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A380 oder Boeing 787? - Flugzeugbauer buhlen um die Gunst der Kunden

TRANSPORT & LOGISTIK | GENIOS BranchenWissen Nr. 11/2006 vom 27.11.2006

Beitrag

Die Luftfahrtbranche trotzt allen Widrigkeiten in Form von Terror und technischen Problemen bei der Entwicklung neuer Maschinen und blickt mit großem Optimismus in die Zukunft. Die Anforderungen des Marktes nach neuen und effizienten Flugzeugen führen dabei zu einem scharfen Wettbewerb zwischen Airbus und Boeing.

Optimismus bei den Flugzeugbauern

Die Luftfahrtbranche trotzt allen Widrigkeiten in Form von Gewalt im Nahen Osten und technischen Problemen bei der Entwicklung neuer Maschinen und blickt mit großem Optimismus in die Zukunft. Die Zahlen der weltweiten Luftverkehrsvereinigung (IATA) prognostizieren ein Wachstum der Luftfahrtbranche doppelt so schnell wie das weltweite Sozialprodukt. Für den Markt bedeutet dies ein Wachstum von +5% pro Jahr. Branchenkenner sehen auch in erhöhten Treibstoffpreisen keinen Grund für einen Abschwung. Globalisierung, steigende Einkommen und stärker werdender Tourismus stützen die Entwicklung und erhöhen die Nachfrage nach neuen Flugzeugen. Ganz im Gegenteil sorgen die höheren Betriebskosten für einen Druck auf die Airlines neue und effizientere Maschinen kaufen zu müssen. Der Trend geht hier deutlich in die Richtung Großraum- und Langstreckenmaschinen. (8), (16)

Zweikampf zwischen Airbus und Boeing

Die Anforderungen des Marktes nach neuen und effizienten Flugzeugen führt zu einem scharfen Wettbewerb zwischen Airbus und Boeing. Mit den technischen Problemen beim A380 und den damit verbundenen Lieferverzögerungen geht der Zweikampf zwischen den Flugzeugbauern dabei in eine neue Runde. Mit der Auslieferung von rund 400 Flugzeugen des Typs A380 bis Ende 2006 will Airbus die Dominanz von Boeing bei den Großraumflugzeugen beenden. Rund 1 200 Maschinen des Typs will Airbus in den kommenden Jahren verkaufen. Konkurrent Boeing, bislang erfolgreich mit der B 747, setzt dabei auf den Dreamliner. Boeing rechnet mit einer hohen Nachfrage aus den stark wachsenden Märkten aus Asien und den USA. Die angestrebte Verkaufszahl von Airbus senkt Boeing nach eigenen Aussagen auf rund 325 Maschinen. Bis zum Jahr 2025 rechnen die Branchenexperten bei Boeing mit einem Wachstum von 27 000 Maschinen weltweit. (11), (12)

Airbus hat nicht nur technische Probleme

Die Krise bei Airbus reicht weit über die Probleme mit dem Modell A380 und dem neuen Langstreckenflugzeug A350 hinaus. Der schwache Dollarkurs hat zu Gewinneinbrüchen bei Airbus geführt und kostet den Flugzeugbauer rund 20% an Wettbewerbsfähigkeit. Seit dem Start des A380 Programms ist der Wert des Dollar nach Angaben von Airbus um 41% gesunken. Da der größte Teil der Betriebskosten in Euro im Unternehmen anfällt, ist die Konkurrenzfähigkeit des Airbus Konzerns gefährdet. (2), (4), (13)

Airbus und Boeing kämpfen mit technischen Problemen

Ein neuer Projektmanager bei Airbus soll die Probleme mit dem A380 lösen. Dabei werden alle operativen Aufgaben zum A380 in Deutschland zusammengeführt. Die Hauptprobleme beim A380 liegen im Bereich der Elektronik und das Unternehmen setzt mit längeren Arbeitszeiten auf eine Lösung der entstandenen Lieferverzögerungen. Durch die Versetzung von Mitarbeitern in andere Fertigungsteams werden neue Kapazitäten aufgebaut. Probleme meldet aber auch Boeing. Gewichtsprobleme beim Modell 787 und Terminuntreue bei Zulieferern machen hier Boeing zu schaffen. (5), (9)

Kleiner Markt für Großflugzeuge mit Trend zu mittelgroßen Maschinen

Branchenexperten bei Boeing gehen von einem weiteren kontinuierlichen Wachstum in der Beförderungsleistung im Luftverkehr aus. In den kommenden 20 Jahren geht man von einem Faktor 2,5 bei geflogenen Passagierkilometern aus. Das Luftfrachtvolumen wird pro Jahr mit einem Wachstum von 6,1% prognostiziert. Der größte Teil wird dabei mit 61% auf den Bereich der Kurz- und Mittelstrecken abfallen. Der Bereich der Langstrecke wird mit 23% angenommen. Für die Entwicklung sieht sich Boeing besser aufgestellt als der Rivale Airbus. Die 737 Flotte von Boeing ist moderner als die A320 Modellreihe von Airbus. In Frankreich und Deutschland will man auf die Positionierung der Amerikaner mit einer neuen Modellreihe reagieren. Airbus plant für 10 Milliarden Euro die Entwicklung von drei Varianten eines neuen Großraumflugzeugs mit bis zu 420 Sitzplätzen. Die neue Modellvariante des A350 soll den Maschinen 787 und 777 von Boeing entgegenwirken. Der neue Name des Flugzeugs soll nach Airbus-Meldungen A370 lauten. Das neue Modell soll einen Schlussstrich unter das Entwicklungs- und Termindesaster bei Airbus setzen. (10), (16)



Fallbeispiele



Emirates storniert Airbus Bestellungen
Die hohen Betriebskosten des A340 haben zu einer Stornierung von insgesamt 20 Bestellungen und Optionen auf den Langstreckenflieger geführt. Als Alternative wählt die Luftfahrtgesellschaft das Modell 777 von Boeing. Bereits vor einem Jahr hat Emirates Airlines 42 Maschinen des Typs 777 bestellt. Auch beim A380 ist mit einem Ausweichen auf die Modellreihe von Boeing zu rechnen. Emirates Airlines will in den kommenden Jahren die Flugzeugflotte auf über 200 Maschinen vergrößern und damit verdoppeln. Die ehrgeizigen Pläne der Fluggesellschaft werden nach Unternehmensaussagen nur durch die Verzögerungen beim A380 gebremst. (14)

Weitere Großaufträge für Airbus aus China und den USA
Der A320 bildet das Rückgrat von Airbus. Dies zeigt die Bestellung von 150 Maschinen seitens der chinesischen Regierung. Ende Oktober, anlässlich eines Staatsbesuchs des französischen Staatspräsidenten. Eine weitere Bestellung streicht Airbus von Skybus, der neuen U.S. Billigfluglinie mit Sitz in Columbus, Ohio ein. Die Airline bestellte 65 Maschinen mit einem Listenpreis von insgesamt 14 Milliarden Dollar. (15)

Singapore Airlines bestellt Maschinen
Als erste Fluggesellschaft hat Singapore Airlines 20 Maschinen des neuen Typs A350 XWB bestellt. Nach dem Listenpreis für die Flugzeuge hat die Bestellung bei Airbus einen Wert von 7,5 Milliarden Dollar. Zusätzlich hat Singapore Airlines neun weitere Maschinen des Typs A380 bestellt. Die Fluggesellschaft will zudem 19 Flugzeuge des Typs A330-300 von 2009 bis 2010 leasen. Bei den Bestellungen zeigt sich die Airline flexibel. Im Juni 2006 wurden von Singapore Airlines bei Boeing 20 Dreamliner bestellt. (6), (7)

UPS prüft Airbus Bestellung
Die Bestellung von derzeit 10 Maschinen des Typ A380 stehen beim Logistikdienstleister UPS auf dem Prüfstand. Die Bestellung im Wert von 2,5 Milliarden Dollar und die Option auf zehn weitere Maschinen steht aufgrund der Auslieferungsverzögerung auf dem Spiel. Airbus hatte erklärt, die ersten Maschinen erst ab Mai 2010 an UPS liefern zu können. (1)

Lufthansa bleibt Airbus treu
Fünf Langstreckenflugzeuge des Typs A330 und 30 Maschinen des Typs A320 stehen auf der Einkaufsliste der Lufthansa. Die Bestellung von 35 Maschinen verstärkt die bereits 150 Airbus-Maschinen starke Lufthansa Flotte und sichert sich damit die Option auf 30 weitere Maschinen. Kosten für den Kauf wurden nicht bekanntgegeben. (3)

Zahlen & Fakten

Abbildung 1: Anteile der benötigten Flugzeugtypen* in 2005



¹zum Teil gerundet

*Basis: 612 Flugzeuge insgesamt

Quelle: Unternehmensangaben Airbus, Boeing

Entnommen aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2006 (16)





Abbildung 1: Prognose der benötigten Flugzeugtypen in 2025



¹zum Teil gerundet

*Basis: 1 102 Flugzeuge insgesamt

Quelle: Unternehmensangaben Airbus, Boeing

Entnommen aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2006 (16)

Weiterführende Literatur:

(1.) O.V., UPS überprüft Airbus-Bestellung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2006, Nr. 246, S. 16
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2006, Nr. 246, S. 16

(2.) O.V., Airbus-Manager lobt Boeings «Dreamliner», netzeitung.de vom 18.10.2006
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.10.2006, Nr. 246, S. 16

(3.) O.V., Lufthansa bestellt 35 Airbus-Flugzeuge, WirtschaftsWoche online vom 2006-10-13
aus WirtschaftsWoche online vom 2006-10-13

(4.) Preuss, Olaf, Airbus-Chef zeichnet dramatisches Bild, FTD vom 13.10.2006
aus FTD vom 13.10.2006

(5.) O.V., Airbus holt "Feuerwehrmann" für A380-Probleme, HANDELSBLATT online 20060724 12:41:02
aus HANDELSBLATT online 24.07.2006 12:41:02

(6.) O.V., Singapore Airlines bestellt bei Airbus, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.07.2006, Nr. 168, S. 14
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.07.2006, Nr. 168, S. 14

(7.) O.V., Airbus erhält Mega-Auftrag für Sorgenkinder, HANDELSBLATT online 20060721 12:39:28
aus HANDELSBLATT online 21.07.2006 12:39:28

(8.) Fasse, Markus, Goldene Zeiten für die Flugzeugbauer, HANDELSBLATT online 20060718 07:43:21
aus HANDELSBLATT online 18.07.2006 07:43:21

(9.) Hegmann, Gerhard, Aufholjagd kostet Airbus Milliarden, Financial Times Deutschland vom 18.07.2006, Seite 7
aus Financial Times Deutschland vom 18.07.2006, Seite 7

(10.) Kroder Titus; Hegmann Gerhard, Airbus plant Modelloffensive, Financial Times Deutschland vom 17.07.2006, Seite 3
aus Financial Times Deutschland vom 17.07.2006, Seite 3

(11.) O.V., Boeing will Schwäche von Airbus nutzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.07.2006, Nr. 160, S. 14
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.07.2006, Nr. 160, S. 14

(12.) O.V., Boeing und Airbus buhlen um Lufthansa Cargo, WirtschaftsWoche online vom 2006-07-13
aus WirtschaftsWoche online vom 2006-07-13

(13.) O.V., Airbus brechen die Aufträge weg, WirtschaftsWoche online vom 2006-07-10
aus WirtschaftsWoche online vom 2006-07-10

(14.) O.V., Emirates storniert bei Airbus und spricht mit Boeing, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.10.2006, Nr. 253, S. 20
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.10.2006, Nr. 253, S. 20

(15.) O.V., Airbus erhält Großaufträge aus China und Amerika, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2006, Nr. 250, S. 13
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2006, Nr. 250, S. 13

(16.) O.V., Der Markt für Großraumflugzeuge bleibt klein, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2006, Nr. 224, S. 17
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.09.2006, Nr. 224, S. 17

M.Klems

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 11/2006 vom 27.11.2006
Dokument-ID: s_tra_20061127

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