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Tabakverarbeitung - Zigarettenindustrie steht weltweit unter Druck

LEBENSMITTEL | GENIOS BranchenWissen Nr. 07 vom 01.07.2015


Tabakwaren: Angaben zum Zigarettenabsatz widersprechen sich

Für den Zigarettenabsatz 2014 gibt es sich widersprechende Zahlen. So sank laut dem Statistischen Bundesamt die Zahl der versteuerten Zigaretten in Deutschland um 0,9 Prozent auf 79,5 Milliarden Stück. Als Grund für den Rückgang nennt die Behörde unter anderem die zum 1. Januar 2014 erfolgte Tabaksteuererhöhung, wodurch sich auch die Endverbraucherpreise erhöht haben.

Die Fachzeitschrift Die TabakZeitung dagegen schreibt, ohne Quellen zu nennen, von einem Absatzplus von 0,9 Prozent auf knapp 80,4 Milliarden Stück. Ursache für das Plus ist vor allem der Zuwachs bei den Industriezigarettenmarken, deren verkaufte Menge sich um 1,3 Prozent auf 71,6 Milliarden Stück erhöhte. Bei den Handelszigaretten dagegen wurde ein Rückgang von 2,1 Prozent auf fast 8,8 Milliarden Stück registriert. Gründe für die insgesamt positive Entwicklung waren laut Die TabakZeitung unter anderem die sehr späte Steueranpassung der führenden Zigarettenhersteller, die die Tabaksteuerhöhung Anfang 2014 erst bis August an die Raucher weitergereicht haben, und das gute Wetter.

Wie sieht es bei den anderen Tabakwaren aus? Laut Die TabakZeitung sank beim Feinschnitt die verkaufte Tonnage 2014 um 1,7 Prozent auf 26 241 Tonnen. In diesem Segment gab es unterschiedliche Entwicklungen. So erhöhte sich der Absatz von Volumentabak um 8,7 Prozent auf 8 392 Tonnen, beim klassischen Feinschnitt dagegen reduzierte sich die abgesetzte Menge um 1,3 Prozent auf 13 264 Tonnen. Ein wesentlich stärkeres Minus gab es beim schnittoptimierten Feinschnitt, dessen Absatz um 18 Prozent auf 4 585 Tonnen absackte.

Bei den Eco-Zigarillos setzte sich die negative Entwicklung fort. Deren Absatz reduzierte sich 2014 um 5,4 Prozent auf 2,3 Milliarden Stück. Ein Grund hierfür ist, dass die Eco-Zigarillo eine Art Auslaufmodell ist, da zum 1. Januar 2015 deren steuerlicher Vorteil wegfiel. So gibt es keinen Preisvorzug mehr im Vergleich zur Zigarette.

Pfeifentabak dagegen ist auf Wachstumskurs, dessen Absatz erhöhte sich 2014 um 13 Prozent auf 1 359 Tonnen. Ursache für das Wachstum war der Wasserpfeifentabak, der klassische Pfeifentabak dagegen büßte rund zwei Prozent an Menge ein. (1), (2), (3), (4), [Abb. 1]


Preisanpassung: Hersteller reagieren uneinheitlich auf die Tabaksteueranhebung

Am 1. Januar 2015 erfolgte die fünfte und damit vorerst letzte jährliche Stufe der Tabaksteueranhebung. Wie auch schon in den Vorjahren geben die vier großen Markenhersteller Philip Morris, Reemtsma, British American Tobacco (BAT) und Japan Tabacco International (JTI) diese verspätetet an die Verbraucher weiter, 2014 zog sich die Preisanpassung bis August hin.

Als erste großer Hersteller steigerten Reemtsma und BAT im März die Kleinverkaufspreise (KVP), jedoch nicht für das gesamte Sortiment. So erhöhte Reemtsma bei Traditionsmarken wie "Ernte 23", "Peter Stuyvesant", "R 1", "R6", "Reval" und "Roth Händle" die Preise für die 19-Stück-Originalpackung im Schnitt um zehn Cent auf 5,50 Euro - deren Konsumenten gelten als nicht so preissensibel. BAT nahm eine Preisanpassung um zehn Cent pro Packung für einige Marken vor, alternativ wurde der Packungsinhalt entsprechend angepasst. Dazu zählen "HB", "Lord Blue", "Lord Extra", "Rothmans King Size" und "Lucky Strike Original Red ohne Filter".

Im Juni erfolgte die nächste Anpassung. Reemtsma erhöhte die Zigarettenpreise seiner Hauptmarken im Schnitt um 20 Cent je Packung. "JPS Red und JPS Blue kosten nun 5,20 Euro, "Gauloises" 5,50 Euro, "Davidoff" 5,60 Euro. Alternativ reduzierte Reemtsma bei einigen Varianten den Packungsinhalt um eine Zigarette. BAT erhöhte die Preise für seine beiden absatzstärksten Markenfamilien "Pall Mall" und "Lucky Strike" ebenfalls im Schnitt um 20 Cent. Stabil dagegen blieben die Preise der Traditionsmarken HB Classic Blend und Prince Rich Taste.

Die beiden anderen großen Hersteller JTI und Philip Morris haben ihre Preise bisher noch nicht angehoben, werden aber sicherlich noch folgen. (5), (6), (7), (8)


Vertriebskanäle: Tabakwarengroßhandel ist wichtigster Player im Markt

Wie gelangen die legal verkauften Zigaretten in Deutschland an die Konsumenten? Der Absatz erfolgt fast gänzlich über drei Vertriebskanäle. Mit rund 60 Prozent Marktanteil ist der Tabakwarengroßhandel der wichtigste Player, gefolgt vom Lebensmittelgroßhandel mit gut 30 Prozent und Cash&Carry mit rund sieben Prozent.

Die 300 Betriebe des Tabakwarengroßhandels wiederum beliefern etwa 9 000 Tabakwarengeschäfte, die einen Marktanteil von 10,9 Prozent haben. Hinzu kommen 22 000 Kioske und Trinkhallen mit einem Marktanteil von 13,9 Prozent, 13 000 Tankstellen mit einem Marktanteil von 27 Prozent und 10 000 weitere Absatzstellen. Die etwa 340 000 Automaten vereinen einen Marktanteil von zehn Prozent auf sich. (9), [Abb. 2]


Gegenwind: Zigarettenhersteller weltweit in der Defensive gegen Regierungen

Der Tabakindustrie weht seit vielen Jahren ein harter Wind ins Gesicht, der immer schärfer wird. Weltweit machen viele Regierungen gegen das Rauchen mobil. So hat die Europäische Union im März 2014 die Tabakproduktrichtlinie (TPD) beschlossen. Darin werden unter anderem ab 2016 Schockbilder auf Zigarettenschachteln Pflicht. Abschreckende Fotos sollen künftig 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Packungen bedecken. Zudem können Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, ob sie weitergehende Regulierungen einführen, wie zum Beispiel Einheitspackungen ohne Markenlogos, das so genannte Plain Packaging. Als erste EU-Länder haben Irland, Großbritannien und Frankreich die Einheitspackung auf den Weg gebracht. Doch die Hersteller wehren sich gegen die Entwertung ihrer milliardenschweren Marken. So reichten Philip Morris, BAT und JTI in Großbritannien eine Klage gegen das Gesetz ein.

Aber die EU ist eher ein Nachzügler. In den USA gibt es bereits seit mehr als 30 Jahren Warnhinweise auf Zigarettenpackungen. Ein Gericht stoppte 2012 jedoch nach einer Klage von Tabakkonzernen eine Verschärfung, nämlich den Aufdruck von Schockbildern. Kanada lässt die Hersteller seit 2001 Bilder und Texte mit Warnhinweisen auf die Packungen aufdrucken. In Brasilien muss seit 2002 die Hälfte der Packung mit Warnhinweisen versehen sein. Seit 2006 verschärft Indien seinen Kampf gegen die Zigaretten immer weiter. Seit April 2015 müssen 85 Prozent der Fläche von Zigarettenschachteln mit Schockfotos und Warnhinweisen bedeckt sein, davor waren es 40 Prozent. Und in Australien müssen Zigaretten seit Oktober 2012 in einheitlichen Schachteln mit großflächigen Schockbildern verkauft werden, worauf Philip Moris im April 2014 die Produktion in dem Land einstellte. (10), (11), (12)


E-Zigarette: Umsätze haben sich mehr als verdoppelt

E-Zigaretten werden in Deutschland immer populärer. Laut dem Verband des E-Zigaretten-Handels VdeH verdoppelte sich deren Umsatz 2014 auf über 200 Millionen Euro, im laufenden Jahr sollen es bereits 300 Millionen Euro sein. Die tatsächlichen Umsätze könnten jedoch höher ausfallen, da die Zahlen auf einer Umfrage unter deutschen E-Zigaretten- und Liquidhändlern basieren. Deswegen sind die Umsätze durch Bestellungen bei ausländischen Händlern nicht eingerechnet.

Nach Branchenschätzungen nutzen etwa 2,5 Millionen Konsumenten die E-Zigarette. Woher kommen diese? Laut einer Studie von Ecig Germany sollen bestehende und ehemalige Zigarettenraucher mit 99 Prozent den größten Anteil an den E-Zigarettenrauchern haben. 20 Prozent von ihnen wechselten demnach aus Gesundheitsgründen zur E-Zigarette. Weitere Gründe sind "besserer Geschmack" mit 16 Prozent, "Entwöhnung" mit 15 Prozent und "Ersparnis" mit 13 Prozent. (13), (14)





Fallbeispiele


British American Tobacco: verstärkt Südosteuropageschäft

British American Tobacco (BAT) will für 550 Millionen Euro den kroatischen Tabakhersteller TDR übernehmen. Vorausgesetzt, Aktionäre und Behörden stimmen dem Kauf zu, soll das Geschäft im Oktober abgeschlossen werden.

TDR ist stark in Balkanländer wie Kroatien, Bosnien und Serbien präsent. Das Unternehmen erzielte 2014 einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 44 Millionen Euro. (15)


Reemtsma: strafft Angebot bei filterlosen Zigaretten

Seit Mitte Mai 2015 führt Reemtsma die filterlosen Marken "Eckstein No. 5", "Juno" und "Salem No. 6" schrittweise in die Marke "Reval" über. Um die Konsumenten darauf vorzubereiten, erhalten in einer Frist von zwei Monaten die Verpackungen aller drei Traditionsmarken ein Übergangsdesign, auf dem neben der bisherigen auch die neue Zielmarke "Reval" sichtbar ist. Bis August sollen alle drei Sorten ausgelistet werden. (16)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Schon wieder im Minus

Entnommen: Homepage Zigarettenverband, (4)
Abbildung 2: Tabakwarengroßhandel ist beherrschender Absatzkanal

Entnommen aus: Die Tabak Zeitung, 18/2015, (9)

Weiterführende Literatur:

(1.) Tabakkonsum auf Rekordtief
aus Lebensmittel Zeitung 04 vom 23.01.2015 Seite 012

(2.) Stabiler Zigarettenmarkt
aus Die Tabak Zeitung vom 30.01.2015, Nr. 005/2015

(3.) Wasserpfeifen-Boom lässt Steuereinnahmen steigen
aus Welt online vom 20.01.2015

(4.) Versteuerter Zigarettenabsatz
aus Welt online vom 20.01.2015

(5.) Preiserhöhung bei Zigaretten
aus Die Tabak Zeitung vom 08.05.2015, Nr. 019/2015

(6.) BAT hebt die Preise an
aus Die Tabak Zeitung vom 20.02.2015, Nr. 008/2015

(7.) Weitere Preisschritte
aus Die Tabak Zeitung vom 15.05.2015, Nr. 020/2015

(8.) Reemtsma erhöht Zigarettenpreise
aus Die Tabak Zeitung vom 06.02.2015, Nr. 006/2015

(9.) Markt stabilisiert sich
aus Die Tabak Zeitung vom 24.04.2015, Nr. 018/2015

(10.) Länder gehen unterschiedlich gegen das Rauchen vor
aus www.lebensmittelzeitung.net vom 04.03.2015

(11.) Einheitspackungen auf dem Vormarsch
aus Lebensmittel Zeitung 14 vom 02.04.2015 Seite 022

(12.) Klagen in UK gegen Plain Packaging
aus Lebensmittel Zeitung 23 vom 05.06.2015 Seite 020

(13.) Wechselwillige Zigarettenraucher
aus Die Tabak Zeitung vom 13.02.2015, Nr. 007/2015

(14.) E-Zigaretten in Deutschland auf dem Vormarsch
aus www.lebensmittelzeitung.net vom 16.03.2015

(15.) BAT übernimmt Zigarettenhersteller
aus Lebensmittel Zeitung 23 vom 05.06.2015 Seite 012

(16.) Strafferes Sortiment
aus Die Tabak Zeitung vom 17.04.2015, Nr. 016/2015

Markus Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 07 vom 01.07.2015
Dokument-ID: s_leb_20150701

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