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Unter Verdacht - Spioniert Huawei im Auftrag der chinesischen KP

INFORMATION & KOMMUNIKATION | GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 01 vom 22.01.2019


Es geht um jede Menge Geld

Spioniert er, oder spioniert er nicht? Das ist die Frage, die Politiker und die Wirtschaftselite weltweit zurzeit umzutreiben scheint. Die Rede ist von dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei, der während der vergangenen Jahre mit einem raketenhaften Aufstieg geglänzt hat. Der Erfolg des Unternehmens ist vielen ein Dorn im Auge, was dem Spionagevorwurf, zumal er unbewiesen ist, einen schalen Beigeschmack verleiht und die Ankläger in ein ebenso diffuses Licht rückt wie den Angeklagten. Schließlich steht jede Menge Geld auf dem Spiel, was den Verdacht nahelegen könnte, einer der Ursprünge der Hetzkampagne sei die Sorge um eine lukrative Pfründe. (1)


Politische Motive spielen ebenfalls eine Rolle

Daneben aber gibt es natürlich auch politische Motive, um den chinesischen Großkonzern zu diffamieren. In der Tat sind Politik und Wirtschaft in diesem Falle eng miteinander verschränkt - wie so oft in jüngster Zeit, wenn es um den Antagonismus zwischen China und anderen Staaten geht. Politisch ist der Konzern vielen ausländischen Mächten suspekt, da sie eine enge Zusammenarbeit mit den chinesischen Machthabern vermuten. Sie können sich nicht vorstellen, dass ein weltweit so einflussreicher Konzern wie Huawei seine technologische Expertise nicht auch dafür nutzt, um sie in den Dienst des autoritär geführten Vaterlandes zu stellen.

Neben den USA haben daher auch Australien und Neuseeland sowie Taiwan und Japan beschlossen, Huawei als möglichen Mitbewerber für den Aufbau des schnellen 5G-Netzes in ihren jeweiligen Ländern auszuschließen. Großbritannien und Norwegen erwägen zumindest, den Konzern auf die schwarze Liste zu setzen. (1), (4), (5)


Huawei beteuert seine Unschuld

Huawei bestreitet indessen die Spionagevorwürfe und beteuert, dass in seinen Computer- und Technologie-Systemen alles mit rechten Dingen zugehe. Sprecher berufen sich außerdem darauf, dass das Unternehmen völlig unabhängig vom Einflussbereich des chinesischen Machtapparates arbeiten würde. Ausländische Fachleute hätten noch nie etwas gefunden, was die Spionagevorwürfe untermauern könne, und das, obwohl der Konzern der "am meisten überprüfte Anbieter von Telekommunikationsausrüstung" sei. (1), (2)


Deutschland vertraut weiterhin auf den Großkonzern aus dem Reich der Mitte

Es gibt daher auch andere Staaten, die sich von einer Zusammenarbeit mit Huawei nicht abhalten lassen. Dazu gehört unter anderem Deutschland. Dort hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) keine Bedenken gegen eine Kooperation mit den Chinesen geäußert. Seine Experten verlassen sich dabei selbstverständlich nicht allein auf das Wort von Huawei-Sprechern; eigene Untersuchungen der Technologie hätten die Spionagevorwürfe gegen den Konzern nicht bestätigen können, gab Arne Schönbohm, der Präsident des Bundesamtes zum Protokoll. Andere Länder, die Huawei ebenfalls mit keinem Bannstrahl belegen wollen, sind Frankreich und Irland. (2)



Trends


China will mit aller Macht nach oben

Die Spionagevorwürfe gegen Huawei sind unter anderem Ausdruck der wachsenden Angst einiger Industrienationen vor der immer stärker werdenden Wirtschaftsmacht China. Das bedeutet aber nicht, dass sie völlig aus der Luft gegriffen sein müssen. Anfang des Monats ist ein Manager des chinesischen Telekommunikationskonzerns in Polen festgenommen worden. Zusammen mit einem einheimischen Cybersicherheitsfachmann soll der Mann für den Geheimdienst des Reiches der Mitte spioniert haben.

Was es auch immer mit dem Spionageverdacht gegen Huawei auf sich haben mag, der unheimliche Erfolg der Chinesen treibt Politikern und Wirtschaftsbossen in vielen Teilen der Welt Schweißperlen auf die Stirn. Die Nervosität ist nicht unangebracht, denn China hat schon öfter bewiesen, dass es in der Wahl seiner Mittel nicht zimperlich ist. Das Land will mit aller Macht nach oben. Vor diesem Hintergrund sollte vielleicht auch Deutschland trotz der Versicherung des BSI, die Technologie Huaweis sei sicher, mehr Skepsis im Umgang mit dem Konzern aus dem Reich der Mitte walten lassen, zumal für Staatspräsident Xi viel auf dem Spiel steht.

In der Auseinandersetzung mit den USA muss er Zähne zeigen, will er sein Gesicht nicht verlieren und politisch überleben. Der von Trump initiierte Handelskrieg hat in China bereits Spuren hinterlassen. Das Wirtschaftswachstum hat sich deutlich abgeschwächt, was den Druck auf Xi zusätzlich erhöht. Wie sich die Asiaten schließlich aus der Affäre ziehen werden, fällt auch auf den Präsidenten zurück. (4), (5), (6), (8), (9)



Fallbeispiele


Kampf um die politische und wirtschaftliche Führungsrolle in der Welt

Vor wenigen Wochen wurde Meng Wanzhou, Finanzchefin und Tochter des Firmengründers von Huawei, auf Betreiben der USA in Vancouver verhaftet. Der Vorwurf gegen die Managerin lautet, sie habe die von den Amerikanern gegen den Iran ausgerufenen Sanktionen missachtet und sei in unerlaubte Geschäftsbeziehungen mit dem Land getreten. So zumindest lautet die offizielle Version.

Das in Berlin ansässige Mercator Institute for China Studies glaubt jedoch, dass der Affront Ausdruck der zunehmenden Spannungen zwischen Amerikanern und Chinesen im Kampf um die politische und wirtschaftliche Führungsrolle in der Welt sei. Der laut geäußerte Spionageverdacht gegen Huawei, ob gerechtfertigt oder nicht, folgt demselben Muster. (2), (3)


Tschechen sind sich uneins

Wie gespalten die Meinungen zu den Vorwürfen gegen den chinesischen Großkonzern sind, lässt sich eindrücklich am Beispiel Tschechiens demonstrieren. Dort hat der Präsident des Landes, Milos Zeman, vor einer Hetzkampagne gegen Russland und China gewarnt, als ob, so lautete sein Einwand, der Staat nicht in der Lage sei, sich selbst zu schützen. Hintergrund der präsidialen Kritik ist unter anderem das Verbot für Regierungsmitarbeiter, Huawei-Smartphones zu nutzen. Es ist bekannt, dass der Präsident ein Freund beider Länder ist. Der tschechische Geheimdienst und das Sicherheitsamt des Landes sind weit kritischer. (7)



Weiterführende Literatur:

(1.) Weltweites Misstrauen setzt Huawei unter Druck
aus WirtschaftsWoche online 17.12.2018 um 20:34:00 Uhr

(2.) Funkstörung
aus DER SPIEGEL vom 15.12.2018 Seite 60

(3.) Daumenschraube: USA gegen Huawei-Managerin Meng Wanzhou
aus "Geld Magazin" Nr. 12/2018 vom 20.12.2018 Seite 16

(4.) Huawei-Manager in Polen wegen Spionagevorwurfs festgenommen
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.01.2019, Nr. 10, S. 20

(5.) Huawei-Manager in Polen festgenommen
aus FAZ.NET, 11.01.2019

(6.) Freundchen
aus Süddeutsche Zeitung, 14.01.2019, Ausgabe München, Bayern, Deutschland, S. 4

(7.) Tschechischer Präsident verurteilt "Spionagewahn"
aus OST vom 26.12.2018

(8.) Wenn Xi verliert, wird China zum Papiertiger
aus Welt online vom 07.01.2019

(9.) Chinas Wachstum fällt auf niedrigsten Stand seit 1990
aus sueddeutsche.de, 21.01.2019

Harald Reil

Metainformationen

Quelle: GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 01 vom 22.01.2019
Dokument-ID: c_info_20190122

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