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Obst - die Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher haben sich geändert

LEBENSMITTEL | GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 06.02.2017


Einkaufsgewohnheiten in Bezug auf Obst ändern sich

Die privaten Haushalte in Deutschland gaben 2013 im Schnitt monatlich 300 Euro für Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke und Tabakwaren aus. Das geht aus den aktuellsten Daten des Statistischen Bundesamts hervor. Obst liegt mit monatlichen Ausgaben von 23 Euro auf Rang sechs bei den Nahrungsausgaben. Doch bei Bananen, Äpfeln und Co lässt sich eine bedenkliche Entwicklung feststellen, das Budget für Obst ist weniger stark gestiegen als der Preis. Denn während die Obstausgaben um 15 Prozent zugelegt haben, sind die Preise um durchschnittlich 37 Prozent gestiegen. Das heißt, dass die Verbraucher entweder weniger Obst essen oder auf billigere Produkte umgestiegen sind. Diese Entwicklung lässt sich auch bei anderen Nahrungsmittelsegmenten feststellen. Dass es auch anders geht, zeigen Gemüse und Kartoffeln. Hier erhöhten sich die durchschnittlichen Ausgaben um 26 Prozent auf monatlich 29 Euro, die Preise dagegen zogen nur um knapp 20 Prozent an.

Fleisch bleibt übrigens mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 87 Kilogramm im Jahr das beliebteste Lebensmittel. Hier ist ein Rückgang von einem Kilogramm seit 2001 festzustellen. Auch bei den monatlichen Ausgaben liegen Fleisch und Fleischwaren mit 50 Euro auf Platz eins. (1), (2), [Abb. 1]


Deutschlands Rolle als Drehscheibe für den internationalen Fruchthandel ist gefährdet

Deutschland ist nicht nur ein großer Verbraucher von Obst, es ist auch eine Drehscheibe für den internationalen Obsthandel. 2014 wurden fast fünf Millionen Tonnen Obst eingeführt, wobei rund 60 Prozent der Importe aus der EU kommt, 40 Prozent aus Nicht-EU-Ländern. Nicht die gesamte eingeführte Ware wird hierzulande auch verbraucht. Ein Beispiel sind Bananen, von denen jeder deutsche Haushalt laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) durchschnittlich 15,6 Kilogramm pro Jahr verzehrt. Dies summiert sich auf rund 1,1 Millionen Tonnen Bananen. Ein Teil der unter anderem aus Latein- und Mittelamerika importierten Ware wird jedoch auch wieder ausgeführt, insbesondere nach Dänemark, Polen und Tschechien.

Aber Deutschlands Rolle im internationalen Fruchthandel scheint in Gefahr zu sein. So bereitet dem Deutschen Fruchthandelsverband (DFHV) der mangelhafte Zugang zu den südasiatischen Exportmärkten Sorge. Doch nicht nur ungenügende Ausfuhrchancen machen den deutschen Händlern zu schaffen, auch der Obstimport sieht unsicheren Zeiten entgegen. Dies jedenfalls geht aus einer Studie der Universität Göttingen hervor. Darin wird unter anderem untersucht, inwieweit eine veränderte Nachfrage auf den Weltmärkten eine Verlagerung der Handelsströme nach sich ziehen kann. Demnach ist die nach Europa eingeführte Frischobstmenge seit 2008 gesunken, wenn auch nur geringfügig. Deswegen suchen sich viele Exporteure neue Absatzmärkte, die sie auch in aufstrebenden Schwellenländern finden. Diese haben ihre Importmenge erhöht, was im Zeitraum von 2002 bis 2013 vor allem auf Russland und China zutrifft. Aber auch Länder wie Kenia, Nigeria, Mexiko, Brasilien und Kolumbien sind verstärkt als Nachfrager aufgetreten.

Zudem erörtert die Studie die Folgen von nationalen Alleingängen bei der Verschärfung von Qualitätsstandards. Die Einhaltung des europäischen Lebensmittelrechts und eine GlobalGAP-Zertifizierung stellen für die befragten Unternehmen in der Regel keine größeren Probleme dar. Doch kritisch wird eine Entwicklung in Deutschland beobachtet. So haben vor allem hiesige Lebensmitteleinzelhändler in den letzten Jahren häufig eine Absenkung der Grenzwerte für Rückstände, etwa von Pflanzenschutzmitteln, unter denen von internationalen Standards verlangt. Dies veranlasste bereits Exporteure, die Zusammenarbeit mit einzelnen Märkten und Kunden zu beenden. Denn angesichts der niedrigen Preise im deutschen Markt lässt sich diese Forderung nur schwer erfüllen.

Zusammenfassend kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Europa trotz der beschriebenen Entwicklungen ein wichtiger Markt für Obst bleiben wird. Gründe sind langjährige Lieferbeziehungen, hohe Kaufkraft, eine gute Infrastruktur und hohe Rechtssicherheit. Allerdings könnte sich die hierzulande angebotene Obstvielfalt reduzieren, da die Zahl der für den europäischen Markt angebauten Sorten verringert werden könnte. (3), (4), (5)


Exportquote der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie sinkt

Auch die deutsche obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitende Industrie setzt zunehmend auf den Export, hat mit dieser Strategie jedoch Schwierigkeiten. Denn 2015 sank die Exportquote am Branchenumsatz von 17,8 auf 17,4 Prozent. Hauptursache für diese negative Entwicklung ist laut dem Branchenverband BOGK der schwächelnde Export in die Europäische Union, auf die im Schnitt 79 Prozent der Ausfuhren entfallen.

Dennoch erhöhte die deutsche obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitende Industrie laut BOGK 2015 den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 300 Millionen Euro auf sieben Milliarden Euro. Doch das Plus war allein den Obst- und Gemüseverarbeitern zu verdanken, die ihre Erlöse auf 5,2 Milliarden Euro erhöhten. Hierbei war das Wachstum allerdings nur den Preisen zu verdanken, der Absatz stagnierte. Der Umsatz der Kartoffelverarbeiter blieb mit 1,8 Milliarden Euro auf dem Niveau der beiden Vorjahre. (6)


Übernahmen führen zu einer weiteren Konzentration im internationalen Obstmarkt

Auf dem internationalen Obstmarkt beschleunigt sich die Konzentration. So hat Capespan das Engagement in Asien ausgebaut. Der südafrikanische Obstvermarkter beteiligte sich mit 35 Prozent an der indischen Yupaa Group. In Asien ist Capespan bereits mit Metspan Hongkong, Capespan Japan und der Chinese Group Golden Wing Mau präsent. Auch europäische Unternehmen machen mit. Der irische Obsthändler Total Produce erwarb für 36 Millionen Dollar die Mehrheit von Progressive Produce in Los Angeles, die für 200 Millionen Dollar Umsatz steht.

Nun bahnt sich ein Riesendeal an. Der japanische Mischkonzern Sumitomo, der unter anderem in den Bereichen Chemie, Pharmazie, Schwerindustrie, Maschinenbau, Finanzwesen, Handel und Bergbau präsent ist, will die irische Fyffes Plc übernehmen. Das Unternehmen ist Europas größter Obstvermarkter. In Deutschland beispielweise verfügt Fyffes im Bananengeschäft über einen Marktanteil von gut 15 Prozent. Zusätzlich verstärkt wird das Geschäft in Deutschland über Allianzen mit Schlüsselunternehmen wie Gemüsering, Inter-Weichert und Fruchtimport van Wylick. Sumitomo will für Fyffes, das bei einem Jahresumsatz von rund 1,2 Milliarden Euro seit Jahrzehnten profitabel ist, insgesamt 750 Millionen Euro zahlen. Zuvor hat Fyffes sein eigenes Geschäft gestärkt, für 145 Millionen Euro wurden zwei führende kanadische Pilzproduzenten übernommen. (7), (8)





Fallbeispiele


Edeka: will mehr Bananen reifen lassen

Edeka investiert rund sieben Millionen Euro in eine neue Bananenreiferei im sächsischen Borna. In der Anlage mit 38 Reifekammern, die im dritten Quartal 2017 in Betrieb gehen soll, sollen jährlich 2,6 Millionen Bananenkartons gereift werden. Die Ware soll an Edeka und die Discounttochter Netto in den neuen Bundesländern geliefert werden.

Edeka verfügt bereits über Bananenreifereien in Hamburg, Roisdorf und Urbach. Betreiber der Anlagen ist die Edeka Fruchtreiferei, eine Tochter der Edeka-Zentrale in Hamburg. Edeka Fruchtkontor, die in der Genossenschaft für das Obst- und Gemüsegeschäft verantwortlich ist, ist mit einem Umschlag von jährlich 2,3 Millionen Tonnen ein Riese in diesem Bereich. (9)


Baywa: Obstgeschäft sorgt für mehr Gewinn

Der Umsatz von Baywa reduzierte sich 2015 um 1,8 Prozent auf 14,93 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) dagegen stieg um rund vier Prozent auf 158 Millionen Euro. Ein Grund für das Gewinnwachstum ist nach Baywa-Angaben neben dem Energiegeschäft der Obsthandel. In diesem Segment hat der Agrarhandels- und Dienstleistungskonzerns bei stabilen Erlösen von 567 Millionen Euro das Ebit um 31 Prozent auf 27 Millionen Euro gesteigert. Auch in Zukunft erwartet Baywa eine positive Entwicklung des internationalen Obstgeschäfts, das zudem auf Großbritannien und andere europäische Länder ausgeweitet werden soll. (10)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Obst liegt im Mittelfeld

Entnommen aus: Rundschau für den Lebensmittelhandel, 12/2016, S. 14, (1)

Weiterführende Literatur:

(1.) Die privaten Haushalte in Deutschland gaben 2013
aus Rundschau für den Lebensmittelhandel Nr. 12 vom 01.12.2016 Seite 14

(2.) Wie gesund leben wir?
aus gv praxis Nr. 12 vom 05.12.2016 Seite 003

(3.) An der Banane führt kein Weg vorbei
aus Rundschau für den Lebensmittelhandel Nr. 09 vom 01.09.2016 Seite 34

(4.) Fruchthandel vor großen Herausforderungen
aus Lebensmittel Zeitung 24 vom 17.06.2016 Seite 016

(5.) Internationaler Obsthandel im Wandel
aus Lebensmittel Zeitung 4 vom 29.01.2016 Seite 064

(6.) Obst- und Gemüseverarbeiter steigern Umsatz
aus Lebensmittel Zeitung 36 vom 09.09.2016 Seite 018

(7.) Fruchtmultis kaufen weltweit zu
aus Lebensmittel Zeitung 5 vom 05.02.2016 Seite 022

(8.) Mischkonzern schnappt sich Fruchtriesen Fyffes
aus Lebensmittel Zeitung 50 vom 16.12.2016 Seite 018

(9.) Edeka baut Bananenreiferei
aus Lebensmittel Zeitung 44 vom 04.11.2016 Seite 022

(10.) Obsthandel freut Baywa
aus Lebensmittel Zeitung 14 vom 08.04.2016 Seite 022

Markus Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 06.02.2017
Dokument-ID: s_leb_20170206

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