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Außengastronomie - hoffen auf einen schönen Sommer

TOURISMUS | GENIOS BranchenWissen Nr. 04/2010 vom 12.04.2010


Drang nach draußen

Im Mittelalter war das Bierbrauen in den Sommermonaten verboten - als zu hoch schätzte man die damit verbundene Brandgefahr ein. Damit die schwitzende Bevölkerung aber auch im Sommer ihren Durst stillen konnte, richteten die Brauereien große unterirdische Keller ein und pflanzten schatten spendende Bäume darüber. Praktischerweise schenkte man das kühle Bier gleich in diesen Gärten aus - die Erfolgsgeschichte der Biergärten nahm ihren Lauf.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Anzahl der Biergärten im Bundesgebiet verdreifacht. Aber auch andere Formen der Außengastronomie erleben einen Boom, der so bisher nie da gewesen war. Unterstützt wird der Trend auch von den Nichtraucherschutzgesetzen, die Gäste, die auf ihren Glimmstängel nicht verzichten wollen, an die frische Luft verbannen. Deshalb kann es sich heute kaum noch ein Wirt leisten, auf die Bewirtung im Freien zu verzichten. Im Bereich Elmsbüttel haben beispielsweise bereits fünfhundert von eintausend Gastronomen die Nutzung von Außenflächen beantragt. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr - nicht nur in Hamburg. Zudem verlängert sich die Freiluft-Saison begünstigt durch den Klimawandel jedes Jahr. (1), (2)

Wenn die ersten Sonnenstrahlen im Frühling das Thermometer steigen lassen, zieht es die Menschen ins Freie. Die Terrassen vor Cafés, Restaurants, Eisdielen und anderen Lokalitäten füllen sich ebenso wie die Biergärten, denn jeder will nach der Kälte des Winters die Sonne genießen. Mit Latte Macchiato und Tiramisu unter dem Sonnenschirm stellt sich das Gefühl des Dolce Vita sogar in norddeutschen Städten und Gemeinden ein und erinnert an Urlaub in südlichen Gefilden. Die Gaststätten stellen sich immer mehr auf den Frischluft-Trend ein. (1)


Trends der Außengastronomie-Möblierung

Der deutsche Gast hat aufgrund seiner Reiseerfahrung ja schon Einiges gesehen. Die gemütlichen Korbsessel der Pariser Bistros kennt er ebenso wie die typischen Holzbänke eines österreichischen "Buschenschanks" oder die trendigen Lounge-Sessel in Istanbuls Szeneviertel Beyoglu. Entsprechend vielfältig sind die Erwartungen an die heimischen Gastwirte. Einfach einige Klappstühle und Plastiktische vor die Tür zu stellen, reicht meist nicht mehr aus. Dies haben die Unternehmer aber auch verstanden. 2009 haben immerhin zwei Drittel aller Gastwirte neues Mobiliar für die Außenbereiche angeschafft. Und auch Blumenkübel, Heizvorrichtungen und Funk-Ordersysteme wurden gekauft. (3), [Abb. 1]

Je nach Zielgruppe und Ausrichtung der Lokalität sind vor allem pflegeleichte Materialien gefragt, die gerne auch den einen oder anderen Farbtupfer setzen dürfen. Zu den Klassikern weiß, schwarz und grau gesellen sich so schon mal Sitzauflagen oder Lounge-Möbel in cassis, orange oder anisgrün. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis ist für Investitionen in Outdoor-Möbel unverzichtbar. Die Qualität muss stimmen und die Möbel müssen zu vernünftigen Preisen erhältlich sein. Beliebt sind nach wie vor Möbel aus Holz oder Edelstahl aber auch Flechtmöbel und neu entwickelte Hybridmaterialien finden ihre Abnehmer. (3), (4)

Die Sonnenschirme haben sich mittlerweile zu Allroundtalenten entwickelt, die mit Durchmessern von bis zu elf Metern erhältlich sind. Elemente für Heizung, Beleuchtung und Sound lassen sich integrieren. Da Schirme nicht nur in vielen verschiedenen Größen, sondern auch in den unterschiedlichsten Farben und Formen erhältlich sind, dienen sie zusätzlich als gestalterische Elemente. Ebenso vielfältig ist das Angebot an Wind- und Sichtschutzelementen sowie Überdachungen und Markisen. (5), (6)


Planung ist unverzichtbar

Auch wenn man durch Windschutz, Überdachung und Heizung vor den Widrigkeiten unseres Klimas geschützt ist, richtig gut läuft das Geschäft im Außenbereich nur an perfekten Sonnentagen. Und davon gibt es in Deutschland im Durchschnitt nun einmal nur fünfzig. Will der Gastronom die Kunden auch an nicht ganz so perfekten Tagen in seinen Garten oder auf seine Terrasse locken, so muss er sich etwas mehr einfallen lassen, als Tische, Stühle und Aschenbecher vor der Tür zu platzieren. Das Außengeschäft will kalkuliert und geplant werden. (7)

Die Platzfrage ist zunächst die wichtigste. Denn in keiner Gemeinde ist es erlaubt, den gesamten Gehsteig einfach mit Möbeln voll zu stellen. Zwischen 1,60 und zwei Meter müssen für Passanten mindestens frei bleiben. Die meisten Gemeinden verlangen mit dem Antrag zur erweiterten Gaststättenerlaubnis einen genauen Stellplan, aus dem hervor geht, ob die geforderten Auflagen erfüllt sind. Für die Sondernutzung ist in der Regel eine Gebühr zu entrichten. (2), (8)

Viele Wirte erzielen mittlerweile weit über die Hälfte ihres Sommer-Umsatzes mit der Außengastronomie. Doch das muss nicht sein. Bevor man in Außenflächen investiert, sollte man die Kunden- und Wettbewerbssituation analysieren. Wandern durch die Außenflächen nur die eigenen Kunden von drinnen nach draußen, dürfte es schwer werden, die notwendigen Investitionen wieder zu erwirtschaften. Kann man durch den Außenbereich aber zusätzliche Kunden gewinnen oder zumindest vermeiden, dass die eigenen Kunden auf der Terrasse des Mitbewerbers landen, ist eine Investition schon eher sinnvoll. (7)

Die Frage nach dem Speisen- und Getränkeangebot im Freien muss entsprechend der örtlichen Gegebenheiten, der Kundenwünsche und der Personalverfügbarkeit beantwortet werden. Ebenso muss entschieden werden, ob die Freifläche per Bedienservice oder mit Selbstbedienungskonzept bewirtschaftet wird. Entsprechendes (Aushilfs-) Personal ist bereitzustellen. (7)

Die Möblierung sollte natürlich auch dem gewünschten Kundenkreis entsprechen - ein Lounge-Konzept wird auf Ablehnung stoßen, wenn sich der Kundenkreis hauptsächlich aus Familien mit Kindern oder der Generation 50 Plus rekrutiert. Auch passt der Sonntags-Schweinebraten nicht so recht zum lila Daybed. (7)

Zur Ausweitung der Freiluftsaison kann man den Kunden zumindest kuschelige Decken anbieten. Länger sitzen bleiben sie aber wahrscheinlich unter einem Infrarot-Heizstrahler in wind- und regengeschützter Umgebung. Zusätzliches Geschäft lässt sich außerdem über attraktive Events z. B. mit Livemusik oder Public Viewing (Fußball-Weltmeisterschaft) generieren. (3), (7)





Fallbeispiele

Ziemlich eng fasst Krefeld die Vorschriften für Außengastronomen. So werden in der Möbel-Satzung der Stadt erlaubte Materialien vorgegeben und auch bezüglich der Farbgebung muss auf Einheitlichkeit und helle Farbtöne geachtet werden. Selbst die Pflanzkübel werden erwähnt - nur Terrakotta oder Zink sind erlaubt. (10)

Holzmöbel sind für die Außengastronomie nach wie vor sehr gefragt. Für den klassischen Biergarten kann man über das im bayerischen Ortenburg ansässige Unternehmen KASON nun auch Stühle und Tische in grün, blau, hell- oder dunkelbraun bekommen. Die Sitz- und Rückenbretter der bayerischen Bierbank sind mittlerweile körpergerecht geformt und können mit bequemen Sitzkissen ergänzt werden. (11)

Die Münsteraner Firma Bauholz Design fertigt in Handarbeit Sitzmöbel aus gebrauchten Gerüstbohlen. Die zehn bis dreißig Jahre alten Bohlen sind durch die bereits erfolgte Verwitterung gegen Wettereinflüsse unempfindlich. Sitzauflagen aus Dry-Feel-Schaumstoff mit wetterfestem Bezug komplettieren die Möbel. (11)


Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Gastronomen investieren: Neue Open-Air-Möbel

293 befragte Hotel- und Gastronomiebetriebe in Deutschland Frühjahr 2009 Quelle CHD Expert (Deutschland) GmbH, www.chd-expert.de Entnommen aus: Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Ausgabe 12 vom 20.03.2010 (5)

Weiterführende Literatur:

(1.) 2009 lief besser als befürchtet
aus Food Service Nr.01 vom 07.01.2010 Seite 014

(2.) Rekordzahl an Bewerbungen für Außengastronomie
aus DIE WELT, 19.03.2010, Nr. 66, S. 30

(3.) Draußen bei jedem Wetter
aus Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Nr. 12 vom 20.03.2010 Seite 021

(4.) Leicht wie eine Frühlingsbrise
aus Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Nr. 12 vom 20.03.2010 Seite 024

(5.) Schöner Schatten bringt Umsatz
aus Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Nr. 12 vom 20.03.2010 Seite 022

(6.) Behaglichkeit für Draußensitzer
aus Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Nr. 12 vom 20.03.2010 Seite 023

(7.) Das zweite Standbein
aus Konditorei & Café Nr. 03 vom 12.03.2010 Seite 039

(8.) Biergarten auf dem Bürgersteig
aus Kölner Stadtanzeiger, 04.07.2009

(9.)Ballermännchen in der Schanze
aus taz vom 30.01.2010, Seite 40

(10.) Möbel-Satzung der Stadt
aus Rheinische Post Nr. vom 01.04.2010

(11.) Holzmöbel zeigen Charakter
aus Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Nr. 12 vom 20.03.2010 Seite 023

I.Zeilhofer-Ficker

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 04/2010 vom 12.04.2010
Dokument-ID: s_tou_20100412

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