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Musikindustrie - steht die Branche vor der Trendwende

MEDIEN & VERLAGE | GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 27.04.2012


Musikmarkt erstmals seit Jahren nicht geschrumpft

Die Musikindustrie befindet sich schon seit Jahren auf Talfahrt. In Deutschland, immerhin drittgrößter Musikmarkt der Welt, gingen fast 40 Prozent der Erlöse verloren. 2011 indes stabilisierte sich der Markt erstmals seit 1997 wieder. Der Umsatz stagnierte bei 1,49 Milliarden Euro. Während die CD-Erlöse um 2,9 Prozent sanken, wuchs der digitale Markt um 21,2 Prozent. Der Start ins Jahr 2012 verlief vielversprechend. Im ersten Quartal gab es ein Plus von 4,2 Prozent. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist in Deutschland die CD mit einem Umsatzanteil von rund drei Vierteln noch immer die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Plattenfirmen. (1), (8), [Abb. 1]


Der Weltmarkt erholt sich ebenfalls

Auch international bessert sich die Lage etwas. Der globale Musikmarkt schrumpfte 2011 zwar noch um drei Prozent auf etwa 16,2 Milliarden Dollar, der Rückgang fiel aber nur noch halb so stark aus wie 2010. Der Umsatz legaler Downloads stieg um acht Prozent auf 5,2 Milliarden Dollar, während der Umsatz mit CDs um knapp ein Zehntel auf rund elf Milliarden Dollar zurückging. 2011 wurde weltweit bereits ein Drittel aller Musik per Internet verkauft. Zu verdanken war dies vor allem der Entwicklung in den USA, dem weltgrößten Musikmarkt. Dort wurden gar erstmals mehr Alben als Download statt als CD verkauft. Insgesamt hat der US-Markt erstmals seit 2004 wieder ein Absatzplus verzeichnet. (2), (8)


Streaming bietet der Branche weitere Potenziale

Potenziale bieten der Musikindustrie sogenannte Streaming-Angebote. Statt Musik zu kaufen, kann der Konsument gegen eine monatliche Nutzungsgebühr auf eine Sammlung von Liedern und Alben im Internet zugreifen. Beispiele sind Dienste wie Spotify, Deezer und Grooveshark. Schon jetzt erfolgen 18 Prozent der täglichen Musiknutzung über Streaming. Geld verdienen die Anbieter meist durch Werbeunterbrechungen. Wer beim Musikhören nicht durch Werbung gestört werden will, muss eine zusätzliche Gebühr bezahlen. Bei Spotify ist etwa jeder fünfte Kunde bereit, Geld hinzulegen. Derzeit soll der Dienst 2,5 Millionen zahlende Kunden haben. Doch teilweise gibt es auch Konflikte zwischen den Streaming-Anbietern und den Plattenfirmen. So macht Grooveshark derzeit eine Urheberrechtsklage von Universal Music über 1,5 Milliarden Dollar zu schaffen. Der Grund: Der Streaming-Dienst soll auch Musikstücke mit unklarer Herkunft im Repertoire gehabt haben. (1), (4), (5)





Fallbeispiele

Bislang haben vier Konzerne den Weltmarkt dominiert: Sony Music, Universal, Warner Music und EMI. Die Verlagssparte der britischen EMI wird nun aber an Sony verkauft. Der Kaufpreis beträgt 2,2 Milliarden Dollar. Universal Music will den Rest von EMI kaufen. Die Europäische Kommission hat die Transaktion inzwischen genehmigt. Auflage ist allerdings, dass Sony die Rechte an mehreren Musikkatalogen sowie der Werke von zwölf Künstlern, darunter Robbie Williams und Ozzy Osbourne, verkauft. Kritiker fürchten, dass der EMI-Verkauf zu einer musikalischen Monokultur führt. (7)

Zum Verkauf stand im vergangenen Jahr auch Warner Music, der drittgrößte Musikkonzern der Welt. Käufer war Access Industries, ein Unternehmen des russischstämmigen US-Milliardärs Len Blavatnik. Der Kaufpreis betrug 3,3 Milliarden Dollar. Auch Bertelsmann und Sony waren an Warner interessiert. Warner Music gehörte einst dem US-Medienkonzern Time Warner. Dieser hatte die Musiktochter 2004 für 2,6 Milliarden Dollar an den Medienunternehmer und heutigen Vorstandschef Edgar Bronfman verkauft. Ihm gelang es aber nicht, die Firma in die schwarzen Zahlen zu bringen. 2010 erwirtschaftete Warner Music einen Verlust von 143 Millionen Dollar. (9)

Der Musikindustrie macht die Online-Piraterie für den jahrelangen Niedergang der Branche verantwortlich. Allerdings setzen sich auch im Netz legale Angebote durch. Ein Beispiel ist iTunes, der Musikdienst des Technologiekonzerns Apple. Seit 2003 hat Apple mehr als 16 Milliarden Songs via iTunes verkauft. (5)

Dessen ungeachtet setzt die Musikindustrie ihren Kampf gegen die Online-Piraterie fort. So hob die Polizei in Neuseeland die Piraterieplattform Megaupload des deutschen Internetunternehmers Kim Schmitz aus. Megaupload wird vorgeworfen, im großen Stil Urheberrechte für Musik und Filme verletzt zu haben. Zuvor waren bereits ähnliche Angebote wie Limewire und Kino.to geschlossen worden. Die Musikkonzerne wollen auch Internetkonzerne wie Google sowie Werbeagenturen stärker in die Verantwortung zu nehmen. Wenn Nutzer über Google Musik suchen, müssten legale Angebote zuerst angezeigt werden, fordert die Musikindustrie. Außerdem will sie verhindern, dass Piraterieplattformen mit Werbung Geld verdienten. (4)

Das Videoportal YouTube muss sieben von der deutschen Musik-Verwertungsgesellschaft Gema genannte Musiktitel aus seinem Angebot entfernen. Dies entschied das Landgericht Hamburg in erster Instanz. Dem noch nicht rechtskräftigen Urteil wird grundlegende Bedeutung für das Urheberrecht im Internet beigemessen. Die Gema hatte YouTube verklagt, da das Videoportal nach Ansicht der Verwertungsgesellschaft zu wenig dafür tut, um die Veröffentlichung von urheberrechtlich geschützten Materialen zu verhindern. Die Gema wahrt die Urheberrechte von mehr als 60 000 Komponisten, Textautoren und Musikverlegern. (3)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Umsatz im deutschen Musikmarkt
JahrUmsatz in
Milliarden Euro
davon mit
physischen Tonträgern*
20071,651,56
20081,621,48
20091,581,4
20101,491,29
20111,481,24

* CD, MC, LP, Single, DVD, VHS Quelle: Bundesverband Musikindustrie Entnommen aus: Fakt - Markt- und Branchenstatistiken (6)

Weiterführende Literatur:

(1.) Branche in Dur und Moll - Musikindustrie: Das Geschäft legt wieder zu - Weiter Klagen über illegale Konkurrenz
aus Wiesbadener Kurier vom 20.04.2012

(2.) Musikbranche bejubelt Stagnation
aus FINANCIAL TIMES Deutschland

(3.) Youtube verliert im Streit mit deutscher Musikindustrie
aus "Der Standard" vom 21.04.2012 Seite: 24

(4.) Musikindustrie erklärt Krise für beendet - Nach mehr als einem Jahrzehnt des Niedergangs glauben die Plattenfirmen, ein tragfähiges Geschäftsmodell für das Digitalzeitalter gefunden zu haben.
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2012, Nr. 20, S. 12

(5.) Hulu bis iTunes: legal und erfolgreich - Der Musikindustrie gehen die Gründe zum Jammern aus. Im Fahrwasser von iTunes hat sich ein lebhafter und legaler Onlinehandel mit Musik und Videos entwickelt.
aus Die Presse vom 2012-01-29, Seite: 19

(6.)Top 4 Musikkonzerne, Musikmarkt 2007-2011
aus Fakt - Markt- und Branchenstatistiken vom 15.12.2011

(7.) Der größte Musikverlag der Welt entsteht - EU genehmigt Teilübernahme von EMI durch Sony
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.04.2012, Nr. 93, S. 17

(8.) Das klingt gut - Musikindustrie erwartet Trendwende. Wachsende Umsätze dank legaler Downloads
aus Frankfurter Rundschau vom 08.02.2012, Seite 16

(9.) Russischer Milliardär kauft angeschlagene Warner Music
aus Handelsblatt Nr. 089 vom 09.05.2011 Seite 22

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 27.04.2012
Dokument-ID: s_med_20120427

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