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Wohnimmobilien - Konjunktur auf dem Hochplateau

BAU & IMMOBILIEN | GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 20.02.2018


Transaktionsvolumen auf anhaltend hohem Niveau

Bei den Wohnimmobilien in Deutschland ist das Transaktionsvolumen 2017 um 18 Prozent auf 15,6 Milliarden Euro gestiegen. Damit bewegen sich die Investitionen weiter auf hohem Niveau. Befeuert werden diese von den niedrigen Zinsen. Interessant sind vor allem die Immobilienportfolios in größeren Städten, die einen vergleichsweise liquiden Markt und effiziente Bewirtschaftung versprechen. Dieser Markt ist inzwischen aber so gut wie leergefegt, so dass mittlere und kleinere Transaktionen an der Tagesordnung sind. (1), (2), [Abb. 1]


Hohe Nachfrage, geringe Kapazitäten

Die Nachfrage nach Wohnimmobilien hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Gründe sind die vergleichsweise robuste Konjunktur im Nachgang der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, die Zuwanderung sowie eine neuerliche Welle der Verstädterung. Die hohe Nachfrage trifft jedoch auf ein wenig elastisches Angebot. Die Bauwirtschaft hat in den schwachen nuller Jahren Kapazitäten abgebaut, die jetzt fehlen. Obwohl die Betriebe derzeit stark ausgelastet sind, liegt die Zahl fertiggestellter Wohnungen auf relativ niedrigem Niveau. Diese Konstellation treibt vor allem in den Ballungszentren die Preise in die Höhe. (2)


Droht eine Wohnimmobilienblase?

Unklar ist, ob sich bei den Wohnimmobilien gerade eine Blase aufbläht. Die Bundesbank warnt vor Übertreibungen. Rund 15 bis 30 Prozent des Preisanstiegs in den Städten im Jahr 2016 seien nicht erklärbar. Im Jahr 2015 bezifferte die Bank die Preisübertreibung noch auf zehn bis 20 Prozent. Allerdings sieht die Bundesbank noch nicht die Gefahr einer allgemeinen Blase. Dafür spricht, dass die privaten Investoren ihre Immobilienkäufe weiterhin mit einem soliden Anteil an Eigenkapital tätigen. Deswegen dürfte trotz der Überbewertungen in einzelnen Marktsegmenten das Rückschlagpotenzial für den Markt als Ganzes begrenzt sein. (2), (11)



Trends

Wohnen in deutschen Groß- und Mittelstädten verteuert sich auch in den kommenden Jahren. Laut dem Marktforschungsinstitut Empirica kletterten die Kaufpreise von inserierten Eigentumswohnungen in den sieben A-Städten (u.a. München, Hamburg) 2017 um 9,5 Prozent, in den 14 B-Städten (u.a. Bonn, Nürnberg, Dresden) um 7,6 Prozent. Die Mieten legten um 5,9 bzw. 5,0 Prozent zu. Die Mieten sieht Empirica so lange steigen, bis die Kluft zwischen Nachfrage und tatsächlichen Fertigstellungen geschlossen ist. Derzeit liege die jährliche Fertigstellungslücke bei gut 80 000 Wohnungen. (3)

Der Neubauboom in Deutschland dürfte sich deutlich abflachen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) prognostiziert für 2018 ein reales Plus von rund einem Prozent, während es in den vergangenen Jahren beim Wohnungsneubau Zuwachsraten von zum Teil mehr als zehn Prozent gab. Für den Dämpfer sorgen knappes Bauland und entsprechend hochschnellende Bodenpreise, eine ausgelastete Bauwirtschaft, bereits seit Sommer 2016 stagnierende Baugenehmigungen sowie perspektivisch steigende Zinsen. (3)

Auch die kleineren Städte hat der Immobilienboom inzwischen erfasst. Einen deutlichen Aufwind auf dem Wohnimmobilienmarkt, steigende Miet- und Kaufpreise in allen Segmenten und einen zunehmenden Wohnraumbedarf stellte der aktualisierte Wohnimmobilien-Marktbericht der HypoVereinsbank für die bayerische Kleinstadt Straubing fest. Der Wohnungsmarkt erlebt dort angesichts der positiven Arbeitsmarktlage, der Zuwanderung, der Niedrigzinsen und spürbaren Zuzügen aus dem preislich teureren Regensburger Raum einen deutlichen Aufwind. (4)

Deutschlands Wohnungsmarkt bekommt zusätzlichen Druck von vermögenden Kunden aus aller Welt. Bei Transaktionen jenseits der zehn Millionen Euro stammte 2017 mehr als jeder zweite Euro von ausländischen Kapitalgebern, zeigt eine Studie des Verbands deutscher Pfandbriefbanken. Käufer sind vor allem Amerikaner und neuerdings reiche Chinesen. (5)

Fast alle Immobilieninvestoren beklagen die hohen Preise für Grundstücke. Dies geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft EY hervor, für die 220 Investoren befragt wurden. Darunter waren Banken, Projektentwickler, Wohnungsgesellschaften, Family Offices und Private-Equity-Fonds. Von der künftigen Regierung wünschen sich 89 Prozent mehr Wohnraumförderung, 83 Prozent eine Deregulierung von Bauvorschriften und 79 Prozent das Ende der Mietpreisbremse. (1)



Fallbeispiele

Vonovia, Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern, will sich die österreichische BUWOG einverleiben. BUWOG bringt einen Wohnungsbestand von 49 000 Einheiten mit. 55 Prozent der Wohnungen liegen in Deutschland, der Rest in Österreich. Vonovia baut seinen Bestand damit auf knapp 400 000 Wohnungen mit einem Bruttovermögenswert von 36 Milliarden Euro aus. (6)

Deutsche Wohnen hat ihre Funds from Operations (FFO I) in den ersten neun Monaten 2017 um neun Prozent auf 330 Millionen Euro gesteigert. Der zweitgrößte deutsche Wohnimmobilienkonzern besitzt etwa 161 000 Wohnungen, rund 71 Prozent davon im Großraum Berlin. Grund für den Zuwachs sind die schnell steigenden Mieten in der Hauptstadt. Allerdings nehmen auch die Kosten für Handwerker und das eigene Personal zu. Chancen auf größere Zukäufe in Berlin sieht der Konzern derzeit nicht. Es seien allenfalls kleinere Häuser mit zehn bis 40 Wohnungen auf dem Markt. (10)

Die Adler Real Estate hat in den ersten neun Monaten 2017 die Nettomieteinnahmen um 3,8 Prozent auf 130,5 Millionen Euro gesteigert. Der Gewinn aus dem Vermietgeschäft schoss um 45,3 Prozent auf 27,1 Millionen Euro in die Höhe. Dies war auch dem Konzernumbau zu verdanken. 120 Millionen Euro investiert Adler derzeit in den Kauf von 700 Neubauapartments in Berlin-Mitte. Die Wohnungen sollen Ende 2019 fertiggestellt werden und dann Nettomieteinnahmen von elf Millionen Euro abwerfen. Bislang besitzt Adler gut 53 000 Wohnungen - vor allem in Wilhelmshaven, im Ruhrgebiet und in Berlin. (10)

Die LEG Immobilien hat in den ersten neun Monaten 2017 rund 4,5 Prozent höhere Mieteinnahmen verzeichnet. Dieser Zuwachs kam auch durch den Neuerwerb von Wohnungen mit bereits überdurchschnittlich hohen Bestandsmieten zustande. Die LEG Immobilien rechnet für die kommenden Jahre mit durchschnittlichen Mietsteigerungen von 3,0 bis 3,5 Prozent. 2017 hat die LEG ihren Bestand um rund 3 500 Wohnungen vergrößert. 2018 will man organisch wachsen. Die LEG besitzt rund 130 000 Wohnungen, fast ausschließlich in Nordrhein-Westfalen. (8)

Der Lebensmittel-Discounter Aldi will nun auch in Brandenburg in das Geschäft mit Mietwohnungen einsteigen. In Wildau (Dahme-Spreewald) und Frankfurt (Oder) laufen Planungen für innerstädtische Projekte mit einer Mischung aus Wohn- und Geschäftsneubauten. Zuvor hatte Aldi bekannt gegeben, in Wohnimmobilien an Berliner Standorten von Aldi-Märkten zu investieren. An mindestens 30 Orten in der Bundeshauptstadt sollen mehr als 2 000 Wohnungen entstehen. (7)

Der Wohnimmobilienentwickler Instone Real Estate ist im Februar an die Börse gegangen. Insgesamt brachte die Emission 428 Millionen Euro ein. Davon geht der Großteil an den Finanzinvestor Activum SG, den bisherigen Alleineigentümer. Instone fließen netto 142 Millionen Euro zu, davon sollen 55 Millionen Euro für die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens verwendet werden. Mit dem restlichen Geld will das Unternehmen Grundstücke für neue Wohnungen kaufen und Projekte entwickeln. Das gesamte Unternehmen wurde zum Ausgabepreis mit 795 Millionen Euro bewertet. Instone ist aus der früheren Hochtief-Tochter Formart und der GRK-Holding entstanden. (9)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Transaktionsvolumen bei den Wohnimmobilien
Jahrin Milliarden Euro
20049,0
200514,0
20069,5
200712,0
20084,8
20093,3
20103,8
20116,0
201211,1
201313,7
201412,8
201523,5
201613,2
201715,6

Quelle: EY Entnommen aus: Börsen-Zeitung vom 17.01.2018, Nr. 11, S. 2 (1)

Weiterführende Literatur:

(1.) EY: Immobilienmarkt bleibt 2018 auf hohem Niveau - Transaktionsvolumen bei 70 Mrd. Euro - Rekord bei Gewerbeimmobilien im vergangenen Jahr
aus Börsen-Zeitung vom 17.01.2018, Nr. 11, S. 2

(2.) Wohnen in Deutschland - Die Preisdynamik am Wohnimmobilienmarkt dürfte den Zenit erreicht haben
aus Immobilien & Finanzierung - Der Langfristige Kredit, Heft 1/2018, S. 33

(3.) Wohnimmobilien - Verteuerung geht weiter
aus Focus-Money vom 17.01.2018, Nr. 4, S. 6

(4.) Immobilienboom dank Universitätsstadt - HypoVereinsbank stellt Marktbericht für Wohnimmobilien vor - Platz für Studenten nötig
aus Allgemeine <span class="highlight" id="hlgFarbe2">Laber</span> Zeitung vom 20.12.2017 Seite 26

(5.) Ansturm aus Fernost
aus DIE WELT, 03.02.2018, Nr. 29, S. 48

(6.) Vonovia schlägt in Österreich zu - Barofferte bewertet Buwog mit 5,2 Mrd. Euro - Prämie von 18 Prozent - Weiterentwicklung zum Developer
aus Börsen-Zeitung vom 19.12.2017, Nr. 243, S. 9

(7.) Aldi plant Wohnungen in Brandenburg
aus Märkische Allgemeine - Fläming-Echo vom 13.02.2018, Seite 7

(8.) LEG Immobilien AG - Warum die Mieten auch 2018 weiter steigen
aus Welt online vom 31.12.2017

(9.) Instone verliert zum Börsenstart - Der Vorstandsvorsitzende ist dennoch zufrieden
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.02.2018, Nr. 40, S. 29

(10.) Deutsche Wohnen und Adler Real Estate - Immobilienboom füllt Kassen von Konzernen
aus Handelsblatt online vom 14.11.2017

(11.) Unerklärlich hohe Preise - Frankfurt - Das waren sie wieder, die sorgenvollen Fragen. Droht ein neuerlicher Crash an den Finanzmärkten?
aus Süddeutsche Zeitung, 30.11.2017, Ausgabe Bayern, Deutschland, S. 17

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 20.02.2018
Dokument-ID: s_bau_20180220

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