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Sabbatical - wie Mitarbeiter und Firmen von der Auszeit profitieren
Kernthesen

  • Immer mehr Unternehmen führen Sabbaticals ein und geben damit ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, auf befristete Dauer eine Auszeit vom Job zu nehmen.
  • Damit reagieren sie nicht nur auf die Forderungen ihrer Angestellten nach mehr Freiheit und Flexibilität, sondern profitieren zugleich von einer geringeren Krankheitsrate, mehr Kreativität, Motivation und Leistungsbereitschaft.
  • Waren früher Sabbaticals vor allem Angestellten ohne Führungsverantwortung vorbehalten, zeigt sich nun eine Trendwende. Die Unternehmen haben erkannt, dass ein Sabbatical ein gutes Instrument ist, um Spitzenkräfte langfristig an sich zu binden und der Konkurrenz die Talente streitig zu machen.
Beitrag
Sich für drei oder mehr Monate vom Job verabschieden? Tun, was man schon immer tun wollte? Die Seele baumeln lassen und neue Energien tanken? Dieses Szenario ist für viele Mitarbeiter schier unvorstellbar. Dabei ist es heutzutage gar nicht mehr so abwegig, ein Sabbatical zu nehmen. Immer mehr Firmen erkennen den Wert einer Auszeit und bieten entsprechende Modelle an - selbst bis in die Führungsetagen.

Waren früher Sabbaticals nur wenigen Mitarbeitern vorbehalten, stieg die Akzeptanz einer Auszeit in den letzten Jahren rapide. In deutschen Unternehmen hat sich die Anzahl der Sabbaticals vom Jahr 2003 mit 4,1 Prozent bis zum Jahr 2009 mit 16,1 Prozent vervierfacht. (1)


Unternehmen und Mitarbeiter profitieren gleichermaßen

Der Begriff "Sabbatical" entstammt dem hebräischen Wort "Sabbat", was so viel bedeutet wie "ruhen" oder "loslassen". Immer mehr Firmen erkennen den Wert, den eine Auszeit aus dem Berufsalltag mit sich bringt. Die Mitarbeiter kommen ausgeglichen zurück, stärken ihre Leistungsfähigkeit, sind motivierter, zufriedener und kreativer. Der Krankenstand sinkt, Burn-outs können vermieden werden. Außerdem nutzen Unternehmen Sabbaticals als Anreiz, um neue Talente zu rekrutieren und bestehende Mitarbeiter an sich zu binden. (2), (3), (4), (5)

 


Akzeptanz unter den Kollegen schaffen

Oft sind es nicht die Chefs, sondern die Kollegen, die sich hinter vorgehaltener Hand über das Sabbatical eines Mitarbeiters auslassen. Firmen können dem entgegensteuern, indem sie allen Mitarbeitern die Möglichkeit einer Auszeit bieten und gleiche Rahmenbestimmungen für die Sabbaticals schaffen. Das fördert die Bereitschaft der Mitarbeiter, die Aufgaben eines anderen während des Sabbaticals zu übernehmen. Nutzen auch Führungskräfte diese Möglichkeit, hat dies außerdem eine Signalwirkung für alle Mitarbeiter. (3)

 


Sabbaticals für Führungskräfte - ein Ding der Unmöglichkeit?

Sabbaticals auf Führungsebene waren vor ein paar Jahren kaum denkbar. Führungskräfte, die eine Auszeit nehmen wollten, hatten keine Möglichkeit, an ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Doch zeichnet sich hier eine Trendwende ab. Die Deutsche Bahn zum Beispiel nutzt seit kurzem das Modell einer befristeten Auszeit, um die Manager an sich zu binden. Bis zu sechs Monaten können sie sich vom Berufsalltag verabschieden. Die Kosten werden durch die Deutsche Bahn vorfinanziert und können innerhalb von drei Jahren ausgeglichen werden, indem zum Beispiel auf Boni verzichtet oder das Gehalt über einen bestimmten Zeitraum verringert wird. (4), (5), (13)

 


Sabbatical - welche Modelle gibt es?

Teilzeitmodell: Hier wird ein zeitlich befristeter Teilzeitvertrag geschlossen und die Vollzeitstelle auf eine Teilzeitstelle reduziert. Die Bezahlung ist entsprechend geringer. Tatsächlich arbeitet der Mitarbeiter in dieser Zeit weiterhin Vollzeit. Die Überstunden werden auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Läuft die befristete Teilzeit ab, kann der Mitarbeiter die angesparten Stunden für eine Auszeit verwenden. Der Vorteil dieses Modells besteht darin, dass Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber weiterhin gezahlt werden.

 



Lohnverzicht: Verzichtet der Mitarbeiter über mehrere Jahre auf einen Teil seines Lohns, kann er diesen als Gehaltsguthaben ansparen. Während des Sabbaticals steht ihm dieser Lohn dann zur Verfügung. Auch hier bleiben die Lohn- und Sozialversicherungsbeiträge während der Auszeit erhalten.

 



Unbezahlter Urlaub: Nimmt ein Arbeitnehmer unbezahlten Urlaub, ruht das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit. Das heißt: Der Mitarbeiter bekommt kein Gehalt, und auch die Versicherungsbeiträge werden ausgesetzt.

 



Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in jedem Falle schriftlich klären, was passiert, wenn die geplante Auszeit zum Beispiel wegen Krankheit ausfällt. Mitarbeiter sollten außerdem sicherstellen, dass sie in dieser Zeit nicht gekündigt oder anderweitig benachteiligt werden können. (2)

 

Offene Punkte

Damit ein Sabbatical in die Tat umgesetzt werden kann, ist nicht nur ein Kulturwandel in den Unternehmen erforderlich. Ebenso wichtig ist es, dass die Mitarbeiter psychische Schranken überwinden und sich auch mental von der Firma lösen können. Viele Angestellte haben nach wie vor Angst, eine Auszeit könne ihrer Karriere schaden oder ein Konkurrent könne ihnen ihre Stelle wegschnappen. (5)
 
Trends
Viele Arbeitnehmer leiden unter der Belastung, neben dem Job einen Angehörigen pflegen zu müssen. Eine Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln hat nun gezeigt, dass die Unternehmen auf diese Doppelbelastung reagiert haben. Während im Jahr 2003 nur 58 Prozent der Firmen ihren pflegenden Mitarbeitern die Möglichkeit gaben, flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten zu nutzen, waren es im Jahr 2009 bereits über 70 Prozent. Außerdem bieten die Firmen ihren Beschäftigten zunehmend die Möglichkeit, ihre Belastung durch ein Sabbatical oder Telearbeit zu reduzieren. Während im Jahr 2003 nur 4,1 Prozent der deutschen Firmen ihren Mitarbeitern eine Auszeit anboten, waren es im Jahr 2009 bereits 16,1 Prozent. (10)
 
Fallbeispiele

Um neue Mitarbeiter zu gewinnen und Talente zu halten, hat die Unternehmensberatung McKinsey eine umfangreiche Sabbatical-Regelung ins Leben gerufen. Künftig können alle Berater neben ihrem Urlaub einmal im Jahr ein Sabbatical von bis zu drei Monaten nehmen. McKinsey will damit sicherstellen, dass die jungen Talente ihre Persönlichkeit weiterentwickeln und der beruflichen Tretmühle entfliehen können. (6)

 



Laut eigenen Angaben ist die Berliner Firma competence & more der erste Personaldienstleister, der seinen Mitarbeitern ein Sabbatical anbietet. Um die Auszeit zu finanzieren, können die Angestellten einen Teil ihres Bruttolohnes zwischen fünf und fünfundzwanzig Prozent ansparen. Um zum Beispiel zwei Monate frei zu haben, muss ein Mitarbeiter bis zu zwei Jahre sparen. Der Grund, Sabbaticals einzuführen, war der steigende Konkurrenzdruck in der Branche. Mit den Sabbaticals hat die Firma einen Weg gefunden, um sich von den anderen Unternehmen zu unterscheiden. (7)

 



Ein Sabbatical der anderen Art hat ein Mitarbeiter bei Daimler eingelegt. Nachdem der Lackierer im Jahr 2007 eine Auszeit genommen hatte, wurde bekannt, dass er ein Mitglied der Terrororganisation al-Quaida ist. Daimler weigert sich nun, den Arbeitnehmer nach dem Sabbatical wieder einzustellen. Eine Einstellung wäre nach Konzernaussagen für die restlichen Mitarbeiter unzumutbar. Auch seien die Sicherheitsrisiken zu groß. Eine Abfindung möchte der Konzern ebenfalls nicht zahlen, aus Angst, das Geld könne dem Terrornetzwerk zugutekommen. Im Sommer 2011 entschied das Stuttgarter Landesarbeitsgericht in erster Instanz, dass Daimler dem Angestellten ein Wiedereinstellungsangebot machen muss. Ende April geht der Fall in die zweite Runde. Es bleibt abzuwarten, ob Daimler sich durchsetzen kann. (8)

Neue Ideen und frischen Wind an die Schule brachte der Schulleiter Björn Lengwenus nach einem einjährigen Sabbatical. Sechs Jahre lang hatte er auf ein Siebtel seines Gehalts verzichtet, um die Welt bereisen zu können, am Aufbau eines Stadtteilhauses in Sambia mitzuhelfen und dem Schulalltag für einige Zeit zu entkommen. Die Ideen, die während dieser Zeit entstanden, wurden bei seiner Rückkehr in die Tat umgesetzt. So gibt es nun an seiner Schule ein Fach mit dem Namen "Lebensart", in dem Schüler die Kunst des Lebens lernen können. Möglich machten das Sabbatical die Kollegen, die seine Aufgaben während der Zeit übernahmen. (9)

 



Die Deutsche Bahn hat auf den immer härter werdenden Wettbewerb um Spitzenkräfte reagiert und ein umfassendes Sabbatical-Programm eingeführt. Rund 3 000 Führungskräfte haben ab sofort die Möglichkeit, eine bis zu sechs Monaten bezahlte Auszeit vom Job zu nehmen. Auch andere Firmen kämpfen mit flexiblen Arbeitszeiten um ihre Talente. Ein Vorreiter ist die Deutsche Telekom, die im Jahr 2010 ihr Management dazu anregte, flexible Arbeitszeiten wie zum Beispiel die 4-Tage-Woche zu nutzen. Manager üben gerade bei den noch verpönten Teilzeitmodellen eine Vorbildfunktion aus. Inzwischen sind es 29 leitende Angestellte, die bei der Telekom in Teilzeit arbeiten. Im Jahr 2010 waren es noch 16. (13)

 



Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will den Angestellten ein Recht auf längere Arbeitszeitkonten einräumen. Beschäftigte sollen die Möglichkeit haben, auf sogenannten Langarbeitszeitkonten Arbeitszeit anzusparen, die dann bei Bedarf für ein Sabbatical, Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen oder zur Überbrückung bis zum Rentenalter eingesetzt werden kann. Der Grund für diesen Schritt ist der Übergang zum höheren Rentenalter. Wer will, dass die Menschen länger arbeiten, muss ihnen mehr Freiraum und Flexibilität geben. In der chemischen Industrie haben 50 Prozent der Beschäftigten bereits die Möglichkeit, ein Langarbeitszeitkonto zu führen. In der Privatwirtschaft sind es nur 40 000 Betriebe, die echte Langzeitkonten bereitstellen. Das entspricht zwei Prozent der Unternehmen. (11)

 



Arbeit nach Maß bietet das Technologieunternehmen Trumpf in Ditzingen seinen Mitarbeitern. Mehr als 4 000 Beschäftigte haben die Möglichkeit, ein flexibles Arbeitszeitmodell zu führen. So können sie Mehrarbeit leisten, um zum Beispiel einen Hauskauf zu finanzieren, Teilzeit zu arbeiten oder ein Sabbatical einzulegen. Je nach Bedarf können die Mitarbeiter ihre Basisarbeitszeit zwischen 15 und 40 Stunden arrangieren. Im Anschluss wird festgelegt, ob und wie sie diesen Wert in den folgenden zwei Jahren verändern wollen. Der Erfolg dieses Modells hat bereits Nachahmer gefunden: Da sich immer mehr Unternehmen nach dem Trumpf-Modell erkundigen, veranstaltet der Personalchef inzwischen Informationsnachmittage für interessierte Firmen. (12)

 

 
Weiterführende Literatur


 (1.)
Akzeptanz eines Sabbatjahres steigt | Artikel kaufen für 2.98 EUR
aus WELT KOMPAKT Nr. 50 von 9.3.2012, Seite 24


 (2.)
Auszeit vom Job verlangt geschicktes Verhandeln | Artikel kaufen für 2.38 EUR
aus Thüringer Allgemeine von 10.3.2012, Seite 6
Autor:Hinkel, Britta


 (3.)
"Das Ziel einer Pause treibt an". Interview: Sabine Rachor ist Expertin für Personal- und Organisationsfragen bei der Beratungsgesellschaft Ernst & Young in München | Artikel kaufen für 3.21 EUR
aus Financial Times Deutschland von 6.12.2011, Seite 6
Autor:Burghardt, Kathinka


 (4.)
Wunschzettel für Topmanager. Führungskräfte sind heiß umworben. Um sie zu halten, bieten Unternehmen zusehends mehr als Geld | Artikel kaufen für 3.21 EUR
aus Financial Times Deutschland von 6.12.2011, Seite 6
Autor:Burkhardt, Kathinka;  Hops, Bernd


 (5.)
Abschalten nach Maß | Artikel kaufen für 3.21 EUR
aus Financial Times Deutschland von 6.12.2011, Seite 25


 (6.)
McKinsey ermöglicht Beratern drei Monate Auszeit im Jahr | Artikel kaufen für 3.87 EUR
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 17 von 20.1.2012, Seite 16


 (7.)
Eine Auszeit nehmen | Artikel kaufen für 2.74 EUR
aus Frankfurter Rundschau von 17.3.2012, Seite K27


 (8.)
Sabbatical bei al-Qaida. Daimler will einen verurteilten Terrorhelfer nicht wieder einstellen. Dies sei für die anderen Mitarbeiter unzumutbar | Artikel kaufen für 3.21 EUR
aus Süddeutsche Zeitung Ausgabe Deutschland von 4.2.2012, Seite 25
Autor:Fromm, Thomas


 (9.)
Auszeit vom Alltag | Artikel kaufen für 2.98 EUR
aus Hamburger Abendblatt Nr. 235 von 8.10.2011, Seite 10
Autor:Wood, Geneviève; Bauer, Jenny; Fölmer, Laura


 (10.)
Arbeiten und pflegen - Unternehmen öffnen sich | Artikel kaufen für 2.38 EUR
aus Badische Zeitung vom 19.11.2011, Seite 15


 (11.)
Längere Arbeitskonten sollen Zeit bis Rente mit 67 überbrücken | Artikel kaufen für 3.45 EUR
aus Handelsblatt Nr. 38 von 22.2.2012, Seite 18
Autor:Thelen, Peter


 (12.)
Abschied von der Stechuhr | Artikel kaufen für 2.98 EUR
aus FOCUS Nr. 41 vom 10.10.2011, Seite 188-192
Autor:Matthes, Nadja; Schuster, Jochen


 (13.)
Konzerne hofieren Topmanager. Bahn beschließt generöses Sabbatical-Programm | Artikel kaufen für 3.21 EUR
aus Financial Times Deutschland von 6.12.2011, Seite 1
Autor:Hops, Bernd; Burghardt, Kathinka
Autor GENIOS WirtschaftsWissen: Mirjam Raymond
 
Quelle:
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 04 vom 05.04.2012
Datum:
05.04.2012
Jahr:
2012
Dokumentnummer:
c_perso_20120405
Dauerhafte Adresse des Dokuments: /www.genios.de/r/document/GWW__c_perso_20120405

 

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