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Schienengüterverkehr - die Konjunkturflaute drückt das Transportaufkommen

TRANSPORT & LOGISTIK | GENIOS BranchenWissen Nr. 09 vom 25.09.2013


Transportbranche erlebt schwaches Jahr

Das Gütertransportaufkommen in Deutschland wird in diesem Jahr schrumpfen. Der Rückgang bei den transportierten Gütern fällt mit 0,4 Prozent allerdings nur gering aus. Für das nächste Jahr ist beim Güteraufkommen mit einem Zuwachs um bis zu zwei Prozent zu rechnen, was in erster Linie daran liegt, dass der deutsche Binnenverkehr wieder zulegen könnte. Für die Rückgänge im laufenden Jahr ist insbesondere der kalte Winter verantwortlich. Zwar legen transportintensive Branchen derzeit stark zu - bis auf die Stahlindustrie -, doch kommen die Zuwächse noch nicht bei den Transporteuren an. (1)


Schiene schwächelt besonders stark

Um 1,1 Prozent wird der Schienengüterverkehr in diesem Jahr zurückgehen. Schon im letzten Jahr hatte die Branche einen Schwund um 2,9 Prozent verzeichnen müssen, die unter den Landverkehrsträgern einen negativen Spitzenwert darstellten. Ein in zwei aufeinanderfolgenden Jahren sinkendes Transportaufkommen hatte es bei der Güterbahn zuletzt 1995/1996 gegeben. Dafür erscheinen die Aussichten für 2014 besonders optimistisch. Für das nächste Jahr wird dem Schienengüterverkehr ein Zuwachs beim Transportaufkommen von knapp drei Prozent prognostiziert.

Von der derzeit negativen Tendenz sind auch die anderen Verkehrswege betroffen. So muss sich der Straßengüterverkehr auf ein Transport-Minus von 0,5 Prozent einstellen. Noch im Frühjahr hatten die Experten den Brummifahrern ein Plus von 1,3 Prozent vorausgesagt. Der Hauptverkehrsträger der Logistik wird im nächsten Jahr jedoch ebenfalls wieder wachsen. Die Experten rechnen damit, dass das Plus für die Spediteure mit 3,1 Prozent noch etwas höher ausfällt als beim Schienengüterverkehr. (2)


Deutsche Bahn Schenker Rail schrumpft überdurchschnittlich

Der gesunkene Gütertransport schlägt sich auch auf die Bilanz des größten deutschen Schienengüterunternehmens nieder. DB Schenker Rail hat in den ersten sechs Monaten dieses Jahres vier Prozent weniger Güter transportiert als im Vorjahreszeitraum. Der Umsatz sank um drei Prozent auf 2,41 Milliarden Euro. Als Logistiksparte der Deutschen Bahn verzeichnet DB Schenker aber auch in anderen Sparten Rückgänge bei der Transportmenge. So verlor das Unternehmen in der Seefracht 1,6 Prozent, in der Luftfracht zwei Prozent. Der Gewinn vor Steuern (Ebit) sank in dieser Sparte um mehr als ein Drittel auf 82 Millionen Euro. Im Landverkehr lag die Sendungsmenge nach den ersten sechs Monaten ein Prozent unter dem Vorjahresergebnis, der Umsatz ging um zwei Prozent zurück. (3), (7)


Wettbewerber holen auf

Die Rückgänge bei der transportierten Gütermenge sähen unter den deutschen Transporteuren zunehmend Selbstzweifel. Unternehmen und Branchenexperten sehen Deutschland bei der Verteidigung seiner Rolle als Logistik-Weltmeister auf einem absteigenden Ast. In der Tat scheinen sich Transport und Logistik von den noch bis vor kurzem jedes Jahr erreichten Wachstumszahlen, die immer deutlich über dem Wachstum der Gesamtwirtschaft lagen, verabschieden zu müssen. Dies liegt auch daran, dass Deutschland als europäische Logistikdrehscheibe durch die sich weiter globalisierenden Warenströme an Bedeutung verliert.

Aktuelle Studien belegen ebenfalls, dass Deutschland um seine Stellung in der internationalen Logistik kämpfen muss. So hat die Weltbank den einstigen Seriensieger Bundesrepublik in der Rangliste der leistungsfähigsten Logistikmärkte vom angestammten ersten auf den vierten Platz heruntergestuft. Für die Beurteilung wurde nicht - wie man es hätte erwarten können - die vernachlässigte Straßeninfrastruktur als ausschlaggebend erachtet. Diese gehört nach internationalem Maßstab trotz der wachsenden Zahl von Löchern und Sperrungen weiterhin zur Spitzenklasse. Gleichwohl wird es als tendenziell nachteilig vermerkt, dass die Politik die Verbesserung der Infrastruktur schon länger nicht mehr im Fokus hat. Den im aktuellen Ranking führenden Ländern Singapur, Hongkong und Finnland werden überdies Vorteile bei der Zollabfertigung attestiert.

Im Wesentlichen sind die zurückgehenden Transportzahlen jedoch nicht auf die Leistungsfähigkeit des Logistikstandorts Deutschland, sondern auf den langsam gesättigten weltweiten Handel zurückzuführen. Viele der sehr optimistischen Schätzungen bezüglich der zu befördernden Transportmenge erweisen sich derzeit als Makulatur. So hat beispielsweise der Hamburger Hafen für das Jahr 2025 einen Umschlag von 25 Millionen Containern prognostiziert, was angesichts der aktuellen Zahlen jedoch als völlig illusorisch angesehen werden muss. Stattdessen verlagern sich die Transportströme nach Asien, mit dessen Wachstumszahlen Europa derzeit nicht mithalten kann. Ein Übriges tut die Eurokrise. Es liegt auf der Hand, dass die wirtschaftlichen Probleme Frankreichs, Italiens und der Peripherieländer an der Transportdrehscheibe Deutschland nicht spurlos vorbei gehen können.

Viele Experten sehen darum auch keinen Grund, in Selbstzweifel zu verfallen. So ist beispielsweise der Frankfurter Flughafen wegen seiner geografischen Lage nach wie vor ein perfekter Logistikschwerpunkt. Zu den vielen anderen komparativen Vorteilen gehört auch die Tatsache, dass mit der Bahn und der Post gleich zwei internationale Logistikriesen in Deutschland ihren Heimatmarkt haben. Nicht zuletzt wird die Erholung der europäischen Wirtschaftspartner irgendwann dazu führen, dass auch die deutschen Transporteure wieder mehr zu tun bekommen. (4)





Fallbeispiele


Neue Reparaturwerkstatt

DB Schenker hat für 24 Millionen Euro am Nürnberger Hauptbahnhof die größte Güter-Lok-Reparaturwerkstatt Deutschlands gebaut. In der Werkstatt werden eigene und die Loks von Fremdanbietern gewartet. Die Einrichtung soll Vorbildcharakter für die Lok-Werkstätten in ganz Europa haben. (9)


Fünf Zukunftsziele für die Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn hat ihre Zukunft in ein umfassendes Gesamtkonzept gegossen. Die Strategie 2020 umfasst fünf Ziele. Der Konzern will eine profitable Marktführerschaft erreichen, zum Top-Arbeitgeber avancieren, beim Umweltschutz Vorreiter werden, das gesellschaftliche Engagement stärken und fünftens verantwortungsvoll und gesetzeskonform agieren. In ihrem gerade veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht dokumentiert die Bahn, wie weit sie auf diesem Weg bisher gekommen ist. Als wichtigste Kennziffer für das Ziel der Marktführerschaft hat die Bahn die Kundenzufriedenheit ausgemacht, die bei der Schienengüterverkehrstochter auf eine Skala bis 100 derzeit bei 63 liegt. Der Personenfern- und der Nahverkehr schneiden kaum besser ab. Schon weiter scheint die Bahn beim Umweltschutz vorangekommen zu sein. So konnte der Anteil erneuerbarer Energien am insgesamt verbrauchten Strom 2012 von 21,8 auf 24 Prozent gesteigert werden. (6)


Gute Perspektiven für den Schienengüterverkehr

DB-Schenker-Rail-Chef Alexander Hedderich sieht für den Schienengüterverkehr - trotz der aktuellen Entwicklung - ein jährliches Wachstumspotenzial von zwei bis drei Prozent. Die aktuelle Baisse sieht er durch die Konjunkturflaute im Euroraum begründet. Hauptproblem der Güterbahnen sind nach Hedderich die Kostensteigerungen. Um dem zu begegnen, müssten die Güterbahnen Wege finden, um ihre Produktivität steigern. (8)



Zahlen & Fakten


Der Eisenbahngüterverkehr hat in Deutschland im ersten Halbjahr 2013 insgesamt 181,1 Millionen Tonnen Güter befördert. Dies bedeutet im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum einen Rückgang um 1,1 Prozent und entspricht damit den Einbußen, die auch für das gesamte Jahr 2013 erwartet werden. Die Verkehrsleistung, bei der die zurückgelegte Entfernung mit berücksichtigt wird, sank um 2,4 Prozent auf 53,8 Milliarden Tonnenkilometer. Besonders stark schmolzen die Transporte ins Ausland, die um 3,3 Prozent geringer ausfielen. Im Binnenverkehr betrug der Rückgang 2,4 Prozent. Auch der Transport von Containern und Wechselbehältern mit der Eisenbahn entwickelte rückläufig. Im ersten Halbjahr 2013 wurden 3,1 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU) transportiert, die gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Schwund um 0,7 Prozent bedeuten. (5)

Weiterführende Literatur:

(1.) 2013 sinkt die Nachfrage erneut / Die BAG-Kurzfristprognose sieht erst für das Jahr 2014 wieder steigendes Aufkommen
aus DVZ, Nr. 72 vom 06.09.2013

(2.) Acht Fragen zur Zukunft
aus Verkehrs Rundschau, Heft 37/2013, S. 25

(3.) DB kämpft mit Konjunkturflaute / Rückläufige Mengen im Schienengüterverkehr und in der Logistik
aus DVZ, Nr. 60 vom 26.07.2013

(4.) Logistikstandort Deutschland / Weltmeister mit Magersucht
aus BA Beschaffung aktuell, Heft 9, 2013, S. 32

(5.)Leichter Rückgang im 1. Halbjahr
aus Verkehrs Rundschau Nr. 36 vom 06.09.2013, Seite 14

(6.) DB ist "grüner" geworden
aus DVZ, Nr. 74 vom 13.09.2013

(7.) Intermodales zweites Standbein / European Cargo Logistics will mehr Trailer auf die Schiene bringen
aus DVZ, Nr. BLHL vom 17.09.2013

(8.) "Der Güterverkehr hat Wachstumspotenzial"
aus DVZ, Nr. 72 vom 06.09.2013

(9.) Güter-Drehscheibe erhält neue Werkstatt / DB Schenker investiert mehr als 24 Millionen Euro in Wartungsanlage am Nürnberger Rangierbahnhof
aus Nürnberger Nachrichten vom 20.09.2013, S. 11

Robert Reuter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 09 vom 25.09.2013
Dokument-ID: s_tra_20130925

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