GENIOS BranchenWissen > LEBENSMITTEL
Logo GENIOS BranchenWissen

Drogeriemarkt - Lebensmitteleinzelhandel kämpft mit den Spezialisten um Marktanteile

LEBENSMITTEL | GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 02.02.2015


Starker Verdrängungswettbewerb im Drogeriemarkt

Kosmetik- und Körperpflegeprodukte sind ein Wachstumsmarkt. In den zwölf Monaten bis zum 31. August 2014 gaben die Verbraucher in Deutschland dafür im Lebensmitteleinzelhandel und in den Drogeriemärkten rund 6,86 Milliarden Euro aus. Das Umsatzniveau erhöhte sich damit laut Nielsen gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent. Der Absatz erhöhte sich sogar um 2,4 Prozent, was auf ein insgesamt sinkendes Preisniveau schließen lässt.

Die positive Marktentwicklung findet vor dem Hintergrund eines starken Verdrängungswettbewerbs unter den Vertriebsschienen Drogeriemärkte, klassischer Lebensmitteleinzelhandel und Discounter statt. Doch nur die Drogeriemärkte gehen unbeschadet daraus hervor. Mit einem Zuwachs von 4,6 Prozent haben sie ihre Marktposition weiter gestärkt. Insgesamt vereint diese Vertriebsschiene einen Umsatzanteil von gut 62 Prozent auf sich. Dagegen lässt sich eine negative Umsatzentwicklung im Drogeriesegment in den Verbrauchermärkten, Discountern und insbesondere in den Supermärkten erkennen. (1), (2)
Warengruppen im Drogeriemarkt nehmen einander Umsätze ab

Zu den stärksten überproportionalen Wachstumstreibern unter den Warengruppen im Drogeriemarkt zählt die Dekorative Kosmetik. Die Kategorie erzielte in den zwölf Monaten bis August 2014 einen Umsatz von 962,9 Millionen Euro, ein Plus von 6,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit plus sieben Prozent war auch ein beachtliches Plus bei den Absätzen festzustellen. Die positive Performance trieben vor allem die Subsegmente Nagellack, Lippenstift, Make-up, Lidstrich und Abdeckstift voran.

Augenfällig im Berichtszeitraum ist das sinkende Preisniveau in der größten Kategorie Haarpflege. Der Umsatz blieb mit rund 1,65 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau, während die verkaufte Menge um 2,3 Prozent auf rund 730 Millionen Packungen anstieg. Dabei wurde die positive Entwicklung vor allem durch eine verstärkte Nachfrage nach Haarkuren und Haarsprays getrieben.

Gesichtspflege generierte im Erhebungszeitraum ein Umsatzwachstum von 4,1 Prozent auf knapp 793 Millionen Euro. Besondere Treiber waren All-in-one-Produkte. Diese Cremes erfüllen den Wunsch der Verbraucher nach einer einfachen und vielseitigen Hautpflege.

Die Körperpflegemittel erreichten ein Umsatzniveau von 381,3 Millionen Euro. Dies entspricht einem Umsatzplus von 1,4 Prozent, wobei die Absatzmenge stagniert. Im Unterschied zu den meisten anderen Segmenten ist hier ein höheres Preisniveau erkennbar. Treiber für die positive Entwicklung sind auch hier convenience-orientierte Produkte wie Bodylotions, die bereits in der Dusche aufgetragen und abgeduscht werden und somit Reinigung und Pflege in einem Produkt verbinden.

Für Impulse im Drogeriemarkt sorgten Lippen- und Fußpflege. Innovationen wie Lippenpflege-Produkte in kleinen Dosen und Neueinführungen im Colour&Shine-Segment trieben die positive Entwicklung voran. Bei Fußpflege standen Produkte im Fokus, die Hornhaut innerhalb von Minuten beseitigen. In beiden Segmenten wuchs der Umsatz aufgrund des höheren Preisniveaus erheblich stärker als die Absätze. Überdurchschnittliche Zuwächse verbuchte zudem Men Face Care durch die Listung neuer Nachtcremes für Männer und solcher Produkte, die den Drei-Tage-Bart-Trendlook stärken. Verstärkt wurde die Entwicklung durch den Trend zum Bart, was wiederum zu einer sinkenden Nachfrage nach Rasiermitteln, Rasierern und Klingen führte. (2), [Abb. 1]


Spezialisten beherrschen den Drogeriemarkt

Im Drogeriemarkt sind bei den Geschäftstypen die Spezialisten wie dm oder Rossmann führend. Insgesamt vereinen sie rund 62 Prozent des Drogerieumsatzes auf sich. Verbrauchermärkte kommen auf rund 20 Prozent, Discounter auf etwa 14 Prozent und Supermärkte auf drei Prozent. Der Kampf um Marktanteile im Drogeriebereich wird dabei nicht nur über den Preis, sondern auch über Eigenmarken ausgetragen. Hier gilt vor allem dm als Schrittmacher. Allein die dm-Hauptmarke Balea umfasst inzwischen fast 600 Artikel. Darunter sind Neuheiten, die selbst Markenartikler nicht im Repertoire haben.

Vor allem die Discounter versuchen mit Eigengewächsen beim Kunden zu punkten. So hat Lidl die Eigenmarke Cien kontinuierlich qualitativ und quantitativ deutlich ausgebaut und bewirbt sie im Stil eines Markenproduktes. Inklusive der 2014 neu eingeführten dekorativen Kosmetik, einer Professional-Line für Haarpflege sowie des Wellness-Bereichs mit Badeessenzen unter der Submarke Beauty Elements erstreckt sich das Sortiment inzwischen auf über 200 Artikel. Hinzu kommen weitere Brands wie Iseree, G. Bellini und Dentalux.

Aldi ist unter anderem mit den Eigenmarken Lacura (Süd) und Biocura (Nord) unterwegs. Weiterhin führt der Discount-Primus saisonale Artikel, etwa die Sommeredition des Ombia-Duschgels oder Limited Editions von Lacura Body. Angesichts des Erfolgs von dm und Rossmann hat Discounter den Spezialisten nachgeeifert. Die Drogerieabteilungen wurden mit indirekter Beleuchtung ausgestattet, um die Ware attraktiver in Szene zu setzen, und 2013 wurden Nivea-Markenprodukte in das Sortiment. Geholfen hat letzteres nicht, da der Discounter seitdem keine nennenswerten Marktanteile hinzugewonnen hat.

Die Edeka-Tochter Netto Markendiscount reklamiert für sich mit rund 1 000 Marken- und Eigenmarkenartikeln das breiteste Drogeriesortiment aller Discounter. In dem 2013 definierten Renommierfeld profitiert der Discounter vor allem bei Eigenmarken von der Zusammenarbeit mit der federführenden Edeka Zentrale. Richtung Shopper wird die Eigenständigkeit der Vertriebsschienen mit den Marken Pure und Shisara für Netto sowie Elkos für Edeka gewahrt.

Auch die Rewe Group nutzt Synergien der strategischen Geschäftseinheiten Vollsortiment und Penny, allerdings anders als Edeka. So führte die groß angekündigte Drogerieinitiative der Rewe-Märkte zu dem überraschenden Comeback der 2007 aufgegebenen Eigenmarke Today. Bei Penny fungiert sie schon seit zwei Jahren als Körperpflegemarke mit rund 80 Artikeln.

Als einziger nationaler Vollsortimenter behält Real mit der Mittelpreis-Eigenmarke Sôidie zweistufige Markenarchitektur mit Tip im Preiseinstieg bei. Die rund 150 Sôi-Artikel ersetzen bestimmte, bisher unter Real Quality geführte Produkte.

Ohne Schnickschnack, ohne teuer lautet der Claim des Wettbewerbers Kaufland. Das Unternehmen belässt es auch bei der unter K-Classic geführten Kosmetik bei unprätentiösem, wenn auch leicht überarbeitetem Verpackungsdesign. Subbrands wie Care für Körperpflege und Solena bei Damenhygiene erleichtern die Orientierung. Für höherwertige und insbesondere dekorative Kosmetik sind Marken gelistet. (3), (4), (5), [Abb. 2]

Das Internet spielt bei Drogeriewaren noch keine Rolle. Das Institut für Handelsforschung schätzt den Onlineumsatzanteil für 2013 auf etwa ein Prozent. Vor allem die Versorgungsdichte gilt als Hemmschuh für den Erfolg. Das versucht Amazon zu ändern. Der Onlinehändler macht Kunden mit zahlreichen Aktionen auf sein Drogeriewarensortiment aufmerksam. So wirbt der Konzern mit Beigaben und Preisrabatten bei bekannten Marken wie etwa Veet, Dove, Axe oder Wilkinson Sword. Auch im Sortiment schaltet der Händler sukzessive Produkte auf, die er selbst verkauft. Aktuell bietet Amazon als Versender, also ohne die Waren seiner Marktplatzpartner, rund 67 000 Produkte in der Kategorie Drogerie und Körperpflege an. (6)


Naturkosmetik wird bei Verbrauchern beliebter

Nachhaltigkeit spielt auch im Drogeriemarkt eine immer größere Rolle. So legte der Umsatz von natürlichen Körperpflege- und Schönheitsprodukten nach Erhebungen des Beratungsunternehmens Naturkosmetik Konzepte 2013 um sieben Prozent auf 920 Millionen Euro zu. Wachstumstreiber war dabei die Naturkosmetik mit einem Umsatzplus von 22,2 Millionen Euro. Damit erreicht sie einen Umsatzanteil von 7,6 Prozent am Gesamtmarkt.

Industrie und Handel haben auf die wachsende Bedeutung des Segments reagiert. In immer mehr Produktkategorien kann der Kunde mittlerweile zwischen klassischer Kosmetik und Naturkosmetik auswählen. Zertifizierte Naturkosmetikprodukte machen im Lebensmitteleinzelhandel und in den Drogeriemärkten mittlerweile 17 Prozent vom Gesichtspflegemarkt aus. Im Bereich Körperpflege sind inzwischen 14 Prozent der Produkte Naturkosmetik. Nach GfK-Erhebungen erschloss das Segment 2013 zwölf Prozent Neukunden und baute die Käuferreichweite von 19,3 auf 21,5 Prozent aus.

Beim Vergleich der Vertriebsschienen für grüne Kosmetik rangieren die Drogeriemärkte mit knapp 39 Prozent Marktanteil unangefochten an erster Stelle. Nach GfK-Erhebungen bauten die Handelsmarken insgesamt im Jahr 2013 ihren Vorsprung bei der Käuferreichweite auf 14,3 Prozent weiter aus.

Im Lebensmitteleinzelhandel findet derzeit mit einem Plus von 84,3 Prozent das stärkste Marktwachstum statt. Als Wachstumstreiber agiert dabei die Großfläche. Während der Absatz über Apotheken und Fachgeschäfte eher stagnierte, holten die Parfümerien auf. Sie überrundeten mit einem Umsatzplus von 17 Prozent erstmals die Apotheke als Absatzkanal für Naturkosmetik. (7)





Fallbeispiele


Real: neue Eigenmarke im Drogeriesortiment

Real hat eine neue Produktrange unter der Dachmarke Sôi aufgestellt. Sôi umfasst ein Sortiment von etwa 150 Artikeln, die ausschließlich aus den Bereichen Kosmetik, Haar- und Körperpflege kommen. Es gibt zudem eine Männerserie mit Gesichtspflege und After Shave. Real verspricht, bei diesen Produkten auf kritische Inhaltsstoffe zu verzichten.

Die neue Marke unter dem Slogan Mein schönes Ich ist optisch hochwertig aufgemacht. Sie überraschen mit zuweilen exotisch anmutender Beschriftung, wie beispielsweise Bôdylôtiôn. Begleitet wurde die Produkteinführung von einer Kampagne mit der Frauenzeitschrift Freundin, in der für kostenlose Tests geworben wurde.(8)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Umsatzentwicklung von Drogerieartikel im Lebensmitteleinzelhandel und in Drogeriemärkten
Umsatz in Millionen Euro
MAT* bis KW 35
20131014
Haarpflege1.648,61.646,9
Deko Kosmetik904,8962,9
Gesichtspflege761,6792,7
Deomittel615,9631,1
Duschen, exklusive Baby540,1546,1
Rasierer und Rasierklingen505,9503,3
Körperpflege, exklusive Baby367381,3
Babypflege, exklusive Sonnenpflege250,8255,9
Feinseifen212,5204,2
Bäder, exklusive Baby180,8172,9
Fußpflege150,7162,6
Sonnenpflege, inklusive Baby152,4153,5
After Shave9795,7
Handpflege, exklusive Baby92,391,5
Rasiermittel, inklusive Female Apres9289,7
Gesichtspflege für den Mann64,369,1
Lippenpflege60,768,4
Enthaarung30,729,6
Gesichts-/Haar- und Körperpflege6.737,16.857,6

*MAT: Moving Annual Total = rollierendes Jahr Quelle: Nielsen Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 47/2014, S. 36, (2)
Abbildung 2: Spezialisten beherrschen den Drogeriemarkt

Entnommen aus: Lebensmittel Zeitung, 47/2014, S. 36, (2)

Weiterführende Literatur:

(1.) Hartdiscounter haben das Nachsehen
aus Lebensmittel Zeitung 48 vom 28.11.2014 Seite 012

(2.) Drogeriemärkte machen das Plus
aus Lebensmittel Zeitung 47 vom 21.11.2014 Seite 036

(3.) LEH päppelt seine Drogeriesparten auf
aus Lebensmittel Zeitung 43 vom 24.10.2014 Seite 035 bis 036

(4.) Discounter greifen Drogerien an
aus Lebensmittel Zeitung 24 vom 13.06.2014 Seite 004

(5.) dm verteidigt Preisführerschaft
aus Lebensmittel Zeitung 34 vom 22.08.2014 Seite 008

(6.) Amazon baut Drogerieangebot aus
aus Lebensmittel Zeitung 25 vom 20.06.2014 Seite 008

(7.) Natürliches Wachstum
aus Lebensmittel Zeitung 11 vom 14.03.2014 Seite 036 bis 038

(8.) Real macht Kosmetik
aus Lebensmittel Zeitung 41 vom 10.10.2014 Seite 008

Markus Hofstetter

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 02 vom 02.02.2015
Dokument-ID: s_leb_20150202

Alle Rechte vorbehalten. © GBI-Genios Deutsche Wirtschaftsdatenbank GmbH