Es gibt Dinge, mit denen findet man sich irgendwann einfach ab. Zum Beispiel damit, dass die ganze Welt sich die Köpfe heißredet über die gesellschaftliche Rolle von Facebook, nur die nicht, die das ganze Schauspiel mit ihren Media-Budgets finanzieren: die Werbungtreibenden. Hass-Propaganda auf sozialen Netzwerken ist aufs Schärfste abzulehnen, klar - aber so scharf, dass daraus irgendetwas folgte für das eigene Investitionsverhalten, nun auch wieder nicht. Und jetzt das: Im Interview mit Horizont adressiert Vodafone-Marketingchef Gustav Gründgens Sätze an Facebook, wie man sie so von einem hochrangigen Vertreter seiner Zunft noch nicht gehört hat. "Verschwörungstheorien und massive Desinformation sind ...1
Viele waren skeptisch, als der Art Directors Club für Deutschland vor einigen Wochen angekündigt hat, er werde sein Kreativfestival aufgrund der Corona-Pandemie nicht absagen, sondern stattdessen im virtuellen Raum veranstalten. Schließlich müsse herausragende Kreativität auch und gerade in Krisenzeiten gefeiert werden. Was der Club vorige Woche in Sachen digitales Festival auf die Beine gestellt hat, verdient uneingeschränktes Lob. Es gab einen abwechslungsreichen Kongress, der technisch einwandfrei über die Bühne ging - auch wenn vielleicht nicht jeder Zuschauer von jedem Vortrag gleichermaßen begeistert war. Aber das ist bei anderen Branchenveranstaltungen ja auch nicht der Fall. Lustig war in jedem Fall die ...2
Als Tourist zu reisen, ist derzeit schlicht nicht möglich, Dienstreisen nur eingeschränkt und kein Vergnügen. In Deutschland gerät schon ein Kurztrip ins Nachbarbundesland beispielsweise zum langersehnten Besuch der Familie jenseits ihres Kerns zum Wagnis: 16 verschiedene Regelungen zu Kontaktverboten und Hygieneregeln lassen das schlechte Gewissen bei der Fahrt ins Ungewisse aufkeimen, als verübe man eine Straftat. Ganz zu schweigen von der Sehnsucht nach Urlaub jenseits der deutschen Landesgrenzen. Frühestens Mitte Juni dürfte es klarer werden, wie und ob Reisen ins europäische Ausland erlaubt sind und was Urlauber an ihren Zielen erwartet. Zugegeben, ein Luxusproblem angesichts von Menschen, die weltweit gegen ...4
Frau Immenroth, Herr Modenbach, Sie beide eröffnen mit Ihrem Talk die Video-Reihe "Screenforce What′s On". Ist das kleine Web-Studio in Zukunft ein guter Ersatz für Veranstaltungen wie die Screenforce Days? Karin Immenroth: Mit "What′s On" ist Screenforce ein tolles Format gelungen, um die Kommunikation und den Wissenstransfer zu allen wichtigen Gattungsthemen fortzuführen. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Konzept auch nach Corona tragen wird, sehe es aber nicht als Ersatz für unser Gattungsevent. Die Screenforce Days sind das große Big Bang, eine Entdeckungsreise durch die deutsche Videolandschaft, die dadurch lebt, es live zu erleben, zu fühlen und sich von ...6
Die Deutsche Bahn leidet extrem unter den Auswirkungen der Coronakrise. Die Menschen setzen sich aus Angst vor Ansteckung sowie aufgrund von Einschränkungen bei Besuchsmöglichkeiten und bei Geschäftsreisen kaum noch in die Züge. Das wirkt sich insbesondere auf den Fernverkehr aus. Im April ging die Zahl der Personenkilometer - also die zurückgelegten Kilometer multipliziert mit der Zahl der Reisenden - um rund 90 Prozent zurück. Dennoch musste die Deutsche Bahn aufgrund ihrer Verpflichtung zur Grundversorgung rund drei Viertel ihrer Fernzüge weiter rollen lassen, meistens weitgehend leer. Dadurch entsteht dem Konzern bis 2024 im schlimmsten Fall ein wirtschaftlicher Schaden von mehr ...7
Herr Gründgens, waren die vergangenen beiden Monate ein Albtraum oder eine Erfahrung mit viel Adrenalin und neuen Erkenntnissen? Es war schon beides. Als Tech-Unternehmen hat uns die Krise sicher nicht so brutal getroffen wie das produzierende Gewerbe oder die Tourismusbranche, aber auch wir mussten quasi über Nacht weit über 90 Prozent der Belegschaft unserer Standorte ins Home-Office schicken. Das hat unglaublich gut geklappt. Genau das ist eben die andere Seite der Krise: zu erleben, was man alles schaffen kann, wenn es um etwas wirklich Großes geht - um unsere Familien, die Gesundheit, den Fortbestand der Firma. Dieses Gefühl der ...8
Eigentlich gilt Martin Sorrell als Mann der Zahlen. Man könnte ihn nachts um 3 Uhr wecken und nach dem Bruttoinlandsprodukt von Vietnam oder Bolivien fragen, der 75-Jährige hätte die Daten mit ziemlicher Sicherheit sofort parat. Wie die Coronakrise zeigt, ist Sorrell aber auch ein Mann der Buchstaben. Soll er den möglichen Aufschwung skizzieren, sprudeln die Lettern nur so aus ihm heraus: V, U, W, aber auch ein L sei möglich - je nach Land und Branche. Gemeint sind die Verlaufskurven, die die künftige wirtschaftliche Entwicklung nehmen kann. Das Wort des britischen Geschäftsmanns hat weit über die Werbeindustrie hinaus Gewicht. D ...10
Was ist im Vorfeld darüber geredet worden. Getrieben durch das Erlebnis der Selbst-Isolierung würden die Konsumenten bei der Rückkehr in die Normalität einen nachhaltigeren Konsum anstreben und stärker den wahren Wert und die Kosten der Produkte hinterfragen. Jetzt ist es so weit: Deutschland wagt sich an die Wiedereröffnung der Wirtschaft. Doch die Vorzeichen haben sich in manchen Aspekten deutlich gedreht: Neben den Sorgen um die Gesundheit sind massive Sorgen um die eigene wirtschaftliche Sicherheit getreten. So zeigt der Pilot Corona Monitor, dass der Traum der gesellschaftlichen Gemeinschaft verfliegt und die persönliche finanzielle Situation immer bedrohlicher wird. Und die Probleme ...11
Herr Wiedenmann, Sie sind bei Funke unter den Prämissen angetreten, dass Sie die Magazinvermarktung an Burda geben und dass der Werbemarkt gewohnt schwierig bleibt. Doch der Burda-Deal ist geplatzt - dann kam Corona. Was ist das größere Problem? Die Parallelität beider Themen ist eine große Herausforderung, keine Frage. Doch den Aufbau einer eigenen Vermarktungsorganisation haben wir jetzt selber in der Hand. Das ist bei der Coronakrise und ihren Folgen für den Werbemarkt leider etwas anders. Als erster Vermarktungschef haben Sie in HORIZONT bereits in der 2. März-Woche von Corona-Storni gesprochen - namentlich, nicht nur verdruckst inoffiziell. Sind Sie ...12
Hat Google überhaupt wahrgenommen, dass Cliqz aufgibt? Ende April wurde bekannt, dass Mehrheitseigner Hubert Burda Media das ehrgeizige Projekt einer unabhängigen Suchmaschinen- und Browsertechnologie einstellt. Cliqz sollte Nutzern volle Kontrolle über ihre Daten geben und damit für ein besseres Internet sorgen. Aber dem einstigen Start-up gelang es nicht, auch nur halbwegs bekannt zu werden; Googles Quasi-Monopol mit einem deutschen Search-Marktanteil von 95 Prozent blieb unangetastet. Beschleunigt wurde das Ende von Cliqz durch die Coronakrise, die eine weitere Finanzierung noch schwieriger machte. Cliqz hätte Google wahrscheinlich auch in gesünderen Zeiten keine ernsthaften Probleme bereitet. Aber wer weiß, ob aktuell nicht ...14
Nach Scherzen war Adidas Anfang des vergangenen Monats nicht zumute. Als die Drei-Streifen-Marke Ende März angekündigt hatte, wegen der Coronakrise die Mietzahlungen für ihre Filialen auszusetzen, brach über eine der Lieblingsmarken der Deutschen eine Empörungswelle herein. Arbeitsminister Hubertus Heil nannte das Verhalten des Konzerns unverantwortlich, sein Parteikollege Florian Post verbrannte aufmerksamkeitswirksam ein Adidas-T-Shirt und kündigte an, keine Produkte der Marke mehr kaufen zu wollen. Er blieb nicht der Einzige. Zahlreiche Menschen warben in den sozialen Netzwerken für einen Adidas-Boykott. Die härtesten Gegner des Konzerns hießen plötzlich nicht mehr Nike, Puma und Under Armour, sondern Wut, Enttäuschung, zeitweise auch Hass. Binnen ...16
Lange Zeit betrachteten E-Commerce-Player nur eine Seite der Marketing-Medaille: die Digitalisierung. Sie schossen Newsletter durch das Web, ließen Banner aufblinken und spickten ihre Homepages mit Keywords. Geld sparen und User punktgenau ansprechen, lautete das Motto. Doch inzwischen begreifen Online-Retailer, dass sie sich nur dann von ihren Konkurrenten abheben können, wenn sie nicht am Computer- oder Smartphone-Bildschirm kleben bleiben, sondern den Menschen nah und persönlich im "wahren Leben" begegnen und ihre Brand über sämtliche Touchpoints hinweg pulsieren lassen. "E-Commerce-Anbieter nutzen in ihrem Media-Mix zunehmend physische Mailings", bestätigt Dirk Görtz, Vice President Dialogmarketing, Deutsche Post, den Trend. Eines der Unternehmen, die ...18
Das Modell Jeder, der in Marketing, Werbung und Media arbeitet, träumt von einem brauchbaren Intermediavergleich. Der Kundenverband OWM fordert ihn seit Jahren mit Vehemenz: einen Vergleich, der die Ansprache-Potenz der Medien untereinander vergleichbar macht. Jeder Versuch ist bislang gescheitert. Aus mehreren Gründen: Die Kontaktmessungen der Medien sind nicht vergleichbar (und werden es niemals sein), jedes Unternehmen verfolgt mit seiner Kampagne individuelle Ziele - plus die Kreation, die bekanntlich allein 60 Prozent der Wirkung ausmacht. Alle drei Faktoren ließen jeden objektiven Wirkungsvergleich von vornherein scheitern. Also gehen wir einen Weg, der so simpel ist, dass bislang niemand darauf ...20
Das ADC-Festival 2020 wird in mehrerer Hinsicht in die Geschichte eingehen: Aufgrund der Corona-Pandemie fanden erstmals sowohl der ADC-Kongress als auch die Jurysitzungen virtuell statt. Nie zuvor hat die große ADC-Jury, die in insgesamt 30 Gruppen unterteilt ist, so viele Nägel vergeben wie in diesem Jahr. Und: Scholz & Friends ist es gelungen, Jung von Matt in den Schatten zu stellen, das nach seiner Award-Pause alles daran gesetzt hat, seinen traditionellen Spitzenplatz als Deutschlands kreative Nummer 1 zurückzuerobern. Aber alles der Reihe nach: Der Art Directors Club für Deutschland hat aus der Not eine Tugend gemacht und sich dafür ...22