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Verlage - Zeitungsmarkt schrumpft, Zeitschriften bleiben stabil

MEDIEN & VERLAGE | GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 31.08.2018


Zeitungen weiter im Sinkflug

Die deutschen Zeitungsverlage sind in einer Dauerkrise. Die Auflage der Tages-, Wochen- und Sonntagszeitungen sinkt seit Jahren. Im zweiten Quartal 2018 gab es gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal ein Minus von 3,9 Prozent auf 17,6 Millionen Exemplare pro Erscheinungstag. Davon entfielen auf die Tageszeitungen 14,1 Millionen, auf die Sonntagzeitungen 1,8 Millionen und auf die Wochenzeitungen 1,7 Millionen. Auch der Branchenumsatz ist rückläufig. 2017 betrug das Minus zwei Prozent auf 7,41 Milliarden Euro. Grund war der Rückgang bei den Anzeigenerlösen um 5,5 Prozent auf 2,52 Milliarden Euro. Die Vertriebserlöse stagnierten bei knapp 4,9 Milliarden Euro. Bei den digitalen Angeboten verzeichnen die Verlage hohe Wachstumsraten. Allerdings können diese Produkte den Umsatzrückgang noch nicht kompensieren. (2), [Abb. 1]


Zeitschriften mit stabilen Erlösen

Die Zeitschriftenverlage entwickeln sich stabil. 2017 lag der Umsatz wie schon im Vorjahr bei 14,8 Milliarden Euro. Sinkende Einnahmen im Anzeigenverkauf und im Vertrieb stehen einem wachsenden Digital- und Veranstaltungsgeschäft gegenüber. Für 2018 erwarten die Verlage erneut einen Umsatz auf Vorjahresniveau. Demnach gehen die Vertriebserlöse um 1,7 und die Anzeigenerlöse um 1,8 Prozent zurück, während das Digitalgeschäft um 7,5 Prozent zulegt. 2017 haben die hiesigen Verlage 90 neue Magazine herausgebracht und 37 eingestellt. Damit gab es zum Jahreswechsel etwa 1 600 mindestens quartalsweise erscheinende Publikumszeitschriften. (1)



Trends

In den vergangenen zwei Jahren hat die Pressekonzentration in Deutschland spürbar zugenommen. 61,6 Prozent der verkauften Gesamtauflage der Tageszeitungen werden inzwischen von den zehn größten Verlagsgruppen verlegt. Das sind 1,8 Prozentpunkte mehr als zwei Jahre zuvor. Davor hat sich der Konzentrationsgrad nur im Nachkommabereich entwickelt. (3)

Das viel zitierte Zeitungssterben gibt es in dieser Form nicht, denn Zeitungen werden kaum komplett eingestellt. Aber viele Blätter werden ausgedünnt, Lokalredaktionen geschlossen. Während früher in fast allen Verbreitungsgebieten zwei oder mehr lokale Zeitungen nebeneinander konkurrierten, ist das heute die Ausnahme, eine davon ist Berlin. (3)

Die gedruckte "taz" steht womöglich vor dem Aus. Die Geschäftsführung bereitet in ihrem "Szenario 2022" die Eigentümer darauf vor, dass der tägliche Druck und Vertrieb der Papier-taz bald nicht mehr möglich sein könnte. Die "Tagespost" in Würzburg hat bereits einen ähnlichen Weg wie die "taz" eingeschlagen. Gerüchte, dass es solche Überlegungen auch für die "WELT" gibt, hat der Springer-Verlag dementiert. (4)

Alle Zeitungen zusammen erreichen 39,3 Millionen deutschsprachige Personen ab 14 Jahren. Die stärkste Verbreitung haben regionale Abozeitungen mit 31,7 Millionen Lesern. Sie werden nahezu von der Hälfte der Bevölkerung täglich genutzt, wie aus einer Erhebung der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse hervorgeht. (12)

Als Einnahmequelle haben die Verlage die Leserreise wiederentdeckt. So hat Gruner + Jahr (G+J) vor gut einem Jahr das übergreifende Konzept G+J Reisewelten für Marken wie "Stern", "Brigitte" oder "Eltern" eingeführt. Ähnliche Angebote gibt es auch bei der Zeit-Verlagsgruppe. Derzeit umfasst das Segment geschätzte 800 000 Reisende und einen Umsatz von 120 Millionen Euro. Dazu kommen noch Zeitschriften und Magazine, die zunehmend solche Reisen anbieten. Branchenschätzungen gehen daher von einem Gesamtmarkt für Leserreisen von derzeit rund 200 Millionen Euro aus. (5)



Fallbeispiele

Der Medienkonzern Axel Springer ("Bild", "WELT") hat im ersten Halbjahr 2018 die Erlöse um 5,9 Prozent auf fast 1,6 Milliarden Euro gesteigert. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um knapp zwölf Prozent auf 355 Millionen Euro. Der unbereinigte Konzernüberschuss sprang unter anderem wegen des Verkaufs des Frauenportals Aufeminin um 58,7 Prozent auf 185,6 Millionen Euro. 80 Prozent des bereinigten Ergebnisses stammen inzwischen aus dem Digitalgeschäft. Größter Wachstumstreiber ist das Rubrikengeschäft der Job-, Immobilien- und Autoportale. Auch die journalistischen Online-Angebote liegen im Soll. Das Wirtschafts- und Finanznachrichtenportal "Business Insider" hat bereits im ersten Halbjahr und damit früher als geplant die Gewinnschwelle erreicht. (7)

Beim Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr (G+J) ("Stern", "Brigitte", "Geo") ist 2017 der Umsatz um 4,2 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro gesunken. Grund war der Verkauf der Geschäfte in Österreich und Spanien. Der operative Gewinn (Ebitda) kletterte um 6,2 Prozent auf 145 Millionen Euro. Dazu beigetragen haben der Umbau des Verlagshauses und die Gründung neuer Magazine wie "Hygge". Besonders das Geschäft auf dem Kernmarkt Deutschland sorgt für positive Zahlen, in Frankreich ging das Ergebnis dagegen stark zurück. (8)

Die Hubert Burda Media Gruppe ("Focus", "Bunte", "Superillu", "Freundin") hat 2017 ihren Umsatz um 18 Prozent auf 2,67 Milliarden Euro gesteigert. Inzwischen sind die Digitalmarken mit einem Plus von 19 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zur wichtigsten der vier Säulen im Konzern geworden. Im Mittelpunkt stehen dabei das Berufsnetzwerk Xing SE, das Reiseportal Holiday Check und die Online-Händler Cyberport und Computeruniverse. Das Zeitschriftengeschäft wuchs um 1,5 Prozent auf 670 Millionen Euro. Darüber hinaus kooperiert Burda nun mit dem Fernsehsender ProSiebenSat.1. Ziel ist es, neue Werbekunden zu gewinnen. (9), (10)

Gescheitert ist der Börsengang des Wissenschaftsverlags Springer Nature. Bis zu 1,6 Milliarden Euro sollten in die Kassen kommen. Doch die Nachfrage war mau. Offenbar ist das Geschäftsmodell für viele Anleger zu kompliziert. Außerdem wollte der Verleger Stefan von Holtzbrinck auch nach einem Börsengang das uneingeschränkte Sagen haben. Springer Nature gehört zu 47 Prozent dem Finanzinvestor BC Partners und zu 53 Prozent der Holtzbrinck Publishing Group. Letztere kommt mit 4 700 Mitarbeitern auf drei Milliarden Euro Umsatz, davon gut 1,6 Milliarden bei Springer Nature. Ferner gehören zu Holtzbrinck Buchverlage wie Rowohlt und S. Fischer. (11)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Deutscher Zeitungsmarkt nach Auflage und Umsatz
Jahr*Auflage in Mill.Umsatz in Mrd. Euro
200825,99,1
200925,38,46
201024,88,52
201123,88,51
201222,88,23
201322,27,88
201421,57,76
201520,77,65
201619,17,56
201718,37,42
201817,6k. A.

* jeweils 2. Quartal, inklusive Sonntags- und Wochenzeitungen Quelle: BDZV eigene Recherchen

Weiterführende Literatur:

(1.) "Gift für die unabhängige Presse"
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.03.2018, Nr. 62, S. 21

(2.) Vertrauen in die Zeitung
aus Stuttgarter Zeitung, 18.09.2017, S. 6

(3.) "Eine Katastrophe für die Vielfalt"
aus Der Tagesspiegel vom 06.07.2018, Seite 22

(4.) "Zeit für Veränderung"
aus Der Tagesspiegel vom 15.08.2018, Seite 23

(5.) Leserreisen bringen Verlagen Entspannung
aus fvw 16 vom 03.08.2018 Seite 032 bis 034

(6.)Urheberrecht: Überraschung in Straßburg. EU-Parlament bremst Reform erst einmal aus
aus DIE WELT Nr. 155 vom 06.07.2018, Seite 8

(7.) Digitalgeschäft treibt Umsatz bei Axel Springer
aus DIE WELT, 28.07.2018, Nr. 174, S. 11

(8.) Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr mit Gewinnplus - Geschäfte verkauft
aus APA-JOURNAL Medien vom 27.03.2018

(9.) Burda glänzt mit Rekordumsatz
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.04.2018, Nr. 92, S. 20

(10.) Burda und ProSiebenSat.1 umwerben Werbekunden gemeinsam
aus Welt online vom 14.05.2018

(11.) Milliardenplan gescheitert
aus Süddeutsche Zeitung, 11.05.2018, Ausgabe München, Bayern, Deutschland, S. 21

(12.) Tageszeitung 2018 / 39,3 Millionen Menschen lesen die gedruckte Zeitung / 13 Millionen nutzen sie täglich digital
aus news aktuell vom 14.08.2018

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 31.08.2018
Dokument-ID: s_med_20180831

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