GENIOS BranchenWissen > TRANSPORT & LOGISTIK
Logo GENIOS BranchenWissen

Luftfracht - neue Regeln für mehr Sicherheit

TRANSPORT & LOGISTIK | GENIOS BranchenWissen Nr. 03 vom 20.03.2017


Transportwesen mit gemischter Bilanz

Das Transportwesen in Deutschland hat 2016 neue Rekordmarken aufgestellt. Vorläufigen Angaben zufolge stieg die transportierte Gütermenge um 1,1 Prozent auf 4,6 Milliarden Tonnen. Damit wuchs der Güterverkehr in Deutschland das vierte Jahr in Folge. Luftfracht, die Straße und der Seeschiffverkehr legten zu, Schiene und Binnenschiff hingegen verbuchten leichte Rückgänge.

1,5 Prozent mehr Güter als im Jahr 2015 wurden durch LKW von A nach B gebracht. Seeschiffe transportierten 0,3 Prozent mehr Güter als im Jahr davor. Den stärksten Zuwachs verzeichnete die Luftfracht mit plus 3,3 Prozent. Die Verkehrswege Schiene und Binnenschiff verzeichneten Rückgänge um 1,6 und 0,8 Prozent. (1), (2)


Der globale Passagierverkehr wächst schneller als die Luftfracht

Nach Angaben der International Air Transport Association (IATA) hat der weltweite Flugverkehr auch 2016 deutlich zugenommen. Alle Airlines auf dem Globus zusammen haben im vergangenen Jahr Nettogewinne von 35,6 Milliarden US-Dollar erflogen, im Jahr davor waren es 35,3 Milliarden US-Dollar. Allerdings hat sich die Luftfracht schwächer entwickelt als der Passagierverkehr. So legte die globale Luftfracht um 3,8 Prozent zu, im Passagiergeschäft wuchsen die verkauften Reisekilometer um 6,3 Prozent. (3)


Neue Gesetze für die Luftfracht

Als Reaktion auf die weltweite Terrorgefahr soll der Luftverkehr noch sicherer werden. Hierfür haben Bundestag und Bundesrat im Dezember eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes beschlossen. Die Gesetzesnovelle folgt der Vorgaben der EU-Luftsicherheitsverordnung, geht aber in Teilbereichen darüber hinaus. So unterliegt die Luftfracht ab 2018 besonders scharfen Bestimmungen. Im Visier des Gesetzgebers steht der so genannte Innentäter, mit dem die Mitarbeiter von Luftfrachtspeditionen und den Luftfrachtunternehmen gemeint sind. Von ihnen geht die Gefahr aus, dass sie beispielsweise Transportbehälter unbemerkt mit Sprengsätzen bestücken. Bisher oblag es den Frachtunternehmen selbst, ihre Mitarbeiter auf terroristische Verbindungen und Gefährdungspotenzial hin zu überprüfen. Künftig übernehmen dies die regionalen Luftsicherheitsbehörden, das Verfahren heißt Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP). Die frühere Überprüfung durch den Arbeitgeber selbst fällt damit weg. Die notwendigen Informationen über die Luftfrachtmitarbeiter erhalten die Luftsicherheitsbehörden von den Landeskriminalämtern, Verfassungsschutzbehörden sowie dem Bundeszentralregister beim Bundesamt für Justiz. Auch der Bundesnachrichtendienst und die Ausländerbehörden sind angehalten, bei Nachfragen Informationen zu liefern.

Ist der neue Mitarbeiter überprüft und an seiner Arbeitsstelle angekommen, stehen weitere Überprüfungen an - nämlich dann, wenn er innerhalb des Luftfrachtunternehmens neue Aufgaben übernimmt oder die Position wechselt. Die Luftfrachtunternehmen sind dann verpflichtet, den Aufgabenwechsel an die Behörden zu melden.

Die Luftfrachtunternehmen sehen die Notwendigkeit der umfassenden Überprüfung ihrer Mitarbeiter ein, befürchten aber, dass sich Einstellungsverfahren nun noch mehr in die Länge ziehen als bisher. Schon heute dauert es mehrere Wochen bis sogar Monate, bevor ein Einstellungskandidat grünes Licht für seinen Arbeitseinsatz erhält. In der Kritik stehen insbesondere die neuerlichen Überprüfungspflichten für bereits vorhandene Mitarbeiter, da dies nach Ansicht der Air-Cargo-Firmen nur zu mehr Bürokratie führt.

Zudem ist es nun nicht mehr ohne weiteres möglich, Mitarbeiter bei Engpässen an der einen oder anderen Stelle des Unternehmens flexibel einzusetzen. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) moniert daher, dass das neue Luftsicherheitsgesetz deutsche Luftfrachtunternehmen im internationalen Vergleich benachteiligt. Befürchtet wird, dass sich die Abwicklung von Luftfrachttransporten auf deutschem Boden künftig stark verzögert, ohne hierdurch signifikante Verbesserungen bei der Sicherheit zu erreichen. (4), (5)





Fallbeispiele


Lufthansa Cargo fliegt in die roten Zahlen

Die Frachttochter der Lufthansa ist Europas größtes Air-Cargo-Unternehmen, hat im Jahr 2016 aber einen Betriebsverlust von 50 Millionen Euro eingeflogen. Im Jahr davor hatte es noch ein Plus von 74 Millionen Euro gegeben. Verursacht wurde der drastische Ergebniseinbruch nach Angaben des Unternehmens durch Überkapazitäten in der internationalen Luftfracht und die daraus resultierenden niedrigen Preise. Die Umsätze sanken von 2,35 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 2,1 Milliarden Euro. Die gleichzeitig erreichte Steigerung der Transportleistung um 0,3 Prozent hat den Ergebnisrückgang nicht aufhalten können.

Reagieren will LH Cargo auf das überaus schwache Ergebnis mit der Reduzierung der Kosten. So sollen für das Personal bis nächstes Jahr 80 Millionen Euro weniger ausgegeben werden. Hierfür müssen 800 der weltweit 4 570 Mitarbeiter ihren Hut nehmen.

Anders sieht es für das Unternehmen Lufthansa insgesamt aus. Trotz der Streiks und der Terrorangst hat die Lufthansa Group 2016 mit 1,8 Milliarden Euro Gewinn ein neues Rekordergebnis erzielt. Die Zahl der Fluggäste stieg im Vorjahresvergleich um 1,8 Prozent. Wichtige Beiträge zu dem guten Gesamtergebnis steuerten die nicht so sehr im Fokus stehenden Geschäftsfelder Technik und Catering bei. Ersteres erwirtschaftete mit 3,5 Milliarden Euro acht Prozent mehr Erlöse als 2015, das Catering kam auf plus 6,9 Prozent und 2,6 Milliarden Euro. (6)


Friedensschluss für die nächsten fünf Jahre

Zeitgleich mit der Verkündung des guten Gesamtergebnisses hat die Lufthansa endlich den Dauerstreit mit ihren Piloten und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) beilegen können. Die Friedenspflicht besteht nun für die nächsten fünf Jahre, so dass die ebenso ärgerlichen wie teuren Pilotenstreiks nun vorbei sind. Seit 2014 hatten die Flugzeugführer 14 Mal den Steuerknüppel aus der Hand gelegt. Vereinbart wurden für die 5 400 Piloten neue Regelungen bei der Vergütung, der Altersvorsorge und der Frühverrentung. Die Vereinbarungen gelten für das Mutterunternehmen ebenso wie für Lufthansa Cargo und German Wings. (7)


Frankfurter Flughafen meldet Rekordgewinn - zufrieden ist man dennoch nicht

Der Betreiber des Frankfurter Flughafens, die Fraport AG, hat 2016 ein neues Rekordergebnis erwirtschaftet. Der Umsatz stieg um 1,8 Prozent, das Vorsteuerergebnis stieg sogar um 24,2 Prozent auf 1,05 Milliarden Euro. Zufrieden ist man dennoch nicht, denn die Zugewinne wurden ausschließlich von den auswärtigen Konzern-Flughäfen in Lima (Peru), Varna und Burgas (Bulgarien) geliefert. Auch Fraport USA sowie Grundstücksverkäufe trugen große Scherflein zum Ergebnis bei. An seinem eigentlichen Heimatstandort hingegen, eben dem Frankfurter Flughafen, verlief die Geschäftstätigkeit rückläufig. So sank die Zahl der beförderten Passagiere um 0,4 Prozent auf 61 Millionen, die beiden Terminals waren nur zu 70 Prozent ausgelastet. Da Fraport gerade ein drittes Terminal vorbereitet, wird sich die Auslastung noch weiter verschlechtern. Damit fehlt es Fraport ganz schlicht an genügend Passagieren. Um dies zu ändern, sollen mehr Maschinen des Billigfliegers Ryan Air starten und landen - womit Fraport freilich den Platzhirsch Lufthansa vergrätzt. (8)



Zahlen & Fakten


Lufthansa Cargo verzeichnete schon seit einigen Jahren eine Ergebnisentwicklung, die mehr nach unten als nach oben geht. 2012 betrug der Gewinn 133 Millionen Euro, 2013 waren es 106 Millionen Euro, 2014 gab es noch einmal einen Zuwachs auf 123 Millionen Euro. 2015 wurden nur noch 74 Millionen Euro eingeflogen, 2016 gab es mit einem Verlust 50 Millionen Euro sogar ein dickes Minus. (6)

Weiterführende Literatur:

(1.) Neuer Rekord bei Güterverkehr
aus Verkehrs Rundschau, Heft 8/2017, S. 8

(2.) Transportaufkommen 2016 auf Höchststand
aus MOTOR-INFORMATIONS-DIENST vom 17.Februar 2017

(3.) Nachfrage nach Cargokapazität zieht stark an
aus DVZ Verkehrs-Zeitung, Heft 98/2016, S. 8

(4.) Deutsche Behörden überprüfen Luftfrachtpersonal
aus "Verkehr" Nr. 08/2017 vom 24.02.2017 Seite 4

(5.) Strengere Regeln für Air Cargo
aus Verkehrs Rundschau, Heft 7/2017, S. 36-37

(6.) LufthansaCargo fliegt ins Minus
aus DVZ Verkehrs-Zeitung, Heft 22/2017, S. 7

(7.) Fünf Jahre keine Streiks
aus Handelsblatt Nr. 054 vom 16.03.2017 Seite 018

(8.) Fraport: Ryanair muss frischen Wind nach Frankfurt bringen
aus Handelsblatt online vom 17.03.2017

Robert Reuter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 03 vom 20.03.2017
Dokument-ID: s_tra_20170320

Alle Rechte vorbehalten. © GBI-Genios Deutsche Wirtschaftsdatenbank GmbH