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Automarkt China - das Wachstum schaltet einen Gang runter

AUTOMOBIL | GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 20.02.2018


Chinas Autokonjunktur läuft mit geringerer Drehzahl

Das Wachstum auf dem Automarkt Chinas lässt nach. Der Absatz von Pkw stieg 2017 um 1,5 Prozent auf 24,2 Millionen Fahrzeuge. Ein Grund dafür ist das Auslaufen staatlicher Steuervorteile, die 2016 noch für einen künstlichen Boom gesorgt hatten. 2018 dürfte der Absatz wieder etwas stärker zulegen, der chinesische Automobilverband PCA prognostiziert einen Zuwachs von vier Prozent. Das liegt aber immer noch deutlich unter den Wachstumsraten früherer Jahre. Derweil werden auch in China die Sport Utility Vehicles (SUV) immer beliebter. Allein im Dezember verkauften sich diese knapp 1,2 Millionen Mal, ein Zuwachs von 7,3 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat. (1)


Größter Einzelmarkt für deutsche Autohersteller

Für die deutschen Autobauer ist China mittlerweile der wichtigste Absatzmarkt. 2017 stiegen die Verkäufe von BMW, Daimler und dem Volkswagen-Konzern (VW) in der Volksrepublik um acht Prozent. Damit sind die deutschen Hersteller stärker gewachsen als der Gesamtmarkt. Entsprechend stieg der gemeinsame Marktanteil auf 22,3 von zuvor 21,1 Prozent. Die drei Hersteller verkaufen inzwischen knapp 35 Prozent ihrer Fahrzeuge in China. Vor fünf Jahren waren es noch 27 Prozent. Dies führt auch zu einer wachsenden Abhängigkeit von einem Einzelmarkt. Volkswagen setzt inzwischen 40 Prozent seiner Autos in China ab. Die Premium-Tochter Audi hatte zuletzt aber Probleme im China-Geschäft. (2), (4)


China wird Leitmarkt für E-Mobilität

China entwickelt sich immer mehr zu dem treibenden Markt für Elektromobilität. Gefördert wird diese Entwicklung von der Politik. Ab 2019 gilt eine Zehn-Prozent-Quote für Elektroautos. Zudem sollen Käufer von E-Autos in den kommenden drei Jahren weiter Steuervorteile genießen können. Der Hintergrund: China will unabhängig vom Erdöl werden, gegen die Luftverschmutzung in den Städten vorgehen und die heimischen Hersteller stützen. Um die Vorgaben der Politik zu erfüllen, müssen die deutschen Hersteller ihr Angebot an Hybrid- bzw. reinen Elektroautos in China deutlich ausbauen. BMW, Daimler und VW haben bereits hohe Investitionen angekündigt. (2), (6), (7)



Trends

Chinesische Autos werden immer besser. Mittlerweile trennt sie in Sachen Qualität kaum noch etwas von Modellen internationaler Hersteller. Dies geht aus einer Studie der Unternehmensberatung J. D. Power hervor. Grundlage ist die Befragung von rund 24 000 Neuwagenkäufern in 67 chinesischen Städten. Dabei haben die Chinesen die ausländische Konkurrenz in einigen Kategorien sogar hinter sich gelassen, etwa beim Infotainment, der Instrumentierung und der Innenraumgestaltung. (8)

Die Regierung Chinas hat zum Jahresanfang die Produktion von 553 Automodellen untersagt, die besonders viel Benzin verbrauchen. Auch Fahrzeuge von Volkswagen und Daimler stehen auf der Liste. Offenbar sind aber keine der aktuell in Produktion befindlichen Modelle betroffen. (6)

Inzwischen arbeiten auch namhafte deutsche Automanager für chinesische Konzerne. Der ehemalige Entwicklungschef des BMW i8, Carsten Breitfeld, ist Chef der Elektroautomarke Byton (Bytes on Wheels), die vom Konzern Future Mobility Corporation hochgezogen wird. Auch Daniel Kirchert, der Nissans Nobelableger Infiniti aufbaute, Mark Duchesne, der bei Toyota und Tesla die Produktion leitete, und weitere BMW-i-Manager sind an Bord. Die Manager arbeiten an der Entwicklung des hochmodernen Elektro-SUV Byton. Das Auto soll in China nicht mehr als 45 000 Dollar kosten. (5)



Fallbeispiele

Volkswagen hat 2017 in China 4,18 Millionen Autos verkauft. Damit ist die Volksrepublik der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt des Wolfsburger Konzerns. Nun will VW in China gebaute Autos auch in andere Länder exportieren, zunächst auf die Philippinen. Später sollen weitere Länder folgen. Ferner will VW vom E-Auto-Boom in China profitieren, rund 400 000 Batterie- und Hybrid-Fahrzeuge will man in zwei Jahren in China verkaufen. 2025 sollen es dann 1,5 Millionen sein. Dafür will der Konzern insgesamt zehn Milliarden Euro in China investieren. Im November vergangenen Jahres gründete VW die Marke Ezia, mit der man dem chinesischen Kunden einen intelligenten Verkehrsservice anbieten möchte. (10)

Für Daimler ist China derzeit der Wachstumsmarkt schlechthin und zugleich auch der wichtigste Einzelmarkt. 2017 legte der Absatz in der Volksrepublik um 25,9 Prozent auf knapp 588 000 Fahrzeuge zu. Im Jahr zuvor war der Absatz ebenso stark gewachsen. Den derzeitigen Schwung will Daimler nutzen und ab 2018 die kompakte A-Klasse als fünftes Modell in Peking fertigen. Damit führt Daimler derzeit in der Absatzwertung vor den Premium-Konkurrenten Audi und BMW. Vor vier Jahren hatte Audi noch ungefähr doppelt so viele Autos in China verkauft wie die Stuttgarter. Daimler führt die Aufholjagd vor allem auf eine Neuaufstellung des Vertriebs, ein gutes Händchen bei der Auswahl der lokal gefertigten Modelle sowie gelungenes Marketing rund um die Marke Mercedes zurück. (11)

Der chinesische Autokonzern Geely will offenbar als Großaktionär bei Daimler einsteigen. Von einer Beteiligung zwischen drei und fünf Prozent ist die Rede. Bereits 2017 hatte Geely Daimler eine milliardenschwere Avance gemacht. Angeblich sind die Chinesen an der Batterietechnik von Daimler interessiert. Daimler verweist indes darauf, dass man mit BAIC und BYD bereits zwei Partner in China hat, auch für die Entwicklung und den Bau von Elektroautos. Geely zählt mit einem Marktanteil von fünf Prozent zu den führenden lokalen Autobauern in China. Dem Unternehmen gehört mittlerweile der schwedische Edelhersteller Volvo, seit Ende 2017 auch ein großes Aktienpaket am Lastwagenhersteller Volvo Trucks. (3)

Der harte Wettbewerb auf dem chinesischen Automarkt drückt auf die Margen der Hersteller im Volumensegment. Der Gewinn von Great Wall Motors - ein vor allem für SUVs bekannter privater Hersteller - ging in den ersten neun Monaten 2017 um 60 Prozent auf 2,9 Milliarden Yuan (377 Millionen Euro) zurück. Grund waren Sonderangebote sowie hohe Marketing- und Entwicklungskosten. Der Staatskonzern Changan Automobile meldete einen Gewinneinbruch von 25 Prozent für den gleichen Zeitraum - aufgrund schwacher Absätze der Eigenmarke und des Joint Ventures mit Ford. Und Elektropionier BYD warnte Anleger, dass der Gewinn 2017 um 15 bis 20 Prozent sinken werde - voraussichtlich bei vier statt zuvor fünf Milliarden Yuan. Noch sind vor allem chinesische Hersteller betroffen. Doch es zeigt, dass der Druck insgesamt zunimmt. (9), [Abb. 1]

Den südkoreanischen Autobauern Hyundai und Kia macht in China derzeit auch die politische Krise zu schaffen. Chinesische Konsumenten boykottieren seit dem Frühjahr Produkte aus Südkorea aus Protest gegen die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems THAAD in dem Land. (9)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Chinesische Autohersteller nach Umsatz 2016
Herstellerin Milliarden Euro
SAIC101,9
Dongfeng16,7
BAIC15,8
BYD13,6
Great Wall12,9
Chongqing Changan10,2
Geely7,3

Quelle: Bloomberg Entnommen aus: Genios Statistiken vom 20.12.2017 (12)

Weiterführende Literatur:

(1.) Chinas Automarkt wächst langsamer
aus Börsen-Zeitung vom 10.01.2018, Nr. 6, S. 8

(2.) China-Neigung der Autobranche steigt - EY: Leichtes Plus in diesem Jahr und Nachholbedarf von E-Fahrzeugen erwartet
aus Börsen-Zeitung vom 30.01.2018, Nr. 20, S. 10

(3.) CHINESISCHER INVESTOR - Daimler dämpft die Euphorie
aus Handelsblatt Nr. 028 vom 08.02.2018 Seite 030

(4.) Deutsche Autobauer verkaufen jedes dritte Auto nach China
aus Handelsblatt online vom 21.11.2017

(5.) Bytes unterwegs - Das intelligente Auto aus China. Kommt 2020 auch nach Europa.
aus "Autorevue" Nr. 02/2018 vom 26.01.2018 Seite 14

(6.) China untersagt Produktion von Spritfressern - Die Staatsregierung verschärft im Kampf gegen die Luftverschmutzung die Emissionsvorgaben und setzt 553 Automodelle auf eine schwarze Liste.
aus AUTOHAUS Online vom 02.01.2018

(7.) Elektro-Auto-Quote in China: Wer die Quote schaffen kann, für wen es eng wird
aus automobilwoche.de Newsletter Feed, 20.12.2017

(8.) Europas Qualitäts-Vorsprung schrumpft - Chinas Autobauer lernen schnell. Innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten haben sie die Qualitätslücke gegenüber dem Westen fast geschlossen.
aus AUTOHAUS Online vom 16.11.2017

(9.) Chinesische Autobauer unter Druck: Absatz und Gewinn sinken
aus automobilwoche.de Newsletter Feed, 16.11.2017

(10.) Rekordabsatz - VW verkauft vier Millionen Autos in China
aus Handelsblatt online vom 23.01.2018

(11.) Daimler baut ihr China-Geschäft weiter aus
aus Börsen-Zeitung vom 06.12.2017, Nr. 234, S. 7

(12.)China: Top 7 Umsatzstärkste Unternehmen im Automobilmarkt 2016
aus Genios Statistiken vom 20.12.2017

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 20.02.2018
Dokument-ID: s_aut_20180220

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