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Grüne Logistik - Die Initiative nimmt an Fahrt auf, doch die Kosten sind noch hoch

UMWELTMANAGEMENT | GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 07 vom 23.07.2018


Grüne Logistik ist ein Gebot der Notwendigkeit

Die Logistikbranche arbeitet hart daran, umweltfreundlicher und damit "grüner" zu werden. Der auffällige Drang hin zu mehr Ökologie ist allerdings vor allem ein Gebot der Notwendigkeit, auch wenn einige Unternehmer sicherlich auch aus idealistischen Motiven handeln. Auf der Hand liegt aber, dass die Politik die Abgasnormen verschärft und überdies große Unternehmen dazu gezwungen hat, ihre sozialen und ökologischen Maßnahmen in einem Corporate-Social-Responsibility-Bericht (CSR-Bericht) offen und für jedermann nachvollziehbar zu dokumentieren. Dazu gehört natürlich auch die Zusammenarbeit mit Firmen der Logistikbranche. Wer nachweisen kann, dass seine Dienstleister umweltfreundlich transportieren, kann zusätzlich punkten. (1)


Kreativität und Kooperationen

Der Druck ist also groß und bedeutet im Falle der Logistiker, sich "grüne Lösungen" zu überlegen, mit deren Hilfe sie imstande sind, Waren möglichst emissionsfrei von Punkt A zu Punkt B zu bringen. Es ist interessant zu beobachten, wie der politische Zwang, der wiederum aus einem veränderten gesellschaftlichen Bewusstsein resultiert, in der Logistikbranche Kreativität freisetzt und zu Kooperationen führt, die bis vor kurzem noch nicht vorstellbar waren. In der Bundeshauptstadt haben sich beispielsweise die fünf größten Paketdienste - DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS - zusammengeschlossen, um zumindest den Transport im innerstädtischen Verkehr so emissionsfrei wie möglich zu gestalten (mehr dazu unter Fallbeispiele). (2)



Trends


Lean & Green lässt sich nicht aufhalten

Dass Grüne Logistik ein Trendthema werden könnte, zeichnete sich bereits vor zehn Jahren ab. Damals rief in den Niederlanden Connekt, eine Vereinigung von Ministerien, Logistikfirmen und Kommunen, Lean & Green ins Leben. Unternehmen, die diese Initiative unterstützen, verpflichten sich, innerhalb von fünf Jahren ihren CO2-Ausstoß um 20 Prozent zu senken. Deutsche Logistikfirmen schlossen sich dieser Bewegung fünf Jahre später an.

Das Prozedere ist wie folgt: Wer bei Lean & Green mitmachen möchte, reicht einen Plan bei GS 1 Germany ein, der Zweigstelle einer weltweit operierenden Organisation mit Hauptsitz in Brüssel, die globale Standards entwickelt hat, um Wertschöpfungsketten zu optimieren. In Deutschland überprüft der TÜV, ob diese Pläne sich tatsächlich dafür eignen, die Kohlendioxidemissionen zu reduzieren. Wenn ja, erhält das Unternehmen den sogenannten Lean-&-Green-Award. Externe Auditoren gleichen dann innerhalb der nächsten fünf Jahre nach ISO 16258 oder dem Greenhouse Gas Protocol die Theorie mit der Praxis ab. Lässt sich die Zielerreichung nachweislich feststellen, erhalten die erfolgreichen Firmen den Lean and Green Star. Aktuell bekennen sich europaweit 500 Unternehmen zu dieser vorbildlichen Initiative. (4), (5)


Erster Schritt in die richtige Richtung

Auch wenn Lean & Green mittlerweile zu einer paneuropäischen Bewegung geworden ist, steckt die Grüne Logistik noch immer in den Kinderschuhen. Experten stellen sich daher die Frage, was die Branche tun kann, um Transportwege umweltfreundlicher zu gestalten. So werden beispielsweise Fachleute am 5. September dieses Jahres während des vierten Forum Green Logistics (FGL) in Wien darüber diskutieren, wie sich der Übergang von der traditionellen Logistik hin zu einer ökologisch orientierten am besten bewältigen lässt. Im Zentrum wird außerdem die Frage stehen, was dieser Transformationsprozess kostet. (3), (6)

Genau dies ist die Frage, die auch in Deutschland viele Unternehmen umtreibt. Erdgas-, Hybrid- oder gar Elektro-Fahrzeuge sind so teuer, dass viele Firmen vor den hohen Preisen einfach kapitulieren. Die vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) seit Juli dieses Jahres zur Verfügung gestellten zehn Millionen Euro zur Förderung von Elektro-LKW sind nach Meinung von Experten viel zu wenig, um den Umschwung zu schaffen. Andere Länder sind da schon weiter, wie die Beispiele Frankreich, Italien, die Schweiz oder die Niederlande zeigen. Zumindest aber ist das Programm des BMVI, das bis 2020 laufen soll, ein erster Schritt in die richtige Richtung. (7)



Fallbeispiele


KoMoDo könnte Schule machen

Hinter dem Wortungetüm "Kooperative Nutzung von Mikro-Depots durch die Kurier-, Express-, Paket-Branche für den nachhaltigen Einsatz von Lasträdern in Berlin" verbirgt sich ein Projekt, das Schule machen könnte. KoMoDo, so die viel eingängigere Abkürzung, ist ein Zusammenschluss der fünf größten in Deutschland tätigen Paketdienste. DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS haben in der Landeshauptstadt von der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) einen Umschlagplatz angemietet. LKW liefern die Waren dorthin, Fahrradfahrer bringen sie mithilfe von Lasträdern an ihren endgültigen Bestimmungsort. Verantwortlich für die Koordination des Projekts ist der Logistikdienstleister Logistic Network Consultants (LNC). (2)


Bodan ist ein Vorreiter für Grüne Logistik

Das Unternehmen Bodan, das sich auf den Großhandel für Naturkost spezialisiert hat, ist in Baden-Württemberg einer der Vorreiter in puncto ökologisch nachhaltiges Transportwesen. Der Firma ist es vor kurzem gelungen, anlässlich des zweiten Forums Grüne Logistik auf ihrem Betriebsgelände in Überlingen alle relevanten Hersteller von umweltfreundlichen Antrieben an Bord zu holen. Wie nicht anders zu erwarten, geht das Unternehmen selbst mit gutem Beispiel voran. Um seine über 550 Verkaufsstellen vor allem in Süddeutschland zu beliefern, hat Bodan schon vor Jahren auf einen klimafreundlichen Warentransport umgestellt. Bis 2020 will der Großhandel mit seiner Flotte völlig emissionsfrei unterwegs sein.

Einige der Maßnahmen im Überblick: Bodan liefert seine Waren mit drei gasbetriebenen Lastwagen aus, zwei fahren mit komprimiertem Erdgas, einer wird mit verflüssigtem Erdgas betankt. Das dafür benötigte Biomethan wird ausschließlich aus Abfallstoffen hergestellt. Zudem werden alle neueren Fahrzeuge mit einem innovativen Kühlsystem ausgestattet. Das Kohlendioxid, das zu diesem Zweck eingesetzt wird, lässt sich aus Kohlensäure oder Mineralwasserquellen gewinnen. Mithilfe dieses Systems werden Stickoxide und Rußpartikel vollständig vermieden, die CO2-Emissionen um 75 Prozent gesenkt. Bodan verwendet außerdem zwei Lastwagen mit Hybrid-Antrieben, die so konstruiert sind, dass sie die Batterien beim Bremsvorgang aufladen. Auf diese Weise lässt sich der Verbrauch an Treibstoff drastisch senken. Darüber hinaus sind diese Fahrzeuge, wenn sie im Elektromodus unterwegs sind, extrem leise, was sie für Nachtfahrten in Städten geradezu prädestiniert. (8), (9)



Weiterführende Literatur:

(1.) Grüne Logistik. On a Mission
aus m+a report 4 vom 25.06.2018 Seite 060 bis 062

(2.) Auf den letzten Metern wird es grün
aus Verkehrs Rundschau, Heft 24/2018, S. 20-21

(3.) Europe just got greener. The leading sustainability program Lean & Green Europe is now available in all member states of the European Union
aus Verkehrs Rundschau, Heft 24/2018, S. 20-21

(4.) Lean and Green startet in Deutschland
aus Lebensmittel Zeitung 38 vom 20.09.2013 Seite 042

(5.) Ehrgeizig für Umwelt und Unternehmen
aus DVZ Online vom 20.03.2018

(6.) Können wir uns grüne Logistik leisten?
aus "Verkehr" Nr. 26-30/2018 vom 29.06.2018 Seite 2

(7.) Rahmen setzen
aus "Verkehr" Nr. 26-30/2018 vom 29.06.2018 Seite 2

(8.) Alternative Antriebe auf dem Vormarsch
aus Südkurier Pfullendorf Messkirch vom 26.05.2018, Seite 26

(9.) Weg vom Diesel
aus Schwäbische Zeitung Leutkirch vom 23.05.2018 Seite 7

Harald Reil

Metainformationen

Quelle: GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 07 vom 23.07.2018
Dokument-ID: c_umwelt_20180723

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