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Druckmaschinenbau - mit neuen Geschäftsmodellen zurück in der Erfolgsspur

MASCHINEN- UND ANLAGENBAU | GENIOS BranchenWissen Nr. 07 vom 25.07.2018


Weltweiter Maschinenhandel wächst deutlich

Der deutsche Maschinenbau hat 2017 erstmals Umsätze über 220 Milliarden Euro erzielt und damit eine neue Rekordmarke gesetzt. Im ersten Quartal dieses Jahres ging es in gleichem Tempo weiter. Einen kleinen Einbruch brachte der Mai, in dem die Bestellungen im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum um ein Prozent zurückgingen. Gleichwohl sind die Unternehmen optimistisch. Experten glauben, dass der globale Maschinenhandel 2018 um vier Prozent zulegen wird - wovon die traditionell stark exportorientierten deutschen Maschinenhersteller profitieren werden. (1)


Druckmaschinenbau: Neue Geschäftsmodelle und neue Technik

Die deutsche Druckmaschinenindustrie ist weltberühmt, musste aber eine lange Durststrecke verkraften. Die Lage war noch vor einigen Jahren so schwierig, dass manroland aufgespaltet wurde und seitdem als manroland Web Systems und manroland sheetfed unterwegs ist. Das Grundproblem besteht dabei freilich immer noch: Das Internet hat den Markt für Printprodukte verkleinert, und das Wachstum im Verpackungsdruck kann diese Rückgänge nicht völlig kompensieren. So kommen Bogenoffsetmaschinen heute nur noch auf ein Weltmarktvolumen von 2,4 Milliarden Euro; vor dem Beginn der Krise 2008/2009 lag es doppelt so hoch.

Gleichwohl ist die Durststrecke augenscheinlich überwunden - die Unternehmen machen wieder Gewinne. Beim globalen Marktführer Heidelberger Druckmaschinen fallen sie etwas geringer, bei der weltweiten Nummer zwei König und Bauer (KBA) etwas höher aus. Für die Trendwende waren allerdings einige Anstrengungen nötig. Beide Unternehmen sind schlanker geworden und haben ihre Geschäftsmodelle neu ausgerichtet, jedes in eine andere Richtung.

Bei Heidelberg ist es insbesondere ein neues Vertriebsmodell, das die Weichen in die Zukunft stellen soll. Der Kunde zahlt für die Maschinen in Abhängigkeit von der späteren Nutzung. Bisher wurden zehn Druckmaschinen aus der als Subskriptionsmodell bezeichneten neuen Vertriebsvariante verkauft; der Kunde zahlt hierbei nicht für die Maschine per se, sondern für jede später produzierte Druckseite. Der Vorteil für die Abnehmer liegt auf der Hand: Die hohe Anfangsinvestition in die neue Maschine fällt weg; die späteren Kosten entstehen durch das Druckvolumen und orientieren sich damit an den Einnahmen.

Subskriptionsmodelle sind auch in anderen Branchen verbreitet. Der Triebwerkshersteller Rolls-Royce beispielsweise lässt seine Kunden für die Betriebsminuten der Düsentriebwerke bezahlen. Ähnliche Vertriebsmodelle haben der Baumaschinenhersteller Hilti und der Landmaschinenbauer John Deere eingeführt. Pionier der nutzungsabhängigen Bezahlung ist der Kopiererhersteller Xerox, der seine Kunden schon 1958 den kopierten Seiten entsprechend bezahlen ließ.

Neben der Einführung des neuen Subskriptionsmodells treibt Heidelberg die Vernetzung seiner in aller Welt verteilten Maschinenparke voran - was den Maschinenbesitzern ebenfalls Effizienzvorteile bringen soll. Schon heute sind 10 000 Druckmaschinen aus Heidelberg weltweit über die Cloud miteinander verbunden und kommunizieren über Sensoren mit einem Zentralrechner. Die hereinkommenden Daten zeigen an, ob vorausschauende Wartung nötig wird und helfen dabei, Druckaufträge besonders effizient an die vorhandenen Maschinen zu verteilen. Anvisiert sind Maschinenparke, die autonom miteinander kommunizieren und die sogar in der Lage sind, selbständig Materialien zu bestellen. Weltweit hat Heidelberg bereits 400 Maschinen dieses Typs verkaufen können. (2), (3), (4)


König und Bauer geht andere Wege

KBA steht bei den Umsätzen weiter hinter der Heidelberger Druckmaschinen AG, ist in vielen Teilsparten - wie unter anderem dem Banknotendruck - aber ebenfalls Weltmarktführer. Das Unternehmen hat sein Geschäft ebenfalls umgekrempelt, aber in andere Richtung. So setzt der Druckmaschinenhersteller heute besonders stark auf den Verpackungsdruck und auf lukrative Nischenmärkte wie den Kartonagen-, Blech- und Glasdruck. Die Vernetzung ist freilich auch bei KBA ein Hauptthema. Derzeit sind es 7 000 der weltweit ausgelieferten Druckmaschinen, die Daten produzieren und absenden. Am autonomen Drucken wird bei dem Würzburger Unternehmen ebenfalls geforscht.

Trotz der gemeinsamen Branche unterscheidet sich KBA von Heidelberg nicht nur durch die geschäftliche Ausrichtung. So blieb das Unternehmen auch in den Krisenjahren 2009 bis 2012 in der Gewinnzone, während Heidelberg bereits Verluste produzierte. Ein Retter in der damaligen Zeit war der Boom bei Druckmaschinen für Banknoten. Noch immer werden zwei Drittel der weltweit produzierten Banknoten auf König-und-Bauer-Druckmaschinen hergestellt. Gleichwohl musste auch KBA der krisenhaften Entwicklung Tribut zollen und strich 3 000 Stellen von zuvor 8 300 Arbeitsplätzen.

Dass die Firma insgesamt mit deutlich weniger Schrammen durch die Druckmaschinenkrise gekommen ist, lässt sich auch am Aktienkurs ablesen. Die Aktie der Heidelberger Druckmaschinen AG hat seit 2007 rund 95 Prozent ihres Werts verloren, während die KBA-Aktie um mehr als 100 Prozent nach oben ging. Auch hier gibt es aber einen neuen Trend: In den vergangenen zwölf Monaten haben beide Wertpapiere um rund ein Drittel zugelegt.

Die heute Gewinn abwerfende Neustrukturierung bei KBA begann im Jahr 2013. Hierzu zählte auch der 2017 durchgeführte Marken- und Image-Relaunch. Die Maschinen erhielten ein neues Design, zudem gab es ein neues Logo. Aus dem Kürzel KBA wurde wieder König und Bauer. Heute ist das Unternehmen einer der größten Verpackungsdruckmaschinenhersteller der Welt und erzielt in dieser Sparte 70 Prozent seiner Umsätze. Seit 2015 ist König und Bauer zuverlässig zurück in der Gewinnzone. (5)





Fallbeispiele


Manroland Web Systems soll fusionieren

Das Augsburger Nachfolgeunternehmen der früheren Manroland AG soll mit dem US-Unternehmen Goss International zusammengelegt werden. Beide Firmen stellen in erster Linie Rollenoffsetdruckmaschinen her. Publik wurden die Pläne bereits im März dieses Jahres. Seither gab es allerdings keine neuen Wasserstandsmeldungen zu dem Fusionsvorhaben. (6)



Zahlen & Fakten


Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat ihre für das Geschäftsjahr 2017/2018 prognostizierten Ziele zwar erreicht, gleichwohl ging es nur mühsam vorwärts. So sank der Konzernumsatz von 2,5 Milliarden Euro auf 2,4 Milliarden Euro. Der Auftragseingang blieb indessen stabil bei 2,6 Millionen Euro. Der Nachsteuergewinn sank von 36 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2016/2017 auf 14 Millionen Euro.

Aus dem neuen Subskriptionsmodell wurden im Geschäftsjahr 2017/2018 zehn Maschinen verkauft, für das Geschäftsjahr 2018/2019 sind 30 Vertragsabschlüsse anvisiert. Bis zum Jahr 2020 soll die neue Subskriptionssparte 250 Millionen Euro zusätzlich in die Konzernkasse spülen.

Für das neue Geschäftsjahr 2018/2019 erwartet Heidelberg einen Umsatzzuwachs, allerdings nur in moderatem Umfang. Auch der Unternehmensgewinn soll leicht zulegen. (7)

König und Bauer hat im abgelaufenen Geschäftsjahr Konzernerlöse in der Höhe von 1,217 Milliarden Euro erzielt. Die Umsätze stiegen um 4,3 Prozent, die Aufträge legten um gut zehn Prozent auf 1,266 Milliarden Euro zu. Der Gewinn lag bei 81,1 Millionen Euro. (8)



Weiterführende Literatur:

(1.) Maschinenbau wächst weltweit stark
aus IEE - Industrie Engineering Effizienz, Heft 7/2018, S. 20

(2.) Druckmaschinenbau sortiert sich neu
aus Börsen-Zeitung vom 20.04.2018, Nr. 76, S. 10

(3.) Heidelberger Druck stellt Vertrieb auf den Kopf
aus Börsen-Zeitung vom 11.04.2018, Nr. 69, S. 13

(4.) Druck lebt und ist allgegenwärtig!
aus PACKMITTEL 4 vom 12.09.2017 Seite 014 bis 017

(5.) Print ist Hightech ohne Druckerschwärze
aus Absatzwirtschaft Nr. 04 vom 29.03.2018 Seite 076

(6.) Goss und Manroland Web sollen fusionieren
aus Absatzwirtschaft Nr. 04 vom 29.03.2018 Seite 076

(7.)Heidelberg bei Mittelfristzielen auf Kurs - 2018/2019 Wachstum angestrebt
aus news aktuell schweiz von 12.6.2018

(8.)Koenig & Bauer zieht positive Bilanz
aus Deutscher Drucker Nr. 7 vom 19.04.2018, Seite 6

Robert Reuter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 07 vom 25.07.2018
Dokument-ID: s_mas_20180725

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