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Nutzfahrzeuge - der deutsche Markt wächst 2017 etwas schwächer

AUTOMOBIL | GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 16.04.2018


Deutsche Nutzfahrzeugkonjunktur mit gebremstem Schaum

Auf dem deutschen Nutzfahrzeugmarkt ist 2017 die Zahl der Neuzulassungen um gut drei Prozent auf 369 100 Transporter, Lkw und Busse gestiegen - ein neuer Rekord. Grund dafür waren die gute gesamtwirtschaftliche Lage sowie der boomende Online-Versandhandel, der sich vor allem bei den Transportern bemerkbar macht. Entsprechend stieg der Absatz von leichten Nutzfahrzeugen bis sechs Tonnen um gut vier Prozent auf 276 100 Einheiten. Ferner nahm der Absatz für Lastkraftwagen über sechs Tonnen um 0,3 Prozent auf 86 300 Stück zu, bei den Bussen waren es 0,2 Prozent auf 6 700. Gegenüber 2016 hat sich die Nutzfahrzeugkonjunktur aber abgeschwächt, damals gab es noch ein Plus von sieben Prozent. Das Geschäft mit den Nutzfahrzeugen ist ein anderes als mit Pkw. Lkw werden erheblich länger gefahren, das Geschäft hängt deutlich stärker von der Konjunktur ab. (1), [Abb. 1]


Wachstum in Europa flaut ebenfalls ab

Auf dem Nutzfahrzeugmarkt Europas hat das Wachstum ebenfalls nachgelassen. Der Absatz lag 2017 bei rund 2,4 Millionen Fahrzeugen, ein Plus von 3,2 Prozent. 2016 hatte das Plus noch 11,6 Prozent betragen. Besonders stark entwickelte sich 2017 der spanische Markt mit einem Plus von 13,5 Prozent, gefolgt von Frankreich mit 6,9 Prozent und Deutschland mit 3,3 Prozent. In Italien und Großbritannien gingen die Verkäufe dagegen zurück. Auch in Europa waren die Transporter bis 3,5 Tonnen am stärksten nachgefragt. Knapp zwei Millionen neue Fahrzeuge kamen auf die Straße, 3,9 Prozent mehr als 2016. (11)



Trends

Auch bei den Nutzfahrzeugen gibt es den Trend zu alternativen Antrieben. So hat Daimler kürzlich eine zweite Version seines Elektro-Lkw eActros vorgestellt. Zwei der ersten zehn Test-Exemplare sollen für Edeka und Migros Ware von Verteilzentren zu Supermärkten transportieren. Ferner kündigte der US-Elektroauto-Pionier Tesla an, 2019 seine elektrische Sattelzugmaschine Semi Truck zu testen. Auch MAN, Scania und diverse Start-ups bringen grüne Laster auf die Straße - mit Elektro-, Wasserstoff- und Gas-Antrieb. (7)

DB Schenker, die Logistiksparte der Deutschen Bahn, testet seit April zusammen mit der VW-Tochter MAN Truck & Bus erstmals digital vernetzte Lkw im Transport von Stückgut. Durch enges Kolonne-Fahren (Platooning) wollen die beiden Konzerne Treibstoff sparen. Ziel ist es, den Dieselverbrauch der Kolonne um zehn Prozent zu reduzieren. Die teilautonomen Laster sind ein Zwischenschritt zu selbstfahrenden Lkw. (8)



Fallbeispiele

Daimler hat 2017 seinen Absatz in der Truck-Sparte um 13 Prozent gesteigert. Das operative Ergebnis (Ebit) legte um 22 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro zu, der Umsatz um 7,5 Prozent auf 35,7 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite kletterte dadurch auf 6,7 von zuvor 5,9 Prozent. Der Konzern sieht sich damit aber noch "deutlich unter den Möglichkeiten". 2018 und 2019 will Daimler 2,5 Milliarden Euro in die Sparte investieren, davon mindestens 500 Millionen Euro in Elektrifizierung, autonomes Fahren und Vernetzung. Bis 2021 soll der erste schwere elektrisch betriebene Lkw in Serie auf den Markt kommen. (2), (3)

In der Transporter-Sparte Mercedes-Benz Vans hat Daimler 2017 erstmals mehr als 400 000 Fahrzeuge verkauft. Der Umsatz kletterte um 3,1 Prozent auf 13,2 Milliarden Euro, das operative Ergebnis um 0,8 Prozent auf 1,18 Milliarden Euro. Die Sparte wächst seit fünf Jahren kontinuierlich. Trotz steigendem Absatz rechnet Daimler im laufenden Jahr aber mit weniger Gewinn für die Sparte. Gründe sind die hohen Investitionen in den Sprinter-Modellwechsel, aber auch die Kosten für das Hochfahren der Produktion anderer Modelle sowie negative Wechselkurseffekte. (6)

Ferner steht Daimler wegen seiner Beteiligung an einem Lkw-Kartell vor Gericht. Ein Recyclingunternehmen aus Halle an der Saale warf dem Konzern vor, mit den anderen Nutzfahrzeugherstellern Preise abgesprochen zu haben. Das Unternehmen fordert nun Schadenersatz. Von 1997 bis 2011 tauschten nach Feststellung der EU-Kommission die Lkw-Hersteller MAN, Daimler, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania Informationen aus. Es ging um Preise und die Einführung klimaschonender Technik. Vor mehreren Gerichten sind nun Klagen gegen die Lkw-Hersteller anhängig. Es geht um Forderungen von weit mehr als einer Milliarde Euro. (9)

Volkswagen (VW) hat mit seiner Transporter-Sparte den Absatz um 4,2 Prozent auf knapp 498 000 Fahrzeuge gesteigert. Der Umsatz kletterte um 7,1 Prozent auf 11,9 Milliarden Euro. Im operativen Geschäft verdienten die VW-Nutzfahrzeuge 853 Millionen Euro, fast 90 Prozent mehr als 2016. Das war der höchste Gewinn der Unternehmensgeschichte. VW profitiert immer stärker vom neuen Transportermodell Crafter. Im laufenden Jahr will die Sparte ähnlich viele Autos wie 2017 verkaufen. Die Dieselkrise schadet VW Nutzfahrzeuge bislang nicht. Dennoch will die Marke in den kommenden Jahren mehr E-Transporter anbieten. (4)

Der Volkswagen-Konzern will seine Lkw-Sparte möglichst bald an die Börse bringen. Dazu soll zunächst die Volkswagen Truck & Bus GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. An der Börse soll die Aktie dann im Frühjahr kommenden Jahres erstmals gehandelt werden. Endgültig beschlossen ist der Börsengang aber noch nicht. Über eine Abspaltung des Nutzfahrzeugbereichs wird schon länger spekuliert. Allerdings hatten die Familien Porsche/Piëch gebremst. Unter Führung des früheren VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch hatte man MAN und Scania übernommen, um einen integrierten Fahrzeughersteller zu schaffen. Von dieser Vorstellung rückt VW nun offenbar ab. (5)

Der schwedische Nutzfahrzeughersteller Volvo hat dank guter Geschäfte mit Lastwagen ein Rekordjahr hingelegt. Unter dem Strich machten die Schweden 2017 einen Gewinn von 21,3 Milliarden Kronen (rund 2,2 Milliarden Euro), ein Plus von gut 60 Prozent. Der Umsatz stieg um elf Prozent auf knapp 335 Milliarden Kronen. Vor allem das Lkw-Geschäft in Europa und Nordamerika trug zum guten Ergebnis bei. Auch in Brasilien lief es besser. Für 2018 rechnet Volvo mit einer weiter guten Nachfrage in den drei Märkten. Zu Jahresbeginn kündigte Volvo an, ab 2019 auch Elektro-Lkw verkaufen zu wollen. (10)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Absatz von Nutzfahrzeugen in Deutschland
JahrAbsatz gemäß Stückzahlen
2017369.100
2016357.300
2015333.800

Quelle: Verband der Automobilindustrie (VDA) Eigene Recherchen

Weiterführende Literatur:

(1.) Nutzfahrzeugmarkt: Zulassungsrekord 2017 in Deutschland
aus motor-informations-dienst (mid) vom 19.02.2018

(2.) Mercedes Sprinter - Daimler investiert 2,5 Milliarden in neuen Transporter
aus Handelsblatt online vom 19.02.2018

(3.) Daimlers Elektro-Lkw soll 2021 in Serie gehen - Konzernsparte erwartet 2018 deutliches Wachstum - Schwerer Elektro-Lkw geht in den Kundentest
aus Börsen-Zeitung vom 22.02.2018, Nr. 37, S. 9

(4.) VW-Kunden testen erste Elektro-Transporter - neuer Absatzrekord
aus Handelsblatt online vom 16.03.2018

(5.) VW bereitet Börsengang seiner Lkw-Sparte vor
aus Handelsblatt online vom 04.03.2018

(6.) Trotz höherem Absatz: Daimler Vans rechnet mit weniger Gewinn
aus automobilwoche.de Newsletter Feed, 15.03.2018

(7.) Umweltfreundlichere Laster am Start - Daimler, MAN und Tesla stellen Elektro-Lkw für Distributionsverkehr vor - Erste Tests mit Oberleitung - Wasserstoff als Alternative
aus Lebensmittel Zeitung 8 vom 23.02.2018 Seite 062

(8.) Lkw-Kolonnen sollen Sprit sparen - MAN und DB Schenker starten Platooning - Ziel: Treibstoff-Ersparnis und CO2-Reduktion - Test für autonomes Fahren
aus Lebensmittel Zeitung 7 vom 16.02.2018 Seite 042

(9.) Klage gegen Lkw-Kartell: Fall von Daimler verhandelt
aus Stuttgarter Zeitung, 31.03.2018, S. 12

(10.) Schwedischer Autobauer - Lastwagen-Absatz beschert Volvo Rekordjahr
aus WirtschaftsWoche online 31.01.2018 um 13:40:00 Uhr

(11.) Langsameres Wachstum in Europa - Im vergangenen Jahr wurden laut ACEA rund 2,4 Millionen Transporter, Lkw und Busse verkauft. Das waren 3,2 Prozent mehr als 2016.
aus AUTOHAUS Online vom 25.01.2018

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 16.04.2018
Dokument-ID: s_aut_20180416

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