GENIOS BranchenWissen > LEBENSMITTEL
Logo GENIOS BranchenWissen

Fleisch - neuer Rekord dank gestiegener Schweinefleischproduktion

LEBENSMITTEL | GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 05.04.2016


Gestiegene Zahl der Schweineschlachtungen sorgt für neuen Rekord bei Fleischproduktion

2015 hatten die Fleischverarbeitungsbetriebe in Deutschland so viel zu tun wie noch nie zuvor. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) erhöhte sich die gesamte Fleischproduktion gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent auf 8,22 Millionen Tonnen. Damit wurde der bisherige Höchstwert von 2011 mit 8,20 Millionen Tonnen marginal übertroffen.

Das Plus war allein dem Schweinmarkt zu verdanken, der um 0,8 Prozent auf 5,56 Millionen Tonnen wuchs. Die Zahl der geschlachteten Schweine erhöhte sich um ebenfalls 0,8 Prozent auf 59,29 Millionen. Eine Überraschung ist, dass Geflügelfleisch sich das erste Mal seit 2006 negativ entwickelt hat. Die Produktion sank im Vergleich zu 2014 um 0,6 Prozent auf rund 1,52 Millionen Tonnen, wobei alle Geflügelarten betroffen waren. Reduziert hat sich auch die Rindfleischproduktion, nämlich um 0,9 Prozent auf knapp 1,13 Millionen Tonnen. Die Zahl der geschlachteten Tiere sank aufgrund des gestiegenen Schlachtgewichts sogar um 1,5 Prozent auf 3,52 Millionen. Ein Produktionsplus von 2,1 Prozent auf 20 200 Tonnen verzeichneten dagegen Schaf- und Lammfleisch.

Der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen sinkt seit Jahren kontinuierlich. Wurden 2011 im Durchschnitt noch 61,6 Kilogramm verzehrt, waren es 2015 noch 60,6 Kilogramm. Dabei ist laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) insbesondere die Nachfrage bei Schweinefleisch rückläufig. Wie kam der Zuwachs bei den Schweineschlachtungen im vergangenen Jahr zustande? Hierfür gibt es zwei Ursachen. Zum einen stieg der Export überproportional, zum anderen wurde weniger Fleisch nach Deutschland eingeführt. (1), (2), (3)
Zahl der Fleischer-Fachgeschäfte sinkt weiter

Die Fleischer-Fachgeschäfte in Deutschland steigerten 2015 laut dem Barometer der Fachzeitschrift Allgemeine Fleischer-Zeitung (afz) ihre Erlöse um 3,1 Prozent. 2014 lag das durchschnittliche Wachstum noch bei 2,7 Prozent. Der realisierte Umsatz unter den Befragten erhöhte sich auf durchschnittlich knapp 1,40 Millionen Euro. Von dieser positiven Entwicklung profitierten mehr Unternehmen als noch im Vorjahr. Waren 2014 noch rund 52 Prozent der Befragten im Plus, sind es im vergangenen Jahr 54 Prozent gewesen, bei einem durchschnittlichen Umsatzplus von 7,6 Prozent. Analog dazu sank die Zahl der Betriebe mit sinkenden Umsätzen von rund 25 auf knapp 18 Prozent, das durchschnittliche Minus belief sich auf 5,4 Prozent. Die Zahl der Unternehmen mit gleichbleibenden Umsätzen blieb bei etwa 18 Prozent nahezu unverändert.

Auch der Deutsche Fleischer-Verband (DFV) kommt auf einen leicht wachsenden Branchenumsatz für 2015. Für das vergangene Jahr gibt es noch keine aktuellen Zahlen, doch für 2014 meldet der Verband einen Umsatz von 16,3 Milliarden Euro. Insgesamt gab es Ende letzten Jahres fast 27 000 Verkaufsstellen, in denen rund sieben Millionen Kunden täglich bedient wurden. Diese Zahl setzt sich zusammen aus 13 158 Betrieben, 400 weniger als 2014, sowie 8 941 Filialen und 5 000 Verkaufsmobilen. Bei letzteren liegt der Schwerpunkt auf Wochenmärkten.

Wie setzt sich der Umsatz der Fleischer-Fachgeschäfte zusammen? Der Löwenanteil der Erlöse in Höhe von 10,5 Milliarden Euro wird über den Verkauf an der Bedientheke erwirtschaftet. Mit einem Gesamtvolumen von 1,4 Milliarden Euro ist das Liefergeschäft, zum Beispiel an Kliniken, Kindergärten, Schulen oder Kantinen, ein wichtiges Standbein. Im mobilen Verkauf kamen die Betriebe auf einen Umsatz von rund 250 Millionen Euro. Partyservice und Catering machen rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus. Weitere Absatzwege sind Lieferungen an Großverbraucher und den Lebensmittelhandel, der Imbissverkauf und die heiße Theke, die SB-Theke sowie, wenn auch noch im homöopathischen Bereich, das Onlinegeschäft. (4), (5)
Preisverfall drückt das Wachstum der Unternehmen der Fleischwirtschaft

Nicht nur in der Branche der Fleischer-Fachgeschäfte, auch bei der Tierhaltung setzt sich in Deutschland der Konzentrationsprozess fort. Das geht aus dem Fleischatlas Deutschland Regional 2016 der Heinrich-Böll-Stiftung und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hervor. Demnach wächst die Fleischproduktion in jenen Bundesländern am stärksten, in denen schon überdurchschnittlich viele Tiere gemästet werden.

Ein Grund ist die Politik und der Handel, deren Vorgehen große Stallneubauten fördert. So genehmigten niedersächsische Behörden zwischen 2012 und 2015 über 150 000 neue Schweinemastplätze. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich bei der Geflügelfleischproduktion beobachten. Auch in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen sollen immer größere Anlagen entstehen. Der Handel trägt zum Konzentrationsprozess bei, indem er durch seine Dumpingpreise eine Weiterentwicklung der Produktionssysteme verhindert.

Nicht nur die niedrigen Preise des Handels in Deutschland, auch der Preisverfall durch das Russlandembargo macht der Fleischbranche zu schaffen. Das zeigt das aktuelle Ranking der größten Fleischverarbeitungsbetriebe der afz und ihrer Schwesterzeitschrift Fleischwirtschaft, das Ende 2015 veröffentlicht wurde. An der Spitze steht weiter unangefochten der Brancheriese Tönnies, dessen Umsatz 2014 jedoch bei 5,60 Milliarden Euro stagnierte. Zwar verarbeitete das Unternehmen mit rund 17 Millionen Schweinen 600 000 Tiere mehr als im Vorjahr, doch gleichzeitig fielen die Schweinepreise. Hinzu kommen 405 000 Rinderschlachtungen, wobei Zerlegungen mitgezählt wurden.

Vion folgt auf Platz zwei. Doch aufgrund der Konsolidierung des Geschäfts, Niederlassungen wurden verkauft oder geschlossen, reduzierte sich der Umsatz um über elf Prozent auf 3,29 Milliarden Euro. Insgesamt schlachtete das Unternehmen 8,94 Millionen Schweine und 797 000 Rinder.

Auch bei Westfleisch, der Nummer drei, fiel das Plus bei den Schlachtungen mit 7,65 Millionen Schweinen und fast 350 000 Rindern höher aus als beim Umsatzwachstum. Insgesamt wuchs der Westfleisch-Umsatz deswegen nur um 0,2 Prozent auf 2,51 Milliarden Euro.

Auf Platz vier liegt mit der PHW-Gruppe der erste Geflügelfleischvermarkter. Das Unternehmen kam mit einem Wachstum von 2,7 Prozent auf 2,27 Milliarden Euro auf die höchste Umsatzsteigerung in den Top Ten aus. Besonders erfolgreich war das Geschäftsfeld Wiesenhof mit einem Umsatzplus von knapp fünf Prozent.

Neu in den Top Ten ist mit Kaufland Fleischwaren ein Fleischwerk des Lebensmitteleinzelhandels. Mit einem Umsatz von 830 Millionen Euro ist das Unternehmen der mit Abstand größte Vertreter aus der Branche. Doch fasst man die Umsätze aller Edeka-Fleischwerke zusammen, Edeka Südwest, Brandenburg, Südbayerische Fleischwaren oder Bauerngut werden im Ranking einzeln gewertet, kommen diese auf einen Umsatz von 2,62 Milliarden Euro. (6), (7), (8), [Abb. 1]


Trends


Geflügel soll Schwein als wichtigsten Fleischlieferanten ablösen

Die Zeitschrift Fleischwirtschaft hat eine Analyse der Entwicklung des weltweiten Fleischmarktes veröffentlicht, die auf Daten des OECD-FAO Agricultural Outlooks 2015 basiert. Demnach soll das Produktionsvolumen von Geflügel-, Schweine- und Rindfleisch von 294,7 Millionen Tonnen in 2014 um 14,7 Prozent auf 337,9 Millionen Tonnen in 2024 steigen. An der absoluten Zunahme von etwa 43,2 Millionen Tonnen soll Geflügelfleisch mit 56,3 Prozent den größten Anteil haben. Damit wird Geflügelfleisch in 2024 mit 133,80 Millionen Tonnen Schweinefleisch hinsichtlich des Volumens deutlich überholt haben. Denn die Schweinefleischerzeugung soll nur um 9,8 Prozent auf rund 128,76 Millionen Tonnen wachsen. Sogar die Rindfleischproduktion soll stärker steigen, nämlich um 10,9 Prozent auf 75,39 Millionen Tonnen.

Die unterschiedliche Entwicklung bei den einzelnen Fleischarten wird zu einer Veränderung der Anteile der drei Fleischarten an der Gesamterzeugung führen. Geflügelfleisch wird seinen Anteil um 2,5 Prozent auf dann 39,6 Prozent erhöhen. Schweinefleisch kommt dann nur noch auf 38,1 Prozent, Rindfleisch auf 22,3 Prozent. (9), [Abb. 2]



Fallbeispiele


Tegut: wertet Regionalmarke auf

Tegut will seine Fleischmarke Landprimus aufwerten. Bisher als reines Regionalkonzept für Schweinefleisch geführt, soll die Marke in Zukunft im gesamten Fleischsortiment des Händlers genutzt werden. Im Zuge dieser Neupositionierung sollen auch die Anforderungen zur Fleischerzeugung verschärft werden. So will Tegut den Einsatz von Antibiotika vermindern und ohne Gentechnik füttern. (10)


PHW-Gruppe: steigt ins Fischgeschäft ein

Die PHW-Gruppe will sich vom Geflügelgeschäft unabhängiger machen. Neben der Produktion von vegetarischer Wurst ist das Unternehmen auch ins Fischgeschäft eingestiegen. Dazu hat die PHW-Gruppe zusammen mit der Icefresh GmbH, einer Tochter der isländischen Samherji-Gruppe, die Windrose GmbH gegründet. Diese soll den Handel mit SB-Frischfisch beliefern. Das Kartellamt hat dem Joint Venture bereits zugestimmt.

Die PHW-Gruppe setzte im Geschäftsjahr 2013/14 mit ihren 35 Töchtern knapp 2,3 Milliarden Euro um. Die Icefresh GmbH erwirtschaftete 2013 einen Umsatz von 48,5 Millionen Euro. Die Samherji-Gruppe, zu der auch die Deutsche Fischfang Union GmbH gehört, kam 2014 auf einen Umsatz von 500 Millionen Euro. (11)


Zahlen & Fakten


Abbildung 1: PHW-Gruppe mit dem höchsten Wachstum
Die zehn größten Unternehmen der Fleischbranche
RangUnternehmen/GruppeUmsatz in 2014 in Millionen EuroDifferenz zum Vorjahr in Prozent
1Tönnies-Gruppe5.600+/-0
2Vion Food Germany3.290-11,1
3Westfleisch2.5140,2
4PHW-Gruppe2.2702,7
5Heristo1.454-2,0
6Rothkötter-Gruppe1.000+/-0
7Müller-Gruppe8850,2
8Kaufland Fleischwaren830 -
9Zur-Mühlen-Gruppe825+/-0
10Sprehe-Gruppe8002,6

Quelle: AFZ Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 42/2015, S. 24, (7)
Abbildung 2: Geflügel überholt Schweinefleisch

Entnommen aus: Fleischwirtschaft, 2/2016, S. 30 bis 34, (9)

Weiterführende Literatur:

(1.) Rekord bei der Fleischproduktion
aus Lebensmittel Zeitung 6 vom 12.02.2016 Seite 025

(2.) Gute Chancen für deutsches Fleisch
aus agrarzeitung 8 vom 26.02.2016 Seite 016

(3.) Wachsendes Exportgeschäft: Deutsche Fleischproduktion erreicht Rekord
aus www.lebensmittelzeitung.net vom 05.02.2016

(4.) Geschäfte kommen in Fahrt
aus afz - allgemeine fleischer zeitung 6 vom 10.02.2016 Seite 012

(5.) Sieben Millionen Kunden täglich
aus afz - allgemeine fleischer zeitung 7 vom 17.02.2016 Seite 004

(6.) Weniger Betriebe mästen mehr
aus Fleischwirtschaft 2 vom 18.02.2016 Seite 016

(7.) Kaufland Fleischwaren in den Top Ten
aus Lebensmittel Zeitung 42 vom 16.10.2015 Seite 024

(8.) Tiefpreise drücken auf den Umsatz
aus Fleischwirtschaft 11 vom 12.11.2015 Seite 091 bis 093

(9.) Geflügel setzt den Siegeszug fort
aus Fleischwirtschaft 2 vom 18.02.2016 Seite 030 bis 034

(10.) Tegut wertet Markenfleisch unter Landprimus auf
aus Lebensmittel Zeitung 4 vom 29.01.2016 Seite 022

(11.) Wiesenhof macht jetzt auch in Fisch
aus www.lebensmittelzeitung.net vom 29.07.2015

Markus Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 04 vom 05.04.2016
Dokument-ID: s_leb_20160405

Alle Rechte vorbehalten. © GBI-Genios Deutsche Wirtschaftsdatenbank GmbH