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Product Placement - günstiges Marketing-Tool mit wenig Potenzial

MARKETING & WERBUNG | GENIOS BranchenWissen Nr. 03/2010 vom 17.03.2010


Einschränkungen setzen engen Rahmen

Zum 1. April 2010 setzt Deutschland im 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) EU-Regelungen für Product Placement im Fernsehen um. Die Änderung erlaubt bezahltes Product Placement und unbezahlte Produktbeihilfen. Bei Produktbeihilfen können Unternehmen den Film- und Fernsehproduktionen ihre Produkte unentgeltlich als Requisiten zur Verfügung stellen. Unter Product Placement dagegen versteht man jede Form audiovisueller kommerzieller Kommunikation, die darin besteht, gegen Entgelt ein Produkt, eine Dienstleistung oder die entsprechende Marke in eine Sendung einzubeziehen beziehungsweise darauf Bezug zu nehmen. Es gibt jedoch einige Einschränkungen. Beides ist nur in den Genres Fernsehfilme und -serien, Unterhaltungssendungen sowie Sportprogramme erlaubt. Des Weiteren darf der Werbetreibende keinen Einfluss auf Inhalt oder Sendeplatz der jeweiligen Sendung nehmen. Drittens darf die Platzierung des Produkts nicht zu offensichtlich sein und es darf nicht zum Kauf aufgefordert werden. Letztendlich muss zudem auf die Platzierung hingewiesen werden - vor und nach der Sendung und nach jedem Unterbrecherwerbeblock. Wie der dann nötige Hinweis aussehen soll, darüber streiten Landesmedienanstalten, öffentlich-rechtliche und private Sender noch. Sollen die Namen der Unternehmen genannt werden - was unter Umständen den Werbeeffekt verstärken würde - oder nicht? Letzteres würde dazu führen, dass für den Zuschauer nicht zu erkennen wäre, ob das Produkt platziert oder beigestellt ist. (1), (2), (3), (4)


Potenzial wird gering geschätzt

Product Placement ist bei den Zuschauern relativ gut bekannt, wie eine Umfrage zeigt. Gefragt nach alternativen Werbeformen zum TV-Werbeblock, gaben 17 Prozent der Befragten Product Placement an. Das ist Rang zwei hinter Schleichwerbung (25,4 Prozent) und vor Sponsoring (12,6 Prozent). Dennoch wird das Potenzial für den Werbemarkt als gering eingestuft. Schätzungen zufolge, ausgehend vom anteiligen TV-Werbevolumen in den USA, könnte der deutsche Markt für Product Placement einen Umfang zwischen 30 und 50 Millionen Euro haben. Ein Grund dafür liegt in den Werbeskandalen der Vergangenheit, wie etwa beim "Marienhof", die werbetreibende Unternehmen verunsichern. Auch wenn Sender und Produzenten immer wieder betonen, dass nicht viel mit Product Placement zu verdienen sei, so bietet es doch Chancen. Zwar ist die Werbezeit hierzulande immer noch auf zwölf Minuten pro Stunde beschränkt. Doch die Platzierungen zählen nicht mit. Angesichts eines wirtschaftlich angespannten Umfeldes werden die großen Gruppen sich mit dem Thema auseinandersetzen und es als weitere Sonderwerbeform anbieten. (1), (3), [Abb. 1]


Günstiges Marketing-Tool

Obwohl das Potenzial der Werbeform gegenwärtig gering eingeschätzt wird, wurde ein Aufwärtstendenz der Disziplin vom Product-Placement-Monitor 2008 bestätigt. Dafür wurden Marketingleiter von 44 Unternehmen befragt. Dabei sehen 59 Prozent der Befragten eine steigende oder stark steigende Tendenz für Product Placement. Die Bedeutung nahm wieder zu, nachdem die Werte im Jahr 2006, auch wegen den bereits erwähnten Werbeskandalen, zurückgegangen waren. Platzierungsstrategien wollen aber gut organisiert sein. Vor allem für B2B-Unternehmen und Mittelständler gilt, dass sie ihre Engagements mit Veranstaltungen für Händler und Kunden begleiten müssen, bei denen sie auf das Placement hinweisen. Schließlich erkennt man beispielsweise das Möbelstück eines Werbetreibenden im Fernsehen wohl kaum auf Anhieb. Da nur vernetzte Strategien funktionieren, muss der Werbetreibende einen rund fünf- bis niedrig sechsstelligen Euro-Betrag aufbringen, um etwas bewegen zu können. Das ist verglichen mit anderen Marketing-Tools allerdings ein günstiger Preis. (5)


Pro und contra Product Placement

Was sind die Vor- und Nachteile von Product Placement? Auf der Pro-Seite steht, dass das Produkt nicht im Kontext klassischer Werbung erscheint, so dass Vorbehalte gegen Werbung nicht überwunden werden müssen. Zum anderen sind auch positive Imageeffekte durch Einbettung in beliebte Sendeformate leicht möglich. Schließlich bleibt zu erwähnen, dass im Vergleich zu Werbespots sehr hohe Reichweiten erzielbar sind.
Was spricht gegen Product Placement? So können aufdringliche Platzierungen negative Effekte bei Zuschauern haben. Der Erfolg ist zudem schwierig zu kontrollieren, denn lediglich technische Reichweiten, nicht aber Wirkung beim Rezipienten sind bislang zufrieden stellend messbar. Letztendlich spielt Kontinuität eine große Rolle, denn nur ein regelmäßiger Einsatz hält Kunden bei der Stange. (5)


Mehrheit der Zuschauer stört Product Placement nicht

Wie reagiert der Zuschauer auf Product Placement? Basierend auf einer aktuellen Studie der Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein wird davon ausgegangen, dass sie sich daran gewöhnen werden. Zwar geben rund 71 Prozent der Befragten an, dass sie es nicht in Ordnung finden, wenn Programm und Werbung vermischt werden, aber nur 43,5 Prozent stört es. Knapp 67 Prozent der Befragten plädierten dafür, dass Werbeformen stets gekennzeichnet werden sollen. Knapp 38 Prozent gaben an, auch ohne Hinweise zu erkennen, wenn Werbung und Programm vermischt werden. (6), [Abb. 2]





Fallbeispiele

Der Kölner Kofferhersteller Rimowa hat bereits vor vielen Jahren die gezielte Platzierung seiner Produkte in Film- und Fernsehproduktionen zu seinem wichtigsten Werbeinstrument erklärt. Heute macht Product Placement rund die Hälfte des Werbebudgets aus. Wie geht das Unternehmen dabei vor? Eine eigens engagierte Agentur aus Los Angeles durchforstet in Auftrag von Rimowa Hollywood-Drehbücher und schleust die Koffer an den richtigen Stellen ein. Am Kölner Standort betreuen zwei Mitarbeiter die kostenlose Requisitenvergabe an deutsche Produktionen. Auch der brasilianische Markt soll erobert werden. Mitarbeiter eines eigenen Büros in Brasilien kümmern sich darum, dass regelmäßig ein Markenkoffer in einer Telenovela zu sehen ist. Der Premiumkofferhersteller erzielte im vergangenen Jahr rund 85 Millionen Euro Umsatz. (7)

Die Web-Serie "Deer Lucy" diente als Bühne für Otto-Produkte. Anfang 2009 startete bei Medienpartner Bild.de und auf einer eigenen Website die Web-TV-Serie. Die unabhängige Film- und Fernsehproduktionsfirma MME Me, Myself & Eye Entertainment produzierte das Format mit 20 Episoden. Die Folgen dauerten jeweils fünf Minuten und wurden montags und donnerstags online veröffentlicht. Der Abruf des Video-Streams war für die Nutzer kostenlos. Die Finanzierung der Webisodes erfolgte hauptsächlich über Product Placement. Die Protagonisten trugen Kleidung aus dem Otto-Sortiment. Neben dem Player führte ein Banner die Kunden direkt zum Otto-Shop. Weitere Serienpartner waren die Automarke Smart und der Haarpflegemittel-Hersteller Shan Rahimkhan. (8)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Schleichwerbung - die bekannteste alternative Werbeform zum TV-Werbeblock

Quelle: Vistas Verlag / MA HSH Entnommen aus: HORIZONT 13 vom 26.03.2009 (9)
Abbildung 2: Zuschauer wollen Hinweise

Quelle: Medienanstalt Hamburg Schleswig-Holstein / Vistas Verlag: "Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen", 2009 Entnommen aus: HORIZONT 15 vom 09.04.2009 (6)

Weiterführende Literatur:

(1.)30 bis 50 Millionen Euro sind drin
aus Kontakter Nr. 45 vom 02.11.2009, Seite 24

(2.) Außer Kontrolle
aus werben & verkaufen Nr. 47 vom 19.11.2009, S. 65

(3.)Ein Fall für die Juristen
aus HORIZONT - Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Nr. 43 vom 22.10.2009, Seite 4

(4.) Wenn starke Marken eine kleine Rolle spielen
aus Handelsblatt Nr. 024 vom 04.02.2010 Seite 32

(5.) Ende des Versteckspiels
aus acquisa, Vol. 55, Heft 12/2009, S. 30-31

(6.) Platzierungen sorgen für Ärger
aus HORIZONT 15 vom 09.04.2009 Seite 026

(7.) Wenn starke Marken eine kleine Rolle spielen
aus Handelsblatt Nr. 024 vom 04.02.2010 Seite 32

(8.) In den Klamotten der Werbekunden
aus werben & verkaufen Nr. 48 vom 26.11.2009, S. 68

(9.)Placements finden Anklang
aus HORIZONT - Zeitung für Marketing, Werbung und Medien Nr. 13 vom 26.03.2009, Seite 6

M.Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 03/2010 vom 17.03.2010
Dokument-ID: s_mar_20100317

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