Inhaltsverzeichnis vom 11.03.2010

Frau Lengsfeld, Ihr ehemaliger Mann Knud Wollenberger war IM bei der Stasi und hat Sie ausspioniert. Wie haben Sie davon erfahren?

Das war Anfang Dezember 1991. Ich war zu Hause in Thüringen. Eines Abends rief mich ein befreundeter Journalist an und sagte: "Vera, morgen steht in meiner Zeitung, dass Knud ein inoffizieller Mitarbeiter war. Wann legst du dein Bundestagsmandat nieder?"Darauf antwortete ich nur: "Was hat das mit meinem Mandat zu tun?Ich komme nach Berlin. Ich will Beweise sehen."Dann befragte ich meinen Mann, und er schwor mir bei unseren zwei Kindern, dass er kein IM gewesen sei.

Doch ...

Dieser Wagen ist gemacht für Geschäftsreisen, und so benutzte ich ihn auch: nachmittags Stadtverkehr, Autobahn und kurvige Küstenstraße, am nächsten Morgen Landstraße und enge Ortsdurchfahrten. Die ausgetüftelte Route an Portugals Küste, wo man sonst eigentlich eher Urlaub macht, passt zum Fahrzeug: Der neue 5er BMW wird als "Business Limousine" offeriert. Solche Autos fahren gemeinhin Erfolgsmenschen mit eng getakteten Zeitplänen. Wenn sie trotzdem mal zu spät kommen, liegt es bestimmt nicht am Auto. Als Besitzer eines braven Familienkombis muss man zugeben, der 5er sitzt wie ein perfekt geschnittener Anzug - elegante Linien außen, feine Materialien innen. Aber das gehört sich in ...

Es wird ein fantastischer Sommer. Schon weil die Unbilden des Winters die Stimmung arg haben sinken lassen, sind die Erwartungen an das, was in diesem Jahr noch kommen mag, übermäßig. Wir werden den ganzen Juni draußen verbringen!Und wir können uns dabei zeitgemäß fühlen, denn Camping ist wieder da. Sogar in der Mode. In der Sommerkollektion von Desquared traten die Models mit "I love Camping"-Shirts auf. Und bei jungen Städtern ist gerade Mode, was eigentlich für den Gebrauch in der Wildnis entworfen wurde. Das Outdoor-Equipment der schwedischen Firma Fjällräven etwa wird in Topdesign-Geschäften wie Opening Ceremony und dem Très Bien ...

Von

Christoph Amend

Der Tod hat im Leben von Patti Smith, 63, eine so große Rolle gespielt, dass sie im Laufe unseres Gesprächs immer wieder auf ihn zu sprechen kommt. "Es sind einfach zu viele Menschen, die ich geliebt habe, zu früh gestorben", sagt sie. "Ich bin ein gläubiger Mensch, aber ich komme kaum noch dazu, zu Gott zu beten. Abends liege ich oft wach und führe meine Gespräche mit all den Toten, die ich vermisse. Es klingt vielleicht wie ein Witz, aber ich meine das ernst: Ich habe für Gott einfach weniger Zeit als früher, weil ich sie für meine Toten ...

Als das Fechten und das Schießen der besseren Stände immer weniger Anhänger fanden, klagten die Duellbefürworter sehr hellsichtig, nun zeige der Kapitalismus sein hässliches Gesicht. Er fege alle Tradition hinweg. Schließlich vermochte, wer sein Leben aufs Spiel setzte, mit etwas Pech nicht mehr frisch rasiert sein Tagwerk zu verrichten. Heute ist uns der Begriff der Ehre, die beim Duell wiederhergestellt werden soll, etwas fremd geworden. Dass sich die Herren von Welt noch vor hundert Jahren ihres gesellschaftlichen Ansehens mit Waffengewalt versicherten - ein Verfahren, das außerhalb staatlicher Gesetze und ökonomischer Notwendigkeiten stand -, scheint bestenfalls kurios. Heute sagen wir vielleicht ...

Barack Obama ist ein international gefeierter Star. Zu Hause freilich kriegt der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten kaum noch etwas hin. Millionen Amerikaner, die ihn vor einem Jahr hoffnungsfroh wählten, haben sich von ihm abgewendet. Seine Zustimmungsrate ist eine der tiefsten, die je ein amerikanischer Präsident nach dem ersten Amtsjahr hatte. Seine mit Pathos angekündigte Gesundheitsreform ist hoffnungslos blockiert.

Im Ausland Galionsfigur, im Inland Schießbudenfigur. Wie ein roter Faden zieht sich das Paradox durch die großen Demokratien. Obama, Sarkozy, Merkel, Brown - rund um den Globus kennt und schätzt man sie als verlässliche Repräsentanten ihrer einflussreichen und marktmächtigen Länder. Z ...

Das Schweizer Regierungsmodell hat zunächst erhebliche innenpolitische Vorteile. Der jährliche Wechsel des Präsidiums sorgt dafür, dass sämtliche großen Parteien, die verschiedenen Landesteile und damit die verschiedenen Kulturen und Sprachen periodisch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin stellen können. Dieses System fördert die Identifikation mit dem Staat und seinen Institutionen, es stärkt die Solidarität und den Zusammenhalt zwischen den Landesteilen, es trägt zur innenpolitischen Stabilität bei.

Allerdings ist damit ein außenpolitischer Nachteil verbunden: Der jährliche Wechsel des Präsidialamtes erschwert die Kontinuität der Beziehungen mit anderen Staatschefs. Dieses Manko wird aber etwas aufgehoben durch die Konstanz unseres Konkordanzmodells, also durch den Umstand, dass ...

Und wieder ist es passiert. Wieder hat das Volk die Elite brüskiert. Trotz einer massiven Kampagne konnten Wirtschaft und Bundesrat die Menschen nicht überzeugen, einem minimalen Abbau der Rente zuzustimmen. Nach der Anti-Minarett-Initiative ist es nun schon das zweite Mal, dass den Menschen, die die Geschicke des Landes bestimmen sollten, die Gefolgschaft verweigert wird. Es fehlt offenbar an glaubwürdigen Autoritäten.

Gleichzeitig konnte man am vergangenen Wochenende beobachten, wie die Linken in der Stadt Zürich weiter an Gewicht gewinnen und die Bürgerlichen an Einfluss verlieren. Währenddessen stärken die Bürger in der Innerschweiz der SVP den ohnehin sehr breiten Rücken. All dies ...

Dass ich singe und musiziere, hat sich so ergeben. Ich wollte Musikwissenschaft studieren und mich auf Musikethnologie spezialisieren. Mein Studium, das ich in Sarajevo begonnen hatte, wurde vom Krieg unterbrochen. 1993 floh ich aus der belagerten Stadt, um meine todkranke Mutter in ein slowenisches Krankenhaus zu bringen. Weil mein Aufenthalt auf zwei Wochen begrenzt war, musste ich sie in Ljubljana zurücklassen und nach Deutschland zu einem Cousin weiterreisen. In einem Hotel fand ich einen Job. Meine Mutter war inzwischen gestorben, ich wollte mich ablenken und arbeitete sieben Tage die Woche. Als ich während einer Veranstaltung in dem Hotel zufällig ein ...

Frankreich, 2002: Jacques Chirac wird mit übergroßer Mehrheit zum zweiten Mal zum Präsidenten der Republik gewählt. Doch nicht der deutliche Wahlsieg sorgte damals für weltweites Interesse, sondern der Name des Verlierers: Jean-Marie Le Pen. Der Gründer des rechtsextremen Front National hatte überraschend den sozialdemokratischen Kandidaten bezwungen und dadurch den Einzug in die Stichwahl geschafft. Plötzlich war Frankreich mit seiner stolzen republikanischen Tradition die Heimat eines erfolgreichen Rechtsextremisten.

Österreich, 2010: Heinz Fischer wird wiedergewählt. Doch den Wahlkampf wird Barbara Rosenkranz dominieren. Ebenso wie der ehemalige Fremdenlegionär Le Pen ist sie eine unverbesserliche Protagonistin des rechten Randes und demonstrativ verstrickt in Aussagen, d ...

In der ZEIT vom 21. Januar 2010 berichten Sie unter der Überschrift Die Spur des Geldes über die geschäftlichen Aktivitäten der Kärntner Bank Hypo Group Alpe Adria. In diesem Zusammenhang verbreiten Sie unrichtige Behauptungen über meine Person. Sie schreiben:

"Besonders eine Geschäftsbeziehung musste den Hypo-Kapitänen Sorgen bereiten. Sie hatten es dem zwischenzeitlich in Wien ansässigen kroatischen Waffenschieber Vladimir Zagorec mit Krediten ermöglicht, ein umfangreiches Immobilienimperium (...) zusammenzutragen. (...)In einem Rechtshilfeansuchen der Staatsanwaltschaft Zagreb wurden Günter Striedinger und der ehemalige Hypo-Steuerberater Hermann Gabriel als Helfeshelfer des geschäftstüchtigen Waffenlieferanten genannt. Es bestehe bei dem Finanzkarussell des Trios der ...

Jaja, der 8. März: An diesem Tag streikten die Frauen von St. Petersburg, gingen auf die Barrikaden und lösten dadurch eine Revolution aus. Dann kam Lenin. Das war 1917. Der Weltfrauentag war geboren. Die Folgen sind bekannt. Allerdings kann Österreich, ganz entgegen dem Trend, in der Frauenpolitik einen schönen Erfolg verbuchen. Hier verdienen Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen am Arbeitsmarkt bei gleicher Tätigkeit nach wie vor um 25,5 Prozent weniger. Das bedeutet europaweit den glorreichen zweiten Platz, nur Estland ist in diesem Punkt noch etwas männerfreundlicher. Bei den unbezahlten Jobs, etwa beim Bügeln oder Staubsaugen, liegen hingegen ...

In den späten Abendstunden des 12. März 1920 alarmiert eine Nachricht die Reichshauptstadt: Die Marinebrigade Ehrhardt marschiert auf Berlin zu. Ihr Ziel: Sturz der amtierenden Koalitionsregierung unter dem sozialdemokratischen Reichskanzler Gustav Bauer und Beseitigung der erst wenige Monate alten deutschen Republik. Eine Stunde nach Mitternacht versammelt Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) die führenden Militärs in der Bendlerstraße. Seiner Forderung, dass man Gewalt nur mit Gewalt beantworten könne, schließt sich allein der Chef der Heeresleitung, General Walther Reinhardt, an. Alle anderen hohen Offiziere lehnen einen Kampf gegen die Putschisten ab. "Truppe schießt nicht auf Truppe", erklärt der Chef des Truppenamts, General Hans ...

Wenn es nach Thomas Sattelberger geht, ist der Niedergang des MBA bereits eingeläutet. Es sei höchste Zeit, über die fundamentale Reform der Management-Ausbildung nachzudenken, fordert der Personalvorstand der Deutschen Telekom. "Um Probleme in Unternehmen nachhaltig zu lösen, ist nicht nur Ökonomie wichtig, sondern auch Geschichte, Soziologie, Psychologie, Philosophie. Und die Reflexion der eigenen Person", sagt der streitbare Personalexperte. Business Schools hätten einen ganzheitlichen Bildungsauftrag.

Seit dem Beginn der Finanzkrise steht die MBA-Ausbildung am Pranger. Für MBA-Kritiker Sattelberger ist die fehlgeleitete Ausbildung sogar "ein ganz wichtiger geistiger Katalysator" der Krise. Schließlich haben etliche der verantwortlichen Finanzmanager einen MBA-Abschluss. Doch schaut an ...

Wer sich dieser Tage bei den Pressestellen großer deutscher Universitäten nach dem geplanten nationalen Stipendienprogramm erkundigt, bekommt zwei Arten von Antworten. Die eine ist der Typ verschämtes Räuspern: "Damit haben wir uns noch nicht beschäftigt."Die andere Antwort ist ein Eingeständnis: "Uns wird angst und bange, wenn wir an den Aufwand denken, der da auf uns zukommt."In jedem Fall schließt sich die Bitte an, die Hochschule nicht namentlich zu nennen.

Angst und bange werden sollte angesichts solcher Reaktionen auch den Verfechtern der Idee, den Anteil der Stipendiaten an Deutschlands Hochschulen von bislang zwei auf acht Prozent eines Jahrgangs zu ...

Die ZEIt: Was ist neu am EU-Auswahlverfahren?

Nikola Gillhoff: Künftig gibt es feste Termine. Im März für die allgemeine Verwaltung, im Juli für Dolmetscher und Übersetzer und im Dezember für Assistenten.

Zeit: Ändern sich auch die Prüfungen?

Gillhoff: Ja, das Verfahren soll stärker Kompetenzen abfragen: Im ersten Schritt wird in Multiple-Choice-Tests logisches Denken abgefragt. Die eigentliche Auswahl besteht aus einem Assessment-Center in Brüssel. Wer es erfolgreich durchläuft, kommt auf eine Liste. Die Institutionen der EU greifen darauf zurück, wenn eine Stelle frei ist.

Zeit: Warum wird das Verfahren verändert?

Gillhoff: Bislang sagten die Institutionen: Wir brauchen Juristen oder englischsprachige Sekretäre. D ...

Frankreich-Stipendien.

Schüler in Frankreich für die deutsche Sprache begeistern und dabei Frankreich erfahren: Die Robert Bosch Stiftung vergibt wieder zehn Stipendien an Hochschulabsolventen, die an französischen Schulen für Deutsch als Fremdsprache werben. Elf Monate lang werden sie an Kulturinstituten in Frankreich eingesetzt, um Schulen in der jeweiligen Region zu besuchen. Die Lektoren sind vom 1. September 2010 bis 31. Juli 2011 unterwegs. Bewerbungsschluss ist der 17. März. www.bosch-stiftung.de/deutschmobil

Rallye durch den "fernen" Osten.

Schülerzeitungsredakteure und Nachwuchsjournalisten können sich bis zum 31. März 2010 für die "Rallye Fernost" bewerben. Teilnahmeberechtigt sind angehende (Fach-)Abiturienten im Alter von 16 bis 21 Jahren, d ...

DIE ZEIT: Herr Lechner, als Phorms vor fünf Jahren antrat, um die deutsche Schullandschaft aufzumischen, galt die Aktiengesellschaft als Gipfelstürmer unter den Privatschulen. An Phorms sollte niemand mehr vorbeikommen, hieß es damals. Jetzt verkünden Sie die Schließung zweier Schulen. Woran sind Sie gescheitert?

Klaus Lechner: Wir haben die föderalen Besonderheiten und deren unterschiedliche Auslegungen an den Standorten Hannover und Köln unterschätzt. In Niedersachsen bekommen wir beispielsweise nur 175 Euro pro Schüler und Monat vom Staat. So können wir unser anspruchsvolles pädagogisches Konzept nicht umsetzen.

ZEIT: Konnten Sie das nicht vorher wissen, in welch geringem Umfang Niedersachsen Privatschulen unterstützt?

Lechner: Vieles ...

Alle Berechnungen kommen zum selben Ergebnis: Wir brauchen mehr Hochschulabsolventen pro Geburtsjahrgang. Das gilt selbst dann, wenn wir die Zahl der Akademiker in Deutschland nur stabil halten wollen - die im internationalen Vergleich ohnehin schon niedrig ist. Grund ist der sich abzeichnende drastische Bevölkerungsrückgang. Wollen wir zukunftsfähig bleiben, brauchen wir sogar mehr als nur stabile Zahlen, nämlich einen deutlichen Zuwachs bei der Gruppe der Hochschulabsolventen. Denn neue Jobs in Deutschland entstehen überwiegend bei den wissensbasierten Dienstleistungen, und für diese Tätigkeiten ist eine sehr gute und breit fundierte Qualifikation die Voraussetzung.

Deutschland hatte der OECD-Veröffentlichung Bildung auf einen Blick zufolge 2007 ...

Deutschland braucht qualifizierte Fachkräfte - und die werden eben häufig nicht an Hochschulen ausgebildet. Hierzulande können Jugendliche eine Lehre machen und anschließend einen Meister, dann gehören sie im internationalen Vergleich zu den Besten. Doch statt etwa eine Lehre als Industriekauffrau oder Mediengestalter zu absolvieren, entscheiden sich Jugendliche heute für ein Bachelorstudium in Betriebswirtschaft oder Medieninformatik. Dass sie danach für den Arbeitsmarkt schlechter qualifiziert sind als Lehrlinge nach der Berufsausbildung, wurde vielfach nachgewiesen.

Das dreijährige Bachelorstudium "berufsqualifizierend" zu nennen ist grotesk. Es stammt aus Ländern wie den USA und Großbritannien, die über kein entwickeltes Berufsbildungssystem verfügen. Die Nachteile, die sich für ...

Die Vollzugsmeldungen häufen sich. Hochschulen überall im Land verkünden, dass sie Konsequenzen aus den Studentenprotesten gegen Bologna gezogen hätten. Interessant ist, dass sich all die Pressemeldungen bis in den Wortlaut hinein gleichen: Nachdem jahrelang der Sechs-Semester-Schnellbachelor an den Universitäten als das Nonplusultra galt, wird nun überall eine Verlängerung auf sieben, möglicherweise acht Semester vorbereitet. Und was die viel kritisierte Anwesenheitspflicht der Studenten angeht, haben die nordrhein-westfälischen Universitäten in einem Gemeinschaftsakt die Kontrolle in Vorlesungen abgeschafft. Die Einsicht in die Notwendigkeit der Nachbesserung kam verspätet, aber umso heftiger.

Man kann die plötzliche Eilfertigkeit der Hochschulen aber auch anders betrachten: als Ausdruck ...

Es klingt wie ein Klischee, stimmt aber. Kein anderes Reiseziel ist für lesbische Frauen so attraktiv wie Lesbos. Die griechische Insel, auf der die antike Dichterin Sappho ihre Liebe zum gleichen Geschlecht verherrlicht haben soll, sei nach wie vor der große Sehnsuchtsort, sagt Ilse Peter vom Münchner Lesben-Reiseveranstalter Travelsisters. Namentlich im Badeort Skala Eressos, Geburtsort der Sappho, ist frau unter sich. "Dort können sich Lesben wirklich frei fühlen", schwärmt Peter. Männer haben in Skala Eressos Exotenstatus, vor allem im Herbst während des Women′s Festival, wenn mit Konzerten, Barbecues und nächtelangen Strandpartys, so Peter, "das Frausein gefeiert wird".

Die Internationale Tourismusbörse ...

Ich wuchs in einer Welt auf, in der lebende Menschen fast nicht vorkamen. Cornish, wo wir lebten, war rau und voller Wälder; unsere nächsten Nachbarn eine Gruppe von sieben moosbedeckten Grabsteinen, die mein Bruder und ich einst entdeckt hatten, als wir einen roten Salamander durch den Regen verfolgten..."Da sind sie - sieben kleine Steinplatten, wie von Margaret Salinger am Anfang ihrer Autobiografie beschrieben. Ohne ihr Buch hätten wir keinen Schlüssel zu dieser Geheimnislandschaft: Cornish, New Hampshire, wo Margarets Vaters J.D. Salinger sich bis zu seinem Tod vor sechs Wochen über ein halbes Jahrhundert lang vor der Welt ...

Die Provence leuchtet.

Das "Colorado der Provence" liegt im Lubéron. Durch bizarre Felsformationen in allen Schattierungen zwischen Karmesinrot, Dunkelgelb, Hellbraun und Schlammbeige zeichnen sich die ausgedehnten Ockergebiete aus. Abbau und Handel mit den natürlichen Pigmenten wurden zwar in den fünfziger Jahren eingestellt, doch seit Kurzem erlebt das Gebiet eine Renaissance. Die Mine Bruoux bei Gargas in der Nähe von Apt ist zur Besichtigung freigegeben. In Begleitung eines Führers betritt man das Labyrinth des horizontalen Untertageabbaus, das über 50 Kilometer lang ist und auf 650 Metern für Besucher zugänglich. Einen Ausflug lohnen ebenfalls die Lehrpfade in Rustrel, Villars und Roussillon, wo ...

Im vergangenen Juni schlug der Himmel wieder zu. Heftige Regengüsse suchten das OpenAir St. Gallen heim. Die weiten Wiesen im Sittertobel verwandelten sich in braune Matschlandschaften, die Zelte an den Hängen rutschten ins Tal. Und was tat das schweizerische Konzertpublikum?Es floh nicht vor der Sintflut. Im Gegenteil, die Tausendschaften vergnügten sich im trüben Schlamm. Sie balgten sich, viele schmierten sich ein von Kopf bis Fuß, genossen die Dreckorgie im idyllischen Naturschutzgebiet am Rand der kleinen Ostschweizer Weltstadt - während von der Bühne weiter die Rhythmen von Nick Cave und Sophie Hunger dröhnten.

Von wegen Sauberkeit, von wegen brave Ordnung. D ...

Die Schweiz ist reich. Reich an Natur, Disziplin und, ja, auch Geld. Da beginnt das Problem. Denn leider drückt sich Wohlstand nur noch selten in Schönheit aus. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hässlich die Neureichen bauen und wohnen. Das kann man in der Schweiz wunderbar in den Tiefsteuerkantonen Schwyz und Zug beobachten - oder in Sankt Moritz, Gipfel der Hässlichkeit im wunderschönen Engadin.

Aber es gibt Orte, da hat man alles richtig gemacht. Klosters im Prättigau ist so einer. Im Schatten des nicht so schönen Davos, weltweit bekannt durch das alljährliche Treffen der Neureichen, konnte es sich so etwas ...

Dort, wo das Edelweiß, die helvetische Nationalblume, zart und ganz allein zwischen Felsen sprießt, wo die Erde, in Granit geschaffen, den Strömungen der Zeit zu trotzen scheint, dort, oberhalb der Alphorn-Zone, stehen die insgesamt 153 Hütten des Schweizerischen Alpen Clubs (SAC). Es sind die letzten Posten der Schweizer Zivilisation, bevor das Land sich langsam im Himmel verflüchtigt.

In den Hütten riecht es nach Küche, Holz und manchmal nach Schweiß. Es gibt mit Käse überbackene Nudeln und andere kohlenhydratreiche Kost, Gemeinschaftswaschräume und Großtoiletten, in denen einem der Hintern abfriert, Matratzenlager, Alkohol und keine Aschenbecher. Und es gibt einen Fahnenmast mit gehisster ...

Ach, ihr Deutschen. Was wisst ihr nicht alles über uns Schweizer. Aber wisst ihr auch, dass die Schweiz lässig ist?Dass es ziemlich viele Orte gibt, die ebenso gut nach Hamburg oder Berlin passen würden, falls das ein Maßstab ist?Auch wenn der Latte Macchiato in Hamburg oder Berlin zugegebenermaßen nur halb so teuer wäre.

Das Unternehmen Mitte ist so ein Ort. Es steht in der Basler Innenstadt und war früher mal eine Bank. Man erkennt das noch immer an den schweren Sandsteinmauern. Wo vormals die düstere Schalterhalle mit ihren Säulen war, verbringt heute die digitale Boheme ihre Tage.

Dass ...

Als Erstes muss ein Hauch von Frühling her. Aber Achtung!Der Frühling kommt nicht billig. Da das äußere Wettergeschehen erfahrungsgemäß von Privatleuten nur unzureichend beeinflusst werden kann, müssen wir uns auf die Bearbeitung der Innenwelt verlegen. Hierzu eignen sich vorzugsweise Mimosen, ihres überwältigenden Duftes halber, und Mimosen in guter Menge, die noch dazu rasch welken und daher alle drei Tage ausgetauscht werden müssen, laufen auch gut ins Geld. Das ist jedoch nichts gegen die Ausgaben für einen anständigen Plattenspieler. Wir brauchen nämlich auch einen Plattenspieler, und zwar ein richtig schweres Gerät, auf dem die schwarzen Scheiben mit unerschütterlicher Ruhe der ...

Es war der große Adalbert Stifter, der die Welt von den kleinen Dingen bewegt sah. Das Wehen der Luft, das Rieseln des Wassers, das Grünen der Erde, so schreibt er in der Vorrede zu den Bunten Steinen, halte er für groß; das Gewitter, den Blitz, den feuerspeienden Berg hingegen nicht. Wir können dieses sanfte Gesetz, wie er es genannt hat, leicht auf unsere profane Wirklichkeit anwenden und sagen: Nicht der feuerspeiende Toyota ist groß, sondern das klemmende Gaspedal; nicht der blitzende Eurostar, der den Kanal unterquert, ist groß, sondern die kleinen Kondenstropfen, die seine Elektronik lahmlegen; nicht der Schuldenberg ist ...

In den großen Museen für moderne Kunst begegnen uns immer wieder die üblichen Verdächtigen: Cézanne und Monet, Picasso und Klee, Warhol und Richter. Sie sind zu alten Bekannten geworden, und wir wissen ziemlich genau, was wir von ihnen zu erwarten haben. Unerwartetes hingegen, eine Kunst jenseits des Kanons der Moderne, findet sich selten und meist nur in kleineren Häusern.

In Dresden gibt es seit Kurzem das sogenannte Körnigreich, ein winziges Museum, in dem man das Werk eines Künstlers entdecken kann, das jahrzehntelang in den Depots der Städtischen Sammlungen und des Kupferstichkabinetts weggeschlossen war. Der DDR-Staat hatte die Hinterlassenschaften des Graphikers ...

Die Anschrift lautet Odeonsplatz 12, und das ist in München eine feine Adresse. Rechts die Residenz und die Feldherrnhalle, eine Kopie der Loggia dei Lanzi in Florenz. Links die Staatsbibliothek, geradeaus der Hofgarten. Hier hat seit vielen Jahren Daniel Blau seine Galerie. Früher hieß Daniel Blau noch Daniel Kern - so wie sein Vater Georg Kern, der jetzt Georg Baselitz heißt. Irgendwann wurde Daniel Kern die direkte familiäre Linie zu viel, daher der neue Name. Auch sonst ist der Mittvierziger mit dem kahl geschorenen Kopf ein schönes Beispiel dafür, wie man sich elegant von prominenten Eltern emanzipiert.

Als Galerist für ...

Und fast täglich blubbert eine Leiche aus dem Chaossumpf der Salzburger Osterfestspiele. Im Dezember 2009 wurde deren Intendant Michael Dewitte gefeuert. Er hatte für sich Provisionen von Sponsorengeldern abgezweigt und abenteuerlich hohe Spesen abgerechnet. Im Januar folgte die fristlose Kündigung des Technischen Direktors der Sommerfestspiele, der selbst für österreichische Verhältnisse zu viel in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte. Er stürzte sich unmittelbar danach von einer Autobahnbrücke, überlebte schwer verletzt, ist aber seither nicht vernehmungsfähig. Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass die Osterfestspiele 2002 einem Verein einen Kredit gewährt hatten, der nie zurückgezahlt wurde. Für alle Beteiligten gilt natürlich die ...

Marina Abramovic wohnt in einem großen Loft im New Yorker Stadtteil Soho. Sie hat die Etage kurz nach dem 11. September 2001 gekauft, es sei ein Schnäppchen gewesen, niemand wollte damals so nah an Ground Zero wohnen. Es gibt eine Sitzecke mit gleich mehreren Sofas und Sesseln. Abramovic wählt zunächst ein kleines, entscheidet sich dann doch für das ganz große Sofa mit der Liege und wickelt sich in eine Decke ein.

Marina AbramoviC: Kommen Sie, hier ist es schön gemütlich.

Die Zeit: Für Ihre Performances peitschen Sie sich aus, ritzen sich in die Haut, legen sich auf Eis

AbramoviC: Sie haben ...

Jede Szene, jede Einstellung, aber auch jede Geste der Helden spricht von grenzenloser Wut. Sie explodiert in unablässigen Gewaltexzessen und erzählt von einer Jugend, für die der wirtschaftliche Aufschwung im Japan der fünfziger Jahre außer Reichweite liegt. Wohin der Blick in Nagisa Oshimas 1960 gedrehtem Film Das Grab der Sonne auch fällt, er findet keine Perspektive, die aus den heruntergekommenen Gassen des Slums von Kamagasaki herausführt. Auch für den Zuschauer gibt es kein Entkommen aus diesem Hexenkessel der schwitzenden und geschundenen Kreaturen, deren Alltag ein einziger Überlebenskampf ist, zwischen Müllkippen, illegalem Bluthandel und gewalttätigem Sex.

Vier frühe Werke des Kino-Extremisten ...

Es gibt Filme, die sind mit so vielen Preisen bedacht worden, dass selbst ein Oscar ihren Ruhm kaum mehr steigern kann. Bei Michael Hanekes Film Das weiße Band ist das der Fall. Er wurde mit Lob überschüttet, er gewann in Cannes die Goldene Palme, erhielt den Europäischen Filmpreis und in den USA einen Golden Globe - nur bei der Oscar-Preisverleihung ging er leer aus. Die eingefleischten Fans von Haneke werden es womöglich als Kompliment verstehen. Ihnen war ohnehin unbehaglich dabei zumute, dass ein Regisseur, dessen widerborstige Filme in den USA nur in den Katakomben der Off-Kinos gezeigt wurden, plötzlich den ...

Die beiden verstehen sich, das hört man schnell. Sie können sich umstandslos verbünden, können eine gemeinsame Melodielinie spielen, vereint im Unisono, oder ihr Raum geben, sie mit subtilen Harmonien ummanteln oder mit haarsträubenden Dissonanzen energetisch aufladen. Sie können sich gemeinsam in einen Rausch steigern und ihn anschließend ersterben lassen in hauchzart getupften Tönen, einem Wirbel von prägnant perlenden Arpeggien oder tiefschwarz gähnenden Akkorden im tiefsten Register. Sie reagieren aufeinander, als ahnten sie die nächste Idee voraus, als könnten sie die musikalischen Gedanken des anderen lesen und hätten sich schon ihre Antwort zurechtgelegt.

Das intuitive Verständnis zwischen Sylvie Courvoisier, der 1968 ...

Der ersten Ton auf dieser CD ist ein in der Originalpartitur nicht vorgesehenes, aber ungemein schönes Maultrommelgezirpe. Die Lautten Compagney Berlin verbreitet einen ganz seltsamen, durch nichts und niemanden zu verscheuchenden Zauber im Raum, und wenn dann jemand die Tür aufstößt, kann es sein, dass der Besucher bewusst auf Zehenspitzen wieder von dannen zieht. Man ist, mit einem Wort, hier sofort auf Du und Du mit Henry Purcell, mit tanzenden Luftgeistern, verwunschenen Wäldern und rituellen Tänzen im Morgennebel. Und da kommt schon die Hauptperson auf dieser auch beim dritten Hören im Detail und im Ganzen immer noch umwerfenden Aufnahme - ...

Und wieder haben sich zwei Koryphäen zusammengetan: Sie nennen sich Broken Bells. Die fusionierte Supergroup ist im Independent-Pop zurzeit der große Aufmerksamkeitserreger. Zum einen lassen möglichst überraschende Joint Ventures das Publikum staunen und mehren so per se den Ruhm der Beteiligten. Zum anderen sind diese Paarungsspiele eine Suchbewegung innerhalb der Popmusik: Auch wenn man nicht zwangsläufig sofort das nächste große Ding hervorbringt, so entdeckt man vielleicht eine Konstellation, die einfach verdammt gut klingt. Nach den Bandprojekten The Dead Weather oder Them Crooked Vultures, in denen bereits zu Ruhm gekommene Musiker in neuer Konstellation Alben aufnahmen, versuchen es nun James Mercer ...

Woher nimmt der Mann nur seinen Optimismus?Seit Monaten reißen die schlechten Nachrichten aus der Solarwirtschaft nicht ab: Umsätze und Aktienkurse brechen ein, etliche kleine Firmen sind längst pleite, der weltgrößte Solarzellenproduzent Q-Cells entlässt Hunderte Mitarbeiter. Nun will Schwarz-Gelb auch noch die Fördertarife für Solarstrom drastisch kürzen. Frank Asbeck indes, Chef des Branchenriesen SolarWorld, malt in einem Buch die Zukunft in hellsten Farben.

Asbeck tritt einfach einen Schritt zurück vom Auf und Ab der Quartalszahlen. In einem Parforceritt durch Menschheitsgeschichte und verschiedene Wissenschaften lenkt er den Blick aufs große Ganze: dass die gegenwärtige Energieversorgung schlicht keine Zukunft hat. Was über ...

Wenn über eine Sache ein solcher Prachtband erscheint - ziegelschwer, altarbibeldick, dann deutet alles darauf hin, dass diese Sache das Stadium ihrer Coffee-Table-Tauglichkeit erreicht hat. Und ja, nie ging es der Reportage so gut wie heute. Nie war sie so etabliert. An Hochschulen wird sie studiert und gelehrt, man rühmt sie in prunkvollen Festakten als Königin der journalistischen Künste, und ihre Autoren werden mit Preisen überhäuft. Und nun dieses opulente und irgendwie finale Werk: Nichts als die Welt. Reportagen und Augenzeugenberichte aus 2500 Jahren.

Man nimmt es zur Hand, blättert, taucht ein, hundert, tausend, zweitausend Jahre tief. Und taucht auf ...

Sso hat über diese Zeit noch kaum jemand geschrieben. Die Deutschen waren nach dem Zweiten Weltkrieg überwiegend selbstbezogen, larmoyant und schicksalsergeben, und von den Frauen hörte man kaum etwas, außer dass es eine kurze Phase der Trümmerbeseitigung gab, bevor sie weiße Wäsche wuschen und sich am Herd langsam zum Toast Hawaii vorwagten. Ruth Rehmann, geboren 1922, zeigt diese Szenerie von einer ganz anderen Seite. Ihre junge Ich-Erzählerin gerät, aller Bindungen beraubt, in die Wirren der letzten Kriegstage und der Besatzungszeit, wird Sängerin in einigen von der U.S. Army frequentierten Nachtklubs, reist nach Algerien und ahnt die kommenden Kämpfe um ...

Ein verrückteres Leben als das Gustav Meyrinks ist kaum denkbar, obwohl er ganz bescheiden nichts als Erfolg und Ansehen suchte, er, der 1868 in Wien als Gustav Meyer geboren wurde, unehelicher Sohn einer schönen Schauspielerin und eines namhaften württembergischen Ministers. Meyrink lebte gern auf großem Fuß, versuchte sich in Prag als Autohändler und Bankier, fallierte, prozessierte und witterte überall okkulte Mächte. Mit Theosophie beschäftigte er sich intensiv. Erst spät, da war er Mitte vierzig, wandte er sich dem Schreiben zu und landete mit dem Golem (1915) einen großen Erfolg, den er mit der Walpurgisnacht wiederholen konnte: zwei Romane der fantastischsten, g ...

Don DeLillo: Der Omega-Punkt. Roman; a. d. Engl. v. Frank Heibert; Kiepenheuer & Witsch, Köln 2010; 110 S., 16,95 Euro.

Seitdem die Welt voll, laut und kompliziert ist, hat die Literatur zwei Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen. Sie kann noch voller, noch lauter, noch komplizierter sein als ihr Ausgangsmaterial. Oder sie ist leer, leise und asketisch. Beide Schulen, die minimalistische wie die maximalistische, existieren weitgehend getrennt voneinander. Was verständlich ist, da man die Kakofonie der Gegenwart nicht ohne Weiteres zugleich über- und unterbieten kann. Dem amerikanischen Schriftsteller Don DeLillo ist dieses Wunder jedoch geglückt.

Am Anfang ist im ...

Nun greift ein sehr viel respektablerer und eleganter schreibender Autor Ghibellinos These auf, ohne ihren Urheber freilich direkt der Beachtung zu würdigen. Es handelt sich um Norbert Leitholds Biografie des Grafen Johann Eustachius Goertz, des Erziehers von Karl August von Sachsen-Weimar und späteren Diplomaten in preußischen Diensten. Er bildete mit seiner Frau Karoline und der Gräfin Gianini den harten Kern der erbitterten Goethe-Feinde und notorischen Lästermäuler am weimarischen Hofe. Ihre ätzenden Sottisen über den von Goethe charismatisch dominierten Musenhof nimmt Leithold gern für bare Münze, um das schönfärbende Bild der Weimarer Klassik in der etablierten Forschung infrage zu stellen.

Ghibellinos ...

Es gibt kein Geld mehr, und das ist natürlich der beste Grund, möglichst viel davon auszugeben. Alle Haushaltslöcher und Sparzwänge sind vergessen, wenn sie in Berlin ein Schloss (600 Millionen Euro) oder in Hamburg eine Philharmonie (500 Millionen) errichten. Und muss für den Neubau ein altes, denkmalgeschütztes Gebäude abgerissen werden, dann spielen die Kosten erst recht keine Rolle. Köln will 300 Millionen für ein neues Schauspielhaus ausgeben, Hannover hat 45 Millionen für einen Plenarsaal des Landtags übrig, Bonn schließlich wünscht sich ein 100-Millionen-Euro-Konzerthaus. Und in allen drei Fällen sollen dafür prominente Baudenkmale geopfert werden, Häuser, die kaum älter sind als ...

Kathryn Bigelow hat bisher nur einen fast perfekten Film gemacht. The Hurt Locker - die Geschichte einer Gruppe von Bombenräumern im Irak, die bei der vergangenen Oscarverleihung überraschenderweise sechs Preise abräumte, darunter für den besten Film und für die beste Regie. Tatsächlich ist The Hurt Locker ein Meilenstein des Kriegsfilms. Nicht die Kämpfer stehen im Vordergrund, sondern diejenigen, die den tödlichen Schrott des asymmetrischen Kriegs wegschaffen. Der Film über Staff Sergeant Williams, der in einem nicht zu gewinnenden Krieg die IEDs (improvisierte Bomben) entschärft, ist so packend, dass sich mancher Zuschauer gefragt haben wird: Wo kommt denn das her - ...

Ein Film ist genau dann eine perfekte Konstruktion, wenn diese gänzlich in der Geschichte verschwindet. So wie in Ajami , gedreht von Scandar Copti, einem arabischen Christen, und Yaron Shani, einem israelischen Juden. Erst im Nachhinein kommt man klugen Diskretion der Erzählung auf die Schliche, nämlich dann, wenn die Schlägereien vorbei, die Tränen versiegt und die Schreie und Schüsse verhallt sind. Etwa zehn Figuren und noch einmal so viele Nebenfiguren fügen sich zu fünf ineinander verzahnten Kapiteln, die jeweils aus anderer Sicht erzählt sind. So entsteht ein Parcours der Religionen, Familien und Milieus, ein Panorama des heutigen Israel.

Es ist ...

Der bedeutendste deutsche Historiker spätantiker und mittelalterlicher Philosophie ist ein Medienkritiker - und dies aus Lebenserfahrung: Der vor achtzig Jahren in Mainz, im antifaschistisch-katholischen Milieu geborene Kurt Flasch hat schließlich die freiwillige nationalsozialistische Verblendung der Deutschen erlebt. Aber auch aus Berufsethos: Der Philologe misstraut jedem bloß authentisch klingenden Ton.

"Rechne mit Täuschungen!", lautet die erste seiner Orientierungsregeln, welche er auch für den Umgang des Bürgers mit den Nachrichten in Zeiten "geistiger Mobilmachung" bereithält. Wo die "Beweise" für die unmittelbar bevorstehende Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen per Video- oder Internetkopie direkt aus den Dossiers der Sicherheitsberater und Propagandaabteilungen in die TV-Prime-Time kommen ...

Es wird jedes Jahr aufs Neue versucht und ist jedes Jahr aufs Neue fruchtlos: den Oscar-Verleihungen einen Trend zu unterstellen. Zwar stimmt es, dass bisher Regisseurinnen immer nur nominiert wurden und heuer zum ersten Mal eine Frau auch den Oscar für die beste Regie bekommen hat. Aber dass mit Kathryn Bigelows The Hurt Locker irgendetwas für die weibliche Seite des Filmschaffens ausgesagt worden wäre, kann man mit Fug bezweifeln. Die Geschichte eines Bombenentschärfers im Irak erfüllt das klassische Hollywoodmuster des harten Mannes, der als Einzelkämpfer am Rand der Weltgeschichte wirkt.

Insofern liegt in dem Sieg dieser Außenseiterproduktion (sechs Oscars) über ...

Gehen Sie in die Neue Nationalgalerie nach Berlin. Schauen Sie sich an, wie dort von diesem Wochenende an die Geschichte der deutschen Kunst in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts auf neue Weise erzählt wird. Sie werden überrascht sein, verstört, begeistert, irritiert, überwältigt. Nicht mehr 1933, wie seit Jahrzehnten üblich, sondern im Jahre 1945 endet nun die Zeitrechnung - weil eben auch Kunstgeschichte Teil der Menschheitsgeschichte ist. Und weil es eine merkwürdige Form nacheilenden Gehorsams vor dem Ungeist des Nationalsozialismus war, dass man die Moderne bis heute immer brav an jenem Moment enden ließ, an dem ihr die Nazis den Kampf ...

Jana erinnert sich noch genau an den Tag, als ihr Vater von zu Hause auszog: Sie steht neben ihm, als er wütend Schränke und Schubladen im Schlafzimmer aufreißt und seine Wäsche in zwei große Taschen stopft. Sie läuft hinter ihm her, als er damit die Treppe hinunterhastet. Und als er mit dem Auto losfahren will, steigt sie mit ein. "Papa zieht für eine Weile zur Oma", erklärt ihr die Mutter. "Ich will mitfahren!", sagt Jana und bleibt einfach sitzen. Damals ist sie fünf Jahre alt, und sie und ihre beiden jüngeren Schwestern verstehen nicht, was los ist.

Heute ist ...

Margot Käßmann ist zurückgetreten von ihren Ämtern. Sie hat mit diesem Rücktritt, dem Herzen folgend und nicht den Friedrichs und Becksteins dieser Welt, einen klaren Bezugspunkt in dieser unserer Realität gesetzt und damit ihrer Kirche/unserer Gesellschaft ein Zeichen von Verantwortung und Vertrauen in die innere Klarheit/Führung gegeben, auch wenn sie in einem höheren Sinne nicht schuldig ist.

Dr. Peter Röschlau, per E-Mail

Margot Käßmann, die Vorzeigefrau des deutschen Protestantismus, bleibt sich treu, was ihre Amtsauffassung betrifft. Man kann nicht nur moralisch von den Kanzeln und Kathedern sprechen und mit dem Finger auf andere zeigen, sondern moralische Integrität muss für einen selbst ...

Sosehr Ratgeber grundsätzlich nerven: Ihr ZEIT-Elternknigge ist grandios und gehört an Schulen, Kindergärten und Bildungsministerien zur Pflichtlektüre erhoben. Vor allem, weil er kein Ratgeber, sondern im Grunde eine literarische Sammlung ist. Werde diese Sammlung mehrfach kopieren und im Bekanntenkreis weiterreichen.

Matthias Wagner, Graz

Als Mutter eines Kleinkindes war ich wirklich interessiert am Elternknigge: Welche neuen pädagogischen Ideen hat das ZEITmagazin zu diesem mittlerweile überstrapazierten Thema Erziehung für mich parat?Aber: Auweia!Darauf haben wir gerade noch gewartet: Die guten Ratschläge der verehrten ZEITmagazin- Journalisten(-Väter/-Mütter) zum Thema Erziehung. Welche Referenz haben die Autoren?Nächste Ausgabe dann einen Einblick in das Familienfotoalbum...
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Das Flugticket ist bestellt, der Koffer schon fast fertig gepackt - spätestens in diesem Moment muss sich der Hobbyfotograf einer drängenden Frage stellen: Soll der Camcorder ins Handgepäck oder die digitale Spiegelreflexkamera?Beides zusammen, das weiß der Reisende nur zu gut, ist samt Objektiven und Akkuladegeräten zu schwer.

Früher, im Zeitalter analoger Technik, war es wirklich noch eine Alternative: Entweder man war der Verwackelte-Super-8-Filme-ohne-Ton-Fan - oder man war der Fotos-fürs-Album-Typ. Die Digitaltechnik hat uns aus diesem Dilemma befreit: Mit fast allen Camcordern lassen sich heute auch Standbilder schießen; selbst mit kleinen Digitalkameras oder Handys kann man nicht nur fotografieren sondern ...

Wie einfallsreich Menschen doch sind, wenn es darum geht, anderen Geld aus der Tasche zu ziehen!Die gerade gestartete Webseite fiverr.com ist der beste Beweis dafür: Für je fünf US-Dollar bieten dort bereits Hunderte Menschen Mini-Dienstleistungen an. Die Bandbreite reicht von "Für einen Fünfer schreibe ich Dir eine Karte aus Kasachstan" über "Für einen Fünfer bespreche ich Dein Buch auf Amazon" bis hin zu "Für einen Fünfer mache ich mit Deiner Freundin Schluss - per Telefon, Email oder SMS".

Ich habe mich für die Offerte einer "MissHunt" entschieden, angeblich eine Studentin, die nicht nur modelt, sondern auch einen exzellenten ...

Diese "Ungerechtigkeit", die regt ihn am meisten auf. Christian Paitrault führt die "Silberschuppe", einen Fischstand in den Markthallen von Saint-Jean-de-Luz. Das Städtchen, ein Badeort am äußersten Südwestzipfel Frankreichs, lockt jeweils im Juli die Urlauber zum Thunfischfest. "Denn für den Thunfisch sind wir bekannt", sagt Paitrault. Und zwar für den Roten Thunfisch.

Dieser bedrohte Gigant unter den Fischen, bis zu vier Meter lang, 700 Kilogramm schwer und pfeilschnell, wird besonders geschätzt in Sushibars. Er ist nicht zu verwechseln mit seinem kleinen Bruder, dem Weißen Thun, der überwiegend in Dosen landet ("Hühnchen der Meere"). Der delikate Rote Thun, der meist im Atlantik ...

Manchmal bekommt er eine E-Mail von Kollegen aus der alten Heimat. "Halt mir einen Platz frei", hieß es vor ein paar Tagen. Wenn Axel-Roland Kantner solche Sätze liest, weiß er, dass seine Entscheidung richtig war. Seine Praxis aufzulösen, Deutschland zu verlassen, mit 53 Jahren noch einmal ganz von vorn anzufangen. In der Schweiz.

Vierzehn Jahre lang arbeitete Kantner als Arzt in Niedersachsen, im Örtchen Schwarmstedt, gut 5000 Einwohner, zwischen Bremen und Hannover. Die Praxis lief gut, 2000 Patienten betreute er zusammen mit einer Kollegin. Besonders viele alte Leute und Menschen, die mehr als eine Krankheit plagte ("Multimorbide"), strömten in seine ...

Wohnen, wo andere Urlaub machen. So hatte sich Johann Hadler seinen Ruhestand vorgestellt. Viel war der ehemalige Bauleiter in der Welt herumgekommen, hatte in Spanien, Australien und Marokko gearbeitet. Den letzten Lebensabschnitt wollte er mit seiner Frau mitten in Deutschland verbringen, im idyllischen Braunlage. In guter Höhenluft winters Ski fahren, im Sommer Waldspaziergänge: Das niedersächsische Städtchen im Harz verfügt über Reize, die jedes Jahr viele Touristen anlocken. Hier würde es ihnen im Alter gut ergehen, dachten die Hadlers und kauften sich eine Eigentumswohnung.

Heute, vier Jahre später, ist sich das Rentnerpaar seiner Entscheidung nicht mehr sicher. Beide sind jetzt Mitte ...

Die Cebit ist ein Ort der Paradoxe. Zu der Messe für Informationstechnologie, die am vergangenen Wochenende ihre Pforten geschlossen hat, strömten Massen - vor allem männliche Massen. Die Herren drängelten sich, wo 3-D-TV demonstriert wurde, quetschten sich vor Ständen mit den neuesten Handy-Erfindungen. Jugendliche mit Schlabberhosen und Kappen stürmten die Halle 23, in der die Industrie ihre neuesten Computerspiele anpries. In Halle 9 hingegen herrschte sakrale Stille. Eine Oase der Stille im Messegewusel. Hier präsentierten sich ganze Bundesländer, einzelne Universitäten, Max-Planck- und Fraunhofer-Institute.

Sie suchen dringend Nachwuchs, machten aber auf der diesjährigen Cebit nicht zum ersten Mal die Erfahrung, dass ...