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Goldene Zukunft für Mehrwegtransportbehälter für Lebensmittel

LEBENSMITTEL | GENIOS BranchenWissen Nr. 06 vom 18.06.2010


Bis zu eine Milliarde Einwegverpackungen werden ersetzt

Europaweit ist der Markt für Transportverpackungen in Bewegung. Die Anzahl der eingesetzten Mehrwegbehälter wächst ständig. Bei Frischeprodukten steigt der Mehrweganteil über alle Teilbereiche hinweg an. Befanden sich vor zwei Jahren etwa 250 Millionen Mehrwegtransportverpackungen für Obst- und Gemüse im Markt, sind es jetzt 290 Millionen. Bis 2015 soll sich der Bestand auf 340 Millionen erhöhen. Bei Fleisch und Wurst soll sich die Zahl der Mehrwegbehälter von derzeit 300 Millionen auf 400 Millionen in 2015 erhöhen. Am schnellsten breiten sich Brotkisten aus, von denen aktuell 400 Millionen Stück im Einsatz sind - das sind etwa 100 Millionen mehr als 2008. Bis 2015 sollen 600 Millionen dieser Boxen im Markt sein. Geht man davon aus, dass jeder Behälter acht- bis zwölfmal pro Jahr eingesetzt wird, werden Mehrwegbehälter bis 2015 etwa 500 Millionen bis eine Milliarde Einwegverpackungen ersetzen.
Dieses Wachstum wirkt sich natürlich auch auf die Marktanteile aus. Heute liegt der Anteil von Mehrwegbehältern in Europa über alle Branchen und Handelsstufen hinweg betrachtet bei etwa 25 Prozent am gesamten Aufkommen der Transportverpackungen. Bis 2013 dürfte dieser Wert sich auf 35 Prozent erhöhen.
Wie sieht die Entwicklung in den einzelnen Frischesegmenten aus?
Der Anteil der Mehrwegkisten soll bei Fleisch- und Wurstwaren von 60 Prozent in 2008 auf 80 Prozent in 2013 ansteigen, bei Brot- und Backwaren von 40 Prozent auf 60 Prozent, bei Obst und Gemüse von 35 Prozent auf 41 Prozent. (1), (2), (3), [Abb. 1], [Abb. 2], [Abb. 3], [Abb. 4]


Discounter sind treibende Kraft für das Wachstum bei Mehrwegbehältern

Das Wachstum bei den Mehrwegbehältern ist vor allem dem Einstieg der Discounter geschuldet, die sich Kosteneinsparungen erhoffen. Bisher setzen die Discounter in Europa bislang überwiegend Kartonverpackungen im Frischebereich ein. Trends und Tests zeigen jedoch, dass kurzfristig große Mengen an Klappkisten eingesetzt werden könnten. Ein Vorreiter ist Aldi Süd (siehe Fallbeispiel). Es wird damit gerechnet, dass auch die Aldi-Konkurrenten sich von Einweg verabschieden. Allein in Deutschland - mit einem Marktanteil der Discounter von rund 50 Prozent im Bereich Obst und Gemüse sowie einem Anteil von fast 50 Prozent bei vorverpacktem Fleisch - bedeutet dies ein Volumen von 50 bis 100 Millionen zusätzlichen Behältern, die zu Lasten von Karton eingesetzt werden können. Bei Fleisch und Brot stellt sich die Entwicklung etwas anders dar. In diesem Segment wird ein Teil des Behälterwachstums aus der Substitution alter Behälter durch neue technische Entwicklungen wie Klapp- oder Faltboxen stattfinden. (1), (2), (3)


Vorteile der Mehrwegtransportverpackungen

Weniger Bruch, ein besseres Handling bei der Kommissionierung und eine erhöhte Auslastung der Lastkraftwagen durch die Stapelbarkeit der Standard-Boxen sind die wichtigsten Vorteile der Mehrwegtransportbehälter. Der Warenträger ist damit eine nicht zu unterschätzende Stellschraube für den Erfolg in der Logistik. Mit standardisierten Mehrwegtransportverpackungen lässt sich eine Lieferkette effektiver organisieren. Kosteneinsparungen von bis zu zehn Prozent der Gesamtprozesskosten sind so möglich. (4)


Gefahren durch Behälter ohne Herkunftsnachweis

Angesichts der steigenden Menge an Mehrwegtransportbehältern im Frischebereich wachsen auch die Gefahren. So sind im Frischfleischbereich, in dem IFS/HACCP-Standard und Hygiene-Richtlinien zu beachten sind, Behälter aus Recyclingmaterial und teilweise ohne Herkunftsnachweis unterwegs. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Behälter ist nicht frei von Schwermetallen und es besteht so die Gefahr, dass die Lebensmittel damit kontaminiert werden. Ein Prüfsystem, das hier Alarm schlägt, gibt es nicht. Die Verantwortlichen auf der Beschaffungsseite müssen sich darüber klar werden, dass solche Behälter nur am Anfang billig sind. Später könnten sie sehr teuer werden.
Wie sieht es mit dem Verlustrisiko aus, da Mehrwegkisten gerne zweckentfremdet werden? Die Gefahr scheint gering, da in einem geschlossenen Kreislauf zwischen dem Händler und seinen ausgewählten Lieferanten der Schwund kontrollierbar ist. (2), (5)


Kostenfaktor Verpackung gewinnt Bedeutung

Bei diesen Größenordnungen gewinnt der Kostenfaktor Verpackung auch im Frischebereich zunehmend an Bedeutung. Logistische Erfordernisse bei der Verpackungsauswahl werden immer stärker berücksichtigt, um mögliche Ineffizienzen mit zum Teil erheblichen Auswirkungen auf die Bruchquote in der gesamten Supply-Chain von vornherein zu eliminieren. Es gilt auch, durch eine möglichst lange Nutzungsdauer der wieder verwendbaren Transportverpackungen die höheren Beschaffungskosten, die Kosten für den zusätzlichen Rücktransport und die Kosten für die Rekonditionierung wieder einzuspielen. Insgesamt führt die Zunahme des Verkehrs zu einer effizienteren Nutzung des zur Verfügung stehenden Transportraumes. (3)





Fallbeispiele

In den folgenden Fallbeispielen soll das Thema Mehrwegbehälter von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Zum einen wird die Handelseite anhand des Discounters Aldi Süd dargestellt, zum anderen am Beispiel Surplus die Seite der Anbieter von Mehrwegbehältern. Ein Fallbeispiel aus dem Ausland rundet das Thema ab.


Aldi Süd

Aldi Süd setzt auf ein geschlossenes Kreislaufsystem mit eigenen Obst- und Gemüse-Boxen. Der Discounter geht dabei einen Sonderweg: Er schafft die Kisten selber an und lässt sie von einem Dienstleister waschen und rückführen. Lieferant ist die Firma Walther, mit der Aldi Süd gemeinsam eine neue Verpackungslösung entwickelt hat. Die Kiste hat einen neuartigen Hebelmechanismus, der ein einfaches Aufrichten und Zusammenklappen ermöglicht. Es gibt die Kisten in einem einheitlichen Grundmaß und zwei verschiedenen Höhen. Dienstleister ist die Interseroh Pool-System GmbH. Die Firma koordiniert die Lieferung der Leerbehälter an die Obst- und Gemüseerzeuger in Europa und ist für die Rückführung der Leerbehälter sowie die Reinigung in Interseroh-Waschdepots zuständig.
Mit der neuen Standard-Klappbox kann das Handelsunternehmen beim Rücktransport viel Platz sparen und das Ladevolumen von Fahrzeugen besser auslasten. Der Discounter nutzt sie entlang der kompletten Lieferkette - vom Erzeuger bis in die Verkaufsstellen. In welchem Umfang bei Aldi Süd Einweg durch Mehrweg ersetzen wird, ist jedoch nicht bekannt.
Durch den Einsatz der Mehrwegbehälter erwartet der Discounter offenbar Kosten- und Effizienzvorteile gegenüber Kartonagen. Aldi verweist aber auch darauf, dass man mit der Umstellung einen Beitrag zur Schonung der Umwelt leiste. Auch bei den Kunden scheint die auberginefarbene Aldi-Box gut anzukommen. (1), (2), (6)


Surplus

Surplus Systems ist seit Sommer 2009 mit einer kleinen, klappbaren Plastikkiste am Markt, in der Obst und Gemüse verkauft wird. Sie ist eine Verpackungsalternative für lose Ware, ersetzt den Plastikbeutel oder die Holzkiste. Bisher boten Edeka, Netto, Tengelmann, Billa und Spar Österreich darin unter anderem Clementinen, Kirschen und Aprikosen im Rahmen von Aktionsverkäufen an.
Bisher wird diese vom Handel als attraktiv eingestufte Verpackung mit Mehrwert für den Kunden erprobt. Sie verbleibt beim Käufer und kann Werkzeug, Spielsachen oder CDs aufnehmen. Gedacht ist sie darüber hinaus auch als Mehrwegverpackung (mit Pfand), die im Markt zurückgegeben wird. Doch diese Möglichkeit nutzt der Handel bisher kaum. Potenzial für die Mehrwegkiste sieht Surplus auch bei Kleinstmärkten wie Tankstellenshops.
Surplus hat auch die Minikiste im Box-in-Box-System im Portfolio. In eine Standardmehrwegkiste passen vier kleine Boxen. Das System sorgt damit für eine bessere logistische Auslastung der Systeme beim Transport in den Markt sowie eine übersichtliche und ansprechende Präsentation der Ware. (2), (7)


Rewe Österreich

Rewe Österreich will bis November 2011 alle bisherigen Lebensmittelkisten durch einheitliche Eurocrate-Klappkisten von Container Centralen ersetzen. Die unter Rewe International AG firmierende Landesgesellschaft will die Mehrwegtransportverpackungen vor allem bei Obst und Gemüse einsetzen und in einem eigenen Pool verwalten. Eurocrates benötigen zusammengeklappt nur ein Achtel des Platzes von festen Kisten. Das soll zu jährlich 1,5 Millionen weniger Lkw-Kilometern und einem dadurch um 1,4 Millionen Kilogramm reduzierten CO2-Ausstoß führen. (8)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Gute Prognose - Kistenbestände in Europa
20092015
Nutzung von Mehrweg-
Transport-Verpackungen
Lebensmittelartin Millionen Stück
Obst und Gemüse290340
Fleisch und Wurst300400
Brot und Backwaren400600

Quelle: EKUPAC Entnommen aus: Lebensmittel-Zeitung, 05/2010, S. 38, (2)
Abbildung 2: Entwicklung der Transportverpackung

Quelle: EKUPAC Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 05/2009, S. 71, (3)
Abbildung 3: Entwicklung der Transportverpackung

Quelle: EKUPAC Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 05/2009, S. 71, (3)
Abbildung 4: Entwicklung der Transportverpackung

Quelle: EKUPAC Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 05/2009, S. 71, (3)

Weiterführende Literatur:

(1.) Mehrweg bricht sich Bahn
aus Lebensmittel Zeitung 18 vom 07.05.2010 Seite 053

(2.) Individuelle Frischeboxen auf dem Vormarsch
aus Lebensmittel Zeitung 05 vom 05.02.2010 Seite 038

(3.) Frische aus der Mehrwegkiste
aus Lebensmittel Zeitung 05 vom 30.01.2009 Seite 071

(4.) Aldi sorgt für Bewegung im Markt
aus Lebensmittel Zeitung 06 vom 12.02.2010 Seite 034

(5.) Aldi will eigene Obstkiste packen
aus Lebensmittel Zeitung 29 vom 17.07.2009 Seite 037

(6.) Aldi packt Paprika in eigene Box
aus Lebensmittel Zeitung 20 vom 21.05.2010 Seite 037

(7.) Mini-Kiste mit Mehrwert aktionsweise im LEH
aus Lebensmittel Zeitung 06 vom 12.02.2010 Seite 043

(8.) Rewe Austria packt Obst in Klappkisten
aus Lebensmittel Zeitung 28 vom 10.07.2009 Seite 037

M.Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 06 vom 18.06.2010
Dokument-ID: s_leb_20100618

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