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Gas - Power to Gas

ENERGIE & ROHSTOFFE | GENIOS BranchenWissen Nr. 01 vom 22.01.2019


Deutscher Energiemix etwas weniger fossil

Erdgas ist der zweitwichtigste Energieträger im deutschen Energiemix. Zwar legen die erneuerbaren Energien zu, doch noch basiert unsere Energiewirtschaft auf den fossilen Energiequellen Mineralöl (34,1 Prozent) und Erdgas (23,5 Prozent). Im abgelaufenen Jahr 2018 verbrauchten die Deutschen weniger Erdgas (minus 7,3 Prozent). Dafür sorgten die hohen Temperaturen, das Wachstum der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die Preisentwicklung. Etwa die Hälfte des deutschen Erdgasbedarfs wird aus Russland geliefert.
Insgesamt sank der Energieverbrauch in Deutschland zuletzt deutlich um fünf Prozent und lag nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang der 1970 Jahre. Die Erneuerbaren legten als einziger Energieträger im Primärverbrauch zu (plus 2,1 Prozent), erreichen mittlerweile mit einem Anteil von 14 Prozent den dritten Rang und lassen die Braunkohle (11,5 Prozent), die Steinkohle (10,1 Prozent) und die Kernenergie (6,4 Prozent) immer deutlicher hinter sich. [Abb. 1], (1)


Dekarbonisierung mithilfe von Erdgas

Die Erdgasbranche sieht sich in der Energiewende als unverzichtbarer Partner der erneuerbaren Energien. Die verschärften EU-Klimaziele für das Jahr 2030 steigern die Bedeutung der Gasverstromung. Erdgas könne eine wichtige Rolle in der stabilen Stromerzeugung werden und in die Bresche springen, wann auch immer Schwankungen in der grünen Stromerzeugung dies nötig machten. Dazu sei die Sektorkopplung ganz wichtig. Die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung müsse ausgebaut und die Sektoren Strom und Wärme gilt es intelligent zu koppeln. Im Verkehr könne Erdgas einen größeren Beitrag zur Dekarbonisierung leisten. Bei der Verbrennung von Erdgas entsteht bis zu ein Viertel weniger Kohlendioxid als bei Kohle oder Erdöl. Das liegt daran, dass das Wasserstoff-zu-Kohlenstoff-Verhältnis höher ist. Zieht man jedoch die Methanaustritte mit ins Umweltkalkül, so ist der Energieträger deutlich kritischer zu betrachten, da Methan sehr viel länger in der Atmosphäre verweilt. Forscher arbeiten daran, das Kohlendioxid bei der Verbrennung von Erdgas ganz zu vermeiden. Beim Verfahren der Methanpyrolyse erzeugt ein Flüssigmetallreaktor Wasserstoff aus Erdgas. Statt Kohlendioxid freizusetzen, entsteht fester Kohlenstoff, der wiederum von der Industrie genutzt werden kann. (2), (3)


Wo bleibt Power-to-X?

Heute werden viele Tausend Gigawattstunden Strom gar nicht erzeugt, weil er nicht sofort benötigt wird und nicht gespeichert werden kann. Oder der Strom wird erzeugt, aber ins Ausland verkauft - oft billigst, nahezu verschenkt. Der Transport und die Speicherung von Energie stellen nach wie vor die Herausforderung für die zukünftige Energieversorgung dar. Große Lithium-Ionen-Speicher oder ähnliche Batterien sind sehr teuer. Power-to-Gas ist eine Lösung, um erzeugten Strom zu speichern. Freilich nicht direkt, sondern über einen Umweg. Man nutzt den Überschussstrom - etwa aus zu viel Windenergie - um Wasser in seine Einzelteile Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Beides sind Gase, man spricht daher von einer Power-to-X-Technologie. Der Wasserstoff ließe sich ins vorhandene Erdgasnetz einspeisen und bei Bedarf wieder nutzen, um beispielsweise Strom zu erzeugen. Die Erdgasinfrastruktur kann damit punkten, dass sie sehr flexibel ist. Man kann wochenlang mehr Gas einspeisen als verbraucht wird und umgekehrt. Zu berücksichtigen ist freilich, dass es derzeit noch Beschränkungen hinsichtlich des Wasserstoffanteils gibt. Er darf nicht höher sein als zwei Prozent. Diese Regel dürfte bald obsolet werden. Noch rechnet sich diese Technologie betriebswirtschaftlich nicht. Deutsche Gasbranche startet jetzt ein großes Power-to-Gas-Projekt. An Bord sind der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie, der Netzbetreiber Tennet und Thyssengas. Sie wollen Strom aus der Nordsee, der an der Küste in Umspannstationen von Tennet eintrifft, in Wasserstoff umwandeln, wenn zu viel Windstrom produziert wird. Im Jahr 2022 soll das Projekt starten. Ideen für die Weiterentwicklung des Projekts haben die Projektpartner genügend. Die Energieversorger Edis und Gasag starten ein Power-to-Gas-Projekt im brandenburgischen Ketzin. Kommt allmählich Schwung in das schon lange diskutierte Power-to-X-Szenario? (4), (5), (6)


Ein Blick nach Bayern

In Bayern sind derzeit noch zwei Kohlekraftwerke in Betrieb. Der neue Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) setzt sich für den Bau regionaler Gaskraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 4 000 Megawatt Leistung ein - ein Vorhaben, das umstritten ist. In Irsching bei Vohburg nahe Ingolstadt gibt es bereits die GuD-Anlagen Irsching 4 und 5. Trotz hoher Effizienz stehen beide seit Jahren als Netzreserve zur Verfügung. Sie rechnen sich nicht, verursachen den Betreibern Uniper, Mainova und N-ERGIE jährliche Verluste in zweistelliger Millionenhöhe. Der neue Block 6 wäre nur als Sicherheitspuffer für besondere Ereignisse vorgesehen, wenn größere Anlagen ausfallen und die Netzsicherheit gefährdet wäre.
Der Gemeinderat von Unterföhring bei München lehnte kürzlich den Bau des Gaskraftwerkes, das die Stadtwerke München dort bauen wollten, einstimmig ab. Es sei nicht klar, ob das neue Kraftwerk den Steinkohlemeiler, der Ende 2022 abgeschaltet werden soll, tatsächlich ersetze oder die Bundesnetzagentur nicht sogar den Weiterbetrieb des Kohleblocks anordne. (7), (8), (9), (10)



Trends

LNG: Russland exportiert immer mehr Gas. Dazu wird der Pipelinetransport ausgebaut, beispielsweise über Turkish Stream, Nord Stream 2 und Kraft Sibiriens bis nach China. Darüber hinaus nimmt der Export von verflüssigtem Erdgas rasant zu, zuletzt um 70 Prozent. Auf der Halbinsel Jamal ist seit Ende 2017 ein neues Erdgasverflüssigungswerk in Betrieb. Die Lieferungen gehen per Schiff unter anderem nach China, Indien und Brasilien. Gazprom hat mittlerweile sogar ein schwimmendes LNG-Terminal für die staatliche Ostsee-Exklave Kaliningrad in Betrieb genommen. (11), (12)
CNG: Zum Jahresende 2018 gab es in Deutschland nur noch 854 Tankstellen mit komprimiertem Erdgas (CNG) im Kraftstoffangebot; zwölf Tankstellen wurden geschlossen, vier neu eröffnet. Es läuft ein Konsolidierungsprozess. Daneben können in Berlin, Hamburg und Ulm an drei Tankstellen Lastwagen und Busse mit verflüssigtem Erdgas (LNG) betankt werden. (13)



Fallbeispiele

Die Stadtwerke Dresden (Drewag) investieren rund 95 Millionen Euro in den Bau eines neuen Gasmotoren-Heizkraftwerks, einer Anlage mit acht Motoren und einer Gesamtleistung von 90 Megawatt. Das Gasmotoren-Heizkraftwerk in Dresden-Reick soll ab 2021 minutengenau Strom und gleichzeitig Fernwärme produzieren. (14)
Mit einer erneuten Aktion Raustauschwochen sollen auch 2019 die Bürger ermuntert werden, ihre veralteten Heizgeräte durch moderne Gasheizungen zu ersetzen. Unterstützend wirken ein Bonus von mindestens 200 Euro und Zuschüsse aus staatlichen Förderprogrammen. 2018 wurden bei der Aktion 7 280 alte Heizungsanlagen durch neue Geräte ersetzt, das waren 70 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Außerdem zog die Initiative Investitionen in Höhe von gut 66 Millionen Euro nach sich. (15)


Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Erdgas zweitwichtigster Energieträger im deutschen Energiemix

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen AGEB e.V. Entnommen aus: www.ag-energiebilanzen.de (1)

Weiterführende Literatur:

(1.)Erneuerbare werden drittwichtigster Energieträger
aus Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen AGEB e.V. Nr. PressedienstNr.05 vom 19.12.2018

(2.) Bayern setzt auf neue Gaskraftwerke
aus www.powernews.org Meldung vom 19.12.2018 - 16:40

(3.) Mit ERDGAS in die Zukunft: Gasbranche präsentiert innovative Technologien für mehr Klimaschutz
aus Erdöl Erdgas Kohle, Heft 12/2018, S. 463

(4.) Element Eins: Deutsche Gasbranche startet großes Power-to-Gas-Projekt
aus Edison online 17.01.2019 um 11:41:12 Uhr

(5.) Edis und Gasag starten Wasserstoff-Projekt in Ketzin
aus energate vom 15.01.2019

(6.) Power-to-X soll Energiesystem flexibilisieren
aus www.powernews.org Meldung vom 04.01.2019 - 15:31

(7.) Kamm: Noch keine Anzeichen für Energiewende 2.0 in Bayern
aus www.powernews.org Meldung vom 16.01.2019 - 10:51

(8.) Hasler: Irsching 6 klingt absurd, ist es auch
aus energate vom 14.01.2019

(9.) Unterföhring sagt Nein zu Gaskraftwerk
aus energate vom 15.01.2019

(10.) Unterföhring berät Münchener Kraftwerkspläne
aus energate vom 08.01.2019

(11.) Russlands Gasexport weiter auf Wachstumskurs
aus www.powernews.org Meldung vom 11.01.2019 - 12:26

(12.) Gazprom errichtet schwimmendes LNG-Terminal
aus energate vom 09.01.2019

(13.) Zahl der Erdgastankstellen weiter rückläufig
aus www.powernews.org Meldung vom 11.01.2019 - 13:22

(14.) Drewag vergibt Bauauftrag für Gaskraftwerk
aus energate vom 21.12.2018

(15.) Raustauschwochen: 7280 alte Heizungsanlagen durch neue Geräte ersetzt
aus IKZ HAUSTECHNIK Heft 1-2/2019 S. 8

Anja Schneider

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 01 vom 22.01.2019
Dokument-ID: s_ene_20190122

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