Zum 1. August 2014 wird die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft treten. Die Bundesländer haben ihre Bedenken zurückgestellt, Bundestag und Bundesrat grünes Licht für die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegte Reform gegeben, bei den Streitpunkten zwischen EU-Kommission und deutscher Bundesregierung wurden Kompromisse gefunden.
Strittig waren zum einen die Regelungen zum Eigenverbrauch. Im Ergebnis bleibt es jetzt bei den Regelungen, wie sie vorgesehen waren. Demnach steigt die EEG-Belastung für den Eigenverbrauch aus neuen KWK-Anlagen bis 2017 stufenweise auf 40 Prozent an. Mit Inkrafttreten der Novelle am 1. August müssen die Anlagenbetreiber 30 Prozent EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch entrichten, ab 2016 dann 35 Prozent und 2017 sind es 40 Prozent. Beim zweiten Streitpunkt, der EEG-Förderung für importierten Ökostrom, verpflichtet sich die deutsche Bundesregierung ausländischen Anbietern die Tür zu öffnen. (1), (2), (3), (13)
Das neue Gesetz soll den Ökostromausbau besser steuern und die Förderkosten weniger stark ansteigen lassen als in den vergangenen Jahren. Dazu legt es für die wesentlichen regenerativen Energien konkrete Ausbaupfade fest und kürzt die Förderung umso stärker, je schneller der Ausbau vorangeht. Die Ausbaumengen für Windkraft an Land, für Solarenergie und Bioenergie werden reduziert und in Korridoren festgelegt, die Ziele für den Ausbau der Offshore-Windkraft gesenkt. Die Förderungen für Wind- und Solarstrom, für Wasserkraft und Geothermie werden sinken. (4)
Die Kritiker des Gesetzes sind nicht verstummt. Die Industrieverbände, allen voran der Elektroindustrieverband ZVEI, der Bundesverband Solarwirtschaft und die Energiegenossenschaften sind unzufrieden. Die Reform führe zu weniger Investitionen, belaste Eigenstromerzeuger, begünstige die Industrie und hemme die Energiewende. Auch die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte in Deutschland sieht den bisherigen Fortschritt der Energiewende und die aktuelle EEG-Reform kritisch. (5), (6), (14)
Die Ökostrombranche erhofft sich von dieser EEG-Reform keine nennenswerten Impulse. Vor drei Jahren bescherte den Ökostromanbietern das Unglück des japanischen Atomkraftwerks Fukushima einen kräftigen Zulauf an Kunden. Doch inzwischen stagniert der Markt. Die Börsenstrompreise sind gesunken. Die Grünstromanbieter mussten die Verkaufspreise senken. Das Wachstum fällt schwer, die Neukundengewinnung ist kein Selbstläufer, die Wechselbereitschaft der Stromverbraucher ist gering. Sie gehen offenbar davon aus, dass mit dem anstehenden Atomausstieg der Strom ohnehin grün wird. Außerdem ist die Bereitschaft, für grünen Strom tiefer in den Geldbeutel zu greifen, geschmolzen. Für den Stromverbraucher zählt der günstige Preis. Prompt finden sich unter den Top 10 der Grünstromanbieter drei Discounter, nämlich ExtraEnergie, eprimo (RWE-Tochter) und Stromio; sie haben die meisten Privatkunden. Dies ermittelte die zehnte E&M Ökostromumfrage.
ExtraEnergie gehören die meisten der 5,75 Millionen Privathaushalte, die im vergangenen Jahr Ökostrom bezogen. Gemessen an den bundesweit etwa 40 Millionen Haushalten wird damit jeder siebte mit einem Ökostromprodukt versorgt. Im Vergleich zu 2012 bedeutet das ein Plus von rund 16 Prozent, was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass ExtraEnergie erstmals an der E&M-Umfrage teilgenommen hat und mit über einer Million Privatkunden natürlich ins Gewicht fällt. Zu den drei führenden Anbietern im Ökostrommarkt zählen ExtraEnergie, Lichtblick und Entega. Etwas mehr als 240 000 Gewerbebetriebe beziehen Ökostrom.
Die Ökostrombranche ist unzufrieden mit dem aktuellen Stand der Handhabung des Herkunftsnachweisregisters und kritisiert die in der aktuellen EEG-Reform verankerte Belastung der Eigenstromerzeugung und die Belastung von Mieterstromprojekten mit der EEG-Umlage.
Eine gravierende Trendwende erwarten die Ökostromanbieter in diesem Jahr nicht: nur 22 Prozent der an der Umfrage teilgenommenen Anbieter haben angegeben, in diesem Jahr einen Kundenzuwachs zu erwarten, 25 Prozent sind es für das kommende Jahr. Dagegen erwarten 35 Prozent der Unternehmen, die geantwortet haben, eine Verringerung ihres Grünstromkundenstammes, 30 Prozent gehen von stagnierenden Kunden- und Absatzzahlen aus. (7), (8), (9), (10)
Ökostromanbieter Lichtblick setzt angesichts schwieriger Neukundengewinnung auf Unternehmensübernahmen. Durch die Integration der Kunden der kürzlich übernommenen Secura GmbH rückt das ersehnte Ziel von 500 000 Kunden in greifbare Nähe. LichtBlick senkte im Frühjahr 2014 die Preise, sieht geschäftliche Chancen im Berliner Mieterstromprojekt und im neuen Geschäftsfeld SchwarmEnergie und hofft auf neue Kunden bei den Fußballfans des FC St. Pauli, Borussia Dortmund und FC Bayern. (9)
Der südwestdeutsche Regionalversorger Energiedienst mit seiner Marke NaturEnergie zählt seit Jahren bundesweit zu den erfolgreichsten Grünstromanbietern. Der Ökostromanbieter, an dem die Energie Baden-Württemberg beteiligt ist, setzt vor allem auf Wasserkraftwerke. Unter den regionalen und überregionalen Kunden sind etwa 270 000 Privat- und Gewerbekunden, rund 1 200 größere Geschäftskunden sowie 43 Stadtwerke als Weiterverteiler. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz der Gruppe erstmals über einer Milliarde Euro, allerdings bei verschlechtertem Unternehmensergebnis. (8)
Auch RWE sieht angesichts sinkender Ergebnisse in der klassischen Stromerzeugung die Zukunft im Ökostromsegment. Seine Ökostromtochter Innogy soll auf mittlere Sicht zehn bis 15 Prozent des RWE-Betriebsergebnisses beisteuern. (12)
In Bayern werden derzeit viele Windanlagen gebaut. Denn: Windkraftanlagen, die vor dem 23. Januar 2014 genehmigt worden sind und vor dem 1. Januar 2015 in Betrieb gehen, erhalten noch die höheren Vergütungssätze aus dem EEG 2012. Das novellierte EEG sieht dagegen vor, dass der Einspeisepreis von 2016 an um 0,4 Prozent pro Quartal gesenkt wird. Dem Bauboom ein Ende bereiten könnte dann das Gesetz zur Abstandregelung, die 10-H-Regelung, die im November 2014 in Kraft treten könnte. Im Jahr 2013 gingen insgesamt 98 Windkraftanlagen bayernweit in Betrieb; das waren so viele wie nie zuvor. Weitere 204 Anlagen erhielten 2013 eine bau- und immissionsschutzrechtliche Genehmigung. (15)
Quelle: | GENIOS BranchenWissen Nr. 07 vom 29.07.2014 |
Dokumentnummer: | s_ene_20140729 |