Inhaltsverzeichnis vom 05.08.2010

Herr Flimm, Sie verlassen die Salzburger Festspiele und gehen zur Berliner Staatsoper, ist das eine Art Rettung?

Nein, das ist keine Rettung, das ist eine Veränderung.

Man sagt, Salzburg ähnele einer Schlangengrube, ist das so?

Alle Intendanten, ob Herr Mortier, Herr Ruzicka oder Herr Karajan, haben hier ihre Probleme bekommen, ich auch.

Worin besteht Ihr Problem?

Die unbedingte Freiheit im Denken fehlt zu oft, im Planen, im Ausprobieren, im Scheitern. In Salzburg ist es so, dass wir 75 Prozent des Etats einnehmen müssen. Das ist eine Menge!

Welcher Unterschied besteht zwischen Salzburg und Berlin?

In Salzburg gibt es immer nur ...

Sein Talent wurde zum Glück entdeckt, bevor die Welt aus den Fugen geriet. Sein Bruder, ein Maler, hat einmal erzählt, wie es dazu kam: "Er konnte kaum sprechen, als er die erste Handorgel geschenkt bekam, und am nächsten Tag wunderten sich meine Eltern, woher die Opernmelodie ertönte. Er hatte sie im Radio gehört und spielte sie nun auf den Knöpfen nach. Aus dem Gehör..."Von nun an setzten die Eltern trotz bedrohlich werdender Umstände alles daran, den mittleren ihrer drei Söhne zu fördern.

Der war ein sensibles, kränkelndes Kerlchen mit Sehschwäche, dem die eigene Begabung anfangs fast suspekt war. " ...

Robert und Alexandra sind seit Jahren verheiratet, ihre beiden Kinder gehen bereits aufs Gymnasium. Nun hat sich Robert in eine neue Mitarbeiterin verliebt, Rebecca. Er fühlt sich zu ihr hingezogen und fragt sich, ob Rebecca seine Gefühle erwidern würde, sollte er sich ihr erklären. Er fühlt sich so in Seelennot, dass er sich entschließt, seine Frau einzuweihen. Er erklärt Alexandra, dass er nicht die Absicht habe, sie zu verlassen. Durch Rebeccas Erscheinen habe die Beziehung zu Alexandra eine neue Tiefe bekommen, doch er wolle sich Rebecca nicht offenbaren, weil er das Risiko für seine Ehe fürchte. Er denke daran, den ...

Meine Grillparty war längst im Gange, da offenbarte sich mir, warum diese Partys so beliebt sind. Zwischen Tisch und Grill herrschte die reine Anarchie. Wer was auf den Rost gelegt hatte, worüber sich die Esser am meisten freuten und welcher Gang weniger gelungen war - all das ging im Rauch des Grills unter, der in so dichten Schwaden über der Burgmauer hing, dass ich jeden Moment die Sirene der freiwilligen Feuerwehr zu hören glaubte.

Als alles aufgegessen und die Gasflasche zugedreht war, bot der Burghof ein Bild der Verwüstung. Übereinstimmend bezeichneten alle Teilnehmer des Geschehens das Nackenstück des iberischen Schwarzfußschweins ...

Es gibt Momente, da hätte ich lieber einen anderen Beruf. Nicht dass es keinen Spaß machte, mit nagelneuen Autos zu fahren und danach ein paar Zeilen zu verfassen. Aber umso größer der Frust hinterher: Jedes Mal muss man den Schlüssel viel zu früh wieder abgeben. Wäre ich dagegen, sagen wir: Koch, dann könnte ich mir einen Vito E-Cell zulegen, weil ich ihn ja unbedingt bräuchte. Ich würde eine Home-Catering-Firma gründen und mich darauf spezialisieren, geräuschlos in die Villenviertel zu fahren. Meine Töpfe und Sauteusen würde ich durch den Dienstboteneingang in die Küche schleppen und genauso unbemerkt wieder verschwinden, während die ...

Radlerhosen sah man früher vor allem bei der Tour de France. An diesen armen Hunden, die - getrieben von Wahnsinn, Selbstzerstörungswut und Dopingärzten - die Pyrenäen hochhetzten. Ein Radfahrer war eine übel riechende, abgekämpfte Figur. Immerhin, auch ein paar andere Männer wollten in Radlerhosen so aussehen, als verbrächten sie ihr Leben auf der Rennstrecke. Das waren meist Herren mittleren Alters, die an der Schwelle zum körperlichen Verfall standen. Da will man Fitness ausstrahlen!Man trug also Radlerhosen nur aus sportlichem Ehrgeiz oder aus Angst vor dem Tod. Niemals aber aus einer modischen Erwägung. Noch so ein kreischendes Teil in Telekom-Magenta?U ...

Ich bin schon da,

ein Zug kann ("der" Zug ist prägnanter, Rhythmus besser ohne Absatz)

kommen,

dunkel ist es auch schon.

Am Abendbrottisch

fragte ich die Kinder:

"Wer hat Lust auf eine kleine Radtour

mit mir durch die Dunkelheit von Morsum?"(weniger Worte sagen mehr, "Rad" kommt vier Zeilen später)

Tim war sofort bereit,

er schaute gleich nach,

ob die Beleuchtung der Fahrräder

okay war.

Dann war es so weit, (eher der Ton eines Prosatextes, besser: "Es war so weit,..." )

Tim sagte: "Jetzt rein in die Dunkelheit."

Es war schon stockdunkel,

uns störte es nicht, die Fahrt in die Ferne,
...

Liebe R.,

ich schreibe Dir nun einen Brief, weil mir das im Moment das beste Kommunikationsmedium scheint. Ich habe Dich als Adressaten meines psychischen Amoklaufs missbraucht. (da sind zwei Bilder miteinander vermischt) Das war nicht gut.

Du musst müde sein, immer wieder die Adresse für die Lebenskrisen und -tragödien Dritter zu sein, diese aufzufangen und stark zu bleiben. Das an Dich adressierte Paket mit den Erinnerungen Deiner verstorbenen Verwandten steht ja symbolisch dafür.

In unserer Konstellation war so ein Ungleichgewicht von meiner Seite nie beabsichtigt. ("Konstellation" ist kompliziert, "von meiner Seite" klingt sehr bürokratisch) Ich wollte Dich nicht als Seelsorgerin, i ...

Lieber Tim,

hattest du schon einmal einen Liebesbrief in der Hand?Ich jedenfalls nicht, und geschrieben habe ich zuvor auch noch nie einen. Premiere. Eigentlich wollte ich dir durch diesen Brief ein paar Dinge verraten. Ich muss schon wieder fragen: Hat dir schon jemals irgendjemand gesagt, was für wunderschöne Augen du hast?Um Gottes willen, man versinkt in ihnen, sie hypnotisieren, sie machen mich schwach.

Die einzige sichere Möglichkeit, dich zu sehen, habe ich, wenn ich zum Handball gehe. Aber leider ist nur 1x im Monat ein Spiel, und in 3 Wochen sogar das letzte für diese Saison. Dabei bin ...

Sozialpolitik hat für die Bocholter CDU höchste Priorität. (Phrase - so würde das doch jeder Politiker sagen) Nur dann, wenn sich die Bürger wohlfühlen und sich integrieren können (etwas gewunden) , kann ein Gemeinwesen gedeihen. Wir werden uns mit Nachdruck gegen Sparbemühungen im Sozialsektor (besser: "Sozialausgaben") einsetzen. Gleichwohl gilt, dass wir das Subsidiaritätsprinzip immer wieder vor allem anderen setzen. Dort, wo der Private Sektor etwas schneller, besser und kostengünstiger als die öffentliche Hand machen kann, wird der Private Sektor Vorrang genießen. (hier versteckt er sich wieder hinter einer Phrase, wo will er denn sparen?)

Auch Bocholts Bevölkerung altert. Senioren ...

Es war einer dieser Zufälle - dass ich an diesem Nachmittag nochmals ins Dorf ging und meine Nachbarin traf. Ich wollte ihr zum neuen Auto gratulieren, mit über 80 Jahren schon ein besonderes Ereignis. Aber dann erzählte sie mir ganz aufgeregt, dass bei ihnen "schon wieder" ein junger Marder vom Dach gefallen sei. "Und was sollen wir denn bloß mit ihm machen?Wir haben doch 3 Hunde und eine ziemlich wilde Katze!"Nun, wer mich kennt, weiß auch um meine Vorliebe für Mäuse, Ratten, Fledermäuse. Und so einen kleinen Marder musste ich mir natürlich gleich anschauen!Hunde und Katzen waren ...

In der deutschen Kultur spielen Schwesternpaare eine marginale, Brüderpaare hingegen eine herausragende Rolle. Die Hassliebe von Thomas und Heinrich Mann ist Legende, die Leistung der Gebrüder Schlegel aus der Philologie nicht wegzudenken. Ohne Mühe ließe sich die komplette Geschichte der Bundesrepublik als eine von Brüderpaaren erzählen. Jede politische Strömung und jede Partei, jede Geistesmode und jeder historische Wendepunkt wäre von Bernhard und Hans-Jochen Vogel, Otto und Konrad Schily, Herbert und Dietrich Grönemeyer, Richard und Carl Friedrich von Weizsäcker, Michael und Ralf Schumacher vertreten. Auch von Wieland und Wolfgang Wagner wäre die Rede, den Enkeln des Komponisten, in dessen Nachfolge sich ...

Ich habe mal wieder im Internet die Kommentare zu meinen Kolumnen gelesen, weil ich auf Kritik eingehen und Anregungen aufgreifen möchte. Ein gewisser "Chrisfre" schreibt: "Schauen Sie mal in den Spiegel und lesen Sie Ihre früheren Glossen und Kolumnen und erinnern Sie sich daran, für welche Inhalte Sie sich mal interessiert und scharfzüngig engagiert haben!"Ich habe daraufhin sofort in den Spiegel geschaut.

Jeder Mensch, fast jeder, ist mit seinem Körper unzufrieden. Auch ich habe ein Problem mit meinem Körper. Er wird schnell braun. Mein Körper verhält sich, wenn er mit Luft in Berührung kommt, wie eine geschälte Banane.

Sobald ...

Natürlich ist es die Landschaft, sind es die Freunde, ist es die Sprache, sind es die gewohnten Regeln, die für uns Heimat bilden. Doch Heimat entsteht auch aus nützlichen Dingen, die beiläufig im öffentlichen Raum herumstehen. Wie sehr solche unbeachteten Objekte ein Land charakterisieren, spürt jeder, der von Basel ins Elsass oder von Kreuzlingen nach Konstanz fährt: Sofort bekommt er durch Eigenarten des Bauhandwerks, der Straßensignalisation und der Ladenbeschriftung zu spüren, dass er hinter der Grenze ist.

Ein neues Buch widmet sich solch stillen Selbstverständlichkeiten, die unsere Normalität eben auch ausmachen: Schweizer Mobiliar. 25 Ikonen des öffentlichen Raums (so der ...

Was ist Exzellenz? "Ich bin da pragmatisch", sagt Pierre Keller: "Exzellenz ist zum Beispiel, etwas Außerordentliches zu produzieren, es zu kommunizieren und am Schluss auch zu verkaufen."Keller ist Grafiker und seit 15 Jahren Direktor der Ecal (Ecole cantonale d′art de Lausanne) - einer der wenigen Künstler an der Spitze einer Kunstschule. Bei seinem Stellenantritt war die Ecal eine kantonale Kunstschule, heute ist sie Fachhochschule und weltweit vernetzt mit Shanghai, Singapur, Moskau, Kalifornien, Eindhoven, Basel und Zürich. Keller holte neue Lehrer, viele davon jung, manche berühmt, manche aus dem Ausland. "Die Politiker ließen mich immer alles machen", sagt er. "Mein ...

Sehr geehrter Thomas Bernhard,

ich gebe zu, dass ich mit Ihrer Literatur nicht sehr vertraut bin. Aber ich habe gehört, dass Sie zu der "Spitzenspitze" der österreichischen Literatur gezählt werden. Und genau dies trifft sich vortrefflich mit den Anforderungen meiner misslichen Lage. Hinter mir liegt ein Besuch der Salzburger Festspiele. Nur, wem könnte ich davon bloß erzählen?Es kann ja überhaupt nur ein höchst ausgewählter, prädestinierter Teil der Menschheit überhaupt zu den Eingeweihten dieser Festspiele gezählt werden. Sie gehören dazu. Auch ist dabei hilfreich, dass Sie, Herr Bernhard, tot sind. Denn es ist sinnlos und nicht vorgesehen, über die Salzburger ...

Ein verregneter Sommerabend in einer Luzerner Bar. Das pechschwarze Haar fällt Mathangi*, 26, über die Schultern. Sie trägt eine weiße Bluse, ihr Nasenstecker glitzert. Die junge Tamilin lebt mit Kolleginnen in einer Wohngemeinschaft und arbeitet beim Bund in der Finanzverwaltung. Sie ist aufgeschlossen, selbstbewusst, kein unterdrücktes Opfer von Tradition und Religion. "Ich bin immer aus der Reihe getanzt", sagt sie. Schmunzelnd blickt sie zu ihrem Vater, der neben ihr sitzt.

Mangalarupan*, 62, nickt und sagt: "Wir waren schockiert."Das war, als seine Frau und er von der vorehelichen Beziehung ihrer Tochter erfuhren. Mit 19 verliebte sich Mathangi in den drei ...

DIE ZEIT: Als sogenannter Business Angel investieren Sie seit einigen Jahren in kleine Technologie- und Biotech-Unternehmen. Erst vor wenigen Monaten haben Sie einen Preis für Ihre Arbeit in Österreich bekommen, jetzt gründen Sie schon wieder ein neues Unternehmen in der Biotech-Branche. Dabei sind Sie gar kein Chemiker.

Manfred Reichl: Als Berater war ich gewohnt, in den verschiedensten Wirtschaftssektoren aktiv zu sein. Deshalb habe ich mich auch nicht auf eine Branche fokussiert. Ich bin an fünf Internetunternehmen beteiligt, an einem Solartechnik-, einem Sensor- und zwei Biotech-Unternehmen und noch dazu an einem Projekt im Kosmetikbereich. Es kommt für den Erfolg nicht auf ...

Es ist in der Tat eine "unglaubliche Geschichte", die der Glücksritter seinem Tagebuch anvertraute: "Eigentlich ein Wahnsinn". Die bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten Notizen des ehemaligen FPÖ-Politikers und Geschäftemachers Walter Meischberger, aus denen die Wiener Stadtzeitung Falter jetzt ausführlich zitiert, erzählen von Millionen aus Libyen und dem Irak, von mysteriösen Geldkoffern, geplünderten Konten, korrupten Staatspolizisten, Schweige- und Schmiergeld und einem nicht abwägbaren "Gefahrenpotential", das in der Schweiz laure. Meischberger, das ist jener Provisionär, der selbst acht Millionen Euro für eine aufklärungsbedürftige Dienstleistung im Rahmen der Privatisierung von 60000 Wohnungen aus Bundesbesitz abkassierte - und zu versteuern vergaß, was erst eine ganze ...

Seit der Quinta vor sechzig Jahren verbindet mich eine Schülerinnen-Brieffreundschaft mit "meiner" Französin Yvette. Von Heirat, Kindern, der goldenen Hochzeit erzählen wir uns, seit letztem Jahr sogar per E-Mail. Jedes Mal ein kleines Wunder!

Ingrid Nusser, Ludwigshafen

Als meine Frau und ich gestern aufwachten, klebte dieser Zettel außen an unserer Schlafzimmertür:

Wir wissen nicht, wer ihn geschrieben hat: Unsere Kinder (zweimal sechs, einmal fünf Jahre alt) haben alle einen ähnlichen Schreibstil. Ist ja aber auch nicht so wichtig. Entscheidend ist: Wir werden geliebt!

Stefan Gessler, Tettnang

Auf meinem Balkon mitten in der Stadt steht ein Topf mit gut schließendem Deckel. I ...

Umbrechen kann man einen Acker, umbrechen kann ein Zaun, doch auch wenn wir beim Zeitungsmachen den Drucksatz auf die Seite verteilen, sprechen wir vom "Umbruch", wir "umbrechen eine Seite". Und so ist die Tätigkeit des UMBRECHENS eine durchaus ehrenhafte - wenn es nicht gerade um den Zaun des Nachbarn geht -, und dieses Wort beim Scrabbeln zulässsig. In der Situation der vergangenen Woche brachte es mit 86 Punkten sogar das Maximum: 18 Punkte für das Wort an sich, die wegen K5 verdoppelt werden durften (nicht vervierfacht, denn E5 war schon vorher belegt!), sowie 50 Punkte Bonus.

Auch Sabine Fugmann ...

Mit von Beust, Koch und Köhler haben sich drei Politiker in den "anstrengungslosen Wohlstand" verabschiedet, zumal üppige Ruhegelder und/oder Beratungsjobs winken. Der Mangel an Verantwortungsethik und Pflichtgefühl, wie von Mariam Lau angemahnt, trifft vorgenannte Personen in gleichem Maße wie jene Bürger, die ihre Wahlenthaltung mit Politikverdrossenheit begründen.

Jürgen Rohlfshagen, Quickborn

Wir wäre es, den Blickwinkel einmal etwas zu verändern: Was sind die Gründe für so viele Amtsträger, ihre Bürden loswerden zu wollen?Was erwartet die Öffentlichkeit von Menschen, die wir als Vorbilder sehen?Ist es vielleicht möglich, dass unsere Gesellschaft von den Hoffnungsträgern und "Vorbildern" etwas erwartet, was Menschen nicht erfüllen ...

Ich bin bedrückt angesichts des Leids der Menschen, die dort feiern wollten. Dass nun Dinge herauskommen, die Veranstalter und Verantwortliche der Stadt schlecht aussehen lassen, erschreckt mich natürlich auch.

Aber etwas anderes erschreckt mich viel mehr: die Reaktionen der letztlich unbeteiligten Bürger, die sich im Internet in wilden Blog-Kommentaren äußern, in Duisburg an der Unfallstelle auftauchen oder zu Demonstrationen gehen. Wie da mit derben Kraftausdrücken auf Polizei und Politiker geschimpft wird!Der Hass, der sich in Morddrohungen gegenüber dem Duisburger Bürgermeister entlädt, ist zutiefst beunruhigend!

Brave Bürger kritisieren das verantwortungslose Verhalten von OB Sauerland (dessen Zuschiebung der Schuld auf seine ...

DIE ZEIT: Frau Wilk, Sie sammeln Sand. Fast 10000 Proben haben Sie zusammengetragen und in Gläschen gefüllt. Was ist an Sand so spannend?

Renate Wilk: Er ist wahnsinnig vielfältig. Sand kann spitz sein, kantig oder rund wie Liebesperlen. Etwa der oolithischer Sand, den es in seichten, warmen Stellen der Meere gibt. Er besteht aus lauter winzigen Kugeln, die das Wasser geschliffen hat. Wenn man ihn auf ein Papier legt und es leicht schräg hält, kullert er davon. Und Sand kann alle möglichen Farben haben, von Weiß über Gelb, Rosa und Lila bis zu Schwarz.

ZEIT: Woran liegt das?

Wilk: Zum ...

Früher war Rom im August heiß und leer. Und fast unheimlich still. Die Römer waren weg - mit ihren Autos ans Meer oder in die Berge gefahren, zu kühleren Orten mit besserer Luft. Im Ferienmonat nahmen die Einwohner Urlaub von ihrer Hauptstadt, vom verhassten Chaos und von der überwältigenden Schönheit. Monumente und Straßenkatzen blieben den Touristen überlassen. Deutsche, Franzosen, Amerikaner schlichen in der Mittagssonne mit knallrotem Gesicht und glühenden Sohlen über den schmelzenden Asphalt der Via dei Fori Imperiali. An den dort geparkten Getränkewagen kauften sie Plastikflaschen mit lauwarmem Mineralwasser zu horrenden Preisen.

Heute ist Rom im August heiß und ...

Am Sommer liebt der Moskauer, dass viele seiner natürlichen Feinde aus den Autostaus und den Schlangen in der Metro die Stadt verlassen. Wer eine Datscha im Umland besitzt, und sei es Hunderte von Kilometern entfernt, den hält im Sommer kaum mehr was in der 12-Millionen-Metropole. Auf der eigenen Scholle zeigt sich, dass viele Hauptstadtbewohner im Herzen geblieben sind, als was die Petersburger Intelligenzija sie gerne verspottet: Dörfler. Doch wo vor 15 Jahren noch Kartoffeln und Gurken wuchsen, stehen immer öfter Ziersträucher und Blumenrabatten. Die Plantage hat sich in einen Erholungsgarten verwandelt.

Wer keine Datscha besitzt, nimmt am Wochenende oder an ...

Nie ist es schöner in Paris als im August", schwärmt Morgane. Sie hat einen Friseursalon, und der bleibt in den großen Ferien geöffnet. Er liegt in einer engen Straße, normalerweise lärmen Autos vorbei, nur eben nicht im August, wenn die meisten Pariser woanders sind. Dann bleiben Morganes Stammkunden aus, aber dafür kommen Touristen. "Außerdem ist es angenehm, mal nicht gar so hektisch zu arbeiten", sagt sie. Sie gönnt sich diesen Luxus.

Die sonst so anstrengend laute, eilige und enge Metropole liegt im August entspannt wie ein geöffnetes Collier, die Sonne spiegelt sich in den goldenen Rocaillen der Pont Alexandre III. V ...

Eine noch junge, noch schöne Frau, verheiratet mit einem bedeutenden Anwalt, Mutter zweier Kinder, beginnt aus purem Überdruss am eigenen Glück eine Affäre mit einem jungen Pianisten. Ihr Ehemann bekommt von der Affäre Wind. Er stellt seine Frau aber nicht zur Rede, er wirft sie auch nicht aus dem Haus, er fleht sie nicht an, ihm treu zu sein. Nein, da er Jurist ist und seine größte Freude darin besteht, fremden Menschen dabei zuzusehen, wie sie unter ihrer Schuld zusammenbrechen und den Zustand der "Geständigkeit" erreichen, und da seine eigene Frau ihm im Lauf der Ereignisse auch recht fremd geworden ...

Vor vier Jahren drehte der koreanische Regisseur Bong Joon-ho The Host, den erfolgreichsten koreanischen Film aller Zeiten. 13 Millionen Zuschauer sahen den grandiosen Monsterfilm, der sich als Parabel auf das Verhältnis zwischen den beiden Koreas und den USA interpretieren ließ und auch im Ausland erfolgreich war. In The Host kotzte das Monster die halb verdauten Leichen der koreanischen Diktaturgeschichte aus, in Bong Joon-Hos neuem Film, dem Psychothriller Mother, begegnet man eher beiläufig den pervertierten, autoritären, hemmungslos egoistischen Seiten der koreanischen Gesellschaft.

Yoon Hye-ja (Kim Hye-ja) arbeitet als Naturheilerin in einer koreanischen Kleinstadt. Aufopferungsvoll kümmert sich die alleinstehende Mutter um ihren ...

Ein großer Reiz der Festspielstadt Salzburg geht von den umliegenden Bergen aus. Wer sich vom abendlichen Premierenprotz-Gewusel zwischen gewienerten Sponsorenlimousinen, Champagnertränken und videofilmenden Touristen erdrückt fühlt, der wendet den Blick einfach nach oben, ins Offene, über die barocken Kirchenkuppeln hinweg auf die stillen Wiesenmatten des Untersberg. Bei klarem Wetter, von einem guten Aussichtspunkt aus betrachtet, wirken auch die nackten Felsen des Hochgebirges in der Ferne wie ein Versprechen. Die Berge markieren den Anspruch, dass Salzburg mit seinem prall inszenierten Welttheaterpathos über die Baumgrenze hinaus ins Kunsthohe auszugreifen vermag. Der aktuelle Festspielleiter Jürgen Flimm hat sich in den ersten beiden Jahren ...

Wie wäre über die Bilder Felix Nussbaums zu sprechen, ohne zumindest ein Stück der Biografie dieses Künstlers zu erzählen?Wie wäre über die Osnabrücker Nussbaum-Sammlung zu reden und dabei über die von Daniel Libeskind entworfene Architektur des Museums zu schweigen?Wer das Gebäude betritt, wird gleichsam eingesogen in eine klaustrophobische Atmosphäre: Enge Gänge und schmale Fenster, abschüssige Wege und scheinbar ausweglose Räume erzählen von Verfolgung, Ausgrenzung und Angst, aber auch von verzweifelter Hoffnung, von Lebenswillen und Auflehnung. 1904 in ein wohlhabendes jüdisches Osnabrücker Elternhaus hineingeboren, beginnt Nussbaum schon früh zu zeichnen und zu malen. Ein dandyhaftes Selbstporträt unter grünem Samthut ...

Von ihr gibt es so viele Bilder wie von kaum einer anderen Frau im 20. Jahrhundert, aber bei diesem einen kommt man in Formulierungsnot. 1929 lernte Max Beckmann in Paris Mathilde Kaulbach, Kosename: Quappi, kennen. Im selben Jahr malte er sie, wie sie, tja: sagen wir mal - am Boden kriecht. Und viel an hat sie auch nicht. Für den Kunstmarkt war das Auftauchen dieses Gemäldes auf der Art Basel eine kleine Sensation. Vierzig Jahre befand es sich im Besitz der Dargestellten, dann verkaufte sie es an eine gute Bekannte, die es wiederum ungefähr vierzig Jahre für sich behielt. Nun ...

Rolf Hochhuth stand vor der Tür, unterm Baugerüst des Berliner Theaters am Schiffbauerdamm. Er schien lichten Gemüts. Freundlich gab er die Hand; die Pressekonferenz beginne gleich. Ich war bis dato kein Theaterkritiker. Die künftigen Kollegen warteten im Foyer, schwungvoll palavernd: ein Kollektiv. Ich reihte mich in den Kreis. Unverzüglich Stille; man starrte den Zudringling an. Ich nannte mein ehrfurchtgebietendes Blatt. Die Kollegen wurden charmant und stellten sich vor. Es waren die Schauspieler.

Die Presse sammelte sich oben. Hochhuth kam aufs Podium, nebst einigen Akteuren. Gleich legte er los: Hohes Lob für Frau Merkel und Herrn Sarkozy!Sie hätten die Beteiligung ...

Ein grober Schnitzer passierte der Traditionsfirma EMI in den Wirren des Krisenwinters 2010. Kaum nämlich war die Nachricht an die Öffentlichkeit gedrungen, die Konzernspitze plane den Verkauf der Abbey Road Studios an ein Immobilienunternehmen, da hatte sie auch schon die halbe Welt gegen sich. Paul McCartney protestierte schärfstens, Andrew Lloyd Webber schloss sich an, gemeinsam mit anderen Granden der Popkultur schnürten sie ein Rettungspaket von 30 Millionen Pfund. Die Basis allerdings beruhigte sich erst wieder, als der britische Denkmalschutz einschritt. Inzwischen ist sichergestellt, dass "der Charakter des Gebäudes mit Respekt behandelt wird", und das Ritual kann weitergehen.

Es ereignet sich ...

Übel ist ihm wohl auch geworden, doch das mulmige Gefühl im Bauch angesichts des schwankenden, verschwimmenden Horizonts auf hoher See entstammte bei Marcel Duchamp seinem Gleichgewichts- ebenso wie seinem Kunstsinn. Auf der Überfahrt von New York nach Buenos Aires im Jahr 1918 befällt den Erfinder des Readymade, der mit einem handsignierten Pisspott Kunstgeschichte schrieb, eine, wie Hans Belting es nennt, veritable Sehkrankheit. Was, fragte sich Duchamp auf dem Atlantik, wenn alles, was wir sehen, gar nicht so ist, wie es uns erscheint, sondern nur ein Konstrukt unserer Sehgewohnheit?

Schon bevor es Duchamp den Boden unter den Füßen wegzog, hatte der ...

Es ist diese Lust, sich in ein Leben hineinzuvertiefen wie in einen See, das Dieter Richters Buch über den Maler Johann Christian Reinhart (1761 bis 1847) zu einer so erfrischenden Lektüre macht. Es ist vor allem eine Freude, weil man darin vordergründig über den Maler Reinhart, einen der großen deutschen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts, gar nichts erfährt. Denn es faltet allein sein Leben aus, sein Aufwachsen in Hof, seine Liebschaften, seine Leidenschaften, sein Wesen, seine 57 Jahre in Rom. Doch genau mit seinem genauen, konzentrierten, neugierigen Blick auf die biografischen Details gelingt dem Literaturwissenschaftler Richter ein entscheidender Denkanstoß für die ...

Die Frau ist als eine der unverheirateten und kinderlosen Studienrätinnen an einem Mädchengymnasium, mit hochgeschlossener Bluse, Brille und Mittelscheitel-Dutt, der Aufmerksamkeit glatt entgangen. Als Elisabeth Schmitz 1977 starb, standen an ihrem Grab nur sieben Menschen. Erst im Jahr 2004 wurde in einem Keller eine Aktentasche mit Dokumenten gefunden, die belegen, was Frau Schmitz für nicht der Rede wert hielt: ihren Widerstand gegen die Nazis, ihre kirchenkritische Parteinahme für die jüdischen Verfolgten. Der Historiker Manfred Gailus hat das Leben dieser Frau nun erforscht, und er erzählt die Biografie der Protestantin, die in Berlin bei dem liberalen Theologen Harnack und dem Historiker ...

Die Geschichte der Moderne wird in einem kleinen Verlag aufgeklärt, der in der kleinen Stadt Göttingen seinen Sitz hat, die einst mit ihrer Universität selbst Aufklärungsgeschichte schrieb: Was zwischen dem 18. und dem 20. Jahrhundert, zwischen dem Zeitalter der Aufklärung und ihrer Zurücknahme durch den Nationalsozialismus geschehen ist, durchleuchtet seit 1986 der Wallstein Verlag in jährlich einhundertdreißig Büchern, und zwar auf gleichbleibend hohem Niveau. Statt die Granden des Universitätsbetriebs zu hofieren, pflegt Verleger Thedel von Wallmoden eher den Nachwuchs, setzt auf Experten jenseits der Alma Mater und bringt ihre Arbeitsgebiete zur Geltung, zumal die Wissenschaftsgeschichte, die fragt, wie Wissen zustande ...

Tamim Ansary: Die unbekannte Mitte der Welt Globalgeschichte aus islamischer Sicht; Campus Verlag, Frankfurt a. M. 2010; 367 S., 24,90 Euro.

Wie man es sieht: Europa, das war einmal ein Kontinent von "Urwäldern, in denen Menschen lebten, die so primitiv waren, dass sie sogar Schweinefleisch aßen". Die Europäer, das waren Bauern, "die sich von früh bis spät abrackerten, um nicht zu verhungern und eine kleine Oberschicht des Kriegeradels und des Klerus zu ernähren".

Das sollen wir sein?Wir, die Europäer, die Erfinder von gotischen Kathedralen und Aufklärung zugleich, die Helden der Säkularisierung und Industrialisierung? "Ja, das seid ihr", r ...

Es ist ein neues Gefühl, das der Erzähler in Straßburg verspürt: "Du greifst in die Tasche, und du hast Geld."Das gibt Sicherheit; man kann das Hotelzimmer und das Essen in der Kneipe "Petit Montmartre" bezahlen und hat noch etwas übrig für den Bettler. Diese Entwicklung hat wiederum etwas mit einer Veränderung im Leben des Peter Kurzeck zu tun: "Mittlerweile glaubt dir die Welt auch, dass du Schriftsteller bist"; jahrelang sei er der Einzige mit diesem Glauben gewesen. Peter Kurzeck hat es geschafft, so könnte man also meinen, wenn man ihm auf seiner CD Da fährt mein Zug zuhört - ...

In Bogotá läutet das Telefon. Ein Vater bittet seinen Sohn ohne Angabe von Gründen, ihn zu besuchen, nicht morgen oder übermorgen, sondern sofort. Vor dem Fenster entlädt sich gerade eines jener wuchtigen Unwetter, die Bogotás Straßen in reißende Flüsse verwandeln. Ein bekanntes böses Omen im Land des Magischen Realismus.

Juan Gabriel Vásquez, ein 37-jähriger Kolumbianer, der nach einem Studium in Paris und der Tätigkeit als Übersetzer beschloss, in Barcelona zu leben, hat einen umfangreichen Roman geschrieben, um sein Personal zur Wahrheit zu zwingen. Kein Begriff wird von ihm häufiger verwendet als das Wort "Lüge". Es geht ums Verschweigen und Verdrängen ...

Alle könnten glücklich sein. Könnten aufatmen, weil der große Zusammenbruch des Kunstmarkts doch ausgeblieben ist. Weil es nur einen Dämpfer gab, mehr nicht, und die meisten Galerien längst wieder gut verkaufen, die Auktionshäuser neue Rekorde melden, auch die Museen weiter bestens besucht sind und das Ausstellungsprogramm üppig ist wie eh und je. Die Welt der Kunst, sie könnte frohlocken.

Doch von wegen. Manch einer beginnt schon, sich die heißen, ewig beschwipsten Jahre des Booms zurückzuwünschen. Denn so unheimlich die Dauerhysterie des Marktes auch war - was auf die Hysterie folgte, scheint noch unerträglicher: Es ist fade Normalität. Alles ist in ...

Vielleicht geschah es an dem Tag, als sein Vater ihn beim - nur halb spaßigen - Rangeln durch die gläserne Terrassentür stieß. Zitternd fuhr er den Sohn ins Krankenhaus, wo die blutende Hand genäht wurde. Oder war es, als sie eine ihrer ersten heißen Diskussionen hatten?Es ging darum, ob "schwul" ein anderes Wort für ängstlich ist - so hatte der Junge das verstanden. Der Vater redete von Männern und Liebe, das war peinlich. Irgendwie hatte auch der erste Samenerguss damit zu tun, der war spannend und peinlich zugleich, weil der Schlafanzug nass war. Mit niemandem konnte er über das ...

Jerry Cotton parkt direkt vor dem Haupteingang. Der rote Jaguar E-Type des legendären FBI-Agenten gehört zu Stefan Lübbes Kollektion schneller und seltener Automobile. Ein Mercedes SLS mit Flügeltüren und über 570 PS ist das jüngste Prachtstück im Fuhrpark des Verlegers. Daheim stehen noch ein Maserati, ein Ferrari Daytona und eine Corvette Sting Ray von Chevrolet.

Diese Autos sind eine Leidenschaft des 53-jährigen Chefs des Verlages Bastei Lübbe. Wenn er die Modelle aufzählt, freut er sich wie ein Kind. Protzen will er nicht. Er hat diese Autos eben. Weil er sie schön findet. So wie er diesen Verlag hat. Weil er ...

Sie geben sich gerne furchtbar schlau. Doch manchmal sind sie nur halb so gescheit, wie sie tun: Die piekfeinen Mitarbeiter in den Bankfilialen, die oberschlauen Aktienhändler an den Börsen, die Ratgeber im Fernsehen. All diese Leute nennen sich Finanzexperten, und sie beschäftigen sich laufend mit dem Reichwerden und mit der Wirtschaft. Aber von Zeit zu Zeit richten sie schrecklichen Unfug an - alle gemeinsam. Wieder und immer wieder unterläuft ihnen der gleiche schwere Fehler: Sie fallen auf eine "Spekulationsblase" herein.

Spekulationsblasen entstehen dann, wenn viele Leute sich gleichzeitig vornehmen, schnell ganz reich zu werden. Die Sache kommt ins Rollen, wenn ...

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Die Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon war nicht nur ein tragischer Unfall. Sie war auch die bisher schärfste Ermahnung, endlich die Grenzen des Wachstums zu beachten. Das Desaster im Golf von Mexiko kam zustande, weil der Produktionsrückgang in den alten Ölfeldern durch riskante Fördermethoden ausgeglichen werden soll. Peak Oil, der Höhepunkt der Förderung, ist da. Das Zeitalter der fossilen Energieträger geht zu Ende.

Die Schwachstelle aller Industriegesellschaften ist ihre Abhängigkeit von Öl und Co. Obwohl die Gefahren bekannt sind, steigt die Welt bislang nicht konsequent auf erneuerbare Energien um. Stattdessen werden Lagerstätten in unwirtlichen Regionen angezapft. Weil die Gefahren ...

Ist das chinesische Billiglohnmodell am Ende?Werden in China mächtige Gewerkschaften entstehen?Gerät die autoritäre Führung nun unter Druck? -Die aktuellen Streiks in China werfen viele Fragen auf. Doch eine nationale Arbeiterbewegung ist nicht in Sicht. Dabei häufen sich die Proteste zweifellos. Allein zwischen Ende Mai und Mitte Juni kam es zu 36 Streiks im Süden. Aber es ging stets nur um die Löhne und Bedingungen in der jeweiligen Fabrik. In keinem Fall forderten Arbeiter die Provinzregierung oder gar Peking heraus. Dass ganze Branchen den Dienst niederlegen oder in einer Stadt oder Provinz konzertiert protestiert wird, ist weiter verboten - ...

Es gibt in Deutschland die Banken, die sich mit Stresstests herumschlagen müssen, mit schlechten Noten für ihre Beratung und mit misstrauischen Kunden. Und es gibt die Ökobanken. Denen laufen die Sparer seit einiger Zeit nur so zu. "Wir kommen kaum hinterher", stöhnt mancher Vertreter dieser nachhaltig investierenden Institute, die sich an sozialen und ethischen Maßstäben orientieren. Sie sind so etwas wie die Bioläden der Finanzbranche.

Die GLS Bank, die größte der deutschen Ökobanken, hat bis Juli mehr neue Kunden gewonnen als im gesamten vergangenen Jahr - 2000 jeden Monat. Die Einlagensumme legte 2009 um gut 30 Prozent zu. Und das ...

Nur etwa neun Prozent aller Deutschen, das ergab jüngst wieder einmal eine Umfrage, wollen ihr Erspartes in Aktien oder Aktienfonds anlegen. Fast dreimal so viele setzen auf schlaff rentierliche Tagesgelder. Einerseits ist das verständlich: Wer zur Jahrtausendwende sein Erspartes nur in Unternehmensanteile investierte, hat heute im Durchschnitt rund ein Viertel weniger auf dem Konto. Andererseits ist die Aktienphobie auch dumm. Wer informiert ist und es nicht zu wild treibt, verzichtet auf Geld.

Kurz bevor im Frühjahr 2009 die Talfahrt an den weltweiten Börsen an ihrem tiefsten Punkt angelangt war, habe ich einige Aktien aus dem deutschen Dax gekauft. Zwei davon ...

DIE ZEIT: Professor Zimmermann, in der Krise haben Sie gefordert, auf Konjunkturprognosen zu verzichten. Jetzt sagen Sie wieder die Zukunft voraus. Haben Sie aus der Krise denn nichts gelernt?

Klaus Zimmermann: Das war im Dezember 2008, in der Mitte des freien Falls der Konjunktur. Ich habe damals gesagt, wir sollten besser zunächst einmal zuwarten, bevor wir wöchentlich neue Prognosen machen. Mir ging es vor allem darum, mit düsteren Prognosen die Bürger nicht noch mehr zu verunsichern. Die Wirtschaftsentwicklung vorherzusagen ist etwas anderes, als ein Erdbeben vorherzusagen. Ein Erdbeben kümmert sich nicht um Prognosen, es kommt, oder es kommt nicht. Bei ...

Immer im Sommer ruft der amerikanische Notenbankpräsident Ben Bernanke die Gouverneure der zwölf regionalen Währungsbehörden zu sich. Dann diskutieren sie im Hauptquartier der Federal Reserve (Fed) in Washington über die Aussichten für die Konjunktur. Beim jüngsten Treffen am 22. Juni waren die Nachrichten aus der Provinz alles andere als gut.

Mehrere Teilnehmer, so ist es im Sitzungsprotokoll festgehalten, hätten vor einer Deflation gewarnt, also vor fallenden Preisen. Man sei einer Dauerkrise wie in Japan "näher als jemals zuvor in der jüngsten Geschichte", äußerte sich James Bullard, der Abgesandte aus St. Louis.

Seine Warnungen fallen auf fruchtbaren Boden. Erste Profianleger sichern ...

Wo bleiben die Jobs?Mit der Frage plagen sich in diesem Sommer 14,6 Millionen arbeitslose Amerikaner genauso wie ihr Präsident im Weißen Haus. Wie soll die Arbeitsmarktmisere am besten bekämpft werden?Die Debatte darüber nimmt für amerikanische Verhältnisse inzwischen schrille Töne an. Topmanager und Unternehmer gehen sogar so weit, von Washington eine Industriepolitik im Stil der Europäer und Asiaten zu verlangen. Bisher galt eine solche Einmischung des Staates als schädlich. Doch die Tabus fallen.

Die jüngsten Unternehmensbilanzen amerikanischer Unternehmen haben die Stimmung angeheizt. Die Gewinne beginnen wieder zu sprudeln. Im zweiten Quartal, so erwarten die Analysten an der Wall ...

Das Sommerloch heißt zu Unrecht so, es ist kein Loch, sondern eher ein Quell ständigen Entzückens, aus dem Tiere und Geschichten sprudeln, die sonst im reißenden Strom wirklicher Nachrichten untergegangen wären. So wie das Paar aus Hessen, das mit seinen gezähmten Enten von Kassel aus in die Nordsee schwimmen will. Ihr "Lebenstraum" sei das, sagen die zwei. Für die Enten gilt das weniger: Mangels Ausdauer werden sie den größten Teil der Strecke per Boot zurücklegen.

In der Schweiz tobt gerade ein Raubtier durch die Berge, es handelt sich um einen eingewanderten, noch namenlosen Wolf, er hat bereits einige Kühe gerissen ...

Silvija Seres hat ihr Leben zwischen zwei Kännchen Schwarztee ausgebreitet: zwei eng beschriebene Seiten Papier mit Titeln, Positionen, Referenzen, einem kleinen Passfoto. Ihr Leben als Managerin sieht man Seres, dunkelgrünes Wollkleid, flache Schuhe, ungeschminkt, nicht an. Sie wirkt in diesem breiten Polstersessel im Salon eines Hotels in Oslo -ganz normal. Dabei hat sie in 40 Jahren erreicht, was andere in mehreren Leben nicht schaffen würden: mit 18 aus Serbien nach Norwegen eingewandert, Informatik in Oslo studiert, später Betriebswirtschaft in Frankreich und Singapur, promoviert über Programmalgorithmen in Oxford, geforscht in Peking, Dschidda und Palo Alto. Sie spricht sieben Sprachen, von Oslo ...

Was ziehe ich an?Nur nicht zu extravagant. Man kommt kostümiert, und ich gehe als - Fischerin. Einfach eine Art Netz übers lange Mousselinekleid geworfen, das Gesicht verdeckt eine meerblaue Larve. Das muss reichen.

Stockfinster ist es, doch punktpräzis landet die Zeitmaschine am 19. Februar 1822 in Weimar, ein wenig abseits vom Großherzoglichen Schloss ... Kaleschen und Pferdegeschnaub, Menschentrauben. Nur schnell hineingestohlen, durchs Gentzsche Treppenhaus im Fackelschein, hinauf in den Festsaal.

Die Cour hat begonnen. Schon drehen sich die Paare, zu viert sortiert, in der Quadrille, neueste Mode, alles ist ganz närrisch vor Vergnügen, Seidentaft und Chiffon fegen das ...

Neunzehn Sprengbomben, 116 Stabbrandbomben 29 Phosphorbrandbomben, 83 Granaten und Geschosse, eine Tellermine, zwei Panzerfäuste, 58 Kilogramm loser Sprengstoff, 23 Handgranaten, zusammen eine Bruttomasse an "Kampfmitteln" von 8,619 Tonnen, das ist die Ausbeute des Kampfmittelräumdienstes - für ein Jahr (2009) in einer einzigen Stadt (Hamburg).

Täglich rücken in Deutschland Räumdienste aus, um Weltkriegsmunition zu bergen. Täglich wird irgendwo eine Straße gesperrt oder ein Wohnviertel evakuiert. Die Meldungen schaffen es meist nur in die Lokalpresse. Wer sie in der Zusammenschau betrachtet, könnte glauben, die unmittelbare Nachkriegszeit sei nie zu Ende gegangen.

Vor 70 Jahren, im Sommer 1940, begann der alliierte Luftkrieg ...

Bei Kilometer 2,5 zeigt der Berg Schwäche. Plötzlich steigt die Straße nicht mehr an. Auf den nächsten 500 Metern fällt sie sogar um ein Prozent ab. Man muss jetzt nicht mehr treten. Man kann die Beine hochnehmen, durchatmen, sich ein bisschen erholen.

Für ernsthafte Radsportler ist solch ein Anstieg natürlich Pillepalle. So etwas nennen sie einen Rollerberg. Dabei heißt der Hausberg von Friedrichshafen in Wirklichkeit Höchsten - und das zu Recht: Mit seinen 837 Metern stellt er die höchste Erhebung zwischen dem Bodensee und der Donau dar. Für die Trophäensammlung taugt er allerdings nicht. Mit dem Tourmalet oder dem ...

Als Turnvater Friedrich Ludwig Jahn vor 199 Jahren auf die Berliner Hasenheide rief, genügten den Willigen eine Turnhose und ein ärmelloses Hemd, um mitten in der Stadt "frisch, fromm, fröhlich und frei" in Form zu kommen. Fitness ohne Ausrüstung?Geht heute kaum noch. Spazierengehen heißt Nordic Walking und kostet zunächst mal 89,95 Euro für das Paar Stöcker "Walker Platinum".

Eine noch recht junge Sportart ist das Slacklining. Auch dessen Anhänger zieht es in die urbanen Parks. Der Slacker sucht sich zwei Bäume aus und spannt dazwischen einen Gurt. Das 25 bis 50 Millimeter breite Spezialband taugt als Basis zu ...

Am Montagmorgen verkauft der Austernfischer Ronnie Gilbert seine Seele, verhökert sie für die Gnade einer ruhigen Nacht. "Ain′t no sleeping no more these days", jammert er im breiten Südstaatendialekt. "Ich finde keinen Schlaf in diesen Tagen."

Diese Tage, das sind die Tage des Wartens an der Golfküste von Florida, USA. Die Tage der Angst vor dem Öl, der Angst um die Jobs.

Die Schlange der Wartenden vor Ronnie Gilbert ist lang, und von dort, wo er steht, sieht es aus, als sei die Liste auf dem Tisch bald voll. Sollte Gilbert es auf die Liste schaffen, bekäme er Geld, u ...

George Soros stellt der Bundesrepublik in seinem Gastbeitrag Deutschland schadet Europa (ZEIT Nr. 31/10) als modernen Prokrustes dar, der anderen Euroländern eine prozyklische Politik aufzwingt, die direkt in eine Deflationsspirale führt. Diese Darstellung ist aus vielerlei Gründen ungerechtfertigt und unfair.

Zunächst einmal ist es absurd anzunehmen, Deutschland könne die europäische Geldpolitik im Alleingang bestimmen. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach EU-Recht unabhängig von politischen Eingriffen und kann infolgedessen nur allein darüber entscheiden, beispielsweise spanische Staatsanleihen zu kaufen.

Zweitens hat sich Deutschland in der griechischen Refinanzierungstragödie, anders als Soros behauptet, eher als Bacchus denn als Prokrustes erwiesen, indem es den größten ...