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Werbehonorare in den Zeiten der Krise - leistungsbasierte Komponenten in der Agenturvergütung auf dem Vormarsch

MARKETING & WERBUNG | GENIOS BranchenWissen Nr. 06/2009 vom 29.06.2009


Alte Honorarmodelle werden durch neue ersetzt

Die werbetreibende Wirtschaft stellt im Zuge der aktuellen Krise alle Kosten und damit auch sämtliche Maßnahmen zur Kundengewinnung und -bindung auf den Prüfstand. Imagewerbung oder Markenkommunikation tritt vielenorts zugunsten von Abverkauf in den Hintergrund. Manche Werbetreibende verlängern schlicht ihre Zahlungsziele. Andere handeln ausschließlich preisgetrieben, sie fokussieren sich auf den günstigen Einkauf von Werbemedien und fordern vermehrt Rabatte. Wenn allerdings ausschließlich nach dem besten Rabatt gegangen wird, dann spielen strategische Erfolgskalküle nur noch eine untergeordnete Rolle. Einige Unternehmen stellen dementsprechend mittel- und langfristig zu erreichende Ziele wie Umsatz- und Marktanteilssteigerung weiterhin in den Vordergrund, verlangen jedoch von ihren Agenturen verstärkt Wirkungsnachweise für die vorgeschlagenen Konzepte. Dabei steigt die Nachfrage nach leistungsbasierten Abrechnungsmodellen. (2), (4), (6), (7), (9)


Kampagnenoptimierung

Die Kunden wollen sicher gehen, dass die Agenturen mit den eingesetzten Werbeinvestitionen die bestmögliche Wirkung erreichen und dabei möglichst effizient arbeiten. Orientiert wird sich mehr und mehr am Return on Investment ( ROI). Einige Agenturen berichten, dass vor diesem Hintergrund verstärkt niedrige Basishonorare mit leistungsabhängigen Honoraranteilen kombiniert werden. Der Kampagnenerfolg soll darüber bestimmen, welchen Preis der Kunde letztendlich bezahlt. Das Basishonorar wird dabei nicht wie bisher üblich nach Zeit- und Arbeitsaufwand berechnet. Stattdessen soll im Vorfeld die Leistung der Agentur im Dialog mit dem Kunden gemeinsam nach bestimmten Kriterien evaluiert und definiert werden. Werden die vereinbarten Ziele übertroffen, dann winken teilweise erhebliche Profite. (1), (3), (6), (8)


Chancen

Einige Experten sehen in der Zunahme leistungsbasierter Honorarkomponenten auch eine Chance für die Agenturen, die eigenen Prozesse und Strukturen zu verändern. Möglicherweise steigt dadurch die Bereitschaft zu klassischen Restrukturierungsmaßnahmen, wie sie in vielen anderen Wirtschaftsunternehmen derzeit geplant und umgesetzt werden: Um Marktentwicklungen zu analysieren und schneller darauf zu reagieren, Prozesse kontinuierlich zu optimieren und neu zu gestalten, Einstellungspolitik mit langfristiger Perspektive zu betreiben, den Wettbewerb zu beobachten und neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Durch performance-orientierte Vertragsbausteine kann im Erfolgsfall zudem mehr verdient werden, als es derzeit die Tendenz zu sinkenden Preisen generell vermuten lassen würde. Überdies können Agenturen ihre Kundenbeziehungen stärken, wenn tatsächlich ein intensiver Dialog über die Ziele stattfindet. (1), (6), (7)


Risiken

Zum einen besteht die Gefahr, dass Rabatt mit Effizienz verwechselt wird und der Trend zur leistungsabhängigen Vergütung in Preisdumping endet, obwohl sich die Kunden damit selbst schädigen würden. Ein schwerwiegendes Argument gegen eine erfolgsabhängige Bezahlung ist zum anderen, dass die Agenturen nur bedingt Kontrolle über die Zielerreichung haben, da Werbewirkung und -erfolg von vielen Aspekten abhängen. Auch die konkrete Erfolgsmessung einer Kampagne ist vor diesem Hintergrund schwierig. Dementsprechend herrscht Angst, dass der Kunde das Risiko des Geschäfts auf die Agentur abwälzen will und der Dienstleister bei zu knappem Basishonorar allenfalls die eigenen Kosten decken kann. (7)





Fallbeispiele

Da alle Werbekunden sparen wollen, ist insbesondere bei den Mediaagenturen der garantierte Honoraranteil in den vergangenen Jahren bereits sukzessive zurückgegangen. Die jüngste Debatte um die Effizienz und die Vergütungen auch von Kreativagenturen wurde ausgelöst durch den Vorstoß des Getränkekonzerns Coca-Cola. Dieser will die sogenannte Value Based Compensation als Industriestandard etablieren und wendet dieses Honorarmodell seit diesem Jahr in allen Kernmärkten an. Deutschland-Marketingchef Thomas Gries zufolge sollen nicht weiter die Faktoren Zeit und Arbeitsaufwand die Kosten einer Agenturleistung bestimmen. Vielmehr sei der Output entscheidend für den Wert. Zu einem Basishonorar, das in der Regel die wichtigsten Kosten deckt, kommt ein leistungsorientierter Bonus von bis zu 30 Prozent, der sich an vorher vereinbarten quantitativen und qualitativen Kriterien misst. Wie betont wird, soll es sich hier nicht um ein Kostenreduktionsmodell handeln, sondern um einen Weg, die Agenturbeziehungen besser managen zu können. Dabei will Coca-Cola mit der Agentur festlegen, was eine Kommunikationsidee jeweils wert ist. Zudem bemisst sich der Wert des Auftrags an der Komplexität der Aufgabe, der strategischen Bedeutung und der Kreativität. Auch der Marketingchef der Deutschen Bahn, Ralf Klein-Bölting, ist der Ansicht, dass eine Agentur am Erfolg, den sie verantwortet, gemessen werden sollte. (8), (10)

Die Medien reagieren mit entsprechenden Angeboten. TV-Vermarkter IP Deutschland bietet bereits seit sechs Jahren erfolgsabhängige Abrechnungsmodelle für die durch ihn geschaltete Werbung an. Nun setzt auch der Bauer-Verlag ein erfolgsabhängiges Rabattmodell ein, das unterschiedliche Nachlässe festlegt, je nachdem wie die Kampagne abschneidet. Beim Springer Verlag zahlt der Kunde für seine in Bild und Bild am Sonntag geschaltete Werbung lediglich einen Sockelbetrag und erst am Ende wird performance-orientiert abgerechnet. Der TV-Vermarkter SevenOne Media plant ebenfalls ein leistungsbasiertes Abrechnungsmodell. Das Wichtigste bei sämtlichen dieser Konzepte ist die Definition der Messfaktoren zur Bewertung des Kampagnenerfolgs. In der Regel sind das Absatzzahlen oder Marktanteile, aber auch Werbewirkungsfaktoren kommen in Betracht. Gemessen wird über das sogenannte Modelling, mit dem die unterschiedlichen Parameter isoliert und einzeln bewertet werden können. (2)

Die Agenturen selbst halten sich mit Kommentaren zurück. Teilweise berichten Mediavertreter, sie hätten gute Erfahrungen mit den leistungsabhängigen Vergütungsmodellen gemacht. Manchen ist es lieber, die Möglichkeit auf hohe Boni zu haben, als garantierte, aber niedrige Basishonorare. "Agenturen müssen die Chance auf überdurchschnittliche Margen haben und dafür ein gewisses Risiko eingehen. Man kann nicht beides haben: garantierten Profit und eine Erfolgsbeteiligung", sagte etwa Andrew Robertson, CEO von BBDO Worldwide. Der Präsident des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA, Peter John Mahrenholz, gibt allerdings zu bedenken, dass ein Vorschlag wie der von Coca-Cola die gesamten Risiken auf die Agentur verlagere, "auch das Risiko eines unklaren Briefings oder eines schlechten Produktkonzepts." Der Studie Agenturvergütung II der Organisation Werbungtreibender im Markenverband (OMW) aus dem Jahr 2008 zufolge verschlechterte sich nach Ansicht der Kunden die Leistung der Agenturen trotz geringerer Vergütung nicht maßgeblich. (5), (8), (10), [Abb. 1]



Zahlen & Fakten Abbildung 1: Einfluss der Vergütung auf die Leistung der Agenturen Quelle: OWM/ARC Studie 2008 Entnommen aus: Horizont, Nr. 11/2009 Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Einfluss der Vergütung auf die Leistung der Agenturen

Quelle: OWM/ARC Studie 2008 Entnommen aus: Horizont, Nr. 11/2009

Weiterführende Literatur:

(1.) Das Risiko nicht nur verschieben / Die Agenturen sind offen für flexible Honorarverträge mit leistungsbezogenen Komponenten / Probleme bereiten indes Zielvorgabe und Erfolgskontrolle
aus werben & verkaufen Nr. 22 vom 28.05.2009, S. 24

(2.) Abgerechnet wird am Schluss / Performance-Modelle sind der neue Media-Trend. Die Medien bieten an, ins Risiko zu gehen / Und hoffen so, an neue Kunden zu kommen
aus werben & verkaufen Nr. 22 vom 28.05.2009, S. 22

(3.) Erst Erfolg, dann das Geld / Mitten in der Krise scheint sich die erfolgsorientierte Vergütung durchzusetzen / Zahlreiche Medien bieten Performance-Modelle an, immer mehr Agenturen werden von ihren Auftraggebern leistungsbezogen bezahlt
aus werben & verkaufen Nr. 22 vom 28.05.2009, S. 22

(4.) Werbung nicht kaputtsparen / Effizienz war schon vor der Krise gefragt, jetzt gilt es, Marktanteile nicht zu verlieren
aus Absatzwirtschaft Nr. 04 vom 01.04.2009 Seite 048

(5.) Report Mediaplanung I / Im Fokus Vergütung
aus HORIZONT 11 vom 12.03.2009 Seite 034

(6.) Agentur-Strategien gegen die Krise / Viele Media-Agenturen haben in der derzeitigen Werbekrise mit doppelten Problemen zu kämpfen: Einerseits brechen die Budgets der Kunden weg, andererseits bleibt der Renditedruck aus dem Netzwerk hoch
aus W&V Media Nr. 03 vom 27.02.2009, S. 24

(7.) Intelligent sparen mit voller Wirkung
aus Absatzwirtschaft Sonderausgabe zum Deutschen Marketing-Tag vom 29.10.2008 Seite

(8.) Effizienz ist ein Buzzword / Michael Willeke, Director Marketing Communications Coca-Cola, erklärt Pay for Performance - und warum Effizienz nicht alles ist
aus HORIZONT 21 vom 22.05.2009 Seite 014

(9.) Eine amerikanische Mode: Value-based? Auftraggeber unter Druck lagern Finanzrisiken auf Dienstleister aus
aus "Horizont" Nr. 21/09 vom 22.05.2009 Seite: 15

(10.) Coca-Cola definiert den Preis neu / Der Konzern nimmt Agenturen in die Risiko-Pflicht - und ist damit nicht allein
aus HORIZONT 19 vom 07.05.2009 Seite 001

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Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 06/2009 vom 29.06.2009
Dokument-ID: s_mar_20090629

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