I. VorbemerkungHummel nimmt in seinem umfänglichen Aufsatz drei UR-Beiträge zum EuGH-Urteil v. 17.12.2020 - Steuerfreiheit von Wärmelieferungen - zum Anlass, den angemessenen Umgang mit EuGH-Urteilen anzumahnen. Er stellt dazu bei vielen deutschen Steuerrechtlern gegenüber dem EuGH einen "vorwegeilenden Gehorsam" bzw. eine "Überinterpretation" fest, deren Ursachen er noch nicht herausfinden konnte. Sie sei eine "deutsche Tradition", offenbar auch in Österreich, die es so in anderen Mitgliedstaaten aber nicht gebe.Das fordert einige Anmerkungen heraus.II. Gründe für die "deutsche Tradition"Die Stilfrage, ob man dem Bestreben um eine möglichst breite praktische Beachtung von EuGH-Urteilen über den entschiedenen Einzelfall hinaus gerecht ...253
I. EinleitungUnternehmen liefen schon immer ein großes finanzielles Risiko, wenn aufgrund eigenen Handelns Steuern oder andere Abgaben verkürzt wurden. Dabei geht es nicht darum, ob die Verkürzung aufgrund eines eigenen Vorsatzes, fahrlässigen Verhaltens oder durch Unkenntnis erfolgt. In den letzten Jahren ist eine Tendenz zu beobachten, dass auch Personen zu Schuldnern von Steuern oder Abgaben werden, die nicht direkt an den jeweiligen Transaktionen wie Liefergeschäften oder Einfuhr beteiligt sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn eine Person von einem Missbrauch, einer Steuerhinterziehung oder einer Abgabenverkürzung wusste oder hätte wissen müssen. Während der Begriff "wusste" unproblematisch ist, ist unklar, wie ...256
I. Das ProblemDer Vorsteuerabzug ist - wovon auch der BFH und die Verwaltung ausgehen - umsatzbezogen. Es kommt darauf an, für welche Tätigkeit (wirtschaftlich, nichtwirtschaftlich, steuerbefreit) der Steuerpflichtige seine Leistung verwendet. So klar diese Prämissen sind, so unklar erscheint ihre Ausdifferenzie-S. 263rung. Denn schon auf den ersten Blick weichen die Rechtsordnungen voneinander ab. Das Unionsrecht einerseits, wie es in den Art. 167 ff., Art. 184 ff. MwStSystRL niedergelegt ist und das nationale Recht in §§ 15, 15a UStG andererseits sind in ihrer Terminologie unterschiedlich. Das beginnt schon mit der Ausgestaltung eines eigenständigen Rechts auf Vorsteuerabzug in Art. 167 MwStSystRL, das entsteht, wenn ...262
Sachverhalt1Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, ist Rechtsnachfolgerin der auf sie verschmolzenen gemeinnützigen G-GmbH. Die G-GmbH war im Bereich der Auftragsforschung tätig. In den Jahren 2002 bis 2005 war die G-GmbH Alleingesellschafterin der H-GmbH, die ihrerseits Alleingesellschafterin der X-GmbH und der Y-GmbH war. Die G-GmbH vereinnahmte von der H-GmbH Beteiligungserträge und Mieteinnahmen.2Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das beklagte FA davon aus, dass die Leistungen der G-GmbH im Bereich der Auftragsforschung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, sondern dem Regelsteuersatz unterlägen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.3Mit Zwischenurteil gem. § 99 Abs. 2 FGO ...268
Sachverhalt1I. Die Klägerin errichtete in den Streitjahren (2009 und 2010) einen gemischt genutzten Gebäudekomplex (Stadtteilzentrum mit Supermarkt etc. [umsatzsteuerpflichtig verpachtet] und Senioren-Wohnanlage [umsatzsteuerfrei vermietet]). Zur Vorsteueraufteilung wählte sie in ihren Umsatzsteuer-Jahreserklärungen (vom 8.2.2011 [2009] und vom 9.2.2012 [2010]) den sog. Flächenschlüssel. Nach einer Außenprüfung reduzierte das beklagte FA den abziehbaren Anteil der Vorsteuer von 37,42 % auf 33,88 %.2Mit dem Einspruch trug die Klägerin vor, es handele sich um zwei getrennte Gebäude, so dass im Ausgangspunkt die Herstellungskosten der Gebäude getrennt zu ermitteln seien (Baukosten für das steuerpflichtig vermietete Gebäude: 1.519.389,65 €, ...271
Sachverhalt1Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 28, 167, 168, 184 und 185 MwStSystRL (ABl. EU Nr. L 347/2006, 1).2Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der ITH Comercial Timi?oara SRL (im Folgenden: ITH) auf der einen und der Agen?ia Na?ional? de Administrare Fiscal? - Direc?ia General? Regional? a Finan?elor Publice Bucure?ti (Staatliche Steuerverwaltungsagentur - Regionale Generaldirektion für öffentliche Finanzen Bukarest, Rumänien) sowie der Agen?ia Na?ional? de Administrare Fiscal? - Direc?ia General? Regional? a Finan?elor Publice Bucure?ti - Administra?ia Sector 1 a Finan?elor Publice (Staatliche Steuerverwaltungsagentur ...275
Sachverhalt1I. Die Klägerin ist Organträgerin einer GmbH, die ein Alten- und Pflegeheim betreibt (umsatzsteuerfreie Tätigkeit). Im Jahr 2003 errichtete die GmbH in einem Anbau eine Cafeteria, die für Besucher durch einen Außeneingang und für Heimbewohner durch den Speisesaal des Pflegeheims zugänglich war.2Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass sie die Cafeteria ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze nutze. Demgegenüber sah es das beklagte FA als unwahrscheinlich an, dass überhaupt keine Heimbewohner mit ihren Besuchern die Cafeteria aufsuchten und nutzten. Daraufhin kam es zu einer sog. tatsächlichen Verständigung, nach der eine steuerfreie Nutzung der Cafeteria zu 10 % angenommen wurde. Dies führte zu einer ...281
Sachverhalt1-39Die Klägerin - eine Spedition - meldete beim Beklagten als indirekte Vertreterin der I, die im MS A ansässig ist, eine Ware unter Verwendung des Verfahrenscodes 42 zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender steuerbefreiender innergemeinschaftlichen Lieferung (igL) in den MS A an. Hierbei gab sie die USt-ID der I und die von dem drittländischen Lieferanten P erstellte Handelsrechnung an und vermerkte die Lieferbedingung DDP. Der Beklagte setzte zunächst gegenüber der Klägerin als indirekte Vertreterin der I anmeldungsgemäß wegen der angemeldeten igL im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 3, § 6a UStG keine EUSt fest.Wenig später teilte die Klägerin dem Beklagten mit, d ...283