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Automarkt China - die Konjunktur legt den Rückwärtsgang ein

AUTOMOBIL | GENIOS BranchenWissen Nr. 09 vom 30.09.2019


Chinas Autokonjunktur im Abschwung

Der weltgrößte Automarkt China befindet sich im Abwärtstrend. In den ersten acht Monaten 2019 gab es ein Minus von elf Prozent. Bis zum Jahresende dürfte der Absatz auf rund 21 Millionen Fahrzeuge sinken, der niedrigste Wert seit 2014. Den bisherigen Höchstwert gab es 2017 mit 24,7 Millionen Fahrzeugen. Insgesamt sind die Wachstumsraten seit Juli 2018 negativ, eine rasche Erholung ist nicht in Sicht. Ein im Frühjahr wirksam gewordenes Steuererleichterungspaket hat kaum Besserung gebracht. Im Abschwung konnten die deutschen wie auch die japanischen Autobauer ihre Marktanteile ausbauen. Rückgänge verzeichneten dagegen die einheimischen sowie die US-Hersteller. Für die deutschen Autobauer ist China mittlerweile der wichtigste Absatzmarkt weltweit. (1), (12), [Abb. 1]


China setzt auf Elektromobilität

China hat sich in den vergangenen Jahren zu dem Markt für Elektromobilität entwickelt. Im September 2017 verabschiedete die Regierung in Peking eine staatliche Elektroquote. Seither müssen sämtliche Automobilhersteller in China einen bestimmten Prozentsatz an Elektrofahrzeugen produzieren. Und die Quote steigt jährlich: 2019 sind es zehn Prozent der produzierten Fahrzeuge, 2020 zwölf Prozent. Jahrzehntelang hatte China vergeblich versucht, bei Verbrennungs- und Dieselmotoren zu Deutschlands Autobauern aufzuschließen. Inzwischen hat man den Wettbewerb aufgegeben - und setzt stattdessen auf das Zukunftsthema Elektromobilität. (6)



Trends

Die Ratingagenturen Standard & Poors (S & P) und Moodys haben im Laufe des Jahres ihre Prognosen für den chinesischen Automarkt nach unten korrigiert. S & P geht inzwischen für 2019 von einem Minus von sieben bis neun Prozent aus, während die ursprüngliche Prognose noch einen Rückgang von drei Prozent vorsah. Auch Moodys sieht seine Prognose, die Anfang August mit minus 6,5 Prozent angegeben wurde, in Gefahr. (2)

Die schwächelnde Nachfrage auf dem chinesischen Markt schlägt immer stärker auf die globalen Zulieferer durch. Wie aus einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und der Investmentbank Lazard hervorgeht, wird die operative Umsatzrendite der Zulieferer 2019 voraussichtlich bei rund sechs Prozent liegen - dem niedrigsten Wert seit 2012. Ursache für die Entwicklung ist der schwache Pkw-Absatz in China. In den Jahren zuvor war die Nachfrage vor allem von dem chinesischen Markt angekurbelt worden, was viele Zulieferer veranlasste, ihre Kapazitäten auszubauen. Bei einigen Firmen sind nun 60 bis 70 Prozent der neuen Kapazitäten ungenutzt. (3)

Bei vielen Automobilherstellern ist die Kapazitätsauslastung 2018 in China so weit gesunken, dass von einer ernsthaften Überkapazität gesprochen werden kann. Zu dieser Einschätzung kommt das Beratungsunternehmen Alix Partners. Ford, PSA, Renault, Fiat, Kia und Hyundai kamen demnach nicht einmal auf 50 Prozent Auslastung. Volkswagen lag bei 80 Prozent. Da der Premiummarkt von der Krise weitgehend verschont blieb, hatten BMW und Daimler auf mehr als 100 Prozent Auslastung. Allerdings geraten auch deren Margen unter Druck. (7)



Fallbeispiele

Volkswagen (VW) setzt künftig verstärkt auf Elektromobilität und sucht deswegen in China Batterielieferanten. Zu den Optionen gehört auch die Gründung von Gemeinschaftsunternehmen mit Lieferanten. Eines der möglichen Ziele ist der Batteriehersteller Guoxuan High-Tech in der Provinz Anhui. Als ersten Schritt hatte Volkswagen schon eine Vereinbarung mit Chinas größtem Hersteller von Batteriezellen CATL geschlossen. Um nicht von einem Lieferanten allein abhängig zu sein, werden weitere gesucht. VW rechnet damit, dass bis 2028 mehr als elf Millionen rein batteriegetriebene Fahrzeuge in China produziert werden. China ist inzwischen der größte Einzelmarkt für VW. Der Konzern setzt dort rund ein Drittel seiner Fahrzeuge ab. (10)

Der Autobauer Daimler hat nun einen weiteren Großaktionär aus China. Der chinesische Hersteller BAIC hat sich über eine Tochtergesellschaft mit fünf Prozent an den Stuttgartern beteiligt. Damit sind fast 15 Prozent des Konzerns in chinesischer Hand. Bereits im Februar 2018 war der Milliardär Li Shufu mit seinem Geely-Konzern eingestiegen, er hält an der Mercedes-Mutter 9,69 Prozent. Daimler seinerseits ist seit 2013 an BAIC Motor, einer börsennotierten Tochter von BAIC, beteiligt. Für Daimler ist China seit Jahren der wichtigste Markt, und dies nicht nur beim Absatz, sondern inzwischen auch bei Entwicklung und Produktion. (4)

Der chinesische Elektroauto-Hersteller Nio hat große Exportpläne. In spätestens fünf Jahren will Nio seine Autos auch außerhalb Chinas anbieten, vor allem in Europa. Viele Marktbeobachter trauen Nio zu, den internationalen Herstellern ernsthaft Konkurrenz zu machen. Nun ist Nio jedoch in Schwierigkeiten geraten. Im zweiten Quartal 2019 stieg das Minus um 83 Prozent auf 3,29 Milliarden Yuan (420 Millionen Euro) - und fiel damit nicht nur deutlich höher aus als erwartet, sondern überstieg sogar den Umsatz von 200 Millionen Euro. Fraglich ist nun sogar, ob das Unternehmen überleben wird. (5), (8)

Den Markt für Elektroautos will auch das chinesische Auto-Startup Byton aufmischen. Ins Leben gerufen wurde dieses von den ehemaligen BMW-Managern Daniel Kirchert und Carsten Breitfeld. Bei Byton haben sämtliche Fahrzeuge elektrischen Antrieb. Design und Fahrzeugkonzept werden in München entwickelt; Elektronik, Software und autonomes Fahren im Silicon Valley; Einkauf, Lieferkette und Produktion finden in China statt. Bei Byton handelt es sich nicht mehr um klassische Autos, sondern um eine Art Smartphone auf Rädern. In einem Byton geht es mehr um Vernetzung, weniger um traditionelle PS-Leistung. (6), (8)

Bei der Elektromobilität haben die Chinesen auch in punkto Technik die Nase vorn. Bei den Batteriezellen ist beispielsweise die chinesische CATL führend. Um die Marktführerschaft auszubauen, investiert CATL massiv in Deutschland. 1,8 Milliarden Euro wollen die Chinesen über fünf Jahre hinweg in ihr erstes deutsches Batteriezellwerk in Erfurt stecken. Weitere Fabriken in Deutschland könnten folgen. Als ersten Kunden hat CATL BMW gewonnen. Inzwischen hat auch der Autozulieferer Bosch mit CATL eine strategische Kooperation vereinbart. (9), (11)



Zahlen & Fakten


Abbildung 1: Die größten Automobilunternehmen Chinas 2017
HerstellerAbsatz in Millionen Fahrzeuge 2017
SAIC6,9
Dongfeng4,1
FAW**3,1**
Chongqing Changan2,9
BAIC**2,8**
Guangzhou Automobile (GAC)2,0
Geely1,2

** Stand 2016 Quelle: CAAM, Unternehmen Entnommen aus: Genios Statistiken vom 15.01.2019 (13)

Weiterführende Literatur:

(1.) Chinas Automarkt steckt in der Konjunkturfalle
aus Börsen-Zeitung vom 13.09.2019, Nr. 176, S. 8

(2.) Chinas Automarkt stürzt ungebremst - Standard & Poor's und Moody's pessimistisch für Reich der Mitte - Deutsche Hersteller dennoch stark
aus Börsen-Zeitung vom 18.09.2019, Nr. 179, S. 9

(3.) Autozulieferer erwarten schwerere Zeiten - Studie: Branche bekommt Auswirkungen des schwächeren Marktes in China zu spüren
aus Ostthüringer Zeitung - Bad Lobenstein vom 30.08.2019 Seite 6

(4.) Der Zweite aus China - BAIC steigt mit fünf Prozent beim Autokonzern Daimler ein
aus Süddeutsche Zeitung, 24.07.2019, Ausgabe München, Bayern, Deutschland, S. 17

(5.) Elektroautos - Chinesischer Tesla-Herausforderer Nio in Schwierigkeiten - Aktie bricht ein
aus Handelsblatt online vom 25.09.2019

(6.) Ein Smartphone auf Rädern rollt an den Start - In der Automobilindustrie gibt zunehmend China den Takt vor. Das chinesische Auto-Startup Byton drängt an die Spitze - es bekommt Hilfe aus Deutschland
aus NZZ am Sonntag vom 14.07.2019 Seite 28

(7.) China-Flaute erwischt Autobauer kalt - Alix Partners: Negative Überraschung - Hohe Überkapazitäten - Margendruck
aus Börsen-Zeitung vom 26.06.2019, Nr. 119, S. 9

(8.) Byton und Nio - Kaffee und Community
aus - KFZ-Betrieb Nr. 029 vom 19.07.2019 Seite 038

(9.) Chinesischer Batteriehersteller will mehr Fabriken in Deutschland - Konkurrent von VW in Salzgitter irritiert CATL nicht, sagt Europachef Zentgraf. Auch auf Tesla als Kunden setzen die Chinesen
aus DIE WELT, 24.09.2019, Nr. 223, S. 10

(10.) VW sucht in China Batterielieferanten
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.08.2019, Nr. 196, S. 22

(11.) Bosch bandelt mit chinesischem Batteriehersteller an - CATL entwickelt Zellen für Bremssysteme
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.09.2019, Nr. 207, S. 22

(12.) In den Fängen des Drachen
aus Börsen-Zeitung vom 10.09.2019, Nr. 173, S. 1

(13.)China: Top 10 Absatzstärkste Automobilunternehmen 2017
aus Genios Statistiken vom 15.01.2019

Thomas Trares

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 09 vom 30.09.2019
Dokument-ID: s_aut_20190930

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