FAQ
|
Hilfe
|
Quellenliste
|
Login
Alle Quellen
eBooks
Fachzeitschriften
Firmeninformationen
Marktdaten
Personeninformationen
Presse
Suche in DIE ZEIT
Suche
Inhaltsverzeichnis vom 06.08.2020
DIE ZEIT
59 Dokumente
"Dann spürte ich, wie mir das Publikum entglitt"
DIE ZEIT:
Ich erinnere mich an ein Konzert von Ihnen, es muss in den frühen
Achtzigerjahren gewesen sein, in der Grabenhalle Sankt Gallen.
Stephan Eicher:
Als ich meine erste Panikattacke hatte?
ZEIT:
Sie verbrachten eine halbe Stunde kniend auf der Bühne, um ein technisches Problem zu lösen.
Eicher:
Dann spürte ich, wie mir das Publikum entglitt.
ZEIT:
Sie waren damals noch als Solokünstler mit Rhythmusmaschine, Gitarre und Effektgeräten unterwegs, und niemand konnte Ihnen helfen. War das der Grund für die Panik?
Eicher:
Eine Panikattacke entsteht im Kopf. Sie ist eine Alarmreaktion aus grauer Vorzeit ...
Früchte des Zorns
Weinbauer Richard Pellissier ist verärgert: "In der Schweiz werden 255 Millionen Liter Wein pro Jahr getrunken, aber unsere Keller sind trotzdem voll!" Der Winzer stammt aus der Walliser Gemeinde Savièse und hat sich gemeinsam mit 400 anderen Weinbauern der Protestbewegung Les raisins de la colère angeschlossen, Früchte des Zorns. Schuld an ihrer Misere seien primär die ausländischen Billigweine, welche mit Exportzuschüssen der EU subventioniert würden.
Tatsächlich entkorken Schweizerinnen und Schweizer gern italienischen Wein oder auch mal einen französischen oder spanischen. Schweizer Weine haben hierzulande einen Marktanteil von nur gerade 37 Prozent.
Pellissier ist nicht nur zornig, er ist auch ...
Wer nicht hören will
In diesen Tagen beginnt in mehreren Bundesländern wieder die Schule. Es ist ein nationales Experiment. Millionen Schüler, Lehrer und andere Mitarbeiter nehmen daran teil, der Ausgang ist ungewiss. Gelingen kann dieser Großversuch überhaupt nur, wenn alle sich an die Corona-Regeln halten und Rücksicht üben. Wenn immer fleißig gelüftet wird. Und wenn diejenigen, die sich verweigern, notfalls zur Räson gebracht werden.
Insofern ist das, was in Deutschlands Schulen passiert, auch ein Probelauf für das, was dem Land insgesamt bevorsteht. Kann die Republik, zwischen Maskenmüdigkeit und drohender zweiter Welle, weiter auf Einsicht, Geduld und Disziplin setzen? Oder braucht es eine härtere Gangart, s ...
Was ist denn hier los?
Seit ich von meinem Korrespondentenposten in Beirut zurückgekehrt bin, wollte ich Deutschland bereisen. Herausfinden, ob und wie fremd mir mein Land geworden ist. Immer wieder kam etwas dazwischen, in diesem Frühjahr das Coronavirus. Aber jetzt, meinten meine Kollegen, könnte ich doch mal nachsehen, wie sich die Republik anstellt zwischen Quarantäne und Hygiene-Demos, zwischen "Ausnahmezustand" und "neuer Normalität". Nach fünf Jahren im Nahen Osten verstünde ich schließlich etwas vom Umgang mit Krisen. Also bin ich losgefahren. Von der deutsch-französischen im Zickzack durchs ganze Land an die deutsch-polnische Grenze. Rund 1100 Kilometer Deutschland im Juli 2020.
Erste Station Kleinblittersdorf im Saarland. Manche ...
Was, wenn er nicht geht?
Seit Monaten flirtet Donald Trump öffentlich mit dem Gedanken, eine mögliche Wahlniederlage im November nicht anzuerkennen und einfach im Amt zu bleiben. Nur Prahlerei und Provokation? Mag sein. Aber tatsächlich gibt es einen Weg, wie Trump Präsident bleiben könnte, selbst wenn er die Wahl verliert.
Einen völlig legalen, historisch erprobten Weg. Es braucht dafür keinen Putsch, keine massive Wahlfälschung. Es steht ein Verfahren bereit, das die US-Verfassung für besonders knappe oder unübersichtliche Wahlergebnisse vorsieht.
Ein Gruselmärchen? Hoffentlich. Aber keineswegs sicher.
Diese Möglichkeit lässt viele von Trumps scheinbar absurden Tweets in einem neuen Licht erscheinen. Vergangene Woche twitterte er, vielleicht sei ...
Neue Arbeiterpartei
Ria Schröder, Tochter einer Versicherungskauffrau und eines Alarmanlagenbauers, Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, zieht mit dem Finger eine Linie über den Café-Tisch. Die Startlinie soll das sein, sagt Schröder und erklärt: "Es darf keinen Unterschied machen, aus welchem Elternhaus man kommt. Der Staat muss die Voraussetzung dafür schaffen, dass alle von der gleichen Linie aus starten." Einer würde dann vielleicht Maler und eine andere Anwältin. Schröder malt Lebenslinien auf den Tisch, die an verschiedenen Punkten enden. Aber wo man ankommt, habe im besten Fall nichts damit zu tun, was die Eltern verdienen, sondern was man selbst geleistet hat.
Hätte es ...
Er schon wieder
Neulich saß Gregor Gysi im Bundestag und hatte Hunger. Der Auswärtige Ausschuss, der immer frühmorgens tagt, war zusammengekommen, und Gysi, der das Intervallfasten für sich entdeckt hat, hatte seit sechzehn Stunden nichts gegessen. Also machte er sich auf den Weg in die Kantine, holte sich ein Brötchen und setzte sich wieder an seinen Platz, was insofern unüblich war, als im Auswärtigen Ausschuss anders als in anderen Ausschüssen bislang nicht gegessen wurde. Aber das wusste Gysi da noch nicht. Er war ja neu hier.
Ob das für ihn Sozialismus sei, wollte der Ausschussvorsitzende und CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen von Gysi wissen, als ...
"Laut, vulgär, handgreiflich"
***
***
DIE ZEIT:
Frau Hayali, Sie waren am Wochenende mit einem Kamerateam bei der
Anti-Corona-Demonstration in Berlin und mussten die Dreharbeiten abbrechen. Was genau ist
passiert?
Dunja Hayali:
Am Vormittag haben wir den Demonstrationszug begleitet, da war noch alles friedlich. Ich kam mit vielen Demonstranten ins Gespräch. Wir wollten aber noch zur Straße des 17. Juni, um einen Redner auf der Bühne zu filmen. Dort spitzte sich die Situation zu - die Kundgebung war gerade von der Polizei unterbrochen worden. Die Demonstranten vermuteten dahinter einen Plan: Ihre Grundrechte würden beschnitten. Irgendwie hat sich dann plötzlich und sehr schnell eine ...
70 Zeilen ... Liebe
Sarah Wiener ist eine, der es in keiner Küche zu heiß wird. Mit ihrer Energie und Wärme taut Sarah jede noch so frostige Stimmung auf. Vergangenes Jahr war das bitter nötig. Ich war frisch zur Präsidentschaftskandidatin der Europäischen Kommission gekürt worden und sollte mich der Grünen-Fraktion im Europaparlament vorstellen. Die Parlamentsgruppe zeigte mir betont die kalte Schulter, weil sie die Nominierung durch die Regierungschefs nicht guthieß.
Und was machte Sarah, damals als neu gewählte Europaabgeordnete? Sie fiel mir vor allen Parteifreundinnen und -freunden um den Hals: "Toll, dass du da bist!"
Sarah und ich kennen uns seit 2008. Ich war ...
Inhalt
Politik
Pandemie Eine Reise durch Deutschland zeigt, dass wir resilienter sind als gedacht von Andrea Böhm 2
USA Was, wenn Trump nach einer Niederlage nicht geht? von Heinrich Wefing A 4
FDP Die Partei der freien Wirtschaft entdeckt den sozialen Aufstieg neu von Anna Mayr 5
Sterbehilfe Wer sterben will, darf das tun, entschied das Verfassungsgericht, er darf sich unter Umständen auch dabei helfen lassen. Und nun? von Mariam Lau und Marc Widmann 6
Die Linke Das erstaunliche Comeback des Gregor Gysi von Robert Pausch A 7
Streit
Meeresschutz Die Ostsee ist extrem beliebt - und extrem dreckig. Tut die Politik zu wenig für ihren Schutz? Greenpeace-Aktivist ...
Missbrauch ist Seelenmord
Es hat viel Kraft gekostet, Ihren Beitrag über die Pädokriminalität zu lesen, aber dieses brutale Thema darf nicht totgeschwiegen werden, und deshalb ist Ihre Recherche ungemein wichtig. Vielen Dank dafür.
Noch größerer Dank gilt den Kriminalbeamten, die sich mit der Pädokriminalität auseinandersetzen und enormen Aufwand betreiben, um Täter zu überführen und die gepeinigten Kinder zu retten. Als Außenstehender kann man vermutlich gar nicht einschätzen, unter welchem kräftezehrenden, hochbelastenden Druck diese Beamten bei der Sichtung der Videos, Bilder und bei ihrer tagtäglichen Arbeit stehen.
Michael Reschke, Gelsenkirchen
Am meisten schockiert haben mich neben der Zahl der Täter auch die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen ...
Warum die neue Linke Druck macht
Gerade hatte ich mit Zwanzigjährigen (weiß) hitzig über den "Zwar-noch-kein-Rassismus-aber" eines Dozenten debattiert. Bei einer Preisverleihung an zwei Studenten hatte er eine launige Bemerkung gemacht, er meinte, dass einem Asiaten der Name Kim eher zugeordnet wird als der Name Philipp.
Sein Kopf wurde zwar nicht gefordert, doch zumindest sollte auch ich dieses Verhalten geißeln.
Einen Tag später konnte ich den Beitrag von Josef Joffe weiterleiten an die mir sehr lieben jungen Leute, die gerade im Aufstieg auf die "Kommandohügel der Wissensökonomie" begriffen sind - danke auch für diesen Begriff!
Ingo Klamann, Düsseldorf
Man muss der
ZEIT
dankbar sein, weil sie durch ...
Die Hölle am Bergbusch
Von zwangloser Entfaltung in der Natur kann man wohl nicht sprechen - eher im Gegenteil. Wer sich in das Bundeskleingartengesetz oder in die Satzungen von Kleingärtnervereinen einliest, hat eine Lebenssphäre vor Augen, in der sehr vieles sehr genau geordnet ist.
Es fängt mit der Drittel-Regelung an. Ihr zufolge hat ein Drittel der Gartenfläche auf Wege, Terrasse und Laube zu entfallen, welche nicht größer als 24 Quadratmeter sein darf. Ein weiteres Drittel ist dem sogenannten Nutzanbau vorbehalten, also Gemüse, Früchten und Kräutern. Im restlichen Drittel darf gärtnerische Fantasie walten. Aber auch ihr sind Grenzen gesetzt. So haben Nadelbäume im Kleingarten so ...
Die letzten Tage der Unschuld
Es war 2014, als Mark Zuckerberg das Schicksal von Facebook in letzter Sekunde zum Guten wendete. Damals wurde klar, dass Zuckerbergs soziales Netzwerk langsam seine Faszination für junge westliche Nutzer verlor. Sie kommunizierten immer öfter auf sogenannten Messenger-Diensten, über die sie sich im Sekundentakt alle Arten von geschriebenen und gesprochenen Botschaften schicken können. Der Markt wurde vor allem von einer kleinen kalifornischen Firma namens WhatsApp bedient. Facebook hielt nicht mehr mit. Getreu der Silicon-Valley-Praxis, dass man kauft, wen man nicht besiegen kann, ging Zuckerberg auf das Start-up zu. Doch das hatte, so berichtete es
Bloomberg Businessweek
später, schon einen anderen ...
"Läuft doch alles" - noch
Gerade hat Matt Mareno eine Stimme gewonnen, die besonders wertvoll ist für Joe Biden im Kampf ums Weiße Haus. Marenos Vater war sein Leben lang Wähler der Republikaner und konnte als Führungskraft in einer Fabrik mit linken Umtrieben wie Gewerkschaften wenig anfangen. Doch der Sohn - Parteivorsitzender der Demokraten im Wahlkreis Waukesha, Wisconsin, 400.000 Einwohner - gab den Vater nicht verloren. Der sah Trump immer kritischer und will nun am 3. November gegen ihn stimmen. Für Joe Biden, den Kandidaten der Demokraten, ist das eine besonders gute Nachricht, weil eine Stimme in Waukesha mehr bewegen kann als eine in ...
"Frauen sind fast unsichtbar"
Im Juni 2019 hat es Scholz & Friends geschafft. Die deutsche Agentur hat beim internationalen Werbefestival in Cannes einen Grand Prix gewonnen, den Oscar der Werbewelt. Prämiert wird eine Kampagne für das Start-up The Female Company. Scholz & Friends hat dafür ein Büchlein drucken und im Inneren Tampons verstecken lassen.
Das ist ein politisches Statement. Auf Tampons fallen in Deutschland zu diesem Zeitpunkt 19 Prozent Mehrwertsteuer an, auf Bücher dagegen nur sieben Prozent. Das Tampon-Buch soll ein Steuersystem entlarven, das Frauen diskriminiert. Und tatsächlich beschließt der Bundestag im November 2019, die Ungerechtigkeit abzuschaffen.
Zum Weltfrauentag im März 2020 schreibt Scholz ...
Glücklich enteignet
Große Veränderungen können an kleinen Orten beginnen. In Sundern im Sauerland zum Beispiel. Dort gibt es einen Mann, der dazu beitragen könnte, dass ein Gesetz eine neue Art von Unternehmen begründet. Unternehmen, für die Wachstum kein Selbstzweck mehr ist, sondern zweitrangig. Firmen, die nicht ihren Gründern, deren Kindern oder Investoren gehören, sondern: sich selbst.
Der Mann heißt Eduard Appelhans, er ist Unternehmer. Wie schon sein Vater. Und sein Großvater. Und sein Urgroßvater. Seit drei Jahrzehnten führt er die Firma Sorpetaler Fensterbau - die so heißt, weil sie im Tal der Sorpe Fenster baut. So gewöhnlich der Name, so ungewöhnlich ist ...
Neuer Schlachtplan
Tönnies ist alles zuzutrauen. Davon sind viele Menschen überzeugt, wie sich am Mittwoch vergangener Woche zeigte. Da beschlossen Angela Merkel und ihr Kabinett, ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen, um Missstände in der Fleischwirtschaft zu bekämpfen. Das Gesetz soll nur für Großbetriebe mit mindestens 50 Mitarbeitern gelten, also etwa für Tönnies, den deutschen Schlacht-Marktführer. Doch kaum hatte die Regierung ihren Beschluss gefasst, verbreitete sich über Twitter die Nachricht, Tönnies sei schon dabei, das Gesetz trickreich auszuhebeln. Der Konzern habe 15 neue Tochtergesellschaften gegründet, um mit lauter kleinen Firmen mit bis zu 49 Beschäftigten die neuen Vorschriften zu unterlaufen, s ...
Schienen und Stühle für Italien
Die Nachrichten aus Südeuropa sind beklemmend: leere Strände in Italien, neue Reisewarnungen für Spanien. Doch eines lässt sich kaum noch vernehmen: Klagen über die Deutschen. "Die Wahrnehmung Europas und der Deutschen in der Krise hat sich in Italien für den Moment verändert", sagt Elena Carletti, Professorin für Finanzwissenschaft an der Mailänder Bocconi-Universität. "Schuldvorwürfe spielen keine Rolle mehr."
Von einer ähnlichen Reaktion in Spanien berichtet Antonio Roldán, Leiter des wirtschaftsnahen Thinktanks EsadeEcPol: "Spanien ist nicht allein, Europa ist für uns da - so haben wir Merkels Botschaft verstanden." Die auf dem EU-Gipfel vor gut zwei Wochen beschlossenen 750 Milliarden Euro ...
Ich finde Selbstkritik unehrlich
DIE ZEIT:
Herr Diekmann, grämt es Sie, dass Sie so unbeliebt sind?
Kai Diekmann:
Ist das so? Schauen Sie mal: Wenn ich der beliebteste Journalist Deutschlands hätte werden wollen, dann hätte ich nicht
Bild
-Chefredakteur werden dürfen, dann hätte ich mich vielleicht bei der
ZEIT
bewerben müssen. Zum Markenkern von
Bild
gehört nun mal, zu provozieren und zu polarisieren. Da muss man Menschen manchmal wehtun. Schlagzeilen heißen auch deswegen so, weil sie sich für die Betroffenen wie Schläge anfühlen können.
ZEIT:
Das klingt so, als hätte ein
Bild
-Chef keine andere Wahl, als anderen Schmerzen zuzufügen.
Diekmann:
...
Bereit für die Schüler?
Nur selten wurde ein erster Schultag so sehr herbeigesehnt und gleichzeitig so sehr gefürchtet: Abertausende Kinder kehren in diesen Tagen wieder zurück in ihre Klassenzimmer - zunächst im Norden sowie in Berlin, Brandenburg und NRW. Sie kommen in Schulen, die anders sind als vor Corona; in denen vielerorts Lehrer und Schüler Masken tragen; in denen Sorge herrscht vor Infektionsherden, Quarantäne, neuen Schließungen. Kann das gut gehen?
Die ersten Wochen des neuen Pandemie-Schuljahres werden große Fragen stellen - an die Schulen und an die Gesellschaft: Können Schüler endlich wieder verlässlich lernen? Werden benachteiligte Kinder Rückstände aufholen? Werden Mütter und Väter entlastet? E ...
Bereit für den Unterricht?
Dass die Stimmung gekippt ist, merkt Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, an den wütenden E-Mails, die er nun immer häufiger bekommt. "Was machen Sie eigentlich die ganze Zeit?", heißt es da. Andere schimpfen: "Ihr Computerdeppen", oder: "Jedes Unternehmen hat das mit Corona besser hinbekommen als die Schulen". Auch Ilka Hoffmann, im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zuständig für die Schulpolitik, nimmt ein regelrechtes "Lehrer-Bashing" wahr. Alles, was während der Schulschließung nicht klappte - das digitale Lernen, das Homeschooling, das die Eltern überforderte -, werde den Lehrkräften angelastet.
Plötzlich ist es wieder da: das Bild vom Lehrer als ...
Ein Plan für den Herbst
Als die Covid-19-Epidemie Deutschland erreichte, hat das Land schnell und gut reagiert. In kaum einer anderen großen Industrienation sind so wenige Menschen an der Krankheit gestorben. Diese erste Welle haben wir besser als viele andere kontrollieren können, weil wir früh testen konnten und zwischen Gesellschaft, Politik und den Infektionswissenschaften größeres Vertrauen herrschte als anderswo. Unser früher und kurzer Lockdown hat der Wirtschaft viel Schaden erspart. Nicht nur in den USA kann man beobachten, was zu frühe und dann wieder zurückgenommene Lockerungen für die Wirtschaft bedeuten.
Jetzt aber laufen wir Gefahr, unseren Erfolg zu verspielen. Das hat vor allem einen Grund: W ...
"Musik beeinflusst den Körper auf vielfache Weise"
DIE ZEIT:
Herr Kölsch, Sie sind Hirnforscher. Wie kamen Sie gerade darauf, die Heilkraft der Musik zu erforschen?
Stefan Kölsch:
Als Student habe ich selbst erlebt, dass die Beschäftigung mit Musik auch bei schweren Krankheiten regenerative Kräfte fördern kann.
ZEIT:
Was hatten Sie damals?
Kölsch:
Ich war schwer an der Lunge erkrankt, musste gegen Ende meines Musikstudiums fast zwei Semester aussetzen. An eine Zukunft als Profimusiker war nach der Abschlussprüfung nicht mehr zu denken.
ZEIT:
Wie hat Ihnen die Musik geholfen?
Kölsch:
Ich spielte weiter Violine, aber ohne den Konkurrenzdruck, den man als klassischer ...
"Wo ist mein Wasser?"
***
***
Deutschland ist ein nasses Land, von der Natur gesegnet mit ausreichend Regen und viel zufließendem Wasser aus den benachbarten Bergregionen. Der Klimawandel hat daran bislang wenig geändert und wird es wohl auch in den nächsten Jahrzehnten nicht tun. So die Modelle der Klimaforscher. Trotzdem sagt der Leiter des Dürremonitors am Leipziger Umweltforschungszentrum, Andreas Marx: "Der Gesamtboden war noch nie so trocken wie heute."
Das passt eigentlich nicht zusammen - und tut es am Ende doch. Denn Trockenheit und Dürre, von denen derzeit so viel die Rede ist, haben nichts damit zu tun, dass es in Deutschland insgesamt zu wenig Wasser ...
"Die waren eben Buddys"
DIE ZEIT:
Frau Beisiegel, bis 2019 waren Sie Präsidentin der Universität Göttingen - eine von wenigen Frauen, die eine Hochschule leiten. Ich wollte Sie schon lange interviewen, doch Sie sagten immer: Erst wenn ich nicht mehr im Amt bin. Muss man Macht abgeben, bevor man frei sprechen kann?
Ulrike Beisiegel:
Ich habe mich natürlich gefragt, ob das typisch Frau ist, sich so zurückzuhalten. Meine Absage hatte aber eher mit Verantwortung zu tun. An meiner Universität gab es in den letzten Jahren Unruhe und Enttäuschungen. Es haben viele Kräfte auch öffentlich an der Universität gezerrt, ich wollte keine weitere ...
Stoppt die Rushhour des Lebens
Meistens nehmen wir Zeit wahr, wenn wir zu wenig davon haben. Wenn wir uns gehetzt und eingeengt fühlen von einem Takt, der uns von außen vorgegeben wird. Ob in der Schule oder bei der Arbeit - allenthalben spüren die Menschen Zeitdruck, Beschleunigung, zeitliche Unvereinbarkeiten und Ungerechtigkeiten. Zeitnot zählt zu den größten Problemen der Gegenwart, oft noch vor materieller Not - das belegen Studien.
Dennoch sehen wir Zeit selten als eine Dimension der politischen Gestaltung, obgleich Zeitverhältnisse weder natürlich noch auf Dauer festgelegt sind. Sie gehören deshalb dringend - als zweite Wohlstandsdimension - auf die politische Agenda! Der moderne Sozialstaat darf ...
"Der Drache ist meine Rache"
DIE ZEIT:
Paul Maar, Ihr erstes Sams-Buch ist 1973 erschienen, vor bald 50 Jahren. Das Sams ist also schon ein Opa. Erinnern Sie sich noch, wie es entstanden ist?
Paul Maar:
Ja, das war sogar noch fünf Jahre früher. Damals hatte ich mir für mein erstes Theaterstück
Der
König in der Kiste
ein Wesen ausgedacht, das immer samstags kommt und Sams heißt. Es war ein kleines Monster, das alles aufgefressen hat - Kühe, Menschen, alles. Der Regisseur sagte aber, es passe nicht zum Stück. So landete das Sams in der Schublade.
ZEIT:
Und wie wurde es zu ...
Geistermut und Zwergenwelt
Ich habe als Kind die Bücher von Christine Nöstlinger sehr gemocht, mein liebstes war
Rosa Riedl, Schutzgespenst.
Darin geht es um das Mädchen Nasti, das vor ganz vielen Sachen Angst hat: vor Hunden, vor dem Klo und davor, allein in den Keller zu gehen. Dann lernt sie Rosa Riedl kennen, ein Wesen, von dem sie erst denkt, es sei ein Schutzengel. Aber Rosa Riedl ist ein Schutzgespenst. Sie zeigt Nasti, dass man vor manchen Sachen Angst haben darf. Bei anderen hilft sie ihr, mutiger zu sein und damit anderen zu helfen. Die beste Stelle ist, als Rosa Riedl auf ...
"So isch no au wieder"
Wenn es nach Martin Heidegger ginge, dann dürfte es die Biografien, die nun zum 250. Geburtstag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel erscheinen, gar nicht geben. Wenn Heidegger über Philosophen sprach, dann so: "Aristoteles wurde geboren, arbeitete und starb. Wenden wir uns also seinem Denken zu." Leben, Werk, Wirkung? Allein der Geist lohne "verstehende Aneignung". Der Philosoph persönlich? Egal. Ein Abwesender.
Es geht aber nicht nach Heidegger. Die Fabulierlust der Hegel-Biografen ist ungebremst. Klaus Viewegs
Hegel. Der Philosoph der Freiheit
(C. H. Beck): ein 800 Seiten dicker Brocken und die detailverliebteste Neuerscheinung; auch Sebastian Ostritsch
(Hegel. Der Weltphilosoph,
Ullstein) ...
Der unbarmherzige Klang der Wahrheit
VON ANDREAS BERNARD
Das Ereignis, zum ersten Mal die eigene Stimme zu hören: ein Moment größter Irritation. Der neue Radiorekorder damals hatte auch eine Aufnahmetaste und ein eingebautes Mikrofon, und auf einer Leerkassette versuchte ich ein paar Sekunden lang, wie ein
Sportschau
-
Reporter ein Bundesligaspiel zu kommentieren. Als ich die Kassette dann zurückspulte und gespannt auf "Play" drückte, traf es mich wie ein Schock: Wer redete da? Welche viel zu hohe, penetrante, gleichzeitig unangenehm leiernde Stimme tönte aus dem Lautsprecher? Ich stellte sofort das Radio an und überspielte die Aufnahme mit dem nächstbesten Lied, wie ein Einbrecher, der panisch seine ...
"Wir können experimentieren!"
Seit 2012 ist der Botaniker Johannes Vogel Generaldirektor des Museums für Naturkunde in
Berlin, das im vorigen Jahr durch eine internationale Expertenkommission evaluiert wurde.
Bescheinigt wurde dem Haus, eine "Quelle der Inspiration der deutschen Museumslandschaft" zu
sein. Daraufhin beschlossen Bundestag und Berliner Abgeordnetenhaus, das Museum zehn Jahre
lang mit 660 Millionen Euro zu fördern. Nach dem sehr kritischen Urteil des
Wissenschaftsrates über den Zustand der Staatlichen Kunstmuseen in Berlin drängt sich ein
Vergleich auf.
DIE ZEIT:
Herr Vogel, was unterscheidet Ihr Museum von den anderen?
Johannes Vogel:
Schon seit 2004 haben wir ein klares Gesamtkonzept. Das Museum ...
Die Unschwitzbare schwitzt
Niemand erschafft Bilder wie Beyoncé. Normalerweise. Am Anfang ihres vor wenigen Tagen veröffentlichten Films
Black
Is
King
ist jedoch der Wurm drin. Vor steilen Klippen und unberührter Sandstrandkulisse hält die Sängerin, Songwriterin, Musik- und Filmproduzentin (und jetzt halt: Neuregisseurin) ein Baby im Arm. Sie schaukelt und besingt es mit ermutigenden Worten, eine Drohnenkamera schwirrt ihr um den Kopf, die Sonne knallt vom Himmel. Selbst der unschwitzbaren Beyoncé steht hier der Schweiß auf der Stirn. Sie läuft ins knöcheltiefe Wasser und breitet die Arme aus (das Baby hat sie zum Glück vorher weggelegt). Dann Zeitlupe, Windmaschine, letzte Tanzschritte. Es gab mal ...
Ein Boss verlässt die Mafia
Noch war Marco Bellocchios Mafia-Film
Der Verräter
in Cannes nicht gelaufen, da wurde schon nach der Faszination des Bösen gefragt, obwohl es erklärte Absicht des Regisseurs war, ebendiese Faszination zu unterlaufen. Der 80-jährige Filmemacher, der im Laufe seiner Karriere die Kirche als Überwachungsstaat und die Kurie als Hort der Heuchelei denunziert hat, wollte sich auch den gottgefälligen Kategorien verweigern, die in Italien für jene Mafiosi vorgesehen sind, die mit der Justiz zusammenarbeiten und deshalb "Reuige" genannt werden,
pentiti.
Und tatsächlich hat die historische Titelgestalt seines Films, der sizilianische Boss Tommaso Buscetta, nichts von dem bereut, was er als ...
Das große Trotzdem
Peter Handke im Verhör mit sich selbst
Zwei Todgeweihte bestimmen das Theaterprogramm der Festspiele. Dem einen wird das Leben genommen, der andere nimmt es sich selbst. Der eine wird von Gott abberufen, der andere stirbt, weil er allein es beschlossen hat. Der eine sucht Begleiter, die mit ihm sterben, der andere stirbt einsam, will dabei aber von den Mitmenschen gesehen werden.
Der eine ist Jedermann, der kaltherzige Millionär aus Hugo von Hofmannsthals
Spiel vom Sterben des Reichen Mannes
.
Der andere ist ein 18-jähriger Tscheche, der sich 2003 auf dem Wenzelsplatz in Prag verbrannte und den Peter Handke zur Titelfigur ...
An den Quellen der Zeit
Manuel Vilas, geboren 1962 im nordspanischen Barbastro, ist in seiner Heimat als Lyriker bekannt geworden. Nun hat er seinen ersten Roman veröffentlicht,
Die Reise nach Ordesa,
der in Spanien und Italien höchst erfolgreich ist, obwohl er ein beträchtliches künstlerisches Wagnis darstellt - in einer Sprache von schlichter Schönheit, in scheinbarer Wasserklarheit überaus verschlungen, widersprüchlich, wie in Trance zu erzählen. Diese Prosa fordert vom Leser, was ein bis dato unbekannter Rhythmus vom Tänzer verlangt: die Schritte in ihn einschwingen zu lassen, sich nach seinem Gesetz zu bewegen und dann schließlich zum mühelosen Tanzen zu gelangen. Der Leser sollte darauf ...
Ein Windrad kommt zur Castingshow
Was ist noch mal die Ozonschicht? Warum geht es den Korallen schlecht? Und was heißt, die Ozeane werden sauer? Fragen wie diese stellen sich Kinder - und auch so manch Erwachsener. Seitdem das Trendthema Klimawandel oder gleich Weltretten von den Jugendbuchverlagen entdeckt wurde, kann man Antworten in zig Büchern zum Thema finden. Viele folgen derselben Logik, erklären in lexikalischem Aufbau die wissenschaftlichen Basics und animieren dann die Leserinnen und Leser zum Handeln: Du musst jetzt aktiv werden!
Marc ter Horsts
Palmen am Nordpol. Alles über den Klimawandel
ist überraschend anders. Auch dieses Buch wirkt zunächst wie ein großes Rundumschlag-Lexikon, das ...
"Ein kranker Flüchtling muss versorgt werden"
DIE ZEIT:
Herr Orlando, seit dem 1. August sind 323 Flüchtlinge auf Lampedusa und Sizilien angekommen, im Juli waren es 7068, unter ihnen knapp hundert Covid-19-positive. Das hat in der Bevölkerung, die von der Corona-Krise gebeutelt ist, Angst und Ablehnung ausgelöst. Der Bürgermeister von Lampedusa ist verzweifelt. Sie machen sich dennoch für die Aufnahme der Flüchtlinge stark.
Leoluca Orlando:
Wir Sizilianer haben eine historische Willkommenskultur, sie bestimmt unsere Mentalität. Wir haben dies bereits in den 1990er-Jahren gezeigt. Damals landeten erste Flüchtlinge an unserer Küste. Die Gemeinden mussten allein mit dieser Last klarkommen und haben es geschafft. Jeder hat ...
Im Notstand
Feucht ist es und düster. Keine Wand trennt die Küche von den Betten. Der einzige Raum, in dem Mutter, Vater und vier Kinder zusammenleben, wirkt eher wie eine Garage als wie eine Wohnung. Manchmal, sagt Carminella, die Mutter der Familie Malgioglio, hoffe sie darauf, dass der Pfarrer vorbeikommt mit einer Tüte Lebensmittel. Sonst müssten sie hungern.
Die Pandemie ist in Italien gerade am Höhepunkt, als Carminella davon erzählt. Niemand darf zu dieser Zeit seine Wohnung ohne triftigen Grund verlassen. Sonst stoppt einen die Polizei. Wem es vorher schon schlecht ging, wie Carminella und ihrer Familie in dem Ort Palagonia auf ...
Was heißt hier autistisch?
***
***
Sie kennen bestimmt dieses Gefühl, keinen Zugang zu finden zu einem Menschen oder einer
Gruppe, egal wie sehr man sich bemüht. Dann tut sich eine Kluft auf, zwischen einem selbst und
den anderen. Ein Asperger-Autist fühlt sich immer so, jeden Tag.
Sehe ich dagegen im Fernsehen Sendungen zum Thema Autismus, begegnen mir Menschen mit Superfähigkeiten, die das Wetter des kompletten vergangenen Jahres herunterbeten können oder komplizierteste Exponentialgleichungen lösen, während sie am Alltag scheitern. Im
Spiegel
lese ich, der ehemalige Wirecard-Chef habe sich "abwechselnd esoterisch und autistisch" gegeben. Von "introvertierten autistisch verkünstelten Stararchitekten" ist in der
Süddeutschen
die Rede. Und im
...
ASMR
Immer mal wieder lese ich in den
Philosophischen Untersuchungen
von Ludwig Wittgenstein. Ich komme nie besonders weit, weil ich immer schon nach ein paar Seiten in ein so großes Gedankengebirge gerate, dass ich das Buch überwältigt zur Seite legen muss. Es fängt aber relativ harmlos an, nämlich mit der alten Frage, wie Sprache entstanden sein könnte und wie sie eigentlich erworben wird, und Wittgenstein zerlegt sehr vergnüglich die uralte Idee, dass es sozusagen mit dem Zeigen auf Dinge, mit dem Bezeichnen ("Platte", "Apfel") losgegangen sein könnte. Wie, fragt Wittgenstein, kommt es dann zu einem Ausdruck für "zeigen"? Worauf zeigt man, w ...
Er sagt Sie sagt
Marleen und Valentin lernten sich vor sechs Jahren kennen, da war sie 15, er war 43. Seit
drei Jahren sind sie offiziell ein Paar. Marleen ist Schweizerin, in Deutschland
aufgewachsen, Valentin ein Spanier, der als Kind in die Schweiz kam. Gerade reisen sie mit
Valentins Wohnmobil durch Europa, den Corona-Lockdown haben sie größtenteils in Portugal
verbracht. Zur Zeit des Interviews wohnen sie noch auf 21 Quadratmetern im Personalzimmer
eines Tagungshotels in den Schweizer Alpen, wo Marleen im Housekeeping arbeitet, Valentin
als Koch und gelegentlich als Coach für Führungskräfte. Marleen erzählt auf dem Dachboden
des Hotels, während Valentin die Wäsche macht und ...
Weltmeisterschaft des Denkens
"Hast du schon gehört? Die haben eine zweite Erde entdeckt, auf der anderen Seite der
Sonne. Alles genauso wie hier - nur ohne Menschen. Klare Luft, saubere Meere, freie Tiere.
Jetzt wollen sie kluge Köpfe in einem Raumschiff dorthin schicken. Und das Projekt
Menschheit noch mal starten." - "Wer sind denn diese klugen Köpfe?" - "Das wollen sie jetzt
rausfinden. Vielleicht sind wir ja auch dabei! Wir müssen rauskriegen, wo das Raumschiff
startet. Dann dürfen wir mit."
VON ANDREA BÖHNKE, NIELS BOEING, CUS UND ANDREAS LEBERT
1
Die Tochter des Fischers
"Letzte Etappe. Da unten sehen wir ja auch schon ...
Nachtkerzen
In der klassischen Gärtnerehe finden in der Regel ein Nutzgärtner und eine Ziergärtnerin zusammen oder umgekehrt. Beide betonen gerne, wie gut sie einander ergänzen - und ärgern sich insgeheim grün und blau über den Partner, der die falschen Prioritäten setzt und Funkien wichtiger findet als Tomaten oder eben umgekehrt. Wobei man sagen muss, dass die Nutzgärtner sich ein bisschen mehr ärgern. Die Nonchalance, mit der Ziergärtner darauf verzichten, sich für die nie endende Arbeit im Garten mit einer Ernte zu belohnen, nehmen sie persönlich.
Ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin Nutz- und Ziergärtnerin in Personalunion und führe in Ermangelung ...
Plön
Zwischen Ascheberg und Wahlstorf, am dritten Tag des Ritts, wird Schleswig-Holstein so unlieblich, wie es sommers geht. Aus Osten sind schwere Wolken heraufgezogen, direkt über uns entlädt sich ein Gewitter, und es schüttet und stürmt mit sensationeller Wucht. Die Felder und Waldstücke ringsum, eben noch hübsch grün, verschwimmen im Grau und im Wasser mit dem Himmel.
Anfangs bleiben wir stehen, die Pferde stellen sich mit den Hinterteilen in den Wind und lassen die Köpfe hängen. Als klar wird, dass es so schnell nicht aufhört, ziehen wir weiter. Erst zu Pferd - dann findet meine Begleiterin, wir sollten besser absteigen, um ...
Impressum
Gründungsverleger:
Gerd Bucerius (1906-1995)
Herausgeberrat:
Prof. Jutta Allmendinger, Dr. Nicola Leibinger-Kammüller, Zanny Minton Beddoes, Florian Illies, Dr. Josef Joffe
Ehemalige Herausgeber:
Dr. Marion Gräfin Dönhoff (1909-2002) Helmut Schmidt (1918-2015)
Vorsitzender der Chefredaktionen des Zeitverlags und Chefredakteur:
Giovanni
di Lorenzo
Stellvertretende Chefredakteure:
Moritz Müller-Wirth (Managing
Editor), Sabine Rückert, Holger Stark, Bernd Ulrich
Mitglieder der Chefredaktion:
Malin Schulz, Jochen Wegner, Dr. Stefan Willeke (Chefreporter)
Chef vom
Dienst:
Iris Mainka (verantwortlich), Mark Spörrle
Textchef:
Dr. Christof Siemes
Geschäftsführende Redakteure:
Patrik Schwarz, Andreas Sentker
Chefkorrespondentin:
Tina Hildebrandt
Internationaler Korrespondent:
Matthias Naß
Leitender Redakteur:
Hanns-Bruno Kammertöns
Redaktionsleiter Digitale Ausgaben:
Götz ...
Was mein Leben reicher macht
Als Neu-Berlinerin bin ich mit dem Auto quer durch die Stadt unterwegs zum Benjamin-Franklin-Krankenhaus, da versagt mein Navigationsgerät.
Und jetzt?
Die Ampel springt auf Rot. Ich flitze aus dem Auto, um den Fahrer des Pkw hinter mir nach dem Weg zu fragen. Der versucht kurz, mir die Strecke mit all ihren Baustellen und Umgehungsstraßen zu beschreiben, dann sagt er freundlich, aber bestimmt: Folgen Sie mir!
Monika U. Kurzhals,
Berlin
Mein Fahrradladen kündigt an, dass er nach Jahrzehnten schließt, denn der Besitzer findet keinen Nachfolger. Alle aus der Familie hat der Laden mit Rollern und Fahrrädern versorgt. Jetzt macht er einfach ...
Harald Martenstein
Mein kleiner Sohn geht mit meinem Tod total locker um. Nein, ich bin nicht ernsthaft krank, außer man hält Hypochondrie für eine ernsthafte Krankheit. Kürzlich bin ich völlig sicher gewesen, dass Corona mich erwischt hat. Ich fühlte mich irgendwie gar nicht gut und hatte alle, wirklich alle Symptome, dazu sogar noch einige neue, unbekannte Corona-Symptome, zum Beispiel juckende Zehen und Gewichtszunahme. Der Test war negativ. Aber wegen meines Lebensalters werde ich zweifellos demnächst sterben. Spätestens in 20 Jahren, oder 25, wenn es gut läuft. Nach meinem Zeitgefühl ist dies übermorgen.
Mein kleiner Sohn, er ist sechs und sehr eloquent, macht ...
Die Maskenklage
Von Anna Mayr
"Oaaaahpuuh." Sagen wir, wenn wir aus dem Supermarkt kommen oder aus der Tram steigen und uns die Maske vom Gesicht reißen. "Endlich atmen! Das ist ja so nervig, dieses Ding!" Und wer neben uns geht, wird das Gleiche tun und bestätigen, dass es wirklich schrecklich ist, dieses Stück Stoff, über die Ohren ins Gesicht gespannt. Zumutung! Kann man sich einfach nicht dran gewöhnen!
Über das Virus selbst lässt sich nicht so gut meckern, denn Furcht ist kein Small-Talk-Thema. Da ist man immer so schnell bei Risikogruppen, Blutgefäßen, Tod. Deshalb sprechen wir stattdessen über die sichtbarste Begleiterscheinung ...
"Ich möchte ein Vorbild sein, erreichbar und nahbar, kein abgehobener Star"
Aufgezeichnet von Jörg Böckem
Als Kind hatte ich einen wiederkehrenden Albtraum: Ich war in einer Spirale gefangen und wurde von verschiedenen geometrischen Formen bedrängt. Ich vermute, dass sich in diesem Traum mein Bewegungsdrang und mein Freiheitsbedürfnis ausdrückten. Ich mag es nicht, mich eingeengt zu fühlen. Deshalb war mir Basketball so wichtig - der Sport hat mir viele Freiräume eröffnet.
Als Kind und als Jugendliche in Deutschland habe ich immer wieder Erfahrungen mit Alltagsrassismus gemacht. Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie von einer älteren Frau übel beschimpft wurde, weil sie schwarze Kinder hat, mein Bruder wurde im Supermarkt von der Security ...
UM DIE ECKE GEDACHT NR. 2549
Waagerecht:
6 Immanuel speiste in England: sätzeweise Ohrenfutter 8 Fest verwurzelt im kollektiven Gedichtegedächtnis: einer mit westbrandenburgischem Gartenstandort 14 Gehen, samt buchstäblichem Füllstoff, ihren Dienstweg 17 Ihr kommt, auf ihrem Schlängelwege, Nord-Ostsee-Kanal in die Quere 19 Nicht berichtigt ernst genommen: ihr Wahrheitsgehalt 20 Bodenständiges Projekt derer, die uns den Speiseplan versüßen wollen 21 Kam als Europa-Träger auch den Euro-Prägern in den Sinn 22 Schlaue Abkürzung vom Pfad der Geradlinigkeit 23 Blüht nur halb-blau-blau? Wirkt bloß minimal mit an Vaterstromes Stärke 24 Das Wasser in der Stadt der Spiele anno 1920 25 Am Empereur das Festliche, im Rückblick 27
Eine ...
"Nicht vegan zu kochen ist mir einfach zu einseitig"
Ich bin Vegetarier, ich bin kein Veganer. Ich weiß noch, wie es war, als ich mich entschlossen hatte, kein Fleisch mehr zu essen. Manche fanden es einfach verrückt und waren davon überzeugt, dass es einfach nur eine Phase sei. Als ich aber nach Jahren immer noch kein Fleisch gegessen hatte, fragte man sich in meiner Umgebung, ob ich nicht ein Ideologe sei. Die Stimmung wurde merklich kühler, denn nun vermutete man, ich würde missionieren. Dann wieder hieß es, ich würde mich offenbar für etwas Besseres halten und verlangen, dass für mich immer eine Extramohrrübe gedünstet wird. Dabei hatte ich niemanden ...
Der Nobelpreisträger sorgt sich um die Armen, nicht nur in seiner Heimat Bangladesch
Herr Yunus, wie ist Ihr Leben unter Corona-Bedingungen in Bangladesch?
Meiner Familie und mir geht es gut, und wir halten Abstand zu Besuchern. Es ist unsere Verantwortung, gesund zu bleiben und uns um diejenigen zu kümmern, die in Not geraten sind. Vor allem den alten Menschen, den Familien und den Armen beizustehen. Bangladesch durchlebt den gleichen Schmerz, die gleiche Unsicherheit und Angst wie jedes andere Land. Aber als der am dichtesten besiedelte Staat der Welt ist es kein einfacher Ort für einen Lockdown oder Social Distancing. Hinzu kommt, dass wir regelmäßig mit Überschwemmungen, Zyklonen und anderen Naturkatastrophen zu kämpfen haben. A ...
Fast so wie früher
Von den schlechten Nachrichten merkt man hier noch nicht viel. Es ist Samstag, der 25. Juli, und es sind bereits mehrere Corona-Fälle in St. Wolfgang bekannt geworden. Doch im kleinen Hotel, das direkt am Seeufer am Rande des Ortes liegt, tummeln sich Mitarbeiter und Stammgäste. Kein einziger Aushang der Gemeinde oder sonstige Informationen zum Virus stören die gewohnte Idylle. Türkisblau und ruhig liegt der See vor der imposanten Bergkulisse. Sattgrün die Liegewiese. Wolkenlos der Himmel. In St. Wolfgang herrscht Kaiserwetter.
Wären da nicht die Spender mit Desinfektionsmittel an jedem Eingang oder die lange Autokolonne an der Ortseinfahrt, die zu den ...
Kameragerecht
Christian Kern wusste, wovon er spricht. "95 Prozent der Politik, die geboten wird", sagte er einmal, als er noch recht frischgebackener SPÖ-Bundeskanzler war, "besteht aus Inszenierung." Kern war der erste Social-Media-Kanzler Österreichs. Vor allem Instagram hatte es ihm angetan, die Plattform, auf der Bilder geteilt werden. Schick und sportlich stellte er sich dar, er war der Slim-Fit-Kanzler. Ab und an erinnerten die Aufnahmen fast an einen
James Bond-
Streifen. Sebastian Kurz steht den Inszenierungskünsten seines Vorgängers um nichts nach. Bilder, die von seiner Partei verbreitet werden, folgen stets einer Logik - von der Gestik bis zur farblichen Abstimmung der ...
Stimmen des Nachtlebens auf Vinyl
Das Motiv der Postkarte wirkt recht alltäglich: eine weit geöffnete Wirtshaustür, die den Blick in das menschenleere Innere des Lokals freigibt. Davor eine schwarz gekleidete Frau mit Sneakers, die, den linken Arm souverän in die Hüfte gestützt, intensiv mit dem Handy telefoniert. Über der Szene erstrahlt in altertümelnder Leuchtschrift der Name: Schmauswaberl′s Traditions Beisl. Reduziertes Wiener Nachtleben in Zeiten von Corona: So weit, so gut.
Was die Sache jedoch besonders macht: In der Mitte der Postkarte ist ein Loch, und wer genau hinsieht, erkennt konzentrisch angeordnete Rillen, die in den Bildträger geritzt wurden. Es handelt sich um eine sogenannte Tonbild-Postkarte, d ...
Heavy-Metal an der Uni
Was steht da? Paxon? Axen? "Im Heavy Metal ist es wichtig, dass man den Bandnamen nicht lesen kann", sagt Peter Pichler und grinst. Der 40-Jährige sitzt an der Uni Graz und zeigt auf seinem Handy das Cover eines Musikalbums, das bei ihm gerade in Dauerschleife läuft. Der Name der Band - es ist Naxen - ist für Unwissende nicht zu entziffern. Diese Episode zeigt zwei Dinge, die man über Pichler wissen muss: Er ist Metal-Fan mit dem notwendigen Insiderwissen. Er hat aber auch genug Abstand, um das Ganze nicht allzu ernst zu nehmen.
Pichler ist promovierter Historiker, arbeitet am Institut für ...
Ist das Geschichte, oder kann das weg?
Blick aus der Ferne: Das ist eine Pyramide, ein Maya-Tempel, ein Klotz aus einer anderen Welt. Und der Klotz ist groß, 91 Meter hoch, 300.000 Tonnen schwer, ein Berg aus Stampfbeton und Kriegerstatuen, die grimmig schauen. Das Ganze wirkt heidnisch und unzivilisiert auf liebevoll sanierte Art. Wem oder was wurde hier noch mal gehuldigt? Es ist unmöglich, nicht an herausgerissene Herzen zu denken, an Priesterhände in Menschenblut. Dann die Erinnerung: Das ist Sachsen, nicht Yucatán, nicht Palenque, sondern das Völkerschlachtdenkmal von Leipzig. Der Gott, dem hier gehuldigt wurde, hieß Deutschland.
Ein merkwürdiger Gott war das. Von seinen Jüngern erwartete ...
Wie die Mutter, so die Tochter
Mercedes Ostrowski steht fast jeden Tag um fünf Uhr morgens auf. Sie braucht viel Zeit, denn sie muss sich rasieren. Eine Stunde lang. Im Sommer, wenn die Kleidung knapper ist oder wenn sie an den Strand will, muss sie diese Prozedur wiederholen, einmal, zweimal am Tag. Sie rasiert dann ihren Rücken, ihre Brust, ihr Gesicht. Die 20-Jährige spricht ganz offen darüber. Sie sagt: "Vielleicht hat man mal einen Mann und möchte dann auch eine Beziehung eingehen. Dann möchte man sich in seinem Körper wohlfühlen." Während sie das erzählt, streicht sie sich das braune Haar hinters Ohr und zeigt, wo ...
Pressearchiv
>
DIE ZEIT
> 06.08.2020
Privatsphäre-Einstellungen verwalten
Besuchen Sie uns bei:
© GBI-Genios Deutsche Wirtschaftsdatenbank GmbH
Kontakt
Impressum
AGB
Datenschutzerklärung
Nutzungsbasierte Onlinewerbung