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Solarindustrie - Wachsende Zubau-Zahlen und sinkende Kosten

ENERGIE & ROHSTOFFE | GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 26.08.2019


Zubau-Zahlen haben deutlich zugelegt

Der Ausbau der Photovoltaik muss zügig voranschreiten, damit das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von 65 Prozent Ökostrom-Anteil im Jahr 2030 erreicht werden kann. Wo steht die Branche heute?
Freude und Zuversicht herrschen in der deutschen Solarindustrie - endlich! Die Branche, für die es seit 2012 nur bergab ging, atmet auf. Im vergangenen Jahr wurden knapp 3 000 Megawatt Solarenergie zugebaut. Das entspricht einer stolzen Wachstumsrate von 68 Prozent. Der politisch definierte Zubau-Korridor von jährlich 2,5 Gigawatt neu installierter Leistung wurde übertroffen. Solaranlagen decken jetzt acht Prozent des Stromverbrauchs.
Für das laufende Jahr erwartet die Solarbranche ein Marktwachstum im zweistelligen Bereich, mit einem Zubau von 3,5 bis vier Gigawatt neuer Photovoltaik-Anlagen in allen Marktsegmenten. Prognostiziert werden Investitionen in neue Anlagen in Höhe von drei Milliarden Euro. Bis 2020 wird Solarstrom rund zehn Prozent zum deutschen Nettostromverbrauch beitragen. (1), (2)


Erzeugungskosten und Preise sinken

Bei den Menschen steht die Sonnenenergie nach wie vor hoch im Kurs, das Klimaschutzbewusstsein steigt, die Märkte wachsen, es gibt noch viel Potential - nicht zuletzt an und auf Gebäuden -, und neue Technologien sind attraktiv. Innovative Anwendungen sind beispielsweise schwimmende Solarkraftwerke. Die Erzeugungskosten von Solarstrom sinken deutlich, so allein in 2018 um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Preise für Solarmodule sind in den letzten Jahren stark gefallen, 2018 um satte 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit rund fünf Cent pro Kilowattstunde kann Solarstrom aus Freiflächenanlagen bereits jetzt günstiger sein als Strom aus neuen Gas-, Kohle- oder Windkraftwerken. Die Durchschnitts-Gestehungskosten aller Photovoltaik-Anlagentypen seien inzwischen auf unter zehn Cent pro Kilowattstunde gefallen, erklärt der Verband für Solarwirtschaft. Freilich gilt dies nicht zwingend auch für kleine Dachanlagen. Die gänzlich förderfreie Solarenergie nimmt Fahrt auf. So haben beispielsweise EnBW, BayWa Re und Innogy erste, über Direktlieferverträge finanzierte Solarparks im Kraftwerksmaßstab angekündigt.
Es mehren sich also die Anzeichen, dass die Photovoltaik auf dem Weg ist, sich bald selbst zu tragen. (3)


Einige Hürden gibt es durchaus noch

Freilich gibt es noch etliche Hürden, die die Solarindustrie zu nehmen hat. Im Energiesammelgesetz wurde Ende 2018 eine strenge stufenweise Absenkung der Einspeisevergütung beschlossen.
Ausschreibungen sind Pflicht, die ausgeschriebenen Mengen gering. Viele Projekte müssen daher warten und können nicht realisiert werden. Die Branche wünscht sich von der Politik eine Aufstockung der Auktionsvolumina. Der Staat hat den Ausbaudeckel 2012 auf 52 Gigawatt festgesetzt. Darüber hinaus gibt es keine Einspeisevergütung über das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Die Solarbranche fordert den Wegfall dieses Förderdeckels. Auch sollten Eigenverbrauch und Direktliefermodelle weniger streng geregelt, Hemmnisse bei Gebäudephotovoltaik und Mieterstrom abgebaut werden. Pro Jahr soll das Mieterstromgesetz eine Förderung von solaren Mieterstromanlagen mit einer Gesamtleistung von 500 Megawatt ermöglichen. Von den damit möglichen 1 000 Megawatt sind bis heute allerdings nur rund 15 Megawatt genutzt worden. (4), (5), (6)


Speicher gefragt

Heimspeicher, die die Nutzung des selbsterzeugten Stroms optimieren, sind gefragt. Jede zweite neue Solarstromanlage wird inzwischen gemeinsam mit einem Speicher installiert. Mehr als 130 000 Solarstromspeicher sind in Deutschland laut Bundesverband Solarwirtschaft aktuell in Betrieb. Der Speichermarkt wird schon als unübersichtlich beurteilt.
Die Sektorkopplung schreitet voran. Moderne Gebäude sind immer häufiger Solargebäude, mit einer Solaranlage auf dem Dach, einem Solarspeicher im Keller und einer Solar-Tankstelle vor dem Haus für das Elektroauto.
Die Preise für Gewerbespeicher sanken in den vergangenen fünf Jahren um rund 60 Prozent. (7), (8), (1), (2)


Solarthermie hält nicht Schritt

Die Solarthermie hingegen kommt nicht so recht in Gang. Im vergangenen Jahr war ihr Markt rückläufig und musste in Minus von acht Prozent hinnehmen, wenngleich sich im Herbst eine leichte Trendwende abzeichnete. Insgesamt waren in Deutschland Ende 2018 rund 2,4 Millionen Solarwärmeanlagen für die Erzeugung von Solarwärme in Betrieb. Sie ist weit davon entfernt, die selbst gesteckten Klimaschutzziele im Wärme- und Gebäudesektor zu erreichen. Laut Klimaschutzplan müsste die CO2-Reduktion im Gebäudesektor bis 2030 bei rund 40 Prozent liegen. Die installierte Solarthermieleistung müsste sich jährlich verdreifachen bis versiebenfachen. Staatliche Förderprogramme seien oft unbekannt und wiesen Lücken auf, so der Bundesverband Solarthermie. (8), (9), (10)



Trends

Ein Trend sind Blockchains - sie könnten auch in die Energiewelt einziehen und von Nutzen sein. Sie könnten es ermöglichen, die Vorstellung von kleinsten dezentralen Lieferanten-Verbraucher-Beziehungen zu realisieren via Computer (Per-to-Per). Ein aktuelles Forschungsprojekt dazu ist NEMoGrid. Das von der EU geförderte Projekt testet den Energiehandel zwischen einzelnen Haushalten per Blockchain. (8)

Ein anderer Trend sind monokristalline Zellen und Module, die gegenüber polykristalliner Technik höhere Wirkungsgrade erzielen. Analysten gehen davon aus, dass der Marktanteil der monokristallinen Produkte weltweit mit dem der polykristallinen Zellen und Module gleichzieht. Auch Module mit Halbzellen sind zunehmend interessant; sie können den internen Strom im Modul halbieren und dadurch elektrische Verluste um bis zu 75 Prozent reduzieren und die Leistung um bis zu drei Prozent steigern. Leistungssteigernd wirken auch der Umstieg auf die 6-Busbar- statt der 4-Busbar-Technologie und der Einsatz von Runddrähten statt flacher Lötbänder. Die Wechselrichter werden immer vielseitiger und ermöglichen neue Anwendungen rund um Eigenverbrauch, Speicher Elektromobilität, Power2Heat und Smart Home. Im Trend liegen Hybridwechselrichter, Lösungen für die Nachrüstung von Anlagen und digitale Plattformen. (8)

Fallbeispiele

Der Projektierer Juwi hat erstmals seit dem Jahr 2013 wieder einen Solarpark in Deutschland neu errichtet. Im brandenburgischen Gorgast wurde eine 750-kW-Freiflächenanlage in Betrieb genommen, die in den kommenden Jahren bis maximal zehn MW erweitert werden soll. Künftig will Juwi größere Projekten angehen und Freiflächen-Solarparks im ganzen Bundesgebiet realisieren. (11)

Bei der dritten Solarausschreibung des laufenden Jahres hat die Bundesnetzagentur von 105 Geboten nur 14 bezuschlagt, was darauf schließen lässt, dass einige sehr große Solaranlagen zum Zuge gekommen sind. Außerdem überzog die Behörde das ausgeschriebene Volumen von 150 Megawatt mit Zuschlägen über insgesamt 204 Megawatt deutlich. Die meiste Solarleistung erhielt das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern; zwei Drittel der Menge sollen dort errichtet werden. Die Vergütung lag bei durchschnittlich 5,47 Cent. Der nächste technologiespezifische Ausschreibungstermin für die Solarenergie ist der 1. Oktober 2019. (12)

Bei einer Solaranlage der Firma Wattner im brandenburgischen Wittstock konnte im August auf die in einer Ausschreibung bewilligten 5,42 Cent pro Kilowattstunde verzichtet und der Strom für durchschnittlich 5,6 Cent an der Börse verkauft werden. So schaffte die Anlage es tatsächlich den ganzen Monat, ohne die EEG-Marktprämie auszukommen. (4)

Der Energiekonzern EnBW verkündete im Februar verkündet, ab Ende des Jahres das größte Photovoltaik-Kraftwerk Deutschlands zu bauen - und zwar ganz ohne Vergütung. Im brandenburgischen Werneuchen sollen auf einer Fläche von etwa 230 Fußballfeldern Solarmodule mit 175 Megawatt Leistung errichtet werden. Rein rechnerisch könnten so rund 50 000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Auch Vattenfall und BayWa planen, förderfreie Solarparks auf den Flächen der Lausitzer Braunkohletagebaue zu errichten. (4)

Zahlen & Fakten


Europa
Im Jahr 2019 erwartet der Verband Solar Power Europe ein Wachstum von über 80 Prozent auf 20 400 Megawatt und für 2020 von 18 Prozent auf 24 100 Megawatt. Die Ende 2018 installierte Gesamtkapazität in Deutschland beziffert er auf 45 920 Megawatt.
Der Anteil der Solarenergie im Strommix der EU von aktuell vier Prozent könnte bis 2030 auf 20 Prozent steigen - vorausgesetzt, der Ausbau von Batteriespeichern und Hybridkraftwerke, die Fotovoltaik, Windkraft und Speicher miteinander kombinieren, kommen voran. Die Zahl der Beschäftigten in der europäischen Solarbranche wird dann laut Berechnungen des Verbandes Solarpower Europe 300 000 erreichen. (5), (13)

Weltweit
Weltweit sind im Jahr 2018 Solaranlagen mit einer Leistung von insgesamt 102 400 Megawatt ans Netz gegangen. Damit lag der Zubau um vier Prozent über dem Vorjahreswert. Der Ausbau soll mit Tempo weiterlaufen, auch wenn die Forscher unterschiedliche Zahlen in Aussicht stellen. Solar Power Europe erwartet für das laufende Jahr ein Marktwachstum von 25 Prozent, was etwa 128 000 Megawatt neuer Solarleistung entspricht. Beim Fünf-Jahres-Ausblick geht der Verband davon aus, dass die weltweiten Solarstromerzeugungskapazitäten um fast 800 000 Megawatt zunehmen und 2023 eine Gesamtkapazität von 1,3 Millionen Megawatt erreichen werden. (13)


Weiterführende Literatur:

(1.) Solarbranche strotzt vor Zuversicht
aus energate vom 15.05.2019

(2.) Branche schwelgt in der Sonne
aus ZfK - Zeitung für kommunale Wirtschaft, Heft 06/2019, S. 14

(3.) Solar-Preissturz kommt nicht bei allen Kleinanlagen an
aus energate vom 11.07.2019

(4.) Gedeckelte Sonnenkraft
aus neue energie - das magazin für klimaschutz und erneuerbare energien Heft 5/2019 S. 70-72

(5.) Mehr Solarzubau in Europa erwartet
aus energate vom 03.05.2019

(6.) Solarwirtschaft kritisiert Mieterstromgesetz
aus www.powernews.org Meldung vom 25.07.2019 - 15:33

(7.) 2019 wird das Jahr der europäischen Solarbranche
aus www.powernews.org Meldung vom 25.07.2019 - 15:33

(8.) Das Mekka der Solarbranche. In diesem Jahr findet die Intersolar Europe vom 15. - 17.5. statt - hier die Brachentrends
aus IKZP ENERGY Heft 4/2019 S. 8-10

(9.) Trendwende beim Solarthermie-Zubau
aus energate vom 24.05.2019

(10.) Weniger neue Solarthermieanlagen 2018
aus energate vom 21.02.2019

(11.) Juwi drängt zurück in den deutschen Solarmarkt
aus energate vom 20.05.2019

(12.) Große ostdeutsche Projekte dominieren Solarausschreibung
aus energate vom 19.06.2019

(13.)Weltweiter Solarzubau knackt 100.000-MW-Marke
aus energate Energie News vom 14.05.2019

Anja Schneider

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 08 vom 26.08.2019
Dokument-ID: s_ene_20190826

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