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Branchenreport Ausgabe 1/2015

BANKEN | GENIOS BranchenWissen Nr. 05 vom 19.05.2015


Der deutsche Bankenmarkt

In den deutschen Kreditsektor ist nach dem erfolgreich bestandenen Gesundheits-Check der Europäischen Zentralbank (EZB) erst einmal Ruhe eingekehrt. Der große Bilanztest hatte allen systemrelevanten deutschen Instituten eine solide Verfassung attestiert, auch für den Fall eines neuen Krisenszenarios. Zur Beruhigung trägt seit dem Test im Herbst 2014 bei, dass Marktteilnehmer und andere Banken hier tiefe und realistische Einblicke in die Bilanzen von Banken nehmen konnten - was manche Unsicherheit beseitigte.

Gleichwohl haben die Banken viel zu tun. Zum einen sind es die immer neuen Regulierungsanforderungen, die die Unternehmen stark fordern; zum anderen sind gerade die Banken, die 2008/2009 auf staatliche Hilfen angewiesen waren, immer noch dabei, Risiken abzubauen; drittens haben es einige Institute - darunter die Deutsche Bank und die Commerzbank - mit gewaltigen Strafzahlungen für frühere Rechtsbrüche zu tun; der vierte Punkt der zurzeit wichtigen Themen betrifft alle deutsche Banken: Dies ist die Niedrigzinsphase, die es den Geldhäusern zunehmend schwer macht, mit klassischem Einlagen- und Kreditgeschäft Geld zu verdienen.

Sorgen bereiten den Banken derzeit insbesondere einige Regeln aus Basel III. Der neue Akkord beinhaltet eine so genannte Leverage Ratio (LR), also eine Verschuldungsgrenze. Diese soll sich nicht mehr an den zugrundeliegenden Risiken orientieren, was den Bankvorständen Bauchschmerzen bereitet. Darüber hinaus ist noch nicht geklärt, wie hoch die Verschuldungsobergrenze ausfallen wird. Gerüchteweise wird von einer Grenze bei sechs Prozent der Bilanzsumme gesprochen - was für manche Bank einen gewichtigen Einschnitt in ihre Geschäftstätigkeit bedeuten würde. So müsste das immer noch größte deutsche Geldhaus, die Deutsche Bank, bei einer LR in dieser Höhe ihr Kapital um satte 50 Prozent erhöhen oder aber die Bilanzsumme um ein Drittel eindampfen. Dies macht deutlich, warum die Banken nervös darauf warten, wie hoch die Leverage Ratio ausfallen wird. Prinzipiell sind die deutschen Banken jedoch gut auch auf die noch kommenden Regelungen von Basel III vorbereitet.

Die andere Hauptsorge deutscher Banken ist - und dies nicht erst seit dem Einsetzen der Niedrigzinsphase - die Ertragslage. Deutsche Banken gelten als renditeschwach, was durch die niedrigen Zinsen noch verstärkt wird. Besonders stark vom Zinsüberschuss abhängige Bankengruppen wie die Sparkassen oder die Volksbanken haben 2014 allerdings immer noch sehr stattliche Gewinne eingefahren, was zeigt, dass die Bedrohungslage durch die Zinsen noch nicht virulent geworden ist. Mittelfristig indessen werden die Reserven der Banken aufgezehrt, was auch die Kunden - bei den eingeräumten Konditionen - irgendwann zu spüren bekommen könnten. Manche Bankexperten sehen allerdings noch weit schlimmere Folgen der EZB-Niedrigzinspolitik voraus. So befürchtet der LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter, dass die künstlich niedrig gehaltenen Zinsen in eine gewaltige Aktien- und Rentenblase münden - und damit die nächste Bankenkrise befördern.

Um ihre Ertragslage zu verbessern, entdecken immer mehr deutsche Banken das Geschäft mit dem vermögenden Privatanleger. Alleine die Deutsche Bank verwaltet mittlerweile 118 Milliarden Euro dieser Anlageform. Seit 2009 stieg das Volumen in der Vermögensverwaltung der deutschen Nummer eins jährlich um zwölf Prozent. Die Commerzbank verzeichnet jährliche Zuwachsraten von vier bis fünf Prozent; insgesamt verwaltet sie auf dem deutschen Markt derzeit 47 Milliarden Euro. Die Betreuung reicher Kunden gilt als eines der ganz wenigen Geschäftsfelder, auf dem derzeit Wachstumsraten zu erreichen sind - was die Sparte auch für andere Banken immer interessanter macht.

Ein eigentlich singuläres, gleichzeitig aber bedrohliches Problem für die deutschen Banken ist das aktuelle Trauerspiel um die österreichische Skandalbank Hypo Alpe Adria. Allein ihr früherer Eigentümer, die Bayerische Landesbank, bangt derzeit um die Rückzahlung von 2,4 Milliarden Euro, die sie der Hypo Alpe Adria geliehen hatte. Insgesamt sind deutsche Banken und Versicherer mit drei Milliarden Euro an dem Pleiteinstitut beteiligt. Alleine die Allianz hat 330 Millionen Euro investiert, die Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, die DWS, fürchtet um 276 Millionen Euro. Bislang hat die Rettung der Bank den österreichischen Steuerzahler 5,5 Milliarden Euro gekostet. Nun droht ein Schuldenschnitt, bei dem die deutschen Banken 1,5 Milliarden Euro abschreiben müssten. Deutsche Geldhäuser müssen daher mit stark sinkenden Gewinnen rechnen, einfach deshalb, weil die Hypo Alpe Adria ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann. Einige deutsche Banken planen daher bereits Klagen gegen das Land Österreich. (1), (2), (3), (4)


Unternehmen im Markt

Die Deutsche Bank ist hierzulande nach wie vor die Nummer eins. Das Unternehmen knabbert jedoch weiterhin an seiner Vergangenheit, die durch eine ungeheuerlich große Zahl von Rechtsbrüchen gekennzeichnet war - für die die Deutsche Bank heute finanziell bluten muss. Für die Begleichung der Verfehlungen soll die Bank bisher 4,5 Milliarden Euro ausgegeben haben, weitere 3,2 Milliarden Euro liegen hierfür auf dem Reservekonto. Die Rechtskosten waren zumindest im vergangenen Jahr so hoch, dass sie ganze Quartalsgewinne auffraßen. So verzeichnete die Deutsche Bank im dritten Quartal 2014 ein Minus von 92 Millionen Euro. Insgesamt sollen es derzeit 6200 Prozesse sein, die die Deutsche Bank durchstehen muss.

Dass Deutschlands früherer Branchenprimus in diese Tristesse hinein auch noch mit positiven Nachrichten überraschen kann, zeigte das vierte Quartal. Zwischen Oktober und Dezember 2014 erzielte die Bank einen nicht erwarteten Gewinn von 441 Milliarden Euro. Das Schlussquartal war damit so stark, dass es die gesamte Jahresbilanz rettete. So verdiente die Deutsche Bank 2014 1,7 Milliarden Euro, nach nur 681 Milliarden Euro im Jahr davor. Mit den US-Banken kann die Deutsche Bank - die sich eigentlich in einer Liga mit den erfolgreichsten Großbanken der Welt sieht - damit jedoch noch lange nicht mithalten. US-Konkurrent J P Morgen weist für 2014 einen Gewinn von 22 Milliarden US-Dollar aus, bei Goldman Sachs sind es 8,5 Milliarden USD.

Auch um wieder eine geachtete Bank zu werden, hat sich Deutschlands gebeutelte Nummer eins vor wenigen Wochen eine neue Strategie gegeben. Die Bank will profitabler werden, wofür die beiden Co-Vorstände Anshu Jain und Jürgen Fitschen dem Unternehmen einen Schrumpfkurs verschrieben haben. 200 der 700 Filialen werden geschlossen, zudem soll die erst 2010 übernommene Postbank wieder verkauft werden. Der neue Kurs hat zum Ziel, die operativen Ausgaben der Deutschen Bank um 3,5 Milliarden Euro jährlich zu senken. 40 Prozent der Kostenreduktion sollen durch die Filialschließungen erreicht werden, die übrigen 60 Prozent will die Bank durch Effizienzsteigerungen erreichen. Die als Strategie 2020 bezeichnete Neuausrichtung der Deutschen Bank wird jedoch anfänglich viel Geld kosten - und zudem eine beträchtliche Verkleinerung der Mitarbeiterzahl nach sich ziehen. (5), [Abb. 1]

Noch im Februar war man bei der zweitgrößten deutschen Bank, der Commerzbank, der Meinung, 2014 rund 602 Millionen Euro Gewinn gemacht zu haben. Kurz darauf platzte die Nachricht herein, dass die Commerzbank an die US-Behörden 1,5 Milliarden US-Dollar Strafe zahlen muss. Fällig wird die Buße für Verstöße gegen US-Sanktionen und die Verschleierung von Finanztransaktionen. Von den 602 Millionen Euro bleiben daher nur 264 Millionen Euro übrig.

Die nun zu bezahlende Strafe ist gewaltig; zudem ist nicht klar, ob die Commerzbank hiermit von allen Vorwürfen der US-Behörden befreit ist. Bezahlen muss die Commerzbank insbesondere für Verstöße gegen Handelssanktionen gegenüber dem Sudan und dem Iran zwischen 2002 und 2008. Die New Yorker Finanzaufsicht wirft der Commerzbank vor, insgesamt 60 000 Dollar-Transaktionen im Wert von 253 Milliarden Dollar für iranische und sudanesische Kunden ausgeführt zu haben, ohne diese offen zu legen.

Auch die deutsche Nummer zwei büßt damit in empfindlicher Höhe für Rechtsbrüche aus längst vergangenen Boom-Zeiten. Darüber hinaus sieht es bei den Erträgen nicht besonders gut aus. Die Commerzbank hat das Investment-Banking zurückgefahren und widmet sich wieder stärker dem klassischen Bankgeschäft. Damit leidet sie besonders stark unter den niedrigen Zinsen. Um dem schwindenden Zinsüberschuss entgegenzuwirken, will die Commerzbank ihr Firmenkundengeschäft ausbauen. Schon heute liefert das als Mittelstandsbank bezeichnete Firmenkundengeschäft der Commerzbank den größten Ergebnisbeitrag. 2014 waren dies 1,2 Milliarden Euro.

Überraschend gut ist das erste Quartal 2015 für die Commerzbank verlaufen. So betrug das operative Ergebnis 685 Millionen Euro und damit doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Den hieraus resultierenden frischen Wind auch für den Aktienkurs hat die Commerzbank für eine ebenso schnell wie erfolgreich verlaufene Kapitalerhöhung genutzt. Die Platzierung neuer Aktien spülte 1,4 Milliarden Euro in die Kassen; die harte Kernkapitalquote stieg hierdurch auf mehr als zehn Prozent. Gerüchten, dass das frische Geld in den Erwerb der Postbank gesteckt werden könnte, erteilen Insider eine Absage. (6)

Deutschlands drittgrößte Bank ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Förderbank mit dem staatlichen Auftrag eilt schon seit Jahren von Erfolg zu Erfolg und hat sich so unter die Top-Drei des deutschen Bankenmarkts emporgearbeitet. 2014 betrug der Konzerngewinn 1,5 Milliarden Euro (2013: 1,3 Milliarden Euro) und lag damit fast so hoch wie der der Deutschen Bank . Die Kernkapitalquote nach den Regeln von Basel III liegt mit 14,1 Prozent überaus hoch. Das Fördervolumen stieg von 72,5 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf 74,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Immer stärker löst sich die KfW hierbei von ihrem Förderauftrag für Projekte in Deutschland. Stattdessen wächst das internationale Geschäft, das im Jahr 2014 auf 25,5 Milliarden Euro anstieg und damit um satte 25 Prozent höher lag als noch 2013. Die KfW hat ihren erstaunlichen Erfolgsweg damit auch 2014 fortgesetzt. (7)

Die deutschen Landesbanken werden von Ratingagenturen schon traditionell für ihre niedrige Profitabilität gerügt, präsentieren aber dennoch teilweise sehr gute Ergebnisse. So hat die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) 2014 ihren bisherigen Rekordgewinn aus dem Jahr 2012 spielend übertroffen. Damals betrug der Gewinn 512 Millionen Euro, im vergangenen Jahr waren es 607 Millionen Euro. Die Eigenkapitalrendite lag mit 8,3 Prozent höher als bei den drei großen Landesbanken LBBW, Bayern LB und Nord LB. Das herausragende Ergebnis gründete insbesondere auf dem Immobiliengeschäft, das 351 Millionen Euro zum Gesamtgewinn beisteuerte. [Abb. 2]

Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat hingegen 2014 nur einen stagnierenden Gewinn erzielt. Erreicht wurde ein Ergebnis von 477 Millionen Euro und damit kaum mehr als 2013. Damit liegt Deutschlands größte Landesbank deutlich hinter der weit kleineren Helaba. Das operative Ergebnis sank sogar um sechs Prozent auf 684 Millionen Euro. Gleichwohl verweist die LBBW mit Stolz darauf, dass sie seit nunmehr drei Jahren in jedem Quartal schwarze Zahlen geschrieben hat. Die harte Kernkapitalquote liegt mittlerweile bei 13,6 Prozent und damit auf sehr gutem Niveau.

Auch die Nord/LB hat 2014 einen sehr guten Gewinn präsentiert. Die Bank verdoppelte das Ergebnis von 2014 auf 276 Millionen Euro. Allerdings ist die Bank mit 380 Millionen Euro in der Hypo Alpe Adria engagiert, deren Rückzahlung derzeit in den Sternen stehen.

Einzige Landesbank mit einem negativen Ergebnis ist die Bayern LB. Das Institut leidet besonders stark unter der Pleite seiner früheren Tochter Hypo Alpe Adria. 2014 wurde auch darum tief in den roten Zahlen abgeschlossen, nämlich mit minus 1,3 Milliarden Euro. Zudem überwies die Bayern LB, die während der Finanzkrise mit zehn Milliarden Euro durch den bayerischen Steuerzahler gerettet werden musste, eine Rückzahlung in der Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Das schlechte Jahresergebnis ist damit nicht die Folge der operativen Geschäftstätigkeit. Die nämlich sah auch 2014 gut aus: 669 Millionen Euro betrug der Vorsteuergewinn und damit 41 Prozent mehr als 2014. Dass sich das Gesamtergebnis so tief ins Rot drehte, lag auch an der früheren Tochter MKB, die die Bayern LB nur mit enormem Verlust endlich verkaufen konnte. Noch weit mehr Unheil droht aus der Schieflage der Hypo Alpe Adria. Schon seit Jahren pocht die Bayern LB auf die Rückzahlung von 2,4 Milliarden Euro und verließ sich dabei auf die staatlichen Garantien Österreichs. Derzeit sieht es allerdings danach aus, dass die Bayern LB - und viele andere Banken mit ihr - ihre investierten Gelder wird abschreiben müssen. (8), (9), (10)

Sehr gut haben die deutschen Sparkassen das vergangene Jahr abgeschlossen. Trotz der Niedrigzinsphase steigerten sie das Vorsteuerergebnis von 2013, das bei 4,4 Milliarden Euro lag, um 4,8 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro. Das Ergebnis fiel damit derartig hoch aus, dass die Sparkassen einen Großteil der Gewinne den eigenen Vorsorgereserven zuführen konnten. So haben die Institute in den letzten fünf Jahren für schlechte Zeiten einen zusätzlichen Puffer von 18,7 Milliarden Euro bilden können. Damit stellen sich die gemeinwohlorientiert wirtschaftenden Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe auf kommende Dürreperioden ein. Auch wenn der Zinsüberschuss bisher noch der Hauptertragsbringer der Sparkassen ist, rechnen sie doch damit, dass die niedrigen Zinsen die Ergebnisse spätestens ab dem nächsten Jahr deutlich schmälern werden. (14), [Abb. 3]

Auch der zentrale Fondsanbieter der Sparkassen, die Frankfurter Dekabank, ist mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als zufrieden. Die Bank hat ihren Vertrieb gestärkt und profitiert überdies davon, dass immer mehr Kunden aus Frust über die Mikrozinsen auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten wieder verstärkt zu Fonds und Wertpapieren greifen. Das Konzernergebnis stieg um 7,9 Prozent auf 541,1 Millionen Euro. Die Mittelzuflüsse lagen bei 13,2 Milliarden Euro und damit so hoch wie zuletzt 2007. (13)

Wie die Sparkassen haben auch die Institute der dritten Säule des deutschen Kreditsektors, die Genossenschaftsbanken, 2014 trotz schmelzenden Zinsüberschusses einen Milliardengewinn erzielt. Nach vorläufigen Zahlen betrug der Überschuss 2,3 Milliarden Euro. Mit insgesamt über 18 Millionen Menschen stellten Volks- und Raiffeisenbanken überdies einen neuen Rekord bei der Zahl der Anteilseigner auf - die bei den Kreditgenossen gleichzeitig Kunden sind. (11)

Auch die beiden Spitzeninstitute des genossenschaftlichen Kreditsektors, die DZ Bank und die WGZ Bank, haben 2014 gut abgeschnitten. Die DZ Bank erreichte ein Konzernergebnis von 2,16 Milliarden Euro, nach 1,47 Milliarden Euro im Jahr davor. Das Vorsteuerergebnis stieg dabei sogar um 29,1 Prozent auf 2,87 Milliarden Euro. Eingefahren wurden die guten Zahlen insbesondere im Firmenkundengeschäft. Wie der Bankensektor insgesamt haben jedoch auch die Kreditgenossen die Sorge, dass das niedrige Zinsniveau noch für deutlich schlechtere Geschäfte sorgen wird.

Bei der WGZ Bank verblieb der Jahresüberschuss auf dem hohen Niveau des Vorjahres, nämlich bei 308 Millionen Euro. In naher Zukunft könnte es indessen passieren, dass beide Banken eine gemeinsame Bilanz veröffentlichen - die Anzeichen für eine Fusion mehren sich derzeit. (12), (16)

Während die Banken von nur wenigen Ausnahmen abgesehen 2014 erfolgreich gewirtschaftet haben, durchleben die Bausparkassen ungleich schwierigere Zeiten. Sie leiden besonders stark unter den Niedrigzinsen, was nun zum Handeln zwingt. Da die Zinsversprechen auf Altverträgen nicht mehr eingehalten werden können, werden sie gekündigt. Das schadet dem Image und verprellt Kunden, lässt sich aber nicht mehr herausschieben. Sowohl die öffentlich-rechtlich verfassten Landesbausparkassen (LBS) als auch die privaten Anbieter gehen nun diesen Weg. Dem öffentlichen Aufschrei halten die Bausparkassen freilich eine gute Argumentation entgegen. Sie verweisen zu Recht darauf, dass Bausparen ein Zwecksparen ist, jedoch kein Renditeprodukt. Wenn zuteilungsreife Verträge nicht in Anspruch genommen werden und sich der Sparer stattdessen munter weiter über vier Prozent freut, ist es den Bausparkassen erlaubt, ihr Renditeversprechen zu kassieren. Laut aktuellen Zahlen wurden gerade einmal 150 000 Verträge gekündigt, bei einem Gesamtbestand von 30 Millionen Verträgen.

Aus dem Schneider sind die Bausparkassen damit jedoch immer noch nicht, denn die Niedrigzinsphase drückt weiter auf die Erträge. 2013 ging das Betriebsergebnis im Bausparsektor um elf Prozent zurück, 2014 dürfte dieser Trend angehalten haben. (17)


Internationaler Bankenmarkt

Wie sehr Europas Bankensektor immer noch in einem Prozess der Konsolidierung gefangen ist, zeigt auch die Anzahl der Kredithäuser. Diese sinkt beständig, wie Berechnungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen. Demnach gab es Ende 2013 noch 5 948 Banken in der Eurozone, nach 6 100 Banken im Jahr 2012 und 6 690 im Jahr 2008. Neben der Anzahl der Institute sind auch die Bilanzsummen im Sinkflug begriffen. Von 2012 auf 2013 sank die aggregierte Bilanzsumme aller Geldhäuser um 9,4 Prozent auf 26,8 Billionen Euro.

Nicht gut stehen Europas Banken auch bei der Eigenkapitalrentabilität da. Noch immer liegen die Eigenkapitalrenditen deutlich unter den Kapitalkosten. So liegt die durchschnittliche Eigenkapitalrentabilität der deutschen Banken bei nur 1,26 Prozent, womit sie im europäischen Vergleich besonders schlecht dastehen.

US-Banken und die Geldhäuser aus den Emerging Markets sind deutlich rentabler als ihre europäischen Konkurrenten. Dies liegt auch an der wirtschaftlichen Dauerkrise in Europa, die es den Banken schwer macht, profitabler zu agieren. Schwergewichte wie Italien und Frankreich, ebenso Spanien und die geretteten Pleitestaaten Irland, Griechenland und Portugal haben sich immer noch nicht richtig berappelt. Doch auch das kleine Wirtschaftswunder Deutschlands kann nichts daran ändern, dass es die hiesigen Banken mit ihren US-Wettbewerbern nicht mehr aufnehmen können. Dies liegt nicht zuletzt an der Drei-Säulen-Struktur des deutschen Bankenmarktes - Volksbanken, Sparkassen, Geschäftsbanken - die sich durch wenig Durchlässigkeit und gleichzeitig sehr niedrige Preise auszeichnet. Schwer zu schaffen macht den deutschen und europäischen Banken zudem die nicht abebbende Welle regulatorischer Verschärfungen durch die Europäische Union, durch nationale Regierungen und neuerdings infolge der Bankenunion.

Eine Einzelbetrachtung wert ist derzeit insbesondere der russische Bankensektor. Die Sanktionen des Westens - als Antwort auf die Annexion der Krim - haben Russland in eine schwere Wirtschaftskrise geworfen, und den Bankensektor gleich mit. Abzulesen ist die Bankenkrise an der Bilanz des zweitgrößten russischen Instituts, der VTB. Diese verzeichnete 2014 einen gegenüber dem Vorjahr um satte 99,2 Prozent gesunkenen Gewinn. Die größte Bank Russlands, die Sberbank, hatte im Januar darauf hingewiesen, dass die Bankenkrise enorme Ausmaße annehmen wird. Ausgelöst ist die Schieflage dadurch, dass die russischen Banken infolge der Sanktionen nur beschränkt Zugang zu den Finanzmärkten haben. Zum anderen ist es die wirtschaftliche Baisse des Landes, die den Banken schlechte Ergebnisse einbringt. Seit der Krise müssen die russischen Banken mit staatlichen Hilfsgeldern vor der Pleite bewahrt werden. Einher geht der Verfall mit einem drastischen Wertverlust des Rubels. (15)

Wie sehr die US-Banken im Vergleich mit Europa davongezogen sind, zeigen die aktuellen Quartalsberichte. So hat Goldman Sachs mit Beratung rund um die Kapitalmärkte so viel Geld eingenommen wie seit 2007 nicht mehr, nämlich 1,9 Milliarden Dollar (1,76 Milliarden Euro). Der Nettogewinn von Goldman legte im ersten Quartal 2015 gegenüber dem Vorjahresquartal von knapp 2,2 auf gut 2,8 Milliarden zu. JP Morgan erzielte in den ersten drei Monaten das beste Quartal seiner Geschichte. Diese und andere Ergebnisse zeigen vielen Experten an, dass die Wall Street nun endlich mit Macht auf die Bühne zurückkehrt. Die Deutsche Bank, die noch vor wenigen Jahren zu den Platzhirschen aufschließen wollte, kann da nur neidisch zusehen. (5), (18)

Nicht mithalten können da auch die erfolgsverwöhnten Großbanken Chinas. Die Geldhäuser bekommen die konjunkturelle Abkühlung des Landes deutlich zu spüren und verzeichnen nur noch geringe Gewinnzuwächse. Das drittgrößte Kreditinstitut des Landes, die Agricultural Bank of China (ABC), kam im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres auf einen Zuwachs von nur 1,3 Prozent. Auch die anderen drei Großbanken Chinas, die Bank of China, die China Construction Bank und die Industrial & Commercial Bank of China (ICBC), erzielten 2014 nur noch mittlere einstellige Gewinnsteigerungen. (19)



Trends


Smart Service - Konkurrenz durch Internetriesen

Smart Service ist ein Haupttrend unserer Zeit und setzt auch die Banken unter Druck. Gemeint sind hiermit beispielsweise die Betreiber sozialer Netzwerke, die ihren Nutzern schon bald Bankdienstleistungen offerieren könnten. Facebook, Google oder Ebay beantragen Banklizenzen und bieten eigene Bezahllösungen im Internet an. Hierauf wollen deutsche Banken jetzt reagieren, kommen aber möglicherweise schon zu spät. Sie wollen nun gemeinsam eine Alternative zu Paypal entwickeln. Beteiligt sind die Commerzbank und die Comdirect Bank, die Deutsche Bank und die Postbank, die Beteiligungsgesellschaft der privaten Banken unter Federführung der Hypovereinsbank sowie die Spitzeninstitute der Kreditgenossen, die DZ Bank und die WGZ Bank. (20)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Deutsche Bank verliert an Bedeutung

Quelle: Thomson Reuters Entnommen aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.04.2015, Nr. 99, S. 23
Abbildung 2: Landesbank Hessen-Thüringen präsentiert Rekordzahlen

Quelle: Unternehmen / FAZ-Grafik Niebel Entnommen aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2015, Nr. 72, S. 29
Abbildung 3: Verlässliches Kundenvertrauen

Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband Entnommen aus: Börsen-Zeitung, 13.03.2015, Nr. 50, S. 5

Weiterführende Literatur:

(1.) Neue Sorgen für Großbanken
aus Handelsblatt Nr. 030 vom 12.02.2015 Seite 026

(2.) "Die Banken müssen sich anpassen"
aus Süddeutsche Zeitung, 11.03.2015, Ausgabe München, Bayern, Deutschland, S. 33

(3.) Kampf um die Millionäre / Reiche Bankkunden Deutsche Banken buhlen um Vermögende
aus Euro am Sonntag, 03.01.2015, Nr. 1, S. 7

(4.) Jede Bank braucht ein eigenes regulatorisches Büro
aus Die Bank, Heft 04/2015, S. 40-42

(5.) Deutsche Bank / US-Konkurrenten sind in großartiger Form
aus Handelsblatt online vom 06.02.2015

(6.) Commerzbank zahlt trotz Gewinnsprungs keine Dividende
aus manager-magazin.de vom 12.02.2015

(7.) KfW: Erfolgreiches Geschäftsjahr 2014
aus ots news schweiz - Wirtschaft vom 15.4.2015

(8.) Landesbanken / "Die Mutter aller Blasen"
aus Die SparkassenZeitung, 02.04.2015, Nr. 14, S. 1

(9.) Helaba übertrifft bisherigen Rekordgewinn deutlich
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.03.2015, Nr. 72, S. 18

(10.) Unter dem Strich: düster
aus Süddeutsche Zeitung, 26.03.2015, Ausgabe Bayern, Deutschland, S. 17

(11.) Genossenschaftsbanken mit Milliardengewinn
aus Wirtschaftswoche online vom 24.03.2015

(12.) WGZ Bank ist "voll und ganz zufrieden"
aus Börsen-Zeitung, 28.03.2015, Nummer 61, Seite 2

(13.) Dekabank gelingt Trendwende / Nach langjähriger Flaute läuft das Wertpapiergeschäft mit Privatkunden wieder
aus Frankfurt Neue Presse vom 27.03.2015, Seite 2

(14.) Sparkassen erwarten Durststrecke / Reserven mit gut 4 Mrd. Euro gestärkt - Fahrenschon will Substanz aufbauen "für schlechtere Zeiten"
aus Börsen-Zeitung, 13.03.2015, Nummer 50, Seite 5

(15.) Strategische Herausforderungen für Europas Banken
aus Die Bank, Heft 03/2015, S. 28-32

(16.) DZ Bank erzielt Bestmarke
aus agrarzeitung 10 vom 06.03.2015 Seite 006

(17.) Härtere Zeiten für Bausparkassen
aus Immobilien & Finanzierung - Der Langfristige Kredit, Heft 3/2015, S. 80

(18.) US-Banken / Die Wall Street glänzt
aus Handelsblatt online vom 17.04.2015

(19.) Schwache Konjunktur trifft Chinas Großbanken
aus Börsen-Zeitung, 29.04.2015, Nummer 81, Seite 5

(20.) Bank Beyond Banking
aus Die Bank, Heft 04/2015, S. 56-57

Andreas Menzen

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 05 vom 19.05.2015
Dokument-ID: r_ban_20150519

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