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Kinderbekleidung - sinkende Geburtenzahlen lassen Umsätze schmelzen

TEXTIL | GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 07.08.2012


Markt für Kinderbekleidung: Geburtenrückgänge lassen Umsätze schmelzen

Der stetige Geburtenrückgang der vergangenen Jahre hat spürbare Auswirkungen auf den deutschen Markt für Kinderbekleidung. Belief sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes der Umsatz in diesem Segment 1998 noch auf 5,3 Milliarden Euro, waren es 2003 rund 4,1 Milliarden Euro und 2008 nur noch 3,8 Milliarden Euro. Der Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels (BTE) geht davon aus, dass sich der aktuelle Jahresumsatz mit Kinder-Outfits auf 2,9 Milliarden Euro beläuft. Dies entspricht rund 5,8 Prozent des gesamten Bekleidungsmarktes. Pro Jahr und Kind werden damit durchschnittlich 275 bis 280 Euro für Kleidung investiert.

Knapp zehn Prozent ihrer Kaufkraft gaben die Deutschen laut der Studie GfK Sortimentskaufkraft 2011 für den Kauf von Bekleidung aus. Das entspricht durchschnittlich 477 Euro. Davon entfallen 36 Euro auf Kinderbekleidung (KOB). Für Damenbekleidung (DOB) werden 242 Euro ausgegeben, für Herrenmode (HAKA) 117 Euro, für Wäsche 49 Euro, für Strümpfe 20 Euro, für Sonstiges 13 Euro. (1), (2), (5)


KOB-Angebot: Zahl der Verkaufsstellen und Anbieter sinkt

Einhergehend mit dem sinkenden Umsatz reduziert sich auch die Zahl der Verkaufsstellen für Kindermode. Innerhalb von fünf Jahren ging die Zahl der Fachgeschäfte, die unter anderem Kindermode führen, von 2 500 auf derzeit 2 150 zurück. Davon machen insgesamt 1 400 Händler weniger als eine halbe Million Euro Umsatz im Jahr; darin inbegriffen sind die meisten Spezialisten für Kindermode. Rund 850 Geschäfte kommen auf einen Jahresumsatz von unter 250 000 Euro.

Auch auf Seiten der KOB-Anbieter schreitet der Konzentrationsprozess immer weiter voran. Waren es 2006 noch rund 100 Lieferanten, ist die Zahl in der Rangliste des Klarschen Textilarchivs 2009 auf 66 Unternehmen geschrumpft. 2010 waren es sogar nur noch 62 Firmen.

Wer sind die wichtigen Player auf dem Markt? S.Oliver Junior verkaufte 2010 rund 10,7 Millionen Teile. Das Unternehmen unterhält bundesweit 4 463 KOB-Flächen, wobei alle Untersegmente von Junior über Kids bis Baby einzeln gezählt werden. Das Unternehmen erzielte 2010 einen Umsatz von 1,07 Milliarden Euro. Rund 9,8 Prozent davon entfielen auf Kindermode. Bei Tom Tailor waren es im vergangenen Geschäftsjahr 348 Millionen Euro, 13 Prozent wurden mit Kindermode erwirtschaftet. Eine bedeutende Rolle spielen zudem C&A und Tchibo, die beide keine genauen Angaben zu ihren KOB-Umsätzen machen. Nach eigenen Angaben ist der Marktanteil von C&A hoch zweistellig. Tchibo wiederum führt kein KOB-Dauersortiment, aber viermal im Jahr können Kinder im Alter von Null bis 14 Jahren komplett von der Wäsche bis zur Skijacke bei dem Filialisten eingekleidet werden. (1), (2)


KOB-Stil: aussehen wie die Erwachsenen

Was tragen die Kinder heutzutage? Knapp 60 Prozent der für die TW-Studie "Kids 2012" befragten Händler sagen, dass Jungen und Mädchen das Gleiche tragen wollen wie ihre Eltern. Dabei handelt es sich um den so genannten Mini-Me-Stil. Fast alle stimmen der Aussage zu, dass sich Kinder mit zunehmendem Alter von den Kollektionen angesprochen fühlen, die sich an den Looks der Erwachsenen orientieren. Der Wunsch, so auszusehen wie die Großen, entwickelt sich je nach Geschlecht unterschiedlich schnell. Bei Mädchen fängt das schon ab dem achten Lebensjahr an, den Jungs ist das zum Teil alles noch egal, da sie weniger schnell reif werden.

Doch der in DOB und HAKA angesagte Casual-Look wird auch für Kindermode immer wichtiger. Einig sind sich die Händler jedoch darin, dass die Looks nicht zu erwachsen sein dürfen. Es muss bunt und bequem sein, damit Kinder sich wohlfühlen.

Welche Kriterien beeinflussen die erwachsenen Käufer von Kinderbekleidung? Wichtig sind gute Qualität und das modisch Besondere. Der Preis steht nicht im Vordergrund. Je nach Alter des Kindes kommen weitere Gesichtspunkte hinzu, die mitentscheiden, ob ein Teil in die Tüte wandert oder nicht. Aus Sicht der in der TW-Studie befragten Händler ist bei Babys die Qualität das wichtigste Entscheidungskriterium, während bei Kids die Mode an erster Stelle steht. Einzig bei Minis gibt die Preisfrage den Ausschlag - diese Gruppe steht voll im Wachstum und braucht am häufigsten neue Kleidung. Ökologische Aspekte und die Frage nach sozialverträglicher Herstellung stehen eher hinten an. (3), (4), [Abb. 1]


KOB-Fachhandel: Suche nach neuen Einnahmequellen wegen starker Konkurrenz

Im kleiner werdenden Markt für Kinderbekleidung wird die Konkurrenz immer heftiger. So sehen zwei Drittel der in der TW-Studie "Kids 2012" befragten KOB-Einkäufer des Fachhandels im Internet die wichtigste Konkurrenz, gut 76 Prozent glauben sogar, dass die Bedeutung des Online-Retails in den nächsten zwei Jahren noch weiter steigen wird. Mit 78 Prozent ist die Zahl der Befragten noch größer, die in den vertikalen Bekleidungsfilialisten die größte Konkurrenz sehen. Sie gehen davon aus, dass sich das Kräfteverhältnis der Absatzwege in der KOB generell stark verschieben wird, auch durch die Vorherrschaft der vertikalen Anbieter rund um C&A, H&M, Zara, Massimo Dutti & Co.

Angesichts eines immer schwieriger werdenden Marktes sehen sich die KOB-Händler auch nach neuen Einnahmequellen um. Knapp 60 Prozent der in der Studie Befragten sind der Meinung, dass sich mit Schuhen und Hartwaren gute Zusatzumsätze generieren lassen. So erwarten die Einkäufer, dass die Umsatzbedeutung von Kinderschuhen in den kommenden zwei Jahren am stärksten steigen wird. (2), [Abb. 2]





Fallbeispiele


Tom Tailor: bewirtschaftet KOB-Flächen von Adler

Bisher kam die KOB bei den Adler Modemärkten aus verschiedenen Quellen. Ab September 2012 übernimmt Tom Tailor die Bewirtschaftung der Kindermodeflächen des Haibacher Filialisten, auf denen dann ausschließlich die Kids-Kollektionen von Tom Tailor angeboten werden. Die Hamburger kümmern sich damit um über 9 000 Quadratmeter in 116 Stores und bauen so die Präsenz ihrer Kindermode massiv aus. Aktuell gibt es 330 Tom-Tailor-Kids-Shop-in-Shops mit insgesamt 8 000 Quadratmeter Fläche. Adler betreibt 137 Filialen in Deutschland. (6)


Dolce: baut Kindermode aus

Das italienische Modehaus Dolce & Gabbana startet mit Kindermode für die Hauptmarke. Nach Angaben des Mailänder Unternehmens wird es ab der Saison Herbst/Winter 2012/13 eine eigene Linie für Jungs und Mädchen zwischen drei und zehn Jahren geben, zu der auch Unterwäsche und Accessoires gehören. Ebenso wird eine Linie für Kleinkinder bis zu drei Jahren auf den Markt gebracht. (7)


Spiele Max: größere Flächen für Kinder- und Babymode

Die Spiele Max AG aus Berlin will ihr Textilsortiment stärken. Der auf Babyausstattung und Spielzeug spezialisierte Filialist plant den Ausbau der Flächen für Kinder- und Babymode. Im vergangenen Geschäftsjahr belief sich der Umsatz von Spiele Max auf 100 Millionen Euro, weniger als 20 Prozent davon wurden mit Textilien erwirtschaftet. Die Modeflächen entsprechen etwa dem Umsatzanteil. Derzeit umfasst das Textilsortiment unter anderem Marken wie Esprit, Sanetta, S.Oliver und Mexx sowie die Eigenmarke Cool Club. Darüber hinaus plant Spiele Max den Ausbau des Filialnetzes. Zu den bestehenden 50 Geschäften sollen Ende 2012 weitere zehn Filialen kommen. Bis 2014 sollen mindestens 20 zusätzliche Neueröffnungen folgen. (8)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Kids wollen Mode

Entnommen aus: TextilWirtschaft, 8/2012, S. 79, (3)
Abbildung 2: Vertikale werden immer stärker

Entnommen aus: TextilWirtschaft, 8/2012, S. 70-75, (2)

Weiterführende Literatur:

(1.) Kein Kinderspiel
aus TextilWirtschaft 43 vom 27.10.2011 Seite 022 bis 025

(2.) Weglaufen gilt nicht
aus TextilWirtschaft 08 vom 23.02.2012 Seite 070 bis 075

(3.) Ausflug ins Entscheider-Land
aus TextilWirtschaft 08 vom 23.02.2012 Seite 079

(4.) Cool oder Kindlich?
aus TextilWirtschaft 08 vom 23.02.2012 Seite 078

(5.) Studie: Bekleidung drittgrößte Ausgabegruppe
aus TextilWirtschaft 42 vom 20.10.2011 Seite 012

(6.) Adler überlässt Tom Tailor KOB-Flächen
aus www.textilwirtschaft.de vom 18.07.2012

(7.) Dolce & Gabbana bietet Kindermode an
aus www.textilwirtschaft.de vom 19.06.2012

(8.) Spiele Max will Filialnetz und Textilflächen ausbauen
aus TextilWirtschaft 18 vom 03.05.2012 Seite 030

Markus Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 07.08.2012
Dokument-ID: s_tex_20120807

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