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AUTOMOBIL
Automobilkrise - der europäische Markt im freien Fall?
Kernthesen
  • Der europäische Automarkt befindet sich in der Krise.
  • Die größten Einbrüche verzeichnen die Länder Südeuropas.
  • Die Volumenhersteller haben inzwischen tiefe Einschnitte angekündigt.
  • Unter den großen Märkten weist nur Großbritannien ein Plus auf.
  • Der deutsche Markt entwickelt sich noch vergleichsweise stabil.
 
Beitrag
Der Automarkt Europas befindet sich in der Krise. Die Zahl der Neuzulassungen ist so gering wie seit 17 Jahren nicht mehr. Betroffen sind vor allem die Massenhersteller und die Märkte in Südeuropa. Von den großen Automobilmärkten konnte 2012 einzig Großbritannien Zuwächse verbuchen.

Europas Automarkt in der Krise

Die Finanzmarkt- und Schuldenkrise hat den Automarkt Europas voll erfasst. Die Zahl der neuzugelassenen Fahrzeuge in der Europäischen Union (EU) ging 2012 um 8,2 Prozent auf rund 12,05 Millionen zurück, das ist der tiefste Stand seit 1995. Möglicherweise war 2012 sogar das schlechteste Jahr seit zwei Jahrzehnten. Denn in vielen Märkten sind die Verkäufe durch Eigenzulassungen künstlich aufgebläht worden. Hinzu kommen noch Rabatte, die Kaufanreize setzen sollen, aber letztlich auf Kosten der Margen gehen. Die Ursache für diese Entwicklung dürfte aber nicht nur die Rezession im Euroraum sein. Hinzu kommt, dass viele Märkte gesättigt sind, und das Auto gerade bei jungen Leuten an Status verloren hat. (1), (2), [Abb. 1]



Besonders stark eingebrochen sind 2012 die Automärkte in Südeuropa, was auch die Kluft zwischen den Autoherstellern im Norden und Süden noch weiter verstärken dürfte. Im drittgrößten europäischen Markt Italien gingen die Neuzulassungen um fast 20 Prozent auf 1,4 Millionen Fahrzeuge zurück, in Spanien waren es minus 13,4 Prozent, in Portugal minus 38 Prozent und in Griechenland minus 40 Prozent. Unter den großen Märkten weist nur Großbritannien ein Plus auf. 2012 verbuchten in Westeuropa außerdem noch die Schweiz und Luxemburg Zuwächse. (2), (10)


Volumenhersteller besonders betroffen

Die Überkapazitäten in der Automobilbranche Europas werden inzwischen auf ein Viertel geschätzt. Die Hersteller haben bereits angekündigt, 30 000 Arbeitsplätze abzubauen. Ein halbes Dutzend Werke wird geschlossen, darunter das Opel-Werk in Bochum sowie drei Ford-Werke in Belgien und Großbritannien. Ferner streichen Peugeot-Citroën und Renault jeweils 17 Prozent ihrer Stellen auf ihrem Heimatmarkt in Frankreich. Die Krise trifft also vor allem die Volumenhersteller. In ihrem Europageschäft häufen diese derzeit Milliardenverluste an. (1), (2),



Unter den Autoherstellern ist der südkoreanische Konzern Hyundai/Kia der Gewinner in Europa. Oberklassenhersteller wie Audi, Volkswagen und BMW kommen noch glimpflich davon. Sie mussten 2012 nur leichte Einbußen hinnehmen. Die Volumenhersteller hat es dagegen voll erwischt. Dabei handelt es sich um Ford, PSA mit den Marken Peugeot und Citroën, GM mit den Marken wie Opel und Chevrolet sowie Fiat und Renault. (2), (10), [Abb. 1]



Von der Autokonjunktur abgekoppelt entwickeln sich gewöhnlich die Verkäufe von Nobelmarken. So hat Lamborghini 2012 insgesamt 2 083 Autos verkauft, ein Drittel mehr als im Vorjahr. (4)


Deutscher Markt vergleichsweise stabil

Der deutsche Markt schwächelt ebenfalls, ist aber im europäischen Vergleich noch recht stabil. So ging 2012 die Zahl der Neuzulassungen um knapp drei Prozent auf rund 3,08 Millionen zurück. Den deutschen Herstellern kommt allerdings zugute, dass sie 70 Prozent ihrer Produktion exportieren. Vor allem die Märkte in China und den USA konnten so den Absatzrückgang in Europa auffangen. Infolgedessen haben sich die Oberklassehersteller BMW, Daimler, Audi und Porsche im vergangenen Jahr noch gut behauptet. Für 2013 erwarten die Automobilverbände für den hiesigen Markt eine Stagnation bei etwa drei Millionen Neuzulassungen. Zuletzt zeigte der Trend allerdings auch in Deutschland nach unten. Im Dezember mussten bis auf Porsche alle deutschen Autobauer Absatzeinbrüche vermelden. Die Zahl der Neuzulassungen war um 16 Prozent auf 204 000 geschrumpft. (3)

 
Trends
Die Talfahrt des europäischen Automarktes dürfte 2013 weitergehen. Zum Jahresende hin hat sich der Abwärtstrend noch einmal beschleunigt. So sank im Dezember die Zahl der Neuzulassungen um 16 Prozent auf 838 000. Seit 2008 gab es in keinem Dezember so einen deutlichen Rückgang der Zulassungszahlen. Mit Ausnahme von Großbritannien brachen fast alle großen europäischen Automärkte zweistellig ein. In Spanien ging der Pkw-Absatz um 23 Prozent zurück, in Italien um 22,5 Prozent, auch der deutsche Automobilmarkt verzeichnete einen Rückgang um 16,4 Prozent und der französische um 14,6 Prozent. Einzig in Großbritannien legten die Neuzulassungen im Dezember um 3,7 Prozent zu. Damit werden 2013 aller Voraussicht nach so wenige Neuwagen in Europa verkauft wie seit 20 Jahren nicht mehr. So prognostiziert das Center auf Automotive Management an der Fachhochschule Bergisch Gladbach derzeit für 2013 ein Rückgang von rund drei Prozent auf 11,4 Millionen Pkw für Europas Automarkt. Außerhalb Europas setzen die Autohersteller derzeit jedoch so viele Fahrzeuge ab wie nie zuvor. (2), (9), (10)
 
Fallbeispiele

Spanien

Die Wirtschaftskrise in Spanien hat den Autoabsatz des Landes auf das Niveau von 1986 sinken lassen. So wurden 2012 nur noch knapp 700 000 Neuwagen zugelassen. Das sind gerade einmal gut 10 000 Pkw mehr als im Jahr des Beitritts Spaniens zur EU. Zwischen 2004 und 2008, also den Zeiten der Immobilienblase, lag die Zahl der Zulassungen bei jährlich etwa 1,5 Millionen Pkw. Der Verband der Autobauer Anfac forderte von der Politik, neue Hilfen für den Autokauf zu schaffen und den Kreditfluss wieder in Gang zu setzen. Spaniens Autoindustrie erwirtschaftet fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes. (6)


Frankreich

Frankreichs Automobilmarkt hat mit nur 1,9 Millionen Neuzulassungen 2012 das schlechteste Jahr seit 1997 verbucht. Im Vergleich zu 2011 ist dies ein Minus von 13,9 Prozent. Gründe dafür sind das niedrige Wachstum, die steigende Arbeitslosigkeit sowie die Abwrackprämie, die erst im März 2011 ausgelaufen ist. Für 2013 sehen die Aussichten nicht viel besser aus. Den französischen Herstellern wurde zudem zum Verhängnis, dass sie sich vor allem im mittleren Automobilsegment positioniert haben. Nur Renault ist mit der Tochter Dacia im Billigsegment vertreten. Renault musste 2012 ein Minus von 22,1 Prozent und PSA einen Rückgang um 17,1 Prozent einstecken. (7)


Italien

In Italien ist der Markt 2012 um 19,9 Prozent auf 1 402 089 Fahrzeuge eingebrochen. Dies war das fünfte Negativjahr in Folge. Insgesamt gab es damit ein Minus von 43,8 Prozent gegenüber 2007. Neben der Wirtschaftskrise gelten die gestiegenen Preise für Kraftstoffe und Kfz-Versicherungen als Ursachen der Krise. Auch der italienische Hersteller Fiat blieb von der Krise nicht verschont. Die Neuzulassungen sanken hier um 19,4 Prozent auf 414 920 Einheiten. (8)


Großbritannien

Von den großen Ländern Westeuropas konnte einzig Großbritannien dem Abwärtstrend trotzen. 2012 gab es ein Plus von 5,3 Prozent auf 2,04 Millionen Neuzulassungen. Damit ist die Insel nun der zweitgrößte Absatzmarkt der EU, hinter Deutschland und vor Frankreich. Der prozentuale Zuwachs fiel sogar so kräftig aus wie seit 2001 nicht. Ford konnte dabei seine Führungsrolle sogar noch ausbauen. Die Zahl der Neuzulassungen stieg um sechs Prozent auf fast 282 000. Der Marktanteil liegt nun bei 13,8 Prozent. Als Gründe für den überraschenden Markttrend werden Preisnachlässe sowie deutlich verstärkte Marketinganstrengungen seitens der Hersteller genannt. Der Autoverband SMMT erwartet für 2013 eine stabile Marktentwicklung. (5)

 
Zahlen & Fakten
  
Abbildung 1: Autoabsatz in Europa nach Herstellern
HerstellerAbsatz 2012
in Tsd.
Veränd.
in %
VW-Gruppe3.112-1
Peugeot1.465-13
Renault1.053-19
GM (Opel)1.007-14
Ford939-13
BMW799-1
Fiat799-16
Hyundai/Kia77012
Daimler657-2
Toyota541-3
Nissan432-6
Volvo232-9
Suzuki154-13
Honda141-6
Mazda124-10

Quelle: VDA, ACEA Entnommen aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.01.2013, Nr. 14, S. 12 (1)
 
Weiterführende Literatur
 (1.)
Absatzkrise der Autoindustrie in Europa verschärft sich - Autohersteller im Spagat: Die Absatzflaute zwingt zum Sparen und Investieren
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 14 vom 17.01.2013, Seite 12
 (2.)
Schlimmes Jahr für Europas Automarkt - Absatz auf dem niedrigsten Stand seit 1995. Deutschland mit vergleichsweise moderatem Rückgang
aus Bonner General-Anzeiger vom 17.01.2013, Seite 6
 (3.)
Euro-Krise schmälert Autoabsatz - Im Gegensatz zum Heimatmarkt erzielen deutsche Hersteller in den USA Rekordverkäufe
aus Handelsblatt Nr. 3 vom 04.01.2013, Seite 17
 (4.)
Trotz Krise - Europas Superreiche kaufen wieder Luxus-Autos
aus Berliner Morgenpost online vom 15.01.2013, 09:49:22
Autor:Doll, Nikolaus
 (5.)
Autoabsatz auf der Insel zeigt höchsten Wert seit 2008 - Preisnachlass und verstärktes Marketing lassen Neuzulassungen in Großbritannien um 5 Prozent steigen
aus Börsen-Zeitung Nr. 6 vom 10.01.2013, Seite 13
Autor:Steevens, Carsten
 (6.)
Spaniens bremst auf Niveau von 1986
aus Börsen-Zeitung Nr. 2 vom 04.01.2013, Seite 9
 (7.)
Frankreichs Automarkt bricht weg - Massenhersteller unter Druck, Billigmarken legen zu
aus Börsen-Zeitung Nr. 2 vom 04.01.2013, Seite 9
 (8.)
Erneutes Absatztief am italienischen Automobilmarkt
aus MOTOR-INFORMATIONS-DIENST vom 03.01.2013
 (9.)
Absatz fällt auf niedrigsten Stand seit 1995
aus manager magazin vom 16.01.2013
 (10.)
Wachsende Kluft zwischen Nord und Süd
aus manager magazin vom 10.01.2013
Autor:Eckl-Dorna, Wilfried; Stumm, Karsten
Autor GENIOS BranchenWissen: Thomas Trares
Quelle:
GENIOS BranchenWissen Nr. 01 vom 25.01.2013
Dokumentnummer:
s_aut_20130125
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