Rede ihres Lebens. Wenn die drei Kandidaten für
den CDU-Vorsitz am Samstag zu den Delegierten des Parteitags sprechen, wird es so sein wie nie
zuvor bei einer solchen Wahl. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen werden nicht
in eine Halle voller Menschen hineinsprechen - nur in eine Kamera. Sie werden während ihrer
Rede keine Reaktionen der Zuhörer spüren, keinen Zwischenapplaus hören und auch kein leises
Grummeln, falls ihre Worte ins Leere laufen. Sie werden nicht wissen, ob ihre Pointen
funktionieren, die Witze zünden. Sie wissen nicht einmal, zu wem sie sprechen: o ...
Stichprobe
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Manchmal klingt eine Nachricht so fatal, dass man gar nicht mehr fragen mag, was wirklich dahintersteckt. Zum Beispiel: Die Hälfte aller Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altenheimen will sich nicht gegen Corona impfen lassen. Das war die Meldung der letzten Woche, und sie sprach sich schnell herum. "Die Bereitschaft ist offenbar nicht überall die höchste", sagte der Moderator der
Tagesthemen.
"Da muss man sich die Frage stellen, ob nicht in der Ausbildung etwas falsch gelaufen ist", sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Erwin Rüddel von der CDU. Und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow richtete im Deutschlandfunk einen Appell an das Pflegepersonal, sich ...
Eine Dosis Schuld
In der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 2020 stellt die Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen ein Video ins Netz. Es zeigt die erste Lieferung des Impfstoffs der Firma BioNTech für das größte deutsche Bundesland. Zu sehen ist eine Palette mit zwei Kisten darauf, jede von ihnen etwa so groß wie ein Küchenherd. Kapp 10.000 Impfdosen werden in dieser Nacht in NRW ausgeliefert - in den Vereinigten Staaten sind zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Millionen Dosen verabreicht worden.
Die Impfung ist der Schlüssel zur Überwindung der Pandemie. Erst wenn genug Menschen geimpft sind, wird ein Leben ohne Masken, Abstandsregeln und ...
Mit Assad leben?
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Es ist bald zehn Jahre her, dass in Syrien der friedliche Aufstand begann, der später in
den Krieg mündete. Mehr als eine halbe Million Syrer sind darin umgekommen, die Hälfte der
Bevölkerung wurde vertrieben. Die Gesellschaft ist gespalten. Wie soll sie Frieden finden?
Darüber offen zu sprechen ist für Syrer gefährlich, auch im Ausland. Die Geheimdienste
verfolgen genau, was im Exil geschieht. Wer das Regime kritisiert, kann seine Angehörigen in
Syrien in Gefahr bringen. Wir nennen daher nicht die Familiennamen der beiden
Diskutanten.
DIE ZEIT:
Hala, Sie unterstützen Syriens Präsidenten Baschar al-Assad.
Warum?
Hala S.:
Was ...
Dausend Prozent
Aktuelle Civey-Umfrage für die ZEIT
Angehörige der Generation K, also jene bemitleidenswerten Menschen, die in ihren jungen Erwachsenenjahren vier Mal tapfer zur Wahl gingen, um anschließend noch tapferer den Kanzler Helmut Kohl ertragen zu dürfen, wissen: 16 Jahre sind mehr als genug. In vier Amtszeiten Kohl muss man nicht gleich den Glauben an die Menschheit verlieren, aber mit dem Glauben an die Segnungen allgemeiner, freier und gleicher Wahlen kann das schon mal passieren. Vor allem, wenn man jung und zornig ist.
16 Jahre, so wusste man damals, sind in der Politik exakt jene Zeitspanne, welche die Anhängerschaft braucht, um ihre glühende ...
Weiße Wut
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Wenn er höre, so Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Anfang dieser Woche, "dass sehr wenige Pflegekräfte sich impfen lassen", dann müsse man über eine Impfpflicht für diesen Berufsstand nachdenken. Das ist eine bemerkenswerte Ansage, und zwar nicht nur, weil die Datenlage über die Impfverweigerer im Pflegewesen unklar ist (siehe Politik, S. 8). Bemerkenswert ist sie vor allem, weil sie erneut zeigt, wie wenig darüber nachgedacht wird, warum es diese Zögerlichkeit unter Pflegenden gibt. Aus meiner Sicht und nach dem Austausch mit vielen beruflich Pflegenden hat dies weniger medizinische als vielmehr politisch-moralische Gründe.
Schon seit Jahren herrscht ein Missverhältnis zwischen den Risiken ...
INHALT
POLITIK
Titelthema:
Wohin geht die Wut?
Warum ein Altenpfleger aus Kentucky beim Sturm auf das Kapitol in Washington mitmachte von Kerstin Kohlenberg
2
Was bedeutet die Twitter-Sperre für Donald Trump - und für die Zukunft der Demokratie? von Jörg Lau, Ann-Kathrin Nezik und Heinrich Wefing
3
Der frühere FBI-Chef James Comey über rechtsextremistische Gewalt in Amerika und das vergiftete Erbe Donald Trumps
4
Nord Stream 2
Hat Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, eine Mogelstiftung gegründet? von Martin Machowecz und Martin Nejezchleba
5
Uganda
Ein Rapper fordert bei den Präsidentschaftswahlen Amtsinhaber Museveni heraus und bringt sich in Lebensgefahr von Andrea Böhm
5
CDU
...
Aufstand der Trecker
Es ist noch dunkel an diesem Novembermorgen, als Jann-Henning Dircks seiner Frau das Handy in die Hand drückt, damit sie aufzeichnet, was er jetzt sagen will. Eben hat ein Bauernkollege angerufen und berichtet, was los ist: Tierrechtler haben den Schlachthof blockiert! Ausgerechnet jetzt, da wegen Corona nicht so viele Schweine geschlachtet werden können wie sonst und die Bauern nicht mehr wissen, wohin mit ihren Tieren. Ausgerechnet jetzt legen die den Betrieb komplett lahm.
Jann-Henning Dircks hat keine Schweine, er ist Ackerbauer auf der Halbinsel Eiderstedt in
Schleswig-Holstein, aber in den vergangenen Monaten ist er für viele nordfriesische Bauern zu
einem ...
Alle Macht der Corona-App?
Boris Palmer beschreibt einen gangbaren und effizienten "Plan B", dessen rasche Umsetzung neben dem "Plan A" (einer möglichst umfangreichen Durchimpfung) einen Erfolg bei der Bekämpfung des wohl auch weiterhin mutierenden Covid-Virus erwarten lässt.
Die effiziente Identifizierung der prozentual sehr wenigen jeweils aktuell Covid-Infizierten
und die Durchsetzung von deren befristeter Quarantäne ist eine weit geringere Einschränkung im
Vergleich zu einer notwendigerweise lückenhaften und regional auch sehr unterschiedlichen
Quasi-Quarantäne der gesamten Bevölkerung mit allen Auswirkungen auf das wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Leben - ebenso wie auf die Bildung. Und dies nur zum Preis einer
vorübergehenden Einschränkung des Datenschutzes! Datenschutz ist kein ...
Glanz und Grauen der Städte
Was wird aus der Stadt? Seit Jahren sind die Entwicklungen in den Innenstädten schwierig, weil das jahrtausendalte Konzept des belebten Handelsplatzes durch den Online-Handel in die Krise gekommen ist. Corona zeigt gnadenlos schon bestehende Schwächen auf.
Und jetzt? Alle müssen "Stadt" neu denken: Kunden, Händler, Immobilienbesitzer und
-entwickler, Stadtplaner und Politik. Das erfordert Risikobereitschaft, Mut, Einsatz von
Ressourcen. Die Idee der Stadt darf nicht sterben. Sie ist zu schön.
CONSTANZE KRAUS, LUDWIGSHAFEN
Den Auftakt des Spezials über die urbane Zukunft bildet Toyotas Vision der grünen Stadt der Zukunft, zum Thema Verkehr kommt der Smart aus der Sicht eines Fahrers und dann ...
Das Barbados-Prinzip
Im Jahr 1646 bestiegen der Londoner Kaufmann Thomas Noell und sein Bruder Stephen ein Schiff, das zur westindischen Insel Barbados segelte. Die Noells hatten bereits irische und schottische Kriegsgefangene gewinnbringend in die Karibik verschifft und als Anteilseigner der Royal African Company in den Sklavenhandel investiert. Als sich ihre Lage in den 1640er-Jahren infolge des Englischen Bürgerkriegs verschlechterte, beschlossen sie, ihr Glück in der Neuen Welt zu suchen.
Wie viele wohlhabende Zeitgenossen erkannten die Noell-Brüder, welche Möglichkeiten die kurz zuvor von England in Besitz genommenen Inseln eröffneten. Unmittelbar nach ihrer Landung in Bridgetown, der Hauptstadt von Barbados, erstanden sie Land. Mt. Clapham, e ...
Der falsche Schein
Im Frühjahr 1989, die DDR schwächelt sich ihrem Ende entgegen, zeigt die Justiz noch einmal kraftvoll ihren Willen zur Selbsthygiene. Eine junge Richterin, frühere Kommilitonin an der Berliner Humboldt-Universität, hatte mittels fingierter Zeugenladung einem Cousin zum Sonderurlaub vom Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee verholfen. Die Sache kam raus, und die Juristin musste vor das Tribunal der Parteigruppe. Die SED-Gliederung verband alle Richter und Staatsanwälte des Ortes, praktischerweise hatten sie ihre Schreibtische ohnehin unter einem Dach. Gruselnd muss man sich vorstellen, wie "unabhängig" Richter waren, wo eine Staatsanwältin als Vorsitzende über die Einhaltung der Parteidisziplin wachte. Hier immerhin war der Maßstab ...
Der Traum vom sauberen Fliegen
Der Lufthansa-Manager Kay Kratky nannte es nicht Flugscham, doch schon länger hatte er Zweifel. "Ich war getrieben von der Frage: Wie kann der Luftverkehr verhindern, ein ähnliches Schicksal wie der Bergbau zu erleiden?" Kann eine Branche überleben, die derart viel CO2 ausstößt?
Es war im Frühsommer 2012, als der heute 62-jährige Kratky eine Antwort bekam. Er hörte von einem unbekannten Münchner Unternehmer, Mark Misselhorn. Dieser suchte Investoren für sein Start-up CCP Technology. Der damals 35-Jährige gab der Lufthansa das ultimative Klimaversprechen: Mit der Technologie seines Unternehmens könnten CO2-neutrale Flüge ermöglicht werden. Kratky witterte eine Jahrhundertchance.
Er verantwortete zu dieser ...
Kommt 2021 der Aufschwung, Herr von Moltke? "Wir erwarten mehr als vier Prozent Wachstum"
DIE ZEIT:
Herr von Moltke, das Jahr 2021 beginnt im Lockdown, aber mit Hoffnung, denn es gibt einen Impfstoff. Wann werden Sie geimpft?
James von Moltke:
Ich möchte so schnell wie möglich geimpft werden. Aber es ist nicht so, dass ich als Bankvorstand Vorrechte genießen würde. Ich muss wie alle warten, bis ich an der Reihe bin. Ich bin 51 und gesund, also wird es wohl noch dauern.
ZEIT:
Deutschland ist langsam bei der Beschaffung des Impfstoffs. Suchen Konzerne für ihre Vorstände nicht nach einer Beschleunigung?
Moltke:
Wir haben das diskutiert, uns aber dagegen entschieden. Das ...
"Unser Chef will kein Homeoffice"
"Ich arbeite als Referentin in einem Bundesministerium. Meine Arbeit ließe sich zum allergrößten Teil problemlos von zu Hause aus erledigen. Aber mein Chef macht nie Homeoffice, und da ich von ihm und seinen Terminen abhängig bin, wird auch von mir erwartet, anwesend zu sein. Jeden einzelnen Homeoffice-Tag muss ich vorher erbitten und absprechen, dadurch steigt die Hemmschwelle. Wenn schon die Bundesregierung in den eigenen Ministerien das Arbeiten von zu Hause nicht zum Standard macht, sondern mit gut gemeinten Appellen arbeitet - wie kann sie von privaten Arbeitgebern erwarten, alle konsequent ins Homeoffice zu schicken?"
Beamtin in einem Bundesministerium in Berlin
"Ich ...
Soll das Homeoffice zur Pflicht werden?
Stellen wir uns einmal vor, wir könnten einen Hebel umlegen und daraufhin würden sich in Deutschland nur noch halb so viele Menschen mit Corona infizieren wie bisher. Die 7-Tage-Inzidenz, also die Zahl der registrierten Ansteckungen innerhalb einer Woche pro 100.000 Einwohner, läge nicht mehr bei etwa 160, sondern nur noch bei 80 Fällen. Wir kämen also dem Ziel von weniger als 50 Fällen näher. Und es wäre dazu nicht nötig, weitere Branchen stillzulegen, die Schulen noch länger zu schließen oder teure Rettungsprogramme aufzulegen. Die meisten würden wohl sagen: Diesen Hebel sollten wir nutzen. Er existiert tatsächlich: in Form des ...
"Ich hatte Angst, dass irgendjemand sagt, ich würde mich nur ins gemachte Nest setzen"
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DIE ZEIT:
Herr Fielmann, seit November 2019 sind Sie alleiniger Chef der Fielmann AG mit mehr als 22.000 Mitarbeitern, bald darauf kam die Corona-Krise. Was haben Sie in den vergangenen Monaten gelernt?
Marc Fielmann:
Dass es entscheidend ist, wie man sich in der Zeit der schlimmsten Krise gegenüber den Mitarbeitern verhält.
ZEIT:
Wie meinen Sie das?
Fielmann:
Während des Shutdowns im Frühjahr mussten wir in Spitzenzeiten rund 10.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Wir haben im Aufsichtsrat und Vorstand auf 20 Prozent der Bezüge verzichtet und die Dividendenzahlung ausgesetzt. Damit sind 163 Millionen Euro im ...
Bitcoin? Kann weg
Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es meistens nicht wahr. Womit wir bei Bitcoin wären, dem sagenumwobenen Digitalgeld, das angeblich den Zahlungsverkehr revolutionieren und unser Vermögen vor dem Staatszugriff oder der Hyperinflation schützen soll. Bitcoin erlebt in dieser Krise einen unglaublichen Boom. Die Kryptowährung erreichte Ende vergangener Woche einen Rekordkurs von fast 42.000 Dollar, weil immer mehr Menschen an dem Hype teilhaben wollen. Das könnte sich als Fehlkalkulation herausstellen, denn Bitcoin ist - nun ja - sein Geld nicht wert.
Beginnen wir mit dem Argument, Bitcoin sei ein krisensicheres Investment. Jeder kann Bitcoin nach ...
Land der Zombies
Haruka Kato war froh, als der Staat einsprang. "Ohne die Hilfen hätte ich auch gleich für immer dichtmachen können", sagt die Betreiberin eines Restaurants im Westen von Tokio. Sie spricht vom März vergangenen Jahres, als die Geschäfte und Lokale wegen des Coronavirus schließen mussten. Der damalige Wirtschaftsaufschwung endete jäh.
Mehr als 2,2 Millionen Yen, rund 18.000 Euro, hat die Gastronomin 2020 vom japanischen Staat erhalten. Ihr wahrer Name soll nicht in der Zeitung genannt werden, um den Ruf des Restaurants zu schützen. Weitere Zuschüsse hat sie für sich und ihre fünf Mitarbeiter schon beantragt.
Haruka Katos Restaurant ist ...
Ein Herz für Europa
Gute Nachrichten haben es schwer. Sie setzen sich selten durch. Aber diese hat es in sich: Die Medizintechnik-Unternehmen Carmat und CorWave aus Frankreich bringen voraussichtlich noch in diesem Jahr neue Kunstherzen und Herzpumpen auf den Markt. Sie könnten Tausende oder gar Zehntausende Menschenleben retten.
In Deutschland soll im Frühjahr das erste kommerziell vertriebene Kunstherz von Carmat implantiert werden, nachdem die EU-Kommission Ende Dezember nach mehrjährigen Testverfahren die Marktzulassung erteilt hat. Die Firma CorWave wird ihre innovative Herzpumpe ab sofort klinisch testen lassen, und auch sie rechnet binnen einem Jahr mit einer EU-Marktzulassung.
Carmat und CorWave sind zwei kleine Pariser Vorstadtunternehmen. C ...
Die Quotenmänner
Als Erstes kommen die Möwen. Noch bevor das Netz der Fischer aus dem Meer auftaucht, sind sie plötzlich da, als hätten sie ein geheimes Zeichen vernommen: Dutzende kreischende Möwen, die wie Schnee- gestöber über dem Wasser kreisen.
Während der Himmel über Rügen an diesem Dezembermorgen langsam hell wird, machen sich auf der
Christin-Bettina
vier Männer bereit, ihren Fang einzuholen. Die drei jüngeren stehen an Deck, müde nach einer kurzen Nacht. Sie tragen Ölzeug und schwere Stiefel. Ihr Kapitän Kay Briesewitz schaut durch ein Fenster seiner Brücke auf die schwarzblaue Ostsee hinab. Mit der rechten Hand bedient er die Winde, die ...
Ausgebremst
Hierzulande regiert immer noch der Bleifuß. Weltweit ist Deutschland der einzige Staat ohne allgemeines Tempolimit. Und das Ignorieren von Geschwindigkeitsbegrenzungen gilt vielen als Kavaliersdelikt, offenbar auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Der hat nicht nur die Verschärfung des Bußgeldkatalogs für Raser entschärft, sondern versucht derzeit mit bürokratischen Winkelzügen eine Technik zu torpedieren, die Tausende Leben retten würde: den intelligenten Geschwindigkeitsassistenten, der Autofahrer eindringlich auf Tempolimits hinweisen soll.
Das ISA genannte System (für Intelligent Speed Assistance) muss ab 2022 in jedem neuen Automodell und ab 2024 in jedem Neuwagen stecken. So hat es die EU beschlossen, auch Deutschland hat zugestimmt, im Prinzip. Doch ...
Gut, dass wir noch so wenig Impfstoff haben
Was für ein Glück, dass wir noch so wenig Impfstoff haben! Man stelle sich mal vor, es gäbe statt der bis Ende Januar anvisierten 4 Millionen Impfdosen bereits jetzt 100 Millionen. 50 Millionen Menschen müssten also geimpft werden. Wie sollte das gelingen, wenn es schon knirscht, obwohl nur ein Bruchteil der insgesamt nötigen Impfdosen zur Verfügung steht - wenn also etwa Menschen keine Termine bekommen oder Ärzte nicht wissen, was sie mit überschüssigen Impfdosen machen sollen?
Wir sollten nicht jammern und schimpfen, wie es momentan viele tun, sondern die Chancen ergreifen, die sich bieten. Wann können wir etwa wieder so gut ...
Eine Frage der Werte
Die Party zur Revolution steigt im Spätsommer 2016. Abbott, einer der größten Medizinkonzerne der Welt, preist sein neues Produkt: das kühlschrankgroße Messgerät "Alinity". Das Instrument werde die Labore "revolutionieren", jubelt Abbotts Vizepräsident Jaime Contreras. Die Apparate analysieren Blutproben, erfassen Viren und mailen die Ergebnisse automatisch an Ärzte und Labormitarbeiter, die dann Diagnosen stellen. Alinity soll Abbott zur Nummer eins für Labortechnik machen. Das feiern sie hier, in einem Vier-Sterne-Hotel in der US-Metropole Chicago, unweit des Firmensitzes. Vor den rund 800 Gästen träumt Contreras davon, dass Abbott zu einer Art Apple der Branche wird. Zu einem Konzern, für dessen Produkte die ...
Ein Telefon, das sich ums Handgelenk wickelt: Der Fortschrittsbericht
Die Geschichte der Telekommunikation begann, als der Mensch sein Haus beziehungsweise seine Höhle verließ und Reden nicht mehr reichte. Also erfand der Mensch das Schreien, Pfeifen, Trommeln, Winken, Jodeln, die Brieftaube und als Krönung das Telefon. Es leben heute noch Menschen, in deren Kindheit man unter Telefon eine schwere schwarze Bakelitkiste verstand, die an der Wand hing. Beim Telefonieren musste man stehen. Wenn es klingelte, und man war zu langsam, war das Gespräch mit unbekannt verloren. War man schnell genug, sagte man: "Am Apparat!"
Apparat! Fernsprecher! Heute schämt man sich sogar, "Telefon" zu sagen. Junge Leute erstarren, wenn sie bloß ...
Ist das Archäologie, oder kann das weg?
Ulrich Müller beugt sich nach vorne und rückt seine Brille zurecht, er sucht etwas. Für einen Archäologen ist das nicht ungewöhnlich, Suchen gehört zum Job. Müller hat so manche Erdschicht abgetragen und über Holzfunde aus mittelalterlichen Klöstern promoviert. Heute ist er Professor für Archäologie in Kiel. Aber an diesem Tag im Juni steht er nicht draußen in einer Ausgrabungsstätte, sondern scannt die Klapppulte im Hörsaal des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, wo er selbst Vorlesungen hält. "Doch, hier ist es", murmelt er, "jep jep jep."
Jemand hat mit Kugelschreiber etwas auf die Stiftablage gekritzelt. Da steht "Flo furzt!". Müller ...
Wo wir gerade stehen
Viola Priesemann, 38, Physikerin am Max-Planck- Institut für Dynamik und
Selbstorganisation in Göttingen
1. Was war das Spannendste, was Sie zuletzt über Corona erfahren haben?
Über die neuen Virusvarianten aus England und Südafrika wissen wir noch zu wenig. Aber wenn sie wirklich ansteckender sind als die bisherigen, dann ist es umso wichtiger, die Fallzahlen schon vorher zügig zu senken.
2. Wie geht es Ihnen gerade?
Das Jahr 2021 hat soeben begonnen, aber es wird noch Monate dauern, bis alle Impfwilligen geimpft sind. Wie wollen wir bis dahin "mit dem Virus leben"? In unserem aktuellen Fachartikel in
The Lancet
haben wir den ...
Lob der Muttersprache
Alle vier Jahre findet in Oxford die International Conference on Patristic Studies statt. Patristik, das ist die (ursprünglich theologische) Wissenschaft, die das antike Christentum erforscht. Kein völliges Exotenfach: In Oxford versammeln sich regelmäßig um die tausend Menschen. Die Konferenz war ursprünglich eine überwiegend europäische Angelegenheit, man sprach wie selbstverständlich Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Es gab auch mal vergnügliche Missverständnisse - am Ende aber verstand man sich.
In den vergangenen Jahrzehnten wuchs die Zahl derer, die aus den USA kamen, Orthodoxe aus den Ländern des früheren Ostblocks stießen hinzu, Kolleginnen und Kollegen aus Australien und neuerdings Gelehrte aus Lateinamerika ...
Tschüss, Erde
Stell dir mal eine Stadt vor, in der alle Häuser aussehen wie umgedrehte Suppenteller, halbrund und weiß. Manche von ihnen sind durch schmale Tunnel miteinander verbunden oder haben Dächer aus Glas. Der Boden, auf dem sie stehen, ist komplett rot. Es gibt keine Bäume und keine Autos, stattdessen kreisrunde graue Flächen, auf denen Raketen parken.
Klingt, als hätte sich das irgendein Science-Fiction-Autor ausgedacht? Nein, das sind echte Pläne, und zwar von der amerikanischen Firma SpaceX. Die Stadt soll auf dem Mars entstehen. Schon im nächsten Jahr will SpaceX darum zwei Raumschiffe mit Ausrüstung dorthin schicken. In sechs Jahren sollen dann ...
"Man muss nicht immer was müssen"
DIE ZEIT:
Herr Habeck, Sie haben sich während Ihres Studiums intensiv mit
der Weimarer Klassik auseinandergesetzt, Ihre Magisterarbeit handelt von Casimir Ulrich
Boehlendorff ...
Robert Habeck:
... das ist ja wirklich ein Einstieg!
ZEIT:
Sie haben 1997 diese Arbeit als Buch veröffentlicht. Was hat Sie an Boehlendorff so interessiert?
Habeck:
Ich habe mich im Studium mit dem deutschen Idealismus, also Hegel, Hölderlin, Schelling, Goethe, Schiller, beschäftigt. Hölderlin hat zwei poetologisch-programmatische Briefe an seinen Freund, den Dichter Casimir Ulrich Boehlendorff, geschrieben, die Boehlendorff-Briefe. Die gelten mit als das Komplexeste, was Hölderlin in einem eh komplexen Werk ...
Flucht auf den Kontinent
Simon Rattle, der Janusköpfige, wäre nicht Simon Rattle, wenn er die Verkündung seines neuen Münchner Postens nicht mit der passenden Anekdote garnierte. Anno 1970 - der gebürtige Liverpooler war 15 und wollte Dirigent werden - gastierte das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Rafael Kubelik in Rattles und der Beatles Heimatstadt. Auf dem Programm stand Beethovens
Neunte,
und das Konzert, so erzählt Rattle es in einer Videobotschaft, war für ihn eine
life-changing experience:
Die Symbiose zwischen Kubelik und den Musikern, Freude, Geist und Hingabe auf dem Podium seien ihm bis heute "unvergesslich". Der Böhme Kubelik war ...
"Holt euch euer Leben zurück!"
Grunzend zufrieden, mit einem sardonischen Grinsen im Gesicht, die Stiefel auf dem Tisch, ein Scotch noch, und die rabiaten Lümmel wären glücklich gewesen - so sah man Trumps Fußvolk, nachdem es sich ins Kapitol geprügelt hatte. Noch während die Fans des Präsidenten Selfies mit Polizisten machten, marschierten sie durch die
breaking news.
Nun ist die Sekundenprominenz berühmt dafür, berühmt zu sein. Ein Putsch? Nein. Nicht einmal ein Pütschchen. Wie harmlos.
Kein Zweifel, es gab solche Bilder aus Washington, es gab sie reichlich. Doch man verschenkt ein paar Einsichten, wenn man die Erstürmung des Kapitols zu einer normal hässlichen Nummer ...
Die allerschönste Einschlafhilfe
Und wie jetzt weiter? Was muss passieren, damit die notorisch unvereinigten Staaten von Amerika neu zusammenfinden? Viele träumen ja derzeit von Heilung, davon, dass die Nation ihre schwärenden Hasswunden versorgen und verwinden möge. Nur, wie kann so etwas gehen? Woher soll die Heilkraft kommen? Nancy Pelosi hat darauf eine Antwort, die tief im deutschen Idealismus wurzelt. Für sie, eine der mächtigsten Frauen der Welt und das beliebteste Hassobjekt des rechten Mobs, soll es vor allem die Kunst sein, die der nationalen Seele aufhilft. "Ich glaube wirklich, dass wir hier unsere gemeinsame Basis finden."
Wie genau sie sich diese Art von ...
Steine der Erneuerung
In Hamburg ist ein Streit um den Wiederaufbau der Synagoge am Bornplatz entbrannt. Sie war 1906 im neoromanischen Stil errichtet, 1938 von den Nazis geschändet und 1940 abgerissen worden. Bund und Land sind bereit, die Rekonstruktion mit 130 Millionen Euro zu finanzieren. Allerdings haben sich mittlerweile zehn überregional bekannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter ihnen der israelische Historiker Moshe Zimmermann, öffentlich gegen einen originalgetreuen Wiederaufbau gewandt - dem Umstand zum Trotz, dass die heutige Jüdische Gemeinde Hamburgs das Vorhaben mehrheitlich befürwortet.
Ich halte beide Positionen für gleich respektabel - auch wenn die Befürworter des Wiederaufbaus vor allem aus der Jüdischen Gemeinde ...
IMPRESSUM
Gründungsverleger:
Gerd Bucerius (1906-1995)
Herausgeberrat:
Prof. Jutta Allmendinger, Dr. Nicola Leibinger-Kammüller, Zanny Minton Beddoes, Florian Illies, Dr. Josef Joffe
Ehemalige Herausgeber:
Dr. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002) Helmut Schmidt (1918-2015)
Vorsitzender der Chefredaktionen des Zeitverlags und Chefredakteur:
Giovanni
di Lorenzo
Stellvertretende Chefredakteure:
Moritz Müller-Wirth (Managing Editor),
Sabine Rückert, Holger Stark, Bernd Ulrich
Mitglieder der Chefredaktion:
Malin Schulz, Jochen Wegner, Dr. Stefan
Willeke (Chefreporter)
Chef/in vom Dienst:
Iris Mainka (verantwortlich), Mark Spörrle
Textchef:
Dr. Christof Siemes
Geschäftsführende Redakteure:
Patrik Schwarz, Andreas Sentker
Chefkorrespondentin:
Tina Hildebrandt
Internationaler Korrespondent:
Matthias Naß
Leitender Redakteur:
Hanns-Bruno Kammertöns
Redaktionsleiter Digitale Ausgaben:
Götz Hamann
Parlamentarischer Korrespondent:
...
Kurs auf die Hungerburg
Neuerdings träume ich vom Skispringen, vom Skispringen mit Zaha Hadid. Ich stehe auf der Bergisel-Schanze, vor mir liegt das Karwendel-Gebirge mit Gipfeln, die "Frau Hitt" heißen oder "Großer Bettelwurf", unter mir schmurgelt Innsbruck in seinem Saft. Ich stoße mich vom Startbalken ab und gleite in die Anlaufhocke, die Glaskeramikschindeln unter meinen Brettern zischen, und kaum hebe ich vom Schanzentisch ab, saugt sich ein sattes Luftpolster zwischen Leib und Skiern fest. Wie Fräulein Holle auf ihrem schönsten Plumeau segle ich durch die Lüfte, tollkühn, schwerelos, vollkommen angstfrei. Erst als ich am Boden das Goldene Dachl in der Sonne blitzen sehe und ...
Zu viele Felher im Spiel
Am Anfang war das Wort. Die elektrogelben Buchstaben, deren Enden wie zuckende Blitze in alle Richtungen schossen, tauchten das erste Mal vor acht Jahren in einem Trailer auf, in dessen neongetränkten Bildern man sich verlor wie in einem Cybertrank.
Cyberpunk 2077
stand da geschrieben, und dieses Spiel sollte im wahrsten Sinne des Wortes ein Game-Changer werden. So versprach es das renommierte Entwicklerstudio CD Projekt RED schon damals: Das Videospiel werde, hieß es, "ganz neue Maßstäbe" setzen.
Cyberpunk 2077
sollte für die Spielewelt sein, was
Blade Runner
für die Filmwelt war: eine aufwendige Tech-noir-Fantasie, die das Zukunftsbild einer ganzen ...
Wann wird Sprache zur Gefahr?
Mit einem alltäglichen Gespräch kann es losgehen. Vor Kurzem erwähnte ich gegenüber einer Religionswissenschaftlerin einen sich wiederholenden skurrilen Vorgang in den Achtzigerjahren in St. Louis, Missouri, wo ich als einzige Weiße in einem von Afroamerikanern bewohnten Mietshaus lebte: Meine weißen amerikanischen Freunde vermieden bei Besuchen den Haupteingang und kletterten über die Feuerleiter im Hinterhof in den vierten Stock hoch - offenbar aus Angst, spöttelte ich, im Flur oder Fahrstuhl auf einen Hausbewohner zu treffen. Meine Kollegin fand das gar nicht lustig. Das hat nichts mit Angst zu tun, unterbrach sie mich, das ist Hass. Nein, wandte ich erschrocken ein, das ...
Selbst der Tod hat sich verändert
Die Pandemie hat uns beigebracht, mit erschreckenden Zahlen zu hantieren. Sie hat in Deutschland bis zum Jahresende über 30.000 Menschenleben gekostet, inzwischen sind es 40.000, weltweit sind es nun zwei Millionen Menschen. In den vergangenen fünf Jahren sind in Deutschland ziemlich stabil knapp unter einer Million Menschen jährlich verstorben. Die 30.000 Covid-Toten, also etwa drei Prozent der erwartbaren Todesfälle für 2020, verweisen durchaus auf eine Übersterblichkeit, aber selbst das ist kein ungewöhnlicher Befund, denkt man etwa an die Grippewelle 2017/18, die nach Schätzungen circa 25.000 Todesopfer in Deutschland gefordert hat.
Die Bevölkerungsstatistik, Sterbetafeln zur statistischen Auswertung, a ...
Im Groove der Nacht
Nachdem Reverend Raphael Warnock in der ersten Januarwoche zum ersten schwarzen Senator des ehemaligen Sklavenhalterstaates Georgia gewählt worden war, erzählte der Pastor im US-amerikanischen Fernsehen, dass er als elftes von zwölf Kindern in einer Sozialwohnung aufgewachsen sei. Seine Mutter habe in ihrer Jugend als Baumwollpflückerin gearbeitet. Seine Wahl, sagte Warnock, sei Ausdruck des American Dream.
Doch wurde Warnocks Wahl vor allem durch die Neuregistrierung Hunderttausender schwarzer Wählerinnen und Wähler in Georgia ermöglicht. Sie ist nicht Teil einer mythopoetischen Nationalerzählung, sondern ein so folgerichtiger wie überfälliger politischer Vorgang.
Auch die lange überfällige Veränderung der amerikanischen Filmbranche begann mit
Zugangsrechten: Durch eine ...
Rätselhaftes Kamtschatka
Es beginnt mit einer dieser Sommerszenen, die der Schreckenstraum sämtlicher Eltern sind. Noch sind die Kinder da, stehen neugierig am Pazifischen Ozean. "Geh nicht weiter rein", sagt Aljona zur anstrengenden jüngeren Schwester Sofija. Der Pferdeschwanz schwingt. Die Mückenstiche an den Waden: aufgekratzt. Die große Aljona erzählt der kleinen Sofija davon, wie dort hinten einst ein großes Stück Land abgerissen wurde: Zuerst kam das Erdbeben, dann der Tsunami, dann war Sawojko fort, 50 Holzhäuser, ein Markt, eine Apotheke, ein Postamt.
Die Erde kann nämlich verschwinden, das lernt die Kleine von der Großen.
Dann verschwinden die beiden Mädchen. Und langsam, viel zu ...
Stalin ist tot, das ist die Gelegenheit
Gott war seit zwei Jahren tot, und die Kirchenführer diskutierten allmählich, ob der Glaube unter seiner Allmacht nicht doch allzu blutbesudelt dahergekommen war. Es ging dabei nicht etwa um das Heidenblut, denn wer sich nicht bekehren lassen wollte, der musste vertilgt werden, so wollte es das Glaubensgesetz dieser Kirche. Aber den eigenen irdischen Heerscharen, hatte man denen nicht auch zu viel Gewalt angetan, im fanatischen Kampf gegen Häresie, der die glühendsten Gottesanbeter treffen konnte? Da sollte man vielleicht etwas rationaler agieren, um auch den ungläubigen Rest der Welt erfolgreich missionieren und unterwerfen zu können.
So sah 1955 die Lage im ...
Viel Spaß beim Zirkeltraining
Wer einmal in die Verlegenheit gerät, den eigenen Kindern bei ihren Mathe-Hausaufgaben aushelfen zu müssen, merkt: An der Art, wie da Mathematik betrieben wird, hat sich viel geändert, seit man selbst als Schüler mit Geodreieck und Zirkel hantierte. "Ich hab das so gelernt", sagt man hilflos und macht (mehr schlecht als recht) vor, wie man die Gleichung lösen würde. Dass es auch in der Mathematik verschiedene Lösungsverfahren gibt, hätte man irgendwie nicht erwartet.
Dieses Überraschungsmoment nutzt der US-amerikanische Mathematiker Philip Ording in seinem Buch
99 Variationen eines Beweises.
Neunundneunzigmal zeigt er, wie sich beweisen lässt, dass die simple Gleichung ...
"Jesus rettet!"
Sechsmal umrundet die Gruppe von Demonstranten ihr Ziel. Beim siebten Mal setzen einige ihr Schofar an die Lippen, ein Widderhorn, wie es in den ersten Büchern der Bibel vorkommt. Es ist 12 Uhr am 6. Januar, Tag der Heiligen Drei Könige und das orthodoxe Weihnachten. Jetzt imitieren sie den siebenmaligen Marsch des Volkes Israel um die Mauern der heidnischen Stadt Jericho, wie er im Alten Testament beschrieben wird. Als die Israeliten ein siebtes Mal um die Stadt marschierten und in die Posaunen stießen, ließ Gott die Mauern einstürzen.
Hier in Washington beten die Demonstranten, dass die "Mauern der Korruption" fallen ...
Gibt′s da echt was zu gewinnen?
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Im Leben eines jeden Menschen kommt irgendwann der Augenblick, in dem er beschließt, Gewinnspiele zu ignorieren. Nein, die versprochene Karibikreise auf dem Geschirrspülmittel ist nicht für dich, die kriegst du nicht, man will nur an deine Daten. Der Ferrari aus der Joghurtwerbung, eine flammende Lüge, er wird nie dein werden! Es ist die notwendige Verhärtung des Träumens.
Denn es gibt keine Geschenke im Kapitalismus!
Lachhaft, unreif, verzweifelt die Armseligen, die an solche Marketing-Märchen glauben. Trotzdem scheinen die Preisausschreiben mächtig zu prosperieren. Und zwar nicht nur als Spam-Mails, die behaupten, man habe eine nigerianische Bohrinsel gewonnen. Sondern auch bei den ...
Das wird Spritze
In der Ikonografie des Jahres 2020 war der Covid-19-Virusball so etwas wie der einsame Fixstern. Das Stachelsymbol überstrahlte jede Fernsehsendung. Es schwebte über den Köpfen der Moderatoren, Virologen, Ministerpräsidenten und sogar über dem Kopf des an sich unbesiegbaren Karl Lauterbach als eine unbeirrbare, näher rückende, uns demnächst wohl alle verbrennende Sonne. Doch nun, endlich, hat sich ein Symbol für den Widerstand gefunden. Gegen das giftige Scheusal ist die Impfnadel in Anschlag gebracht worden - als Waffe einer zur Gegenwehr entschlossenen Menschheit.
Sobald in Talkshows von der Zukunft die Rede ist, sieht man jetzt: die Nadel, die in einen butterweichen menschlichen ...
"Die Kinder können sich schon wehren, Papa"
Eine geräumige Altbauwohnung in Berlin-Schöneberg. Parkettböden, hohe, mintgrüne Wände, Stuck an der Decke. Im Flur hängen Familienfotos und ein gerahmter Zeitungsausschnitt über Muhammad Ali. Am großen Holztisch in der Küche hat sich Familie Kantara versammelt. Es sind drei Generationen.
Großvater Djiba Kantara, 78 Jahre alt, lebt seit mehr als 55 Jahren in Deutschland. Als Student in der DDR lernte er seine Frau Vera, 73 Jahre alt, kennen. Tochter Jeannine, 52 Jahre alt, wuchs in Ost-Berlin auf. Seit 1994 arbeitet sie als Redaktionsassistentin bei der ZEIT. Die Enkelkinder: Josephine, 15 Jahre alt, geht in die neunte Klasse. Joshua, 18 Jahre alt, m ...
Tanz am Meer
Noch einmal ans Meer, das hier an den Rand der Welt führt. Ich sitze auf einer Sanddüne und schaue Richtung Brandung. Die Luft voller Gischt, am Horizont Wolken wie Gebirge. Vor mir liegt der Atlantik, die nächste Küste ist eine amerikanische. Verneigen möchte ich mich vor dieser Weite, wenigstens die Schuhe ausziehen an diesem Strand. Fünf Tage bin ich durch die Dörfer und Städte in Portugals Südwesten gezogen, entlang der naturgeschützten Costa Vicentina. Ich habe an steilen Felsen gestanden und in die Tiefe geblickt, bin durch Pinienwälder gelaufen und über Äcker. Ich habe mit Fischern und Farmern gesprochen, mit einer ...
Im Keller fand ich ein Bild, das meine verstorbenen Eltern von mir malen ließen. Darf ich mich davon trennen?
Liebe Ella,
die Frage "Hast du schon deinen Keller aufgeräumt?" wurde in diesem Jahr häufig mit Ja beantwortet. Die Corona-Zeit ist die Gelegenheit zum äußeren und inneren Aufräumen. Bei mir jedoch hat sich dabei ein Problem aufgetan.
1999 ist nach meiner Mutter auch mein Vater verstorben. Vieles aus seiner Hinterlassenschaft ist damals in meinen Keller gewandert zur späteren Sortierung, Bewertung und weiteren Verwendung. In diesem Erbe habe ich nun ein sorgfältig in Seidenpapier verpacktes und edel gerahmtes Ölbild gefunden. Ich schaue mich im Alter von sieben Jahren an, gekleidet in einen mir fremden bayerischen Trachtenanzug. Das Gemälde war ein ...
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