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Branchenreport Ausgabe 2021

TRANSPORT & LOGISTIK | GENIOS BranchenWissen Nr. 11 vom 15.11.2021


Der deutsche Logistikmarkt

Transport und Logistik produzieren im zweiten Jahr der Corona-Pandemie Schlagzeilen, die man bisher nicht kannte. Der internationale Handel ist aus dem Tritt geraten, die globalisierte Wirtschaft leidet unter Lieferengpässen. Mittlerweile sind fast alle deutschen Industriebranchen von den Störungen in Häfen und insbesondere im Seetransport betroffen. Viele Unternehmen wie zum Beispiel der Maschinenbau und die Automobilhersteller könnten mehr produzieren, gäbe es genügend Computerchips, Rohstoffe und Elektronik-Vorprodukte. Die globalisierte Wirtschaft zeigt damit derzeit eine Schattenseite. Die hohe Vernetzung der Weltwirtschaft macht einen präzisen und fein getakteten Transportverkehr nötig, ausbleibende Zulieferungen schlagen fast sofort - wegen der heute kaum noch betriebenen Lagerhaltung der Unternehmen - auf die Produktion durch.

Schon ein wenig paradox ist dabei, dass die Logistikunternehmen selbst unter den gestörten Abläufen gar nicht leiden. So hat der verknappte Transportraum - auf den Weltmeeren und ebenso in den Frachtfliegern - zu Preissteigerungen geführt, die die meisten Unternehmen sehr gut dastehen lassen. Die Containerschifffahrt fährt gerade Rekordgewinne ein, wie die Bilanzen beispielsweise von Maersk und Hapag-Lloyd zeigen. Auch die Frachtfliegerei gehört weiterhin zu den Profiteuren der Coronakrise, Lufthansa Cargo eilt seit dem letzten Jahr von Rekordgewinn zu Rekordgewinn. Der deutsche Straßengüterverkehr berichtet über eine so starke Nachfrage, dass - freilich auch wegen des Fahrermangels - Aufträge abgelehnt werden müssen. An den Transportpreisen hat die Verknappung im LKW-Verkehr allerdings bisher noch nicht viel verändert.

Hohe Frachtpreise und die sich erholende Konjunktur in Deutschland (das Bruttoinlandsprodukt wird 2021 wohl um 2,5 Prozent wachsen, ohne Lieferengpässe wären es freilich mehr) werden aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die deutsche Transport- und Logistikwirtschaft die im vergangenen Jahr durch Corona verlorenen Umsätze wieder hereinholen wird. 2020 lagen die Rückgänge nach neueren Berechnungen der Bundesvereinigung Logistik (BVL) bei nur gut zwei Prozent (frühere Berechnungen kamen auf fünf Prozent), womit die Logistik im ersten Coronajahr deutlich weniger geschrumpft wäre als die Gesamtwirtschaft (minus 4,9 Prozent). Allerdings waren die Lasten ungleich verteilt. Der in Deutschland mit über 80 Prozent Marktanteil stark vorherrschende Straßengüterverkehr hatte nur wenig Einbußen zu beklagen und kam besonders glimpflich durch die Krise, stärker betroffen waren die Schiene und das Binnenschiff. Diese beiden Branchen werden länger brauchen, um das Vorkrisenniveau zu erreichen.

Laut dem Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) herrscht bei den Unternehmen grundsätzlich Zuversicht, auch weil die Preise immer noch weiter steigen. Zudem nimmt die Zahl der Unternehmen, die neue Mitarbeiter einstellen wollen, stark zu - nicht nur bei den händeringend nach Personal suchenden LKW-Speditionen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit ist die Zahl der Lehrstellen im Transportgewerbe dieses Jahr um 6,6 Prozent gewachsen. Insgesamt arbeiten in Deutschland rund 3,2 Millionen Menschen in der Logistik.

Ein eigenes Segment der Logistikwirtschaft bilden die Logistikimmobilien, also das Geschäft mit Lager- und Umschlaghallen. Ausgelöst durch den explodierenden E-Commerce und den immer weiterwachsenden Handel sind Logistikimmobilien schon seit Jahren eine Boom Branche, woran auch das erste Coronajahr 2020 nichts geändert hat. Im vergangenen Jahr wurden Vertragsabschlüsse über fast sieben Millionen Quadratmeter getätigt, das waren kaum weniger als im Rekordjahr 2018. Das erste Quartal 2021 brachte mit 1,8 Millionen Quadratmetern das höchste Abschlussvolumen, das jemals innerhalb der ersten drei Monate erreicht werden konnte. Auch aktuell ist das Investoreninteresse an Logistikimmobilien groß und sorgt für Preisexplosionen.

Ein Profiteur der Coronakrise ist auch der E-Commerce selbst. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) hat für 2020 ein Umsatzplus von 72,6 Milliarden Euro auf 83,3 Milliarden Euro errechnet, das sind 14,6 Prozent gegenüber 2019. Obwohl der stationäre Einzelhandel nach den Lockdowns wieder öffnen durfte, wird sich auch 2021 an diesem Trend nichts ändern. Alleine im ersten Halbjahr erzielte der Online-Pakethandel im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ein Umsatzwachstum von 23,2 Prozent. (1), (2), (3), (4), [Abb. 1], [Abb. 2]


Internationaler Logistikmarkt

Der internationale Güterhandel hat im zweiten Quartal 2020 einen Einbruch erlebt, seitdem ging es stetig wieder nach oben. Im ersten Quartal 2021 stieg das Welthandelsvolumen nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) um 5,7 Prozent im Vorjahresvergleich, die das stärkste Wachstum seit zehn Jahren bedeuteten. Auch im zweiten Quartal wurden neue Höchstmarken aufgestellt; laut der WTO hat der Welthandel im ersten Halbjahr 2021 das Vorkrisenniveau nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen.

Der europäische Straßengüterverkehr hat im vergangenen Jahr ein Umsatzminus von 5,9 Prozent verzeichnet, die angesichts der Einbußen anderer Branchen wieder als sehr moderat eingestuft werden dürfen. Mit einem Anteil am gesamten europäischen Güterverkehrsmarkt von 20,1 Prozent war Deutschland auch 2020 die wichtigste Drehscheibe im europäischen Transportwesen. Die übrigen Schwergewichte Frankreich, Italien und Großbritannien kamen auf jeweils rund zehn Prozent Marktanteil. (5), (6)


Unternehmen im Markt

Die Deutsche Post DHL ist nach wie vor eines der größten Logistikunternehmen der Welt. Der Konzern befindet sich auf einer Erfolgswelle, alle Unternehmensbereiche wachsen stark. Schon im ersten Coronajahr 2020 hat die Deutsche Post eine Umsatzsteigerung um 5,5 Prozent auf 66,8 Milliarden Euro erzielt, der operative Gewinn stieg um 17,4 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Anvisiert worden war ein Gewinn von nur 4,1 Milliarden Euro.

Auch im zweiten Coronajahr präsentiert die Deutsche Post einen Rekord nach dem anderen; das dritte Quartal 2021 brachte eine Umsatzsteigerung um 23,5 Prozent und eine Gewinnsteigerung um 28,6 Prozent. Das Unternehmen hat seine Gewinnprognose darum stark nach oben korrigiert, erwartet werden derzeit atemberaubende 7,7 Milliarden Euro. Besonders hoch fällt der Ergebnissprung in der Transportsparte Luftfracht, Seefracht und Landverkehr aus, bei der Deutschen Post bezeichnet als Global Forwarding and Freight, die ihr Ergebnis im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum glatt verdoppeln konnte. (7)

Schaut man auf den zweitgrößten deutschen Logistikkonzern, könnte der Unterschied kaum größer sein. Die Deutsche Bahn hat im vergangenen Jahr - natürlich wegen Corona - einen Rekordverlust von 5,7 Milliarden Euro eingefahren. Die ohnehin seit Jahren defizitäre Schienengütersparte DB Cargo verdoppelte die schon 2019 zu beklagenden Verluste und kam alleine auf ein Minus von 728 Millionen Euro. Die Gesamtschulden des Staatskonzerns - der die Deutsche Bahn immer noch ist, denn die Aktien befinden sich in Händen der Bundesrepublik - haben mittlerweile eine Höhe von unglaublichen 32 Milliarden Euro erreicht.

Unverzichtbar bleibt die Bahn für die Gewährleistung von Mobilität natürlich trotzdem, und dies insbesondere, weil sie als klimafreundliches Transportmittel in den Masterplänen für die CO2-Reduzierung eine Hauptrolle spielt. Mit dem im vergangenen Jahr beschlossenen Schienenpakt will Berlin die Bahn sogar zum zukünftigen Hauptverkehrsträger machen. Bis 2030 soll die Zahl der Bahnpassagiere verdoppelt werden, gleichzeitig soll der Anteil der Schiene am Güterverkehr, der derzeit bei rund zehn Prozent liegt, auf 25 Prozent gesteigert werden. Die Bahn kann also damit rechnen, dass ihre Schulden - wie schon bei ihrem Start als Bahn AG - erneut vom Steuerzahler übernommen werden. Bisher hat der Bund dem Unternehmen eine Obergrenze von 35 Milliarden Euro gesetzt. Derzeit wieder stark in der Diskussion ist die Aufspaltung des Konzerns in die zwei Bereiche Netz und Betrieb. Ob es hierzu kommen wird, ist noch nicht entschieden, denn nicht alle Experten sind dafür.

Im laufenden Jahr wird der Konzern wieder beträchtliche Neuschulden anhäufen, allerdings nicht im selben Volumen wie 2020. Gerechnet wird derzeit mit einem neuerlichen Minus von etwa zwei Milliarden Euro. Grundproblem ist nach wie vor, dass die Bürger den Zugwaggon weit weniger nutzen als vor der Pandemie. So hat sich die Zahl der Bahnnutzer im ersten Halbjahr 2021 gegenüber dem letzten Vorkrisenzeitraum halbiert. Oft sind die Züge nur zu 20 Prozent besetzt.

Die Schienengütersparte DB Cargo schlägt sich 2021 wieder etwas besser, wird aber ebenfalls keine schwarzen Zahlen schreiben. Im ersten Halbjahr wurden 40 Prozent weniger Verluste eingefahren als im Vorjahreszeitraum, von Gewinnen ist die Sparte damit weit entfernt. Insgesamt hat DB Cargo (früher als DB Schenker Rail) zwischen 2009 und 2020 drei Milliarden Euro an Verlusten produziert.

Etwas Licht gibt es aber auch beim Bahnkonzern. So hat die Logistiktochter DB Schenker im ersten Halbjahr 2021 mit 627 Millionen Euro einen operativen Gewinn erzielt, der doppelt so hoch ausfiel wie die Erträge im Vorjahreszeitraum. Besonders hohen Anteil an dem positiven Ergebnis hatten - wie zu erwarten - die derzeit boomenden Luft- und Seefracht. (8), (9)

Von einer herausragenden Geschäftsentwicklung berichtet indes der deutsch-schweizerische Logistikkonzern Kühne & Nagel, der ebenfalls zu den Top-5 der größten deutschen Transportanbieter gehört. Das Unternehmen gilt als weltweit größter Seefrachtspediteur und profitiert folglich in besonderer Weise von den hohen Frachtraten für Schiffstransporte. Auch bei Kühne & Nagel sind die Gewinnsteigerungen atemberaubend. Die Umsätze fielen im ersten Halbjahr 2021 mit 13,3 Milliarden Schweizer Franken doppelt so hoch aus wie im Vorjahreszeitraum, der Reingewinn stieg von 309 Millionen auf 764 Millionen Franken. (10)

Neben dem Schienen-Personenverkehr gehört die Passagierluftfahrt zu den besonders stark durch Corona beeinträchtigten Transportbereichen. Die Lufthansa geriet im letzten Jahr so in Schieflage, dass der Staat einspringen musste. Allerdings sieht es derzeit danach aus, dass sich die zeitweilige Staatsbeteiligung für den Steuerzahler auszahlt. Der Konzern will die Aufseher aus der Politik nämlich möglichst schnell loswerden und dafür die Aktien baldmöglichst zurückkaufen. Da der Kurs seit dem Staatseinstieg stark gestiegen ist, würde für den Bund eine milliardenschwere Rendite herausspringen.

Dass die Lufthansa hieran überhaupt denken, verdankt sie der wieder besseren Geschäftsentwicklung. Obwohl die Zahl der Neubuchungen immer noch nur bei 80 Prozent des Vorkrisenniveaus liegt, hat das Unternehmen im dritten Quartal erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder Gewinn gemacht - der allerdings bei gerade einmal 17 Millionen Euro liegt. Insgesamt wird 2021 freilich das zweite Verlustjahr in Folge werden, denn unter dem Strich hat die Lufthansa in den ersten neuen Monaten ein Minus von 2,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. 2020 hatte die Airline einen Rekordverlust von 6,7 Milliarden Euro eingeflogen, eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen peilt das Unternehmen erst für das kommende Jahr an. (11)

Schon 2020 hat die prosperierende Frachtsparte der Lufthansa, LH Cargo, das schlechte Ergebnis stark abmildern können. Die Frachtflieger haben im ersten Coronajahr einen Rekordgewinn vor Steuern von 772 Millionen Euro eingeflogen. Zum Vergleich: 2019 hatte die Logistiksparte der Lufthansa einen Umsatzverlust um neun Prozent erlitten und das Jahr mit einem operativen Minus von 33 Millionen Euro abgeschlossen. Im laufenden Jahr wird LH Cargo noch höhere Gewinne als 2020 zum Konzernergebnis beisteuern. Alleine im dritten Quartal lag das Ergebnis bei erstaunlichen 301 Millionen Euro - nach 169 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. (12)


Die Teilsparten des Transportwesens

Nachdem es im Frühjahr letzten Jahres eine Zeitlang so ausgesehen hatte, dass Corona den Güterverkehr zum Erliegen bringen könnte, hat sich das Transportwesen schnell wieder erholt. Im Vergleich mit anderen Branchen wie dem Maschinenbau, der Automobilindustrie oder dem Tourismus sind Transport und Logistik gut durch das erste Krisenjahr gekommen. So sind die Logistikumsätze 2020 laut der BVL insgesamt um nur zwei Prozent zurückgegangen.

Der Straßengüterverkehr hat gegenüber 2019 bei den Mautkilometern gerade einmal 1,3 Prozent verloren; die Binnenschiffer (minus neun Prozent) und die Schiene (minus 4,2 Prozent) traf es härter, doch erscheinen die Rückgänge auch hier alles andere als lebensbedrohlich. Dies zeigen auch die vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) veröffentlichen Gesamtzahlen. So sind in Deutschland 2020 von LKW, Schiene und Binnenschiff gerade einmal 3,3 Prozent weniger Güter transportiert worden als 2019. Seeschifffahrt und Luftfracht profitieren sogar von der Pandemie, weil sie infolge verknappten Transportraums schon seit letztem Jahr immer höhere Preise verlangen können. Hinzu kommen die starken Steigerungen im vom E-Commerce befeuerten Pakethandel.

Im laufenden Jahr werden alle Verkehrsträger von der konjunkturellen Erholung Deutschlands und der Welt profitieren. Gerechnet wird mit einem Plus bei der transportierten Menge von rund drei Prozent. Die Transportleistung, bei der die transportierte Menge ins Verhältnis zur Wegstrecke gesetzt wird, könnte sogar um fast vier Prozent zulegen. (1), (13), [Abb. 3]


Straßengüterverkehr

Der Lkw-Verkehr erholt sich derzeit schnell von den ohnehin nur marginalen Einbußen des Jahres 2020, bekommt darum aber ein immer größeres Problem durch die fehlenden Fahrer. Es wird berichtet, dass Speditionen aus diesem Grund schon Frachten ablehnen müssen und darum versuchen - wie es bei der Luftfracht und dem Seeverkehr schon seit letztem Jahr der Fall ist - die Preise anzuheben. Insgesamt sollen es mittlerweile 80 000 Fahrerjobs sein, für die sich keine Bewerber finden lassen. Trotzdem soll der Straßengüterverkehr in Deutschland in diesem Jahr nach Ansicht mancher Forschungsinstitute um mehr als vier Prozent wachsen und damit das Vorkrisenniveau zurückerobern. Der europäische Straßengüterverkehr könnte nach aktuellen Schätzungen in der gleichen Größenordnung zulegen. (14)


Schienengüterverkehr

Der seit Jahren ohnehin schwächelnde Schienengüterverkehr hat 2020 bei der Verkehrsleistung sogar 6,4 Prozent verloren und damit deutlich mehr als der LKW. Die Experten trauen dem umweltfreundlichen Verkehrsträger - auch wegen der neuen Sensibilität gegenüber dem Klimawandel - jedoch zu, seinen mit nur gut acht Prozent niedrigen Anteil am deutschen Transportmarkt auszubauen. So hat sich die Verkehrsleistung der Schienengüterunternehmen in den ersten vier Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,4 Prozent verbessert. Laut den Experten könnte die Güterbahn 2020 insgesamt um fünf Prozent wachsen, die allerdings nicht ausreichen würden, um auf das Vorkrisenniveau zu kommen. (15)


Seeschifffahrt

Die internationale Containerschifffahrt wird den Reedereien in diesem Jahr aktuellen Schätzungen zufolge erstmals einen Gewinn von 100 Milliarden US-Dollar verschaffen und damit eine historische Rekordmarke erreichen. Ausgelöst durch Corona-bedingte Hafenschließungen, Containermangel und den im März dieses Jahres für sechs Tage blockierten Suezkanal ist Schiffstransportraum zu einem kostbaren Gut geworden, das teuer bezahlt werden muss. Zudem profitiert die Branche derzeit auch von Transportzuwächsen. So hat der Hamburger Hafen für das erste Halbjahr beim Seegüterumschlag ein Plus von 3,8 Prozent gemeldet. Der Containerumschlag wuchs sogar um 5,5 Prozent.

Auch die Bilanzen der Großreedereien dokumentieren die neue Gründerzeit, in die die Seefracht durch Corona unvermittelt geraten ist. So hat die größte Reederei der Welt, die dänische Maersk-Group, ihre Gewinne im dritten Quartal dieses Jahres im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum mehr als verfünffacht. Die zu den größten Reedereien gehörende deutsche Hapag-Lloyd hat die Umsätze im ersten Halbjahr 2021 um 51 Prozent gesteigert; die Gewinne fielen dreimal so hoch aus wie in den ersten sechs Monaten 2020. Für das Gesamtjahr peilt der Konzern einen Gewinn zwischen 8,7 und 9,5 Milliarden Euro an - das wären sieben Mal so viel wie im Jahr 2020. (16)


Binnenschifffahrt

Mit einem Minus von rund neun Prozent bei der Verkehrsleistung hatten die Flusskapitäne von allen Verkehrsträgern 2020 am stärksten unter Corona zu leiden. 188 Millionen Tonnen Güter haben die Binnenschiffe im ersten Coronajahr transportiert, 2019 waren es noch 205 Millionen Tonnen. Damit sind die Binnenschiffer noch unter die Tiefstmarke des Jahres 2018 gefallen, als ausgetrocknete Flüsse den Transport zeitweilig unmöglich machten. Vor drei Jahren hatte die Tonnage 197 Millionen Tonnen betragen. (17)


Luftfracht

Ein aussagefähiger Indikator für die Lage der Luftfracht ist Lufthansa Cargo. Noch 2019 hatte die Logistiksparte der Fluglinie operativ ein Minus eingeflogen, 2020 wurde hieraus ein Rekordgewinn von 772 Millionen Euro. Die Branche steht damit vor dem paradoxen Befund, dass die auch hier im vergangenen Jahr stark eingebrochene globale Verkehrsleistung (nämlich um 10,6 Prozent) infolge der gestiegenen Preise bei den Unternehmen selbst zu enormen Gewinnsteigerungen führt. Für das laufende Jahr rechnet LH Cargo sogar mit einem Gewinn von einer Milliarde Euro und mehr - die aber auch nicht ausreichen werden, um den Gesamtkonzern in die Gewinnzone zurück zu holen.

Rekordumsätze und -gewinne sind seit letztem Jahr auch für die globale Luftfracht zur Normalität geworden. So prognostiziert die International Air Transport Association (IATA) für 2021 einen Anstieg der mit Luftfracht erzielten Umsätze um 8,6 Prozent auf 152 Milliarden US-Dollar. (18)



Trends


Klimafreundlicher und digitaler

Die Megatrends auch im Transportwesen sind die Bekämpfung des Klimawandels und die Digitalisierung. Derzeit gehen 5,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen auf das Konto von Transport und Logistik. Die Möglichkeiten, klimafreundlicher oder sogar klimaneutral zu werden, sind dabei genauso vielfältig wie die Branche selbst. So kommen manche Experten zu dem Ergebnis, dass schon eine effizientere Nutzung der Transporträume - also die Vermeidung von Leerfahrten, halbleeren Containern oder LKW-Ladeflächen - den Ausstoß schädlicher Klimagase gewaltig eindämmen würde. Andere Möglichkeiten bilden die Elektrifizierung der Antriebe - wobei die Batterien dann freilich mit Strom aus Solar- und Windkraftanlagen aufgeladen werden müssten - und die Entwicklung sauberer Synthetik-Treibstoffe.

Bei der Digitalisierung sind deutsche Logistiker laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC schon besonders weit. 80 Prozent der hiesigen Transportunternehmen sollen ihre digitale Architektur bereits aufgerüstet haben, gegenüber nur 50 Prozent in Gesamteuropa. Über 60 Prozent der mittelständischen Logistikfirmen in Deutschland arbeiten bereits an digitalen Geschäftsmodellen. (19), (20)





Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Zurück auf Wachstumskurs

Quelle: Logistikweise / Fraunhofer SCS Entnommen aus: www.bvl.de / service
Abbildung 2: Amazon dominiert den E-Commerce

Quelle: ecommerceDB.com, Statista Entnommen aus: Handelsblatt, 27.09.2021, Nr. 186, S. 22
Abbildung 3: Keine Chance gegen den LKW

Quelle: BAG, BGL, ITP, KBA, Statistisches Bundesamt Entnommen aus: WirtschaftsWoche, 01.10.2021, Nr. 040, S. 8

Weiterführende Literatur:

(1.) Wieder auf Wachstumskurs
aus Verkehrs Rundschau, Heft 12/2021, S. 18-21

(2.) PwC-Studie: Transport- und Logistikbranche trotzt COVID-19
aus news aktuell vom 19.01.2021

(3.) Das Chaos im Warentransport hat fatale Folgen für Verbraucher
aus Welt online vom 16.10.2021

(4.) Ab geht die Post
aus Euro am Sonntag, 16.07.2021, Nr. 28, S. 18 - 19

(5.) Konjunktur/Welthandel - Engpässe bremsen das Wachstum
aus DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung, Heft 35/2021, S. 4

(6.) Der Welthandel brummt
aus Finanz und Wirtschaft vom 11.08.2021, Seite 17

(7.) Deutsche Post erneut auf Rekordkurs
aus DVZ Online vom 04.11.2021

(8.) Klimaretter in Bredouille: Deutsche Bahn erholt sich - rechnet aber mit zwei Milliarden Euro Verlust
aus Handelsblatt online vom 29.07.2021

(9.) Schenker macht der DB Freude
aus DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung, Heft 31/2021, S. 7

(10.) Rückenwind für Kühne + Nagel
aus DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung, Heft 29/2021, S. 10

(11.) Lufthansa meldet wieder Gewinn
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.11.2021, Nr. 257, S. 25

(12.) Lufthansa Cargo: So kam es zu den plötzlichen Milliardengewinnen
aus WirtschaftsWoche online 05.11.2021 um 07:57:25 Uhr

(13.) Überraschung
aus Verkehrs Rundschau, Heft 6/2021, S. 20-23

(14.) Deutschland bleibt Nummer 1
aus DVZ Deutsche Verkehrs-Zeitung, Heft 27/2021, S. 3

(15.) Kein Ende der Krise im EU-Schienengüterverkehr in Sicht
aus DVZ Online vom 28.09.2021

(16.) Reedereien gehören zu den Corona-Gewinnern
aus Hamburger Morgenpost vom 24.02.2021, Seite 8

(17.) Klimawandel bremst Binnenschifffahrt aus
aus Handelsblatt Heft 162/2021 vom 24.08.2021, S. 24

(18.) Luftfracht erlebt eine neue Gründerzeit
aus DVZ Online vom 21.09.2021

(19.) Klimaneutralität muss nicht teuer sein
aus DVZ Online vom 21.10.2021

(20.) Logistikbranche treibt Digitalisierung voran
aus DIE WELT, 18.05.2021, Nr. 113, S. WR2

Robert Reuter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 11 vom 15.11.2021
Dokument-ID: r_tra_20211115

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