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Branchenreport Ausgabe 2/2012

BANKEN | GENIOS BranchenWissen Nr. 11 vom 30.11.2012


Der deutsche Bankenmarkt

Gemessen an ihren Bilanzen stehen die deutschen Banken prinzipiell ordentlich oder sogar besser da. Dennoch kann nicht davon die Rede sein, dass sich die Banken in einem Normalzustand befinden, wie er vor der Finanzkrise herrschte. Die Kreditinstitute befinden sich in einer schwierigen Lage, die von den vor der Finanzkrise angehäuften Altlasten, den überaus niedrigen Zinsen und der sich abkühlenden Konjunktur bestimmt wird. Experten sehen insbesondere die nun schon lange bestehende Niedrigzinsphase als ein Hauptproblem der deutschen Banken. Da sie hierdurch bedingt ihre Ertragslage kaum verbessern können, wenden sich die Institute derzeit dem Thema Kostensenkung zu. Kosteneinsparungen und die Optimierung von Prozessen werden darum im Kreditsektor an Bedeutung zunehmen. Experten sprechen davon, dass die fortschreitende Regulierung und die anhaltende Niedrigzinsphase die Geschäftsmodelle der Banken nachhaltig verändern werden. Denn in einem geben sich die Unternehmen keinen Illusionen mehr hin: Die Zeit der fetten Gewinne ist vorbei, was sich auch an den deutlich sinkenden Bonuszahlen ablesen lässt.

Stark beschäftigt sind die deutschen Banken damit, sich auf die neuen Eigenkapitalrichtlinien Basel III einzustellen. Der neue Akkord sollte eigentlich ab Januar 2013 gelten, doch sieht es danach derzeit nicht aus. Anfangs sperrten sich nur die USA gegen die neuen Richtlinien, weil sie Wettbewerbsnachteile für ihre eigenen Banken befürchteten. Aktuell schwenken auch europäische Regierungen auf den Kurs der USA ein, was eine verzögerte Einführung erwarten lässt. In diesem Zusammenhang muss allerdings erwähnt werden, dass die US-Banken auch die Richtlinien von Basel I und II nur schleppend oder gar nicht umgesetzt haben. Manche Experten glauben, dass die in den USA zum Anfang gekommene Subprime-Krise nicht eingetreten wäre, wenn sich die US-Banken an die Vorgaben des Baseler Ausschusses gehalten hätten.

Basel III wird die Kreditinstitute bei der Unterlegung von Risiken mit Eigenkapital noch einmal vor große Herausforderungen stellen. Über die Eigenkapitalausstattung hinaus verlangt Basel III die signifikante Erhöhung der geforderten Mindestkapitalquote. Alle Banken müssen Kernkapital in Höhe von zumindest sieben Prozent ihrer Risikoaktiva halten, zuvor waren es nur zwei Prozent. Im Fall eines Kreditbooms müssten die Banken unter Basel III potenziell weitere 2,5 Prozent an Kernkapital halten, also 9,5 Prozent. Systemrelevante Banken müssen überdies weitere 2,5 Prozent zusätzliches Kernkapital halten. Insgesamt auferlegt Basel III den Banken damit eine Eigenkapitalausstattung von zwölf Prozent der Risikoaktiva, und damit sechs Mal mehr als vor der Krise. (15)

In Atem werden die deutschen Banken überdies von den Regulierungsbestrebungen zur Schaffung einer Bankenunion gehalten. Die europäische Aufsicht über 6 000 Kreditinstitute soll bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt werden und schon im nächsten Jahr schrittweise die Arbeit aufnehmen. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen. So sperren sich die deutschen Sparkassen gegen eine Bankenunion, weil sie dann ihre eigenen Sicherungsgelder, die sie für ihre Kunden zurücklegen, in einen europäischen Topf gießen müssten. Abgelehnt wird eine gemeinsame europäische Einlagensicherung auch von den deutschen Volksbanken, die ebenfalls über ein eigenes Sicherungssystem verfügen.

Kritiker verweisen darauf, dass mit der europäischen Bankenbehörde EBA (European Banking Authority) bereits eine Institution gegründet worden ist, die die Aufsicht übernehmen könnte. Andere Länder wie etwa Spanien hingegen können die Gründung der Bankenunion gar nicht abwarten, denn die neue Aufsicht ist eine Voraussetzung dafür, dass der Euro-Rettungsfonds ESM Finanzhilfen an angeschlagene Banken zahlen kann - anstatt wie bisher wie im Fall Spaniens zunächst an den Staat.

Derzeit kristallisiert sich heraus, dass die EZB wohl nicht alle 6 000 europäischen Banken kontrollieren muss. Kleinere Institute sollen stattdessen weiter von nationalen Behörden im Auge behalten werden. In Deutschland wären dies die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Systemrelevante Banken, die durch ihre schiere Größe eine Gefahr für den Kreditsektor und die Wirtschaft darstellen, würden hingegen unter die kontrollierende Obhut der EZB gestellt. Für eine solche Aufteilung sprechen sich wieder die deutschen Sparkassen besonders vehement aus. (13)

Neben der Beschäftigung mit Regularien, Zinsen und Altlasten haben die deutschen Banken auch im täglichen Geschäft alle Hände voll zu tun. Für einigen Wirbel sorgen derzeit die Direktbanken, die im ohnehin heiß umkämpften Privatkundengeschäft besondere Erfolge vorweisen. Anbieter wie ING Diba, Rabodirekt oder Moneyou jagen den Sparkassen und Volksbanken schon seit Jahren Kunden ab, wirbeln den Markt durch attraktive Zinsen derzeit aber besonders stark auf. (4)

Innerhalb Europas stellt Deutschland einen wichtigen und großen Bankenmarkt da. Nur die Schweiz hat unter den Top 1 000 der größten Banken mehr Institute im Rennen als Deutschland. Die weltweit wichtigsten Bankenstandorte sind die USA, China und Japan. Im Vergleich mit den anderen Bankstandorten ist der deutsche Kreditsektor durch eine ungleich höhere Zersplitterung gekennzeichnet. Die 38 deutschen Häuser sowie der gesamte Sparkassen-Sektor bringen gemeinsam nur 5,8 Prozent des weltweit aggregierten Kernkapitals auf die Waage. Damit liegen sie weit hinter den USA, China, Japan und Großbritannien. Zudem weisen sie im internationalen Vergleich einen hohen Verschuldungsgrad auf. Das Eigenkapital liegt im Verhältnis zur Bilanzsumme nach Einschätzung der Ratingagentur Moody´s in Deutschland im Durchschnitt nur bei 3,7 Prozent, eine der schwächsten Kapitalausstattungen in Europa. Zum Vergleich: Italienische Banken weisen hier gut fünf Prozent auf, die amerikanischen Banken sogar fast acht Prozent. Darüber hinaus hat sich 2011 bei mehr als der Hälfte der deutschen Banken der Risikopuffer verringert. (1), (2), (3), (21)


Unternehmen im Markt

Auch der Branchenprimus Deutsche Bank kümmert sich mehr um Kostensenkung und Risikoreduzierung statt darum, weiterhin jedes Jahr Rekordgewinne zu präsentieren. Das Unternehmen hat für 2012 gar kein Gewinnziel mehr ausgegeben, steht aber dennoch sehr gut da. Im dritten Quartal dieses Jahres sprang das Investmentbanking wieder an und bescherte dem Geldhaus zusammen mit den anderen Geschäftsbereichen einen Vorsteuergewinn von 1,1 Milliarden Euro. Dies sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr, während der Gewinn mit 755 Millionen Euro auf Vorjahresniveaus liegt. Wie ernst die Deutsche Bank das neue Thema Kostenreduzierung nimmt, wurde auf dem Investorentag im September deutlich. Dort verkündete die neue Doppelspitze Jürgen Fitschen und Anshu Jain ein radikales Sparprogramm. Bis 2015 will die Deutsche Bank Kosten in Höhe von 4,5 Milliarden Euro einsparen. Der hierfür nötige Umbau kostet zunächst allerdings mehr Geld, als er kurzfristig einbringen wird. Das Geldinstitut rechnet damit, dass die Einsparungsmaßnahmen vier Milliarden Euro teuer werden. Insgesamt versucht die Deutsche Bank derzeit erfolgreich, sich von ihrem früheren Gier-Image loszumachen. Von hohen Renditen ist kaum noch die Rede, dafür umso mehr von sinkenden Bonuszahlungen, neuer Bescheidenheit und solidem Wirtschaften. Sorgen bereitet auf der anderen Seite die hohe Zahl an Gerichtsprozessen, denen sich Deutschlands Klassenprimus gegenübersieht. Noch immer schwelt eine mögliche Verurteilung im dreistelligen Millionenbereich über der Bank, die sie eventuell an die Erben des verstorbenen Medienunternehmers Kirch zahlen muss. Ferner stehen Beschäftigte der Bank im Verdacht, ihre Boni durch Umsatzsteuerbetrug aufgebessert zu haben. Erst kürzlich wurden Mitarbeiter suspendiert, die im Handel mit CO2-Verschmutzungsrechten betrogen haben sollen. Beim Libor-Manipulationsskandal soll die Deutsche Bank ebenfalls mitgewirkt haben. Der zur Deutschen Bank gehörende US-Baufinanzierer MortagelT hat sich durch falsche Angaben Staatshilfen erschlichen usw. Beim Thema Compliance, dies macht diese Auflistung klar, hat die Deutsche Bank noch immer dringenden Nachholbedarf. (2), (3), (9), (14), [Abb. 1]

Die Nummer zwei unter den deutschen Geldinstituten ist auch im Jahr 2012 die noch immer gebeutelte Commerzbank. Noch stärker als die Deutsche Bank befindet sich die Commerzbank auf einem Schrumpfungskurs. Etliche Tochtergesellschaften und Beteiligungen wurden veräußert, Volumina werden abgebaut und Risiken reduziert. Im vergangenen Jahr ging die Bilanzsumme daher um rund zwölf Prozent auf 661,76 Milliarden Euro zurück. Doch auch damit liegt die Frankfurter Großbank immer noch weit vor der drittplatzierten KfW Bankengruppe. Mit Erfolg ist die Krisenbank dabei, die verschärften EU-Vorgaben an die Eigenkapitalausstattung einzuhalten. So wurde das Kapitalpolster seit Ende 2011 um über acht Milliarden Euro aufgestockt. Gefordert hatten die EU-Aufseher lediglich 5,3 Milliarden. Schlecht steht die Commerzbank jedoch beim operativen Geschäft da. Die Halbjahreszahlen 2012 fielen so schwach aus, dass manchem Aktionär der Schrecken im Gesicht abzulesen war. Der Nettogewinn ging um ein Drittel auf 697 Millionen Euro zurück, und die Aussichten sind trübe. Auch das Kerngeschäft mit dem Mittelstand schwächelt, denn hier macht sich die konjunkturelle Abkühlung bemerkbar. Die größten Sorgen bereiten der Commerzbank allerdings die im Keller versteckten Risiken aus ihren Investitionen in südeuropäische Krisenländer. Alleine in den spanischen Banken- und Immobiliensektor hat die Commerzbank 13 Milliarden Euro investiert. Die Stärkung der Kapitalpolster und der Abbau von Risiken werden bei der Commerzbank noch lange Zeit Vorrang vor hohen Gewinnen haben. (10)

Glänzende Bilanzen präsentiert die Nummer drei unter den deutschen Banken, die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ihre Bilanzsumme stieg allein im ersten Halbjahr 2012 um 21,7 Milliarden auf 516,7 Milliarden Euro. Der Gewinn erreichte in dem Zeitraum fast die Milliardengrenze und steuert im laufenden Jahr auf zwei Milliarden Euro zu. Die KfW profitiert dabei nicht nur vom Rückzug vieler Geschäftsbanken aus diversen Bereichen, sondern auch von der umfassenden Staatsgarantie, die es ihr erlaubt, am Markt sehr günstig Geld aufzunehmen. Die KfW sticht mit ihrem Erfolg derartig aus der allgemeinen Bankentristesse hervor, dass einige Länder das Modell übernehmen wollen. Großbritannien und Frankreich sind dabei, große öffentliche Förderbanken zu installieren, die sich explizit am deutschen Vorbild KfW orientieren. Die beiden Länder hoffen, mit einer Förderbank Kreditklemmen auszugleichen, die als Folgen der auch dort auf Schrumpfungskurs befindlichen Großbanken beklagt werden. (6)

Weiterhin auf der Suche nach konsistenten Geschäftsmodellen und zudem mit den Lasten der Vergangenheit beschäftigt sind die Landesbanken. Nach wie vor fehlt vielen Landesbanken ein direkter Zugang zu den Privatkunden. Von hochriskanten Papieren, mit denen sie aus der Not heraus nach Renditechancen suchten und die dem größten Teil der Landesbanken das Genick brachen, lassen sie jedoch die Finger. Zu den auffälligsten Veränderungen zählt im Jahr 2012 die nun vollzogene Zerschlagung der einst so mächtigen WestLB. (12)

Endlich Rechtssicherheit hat die BayernLB. Nach jahrelangem Ringen hat die EU-Kommission die Akte BayernLB kürzlich geschlossen. Von den zehn Milliarden Euro, die sie als Rettungsgeld vom bayerischen Staat erhalten hat, muss die BayernLB fünf Milliarden zurückzahlen und zudem deutlich kleiner werden. Der Bayern-LB-Konzern wird daher auch weiterhin kleine Brötchen backen müssen. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres verdiente die Bank gerade einmal 174 Millionen Euro vor Steuern. Im Gesamtjahr 2011 betrug der Vorsteuergewinn 334 Millionen Euro. Als Bleigewicht erweist sich weiterhin die Ungarn-Tochter MKB, die im vergangenen Jahr einen Verlust von 392 Millionen Euro zum Konzernergebnis beisteuerte. (11), (12)

Drastische Gewinnrückgänge meldete in diesem Jahr die Landesbank Baden-Württemberg, LBBW. Das Unternehmen musste im ersten Halbjahr einen um zwei Drittel auf 194 Millionen Euro gesunkenen Vorsteuergewinn verzeichnen. Alleine im Geschäft mit Unternehmenskunden, wo vor allem Bewertungsanpassungen bei Derivaten und eine erhöhte Risikovorsorge belastend wirkten, schrumpfte das Ergebnis von 797 auf 314 Millionen Euro. (12)

Nicht mehr existent ist die WestLB, ihr Rechtsnachfolger heißt Portigon. Unter dieser Bezeichnung wollen die verbliebenen Mitarbeiter Beratung und Risikomanagementdienstleistungen anbieten. Das Sparkassengeschäft wird in der sogenannten Verbundbank gebündelt, die von der Landesbank Hessen-Thüringen übernommen wurde. Die Altlasten der WestLB sind in einer Bad Bank namens Erste Abwicklungsanstalt (EAA) zusammengefasst. Doch der Schatten der alten WestLB reicht immer noch weit. So kommen auf das Land Nordrhein-Westfalen möglicherweise neue Millionenbelastungen zu, weil US-Behörden die WestLB wegen des Anfangsverdachts auf Manipulation des Interbankenzinssatzes Libor ins Visier genommen haben. Sollten Straf- oder Schadensersatzzahlungen auferlegt werden, wäre auf jeden Fall auch der Steuerzahler betroffen, entweder über Portigon oder über die Erste Abwicklungsanstalt (EAA). (12)

Der traditionell starke Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt, die niedrigen Zinsen und die schwächelnde Konjunktur werden in diesem Jahr den Sparkassen das Geschäft zumindest erschweren. Die Sparkassen rechnen mit einem Ergebnis knapp unter dem des Vorjahres, was angesichts der Gesamtlage aber als Erfolg verbucht werden würde. 2011 hatten die Sparkassen nach Bewertung ein Betriebsergebnis von aggregiert 22,6 Milliarden Euro erzielt, rund das Doppelte des Vorjahreswerts. Dass das Ergebnis 2012 schwächer ausfallen wird, liegt auch am Konkurrenzdruck insbesondere durch ausländische Direktbanken. Dieses bieten durchgängig Zinsen an, die außerhalb des Marktes liegen. (20)

Von den Genossenschaftsbanken liegen erst die Zahlen für das Jahr 2011 vor. Demnach wurde mit einem Jahresüberschuss nach Steuern in Höhe von 4,5 Milliarden Euro ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Noch stärker als die Sparkassen profitieren die Volks- und Raiffeisenbanken von einem gewaltigen Imagegewinn, den ihnen die unseriösen Machenschaften der privaten Banken während der Finanzkrise verschafften. Der Genossenschaftsgedanke erlebt seitdem eine Renaissance, die sich auch auf die Geschäftszahlen positiv niederschlägt.

Die zwölf privaten und zehn öffentlich-rechtlichen Bausparkassen haben 2011 mehr als 3,3 Millionen neue Bausparverträge in einer Höhe von insgesamt 100 Milliarden Euro abgeschlossen. Dabei wiesen die privaten Bausparkassen mit einem Plus von 8,66 Prozent auf rund 63,8 Milliarden Euro ein deutlich höheres Wachstum auf als die LBS-Gruppe, deren zehn Mitglieder zusammen Verträge mit einer um etwa drei Prozent höheren Bausparsumme in Höhe von 35,6 Milliarden Euro akquirierten. An dieses Wachstum konnten die Bausparkassen in der ersten Jahreshälfte 2012 nicht anknüpfen. Bei den Privaten lag die Zahl der geschlossenen Verträge knapp unter der Marke des Vorjahreszeitraums, bei den öffentlich-rechtlichen LBSen betrug das Wachstum zwei Prozent auf 694 000 Neuverträge. Trotz der etwas verringerten Wachstumsgeschwindigkeit erweisen sich die Bausparkassen damit weiterhin als besonders krisenresistente Branche. (16)


Internationaler Bankenmarkt

Verglichen mit ihren Wettbewerbern insbesondere aus Europa stehen die US-Institute gut da. Drei der fünf kapitalstärksten Banken kommen aus den Staaten. Zudem gelang es allen führen US-Geldhäusern, nur mit Ausnahme der Bank of America, ihre Eigenkapitalausstattung zu stärken. Darüber hinaus stellen die USA rund die Hälfte der Banken, die nach Vorjahresverlusten wieder in die Gewinnzone zurückkehrten. Insgesamt wird deutlich, dass die US-Banken den Europäern auf dem Weg zurück zur Normalität weit enteilt sind. Dies zeigt sich auch daran, dass über dem großen Teich die Gewinne schon wieder kräftig sprudeln. So haben in den vergangenen Wochen einige US-Banken hervorragende Quartalszahlen präsentiert. Den Anfang machten Wells Fargo und JP Morgan. Sehr gut verdient haben aber auch Goldman Sachs und Morgan Stanley. (17), [Abb. 2]

Geradezu dramatisch schlecht stehen Europas Banken im Vergleich mit Amerika da. So finden sich unter den zehn größten Kapitalvernichtern weltweit ausschließlich europäische Institute - darunter drei griechische und drei italienische. Von den 49 Geldinstituten, die in jüngerer Zeit von der Gewinn- in die Verlustzone rutschten, stammen 36 aus Europa. Alle Banken der Eurozone zusammengefasst erreichen derzeit lediglich einen Vorsteuergewinn von 2,1 Milliarden US-Dollar, nach 85,5 Milliarden US-Dollar im Jahr zuvor. Am schwachen Auftreten der europäischen Banken ändert es auch nichts, dass die Deutsche Bank gemessen an der Bilanzsumme die größte Bank der Welt ist. Auf der Rangliste der besten Banken gemessen am Kernkapital nimmt der deutsche Primus nur den 19. Rang ein. (2), (8)

Die größten Sorgenkinder auf dem europäischen Kontinent sind derzeit die spanischen Sparkassen. Bis zum Ausbruch der Finanzkrise 2008 hatten Spaniens Banken mit billigen und oft kaum besicherten Krediten einen Immobilienboom entfacht. Sparkassengruppen wie Bankia, Catalunya Caixa oder Nova Caixa Galicia müssen nun mit europäischem Geld gerettet werden. Beschlossen wurde im Sommer eine europäische Geldspritze in Höhe von 100 Milliarden Euro, die erste Tranche steht kurz vor der Auszahlung. Besonders stark angeschlagen ist die erst 2010 neu gegründete Bankia, die aus dem Zusammenschluss von sieben Einzelsparkassen hervorging. Laut der spanischen Zentralbank Banco de Espana lauern in den Bilanzen spanischer Geldhäuser faule Kredite in Höhe von 184 Milliarden Euro. (7)

Ihren Siegeszug fortgesetzt haben die Banken Chinas. So hat sich Anteil der chinesischen Institute am weltweit vorhandenen Kernkapital von 2007 bis 2011 mehr als verdoppelt. Rund zehn Prozent der 1 000 Top-Banken weltweit, also 100 Banken, stammen aus China. Unter den zehn kapitalstärksten Banken weltweit stellen China und die USA mittlerweile jeweils vier Banken. Doch auch der gesamte asiatisch-pazifische Raum legt beim Bankgeschäft mit großen Schritten zu. 348 der 1000 führenden Geldhäuser arbeiten in Asien, zudem steuerten die Institute aus Fernost 34 Prozent (im Vorjahr 31 Prozent) zum weltweit aggregierten Kernkapital bei. Chinas Banken strotzen vor Kraft und strecken nun ihre Arme auch nach Europa aus. So sieht sich beispielsweise die China Construction Bank - Nummer sechs der Weltrangliste - im von der Schuldenkrise geplagten Europa nach Übernahmezielen um. Für Zukäufe und Beteiligungen stehen satte 12 Milliarden Euro bereit. Die China Construction Bank plant hiermit den Kauf einer kompletten europäischen Bank oder alternativ eine Beteiligung von 30 bis 50 Prozent an einem größeren Haus. Großbritannien, Deutschland und Frankreich sind die attraktivsten Standorte, an denen sich die Chinesen nach lohnenden Investments umschauen. (2), (18)

Zu einer Bestandausnahme des internationalen Bankensektors gehört auch ein Blick auf die sogenannten Schattenbanken. Laut dem Finanzstabilitätsrat der G20-Staaten (FSB) hielten unregulierte Banken wie Hedgefonds, Geldmarktfonds und Zweckgesellschaften Ende 2011 67 Billionen US-Dollar. Zum Start der Weltfinanzkrise 2007, an der die Schattenbanken nicht unbeteiligt waren, betrug das Volumen 62 Billionen US-Dollar, vor zehn Jahren 26 Billionen. Viele Hedge-Fonds sind in Steuer- und Finanzparadiesen zuhause, wo sie sich der Regulierung entziehen. Der Schattenbanken-Sektor ist damit so groß, dass durch ihn jederzeit eine neue Finanzkrise globalen Ausmaßes ausgelöst werden könnte. In internationalen Finanzzentren wie Hongkong, Großbritannien, Singapur und der Schweiz erreicht das Volumen der Schattenbanken ein Vielfaches des Bruttoinlandsprodukts (BIP). (5)



Trends


Expertengruppe fordert Aufspaltung der Banken

Eine hochrangige EU-Expertengruppe unter der Leitung des finnischen Zentralbankchefs Erkki Liikanen fordert die Aufspaltung von Großbanken in Kundenabteilungen und Investmentsparten, damit der Steuerzahler künftig nicht mehr mit Milliardenzahlungen zur Bankenrettung herangezogen werden kann. Zudem wäre es dann nicht mehr möglich, Schieflagen im Investmentbanking durch Gelder aus dem Kundengeschäft auszugleichen. In Deutschland hat sich der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück für eine solche Trennung ausgesprochen. Ob der Liikanen-Bericht Eingang in die Regulierungsgesetzgebung ist noch unklar. Der Vorschlag zeigt dennoch, dass den Banken Regulierungsgesetze bevorstehen könnten, die derzeit noch niemand für möglich hält. (19)





Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Deutsche Bank - Branchenprimus mit weitem Abstand

Quelle: Die Bank, Heft 08/2012, S. 8-11 Entnommen aus: Die Bank, Heft 08/2012, S. 8-11 (3)
Abbildung 2: USA und China dominieren die globalen Top Ten

Quelle: The Banker Entnommen aus: Die Bank, Heft 10/2012, S. 72-79 (2)

Weiterführende Literatur:

(1.) Dem Bankensektor steht eine Magerkur bevor
aus Börsen-Zeitung, 06.09.2012, Nummer 172, Seite 3

(2.) Asien im Aufwind
aus Die Bank, Heft 10/2012, S. 72-79

(3.) Bewegung in der Bankenwelt
aus Die Bank, Heft 08/2012, S. 8-11

(4.) Schlanke Strukturen
aus Financial Times Deutschland vom 02.11.2012, Seite 3SB03

(5.) Shadow Banking: Hintergründe und Herausforderungen (1)
aus Die Bank, Heft 10/2012, S. 80-83

(6.) KfW wird zum Exportschlager
aus Financial Times Deutschland vom 12.09.2012, Seite 14

(7.) Spanien lässt sich offenbar unter Rettungsschirm bitten
aus manager-magazin.de vom 04.09.2012

(8.) Europäische Banken: Beginn einer neuen Ära
aus Die Bank, Heft 10/2012, S. 46-50

(9.) Investmentbanker füllen wieder die Kasse
aus manager-magazin.de vom 30.10.2012

(10.) Auf Schrumpfkurs
aus Euro am Sonntag, 11.08.2012, Nr. 32, S. 20 - 21

(11.) Pensionskosten lasten auf BayernLB
aus Börsen-Zeitung, 28.08.2012, Nummer 165, Seite 4

(12.) Landesbanken 2011/2012
aus Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 19 vom 01.10.2012 8

(13.) Merkel setzt sich im Streit um Bankenaufsicht durch
aus manager-magazin.de vom 19.10.2012

(14.) Die Libor-Manipulation zwischen Kapitalmarkt- und Kartellrecht
aus manager-magazin.de vom 19.10.2012

(15.) Europas Banken wollen Basel III verschieben
aus manager-magazin.de vom 25.11.2012

(16.) Bilanzvergleich der Bausparkassen 2011: Neue Strukturen - bessere Ergebnisse?
aus Immobilien & Finanzierung - Der Langfristige Kredit 17 vom 01.09.2012

(17.) US-Banken im Aufschwung
aus Handelsblatt Nr. 199 vom 15.10.2012 Seite 032

(18.) China pumpt Milliarden in Bankensektor
aus Financial Times Deutschland vom 24.08.2012, Seite 15

(19.) EU-Experten wollen Banken aufspalten
aus Spiegel Online, 02.10.2012

(20.) Sparkassen erwarten 2012 Gewinnrückgang
aus Börsen-Zeitung, 05.09.2012, Nummer 171, Seite 3

(21.) Moody's beurteilt deutsche Banken skeptisch
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.10.2012, Nr. 244, S. 25

Andreas Menzen

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 11 vom 30.11.2012
Dokument-ID: r_ban_20121130

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