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Online-Musikhandel - Abschied vom klassischen CD-Handel

MEDIEN & VERLAGE | GENIOS BranchenWissen Nr. 10/2005 vom 24.10.2005

Beitrag

Zwar werden dem Online-Musikmarkt attraktive Wachstumsraten vorhergesagt und es schießen immer mehr Musik-Download-Portale aus dem Boden, aber werden diese digital downgeloadeten Musiktitel tatsächlich bald die klassische CD ersetzen?


Der Online-Musikhandel boomt

Marktforscher prognostizieren für den Markt für Online-Musikdownloads attraktive Wachstumschancen. (1), (2) So soll der Markt für Musikdownloads im Jahr 2006 über 2 Milliarden Euro groß sein und im Jahr 2008 bereits über 2 Milliarden Euro. (8) Auf der diesjährigen Popkomm in Berlin waren die Online-Anbieter von Musik so zahlreich wie nie zuvor vertreten. (3) Das Internet gilt zunehmend als strategisch wichtiger Vertriebsweg für Musik, so dass man sich zu Recht fragen kann, ob es die klassischen CDs bald überhaupt noch geben wird.


Das Geschäftsmodell

Möchte man Musiktitel online, d.h. über das Internet verkaufen, braucht man zunächst die entsprechende Lizenz an jedem einzelnen Titel den man verkaufen möchte. Diese kann man von den jeweiligen Rechteinhabern (z.B. die großen Labels wie z.B. Universal Music, Sony-BMG, die EMI-Gruppe oder Warner Music) über die so genannten nationalen Musikverwertungsgesellschaften (z.B. die Gema in Deutschland) käuflich erwerben. (4) Für den Download der Lieder haben die verschiedenen Online-Musikanbieter unterschiedliche Abrechnungsmodelle. So gibt es Einzelabrechnungen (wie z.B. 99 Cent pro Titel bei Musicload oder 1,20 Euro bei iTunes), aber auch eine Vielzahl an so genannten Abo-Modellen. (1), (5), (6)



Die Strategien der verschiedenen Musik-Download-Portale

www.musicload.de
Marktführer bei den Musik-Download-Portalen ist in Deutschland derzeit Musicload, eine Tochterfirma von T-Online. Für den Verbraucher macht der Download von Musik technisch eigentlich nur Sinn mit schnellen DSL-Anschlüssen. (7) So verwundert die Strategie von T-Online nicht, durch ihre Plattform Musicload zugleich den Absatz ihrer DSL-Anschlüsse zu steigern. (8) Aufgrund des attraktiven Wachstumsmarktes sieht sich aber der derzeitige Marktführer zunehmenden Wettbewerb gegenüber, weswegen Musicload mit verschiedenen Zusatzangeboten und vorübergehenden Preissenkungen reagiert hat. (1)


www.itunes.de
Auch in Deutschland vertreten, hat sich der Apple Konzern mit seiner Online-Musikplattform iTunes Musicstore in USA und Großbritannien, seit seiner Einführung vor über 2 Jahren, bereits Marktanteile von rund 80 Prozent gesichert. Auch hier geht die digitale Musikvertriebsplattform Hand in Hand mit dem Verkauf seiner kompatiblen MP3-Player iPods. Auch bei den iPods verzeichnet Apple glänzende Absatzzahlen. (9)


www.saturn-download.de
Ende September 2005 hat auch der Elektronikfachhändler Saturn seine Musik-Download Plattform am Markt eingeführt. Saturn kann dadurch Synergien zum einen dadurch erzielen, dass er bei den Verbrauchern bereits eine starke Marktposition beim Verkauf von MP3 Playern hat. Zum anderen kann Staturn seine starke Verkaufsposition beim Verkauf von MP3-Playern dazu nutzen, von den Lieferanten (=Musikindustrie) günstigere Einkaufskonditionen (=Lizenzgebühren) von der Musikindustrie zu erlangen. (5) Was bedeutet, dass Saturn seine Online-Musiktitel günstiger anbieten könnte als die Wettbewerber.


www.napster.de
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft will die US-amerikanische Musikbörse Napster in Deutschland auf den Markt kommen. (2) Napster plant die Einführung eines monatlichen Abonnements, bei dem der Nutzer solange unbegrenzten Zugriff auf alle verfügbaren Musiktitel hat, solange eine bestimmte monatliche Gebühr bezahlt wird. (1). Für den Markteintritt sind Kooperationen mit Herstellern von MP3-Spielern geplant, bei denen der Verbraucher bspw. beim Kauf eines MP3-Players gratis Download-Monate bei Napster gutgeschrieben bekommt. (2)


Befürchtungen der Musikindustrie

Die großen Musik-Labels haben natürlich Bedenken, dass mit der zunehmenden Anzahl an Music-Download-Portalen ein Preisverfall einhergeht. Wodurch die Spanne zwischen den Preisen für die herkömmlichen CDs im Einzelhandel und den Online-Alben noch größer werden würde. Interessensvertreter der Musikindustrie fordern deshalb zurzeit von den Online-Musikhändlern, bestimmte Preisuntergrenzen nicht zu unterschreiten. Druckmittel der Musiklabels ist, keine Lizenzen mehr für Musiktitel zu vergeben. (9) Würden die Preise allerdings steigen, würde dies zwar dem Online-Absatz schaden, aber nicht zugunsten der klassischen CDs, sondern wieder hin zu illegalen Musikbörsen. (12)


Ausblick und Fazit

Für viele Internetportale ist der Bereich Music-Downloads zu einem strategisch wichtigen Hoffnungsträger geworden. (6) So wollen beispielsweise auch der Online-Buchhändler amazon.de (10) sowie Yahoo (6) ins Online-Musikgeschäft einsteigen. Aber auch Handy-Hersteller und Mobilfunkbetreiber sehen in Online-Musikportalen trotz den mittelfristig nicht zu überwindenden technologischen und ökonomischen Problemen bei den Handys - eine zukunftsträchtige Absatzplattform für ihre mobilen Lösungen. (11)

So scheint es, als ob wir erst am Anfang einer großen Welle stehen, die die klassischen Musik-CDs tatsächlich irgendwann überflüssig machen. Was beim digitalen Musikkauf allerdings derzeit noch zu kurz kommt, ist das gesamte "Erlebnisspektrum" einer CD: Das Cover, das mitgelieferte Bildmaterial und die mitgelieferten Liedertexte etc.. Auch das derzeit noch vorhandene Bedürfnis der Verbraucher nach haptischer Wahrnehmung von Musik als Ganzes, wird es dem Online-Vertrieb von Musiktiteln schwer machen. (3), (13)

Aber, wenn es für die Verbraucher zunehmend attraktiver wird, ihre Musik über das Internet zu beziehen, weil a) DSL-Anschlüsse zunehmend Verbreitung finden, b) die Online-Musikplattformen zunehmend professioneller und technisch ausgereifter werden, c) nicht nur Musik downgeloaded werden kann, sondern auch die passenden CD-Cover, Liedertexte, die nächsten Konzerttermine sowie Fanclub-Adressen und d) mobile Musikdownloads auf das Handy technisch möglich und preislich bezahlbar werden, dann droht der klassischen CD vielleicht doch irgendwann mal das aus.



Fallbeispiele



Der Softwarekonzern Microsoft wollte zwar auch in den Online-Vertrieb von Musik einsteigen, stoppte aber die Verhandlungen mit den großen Musiklabels, da dem Konzern die Kosten für die geforderten Lizenzen für ein Abo-Modell offenbar zu hoch waren. (14)

Neben zahlreichen neuen Online-Musikshops gibt es auch digitale Musikläden, deren Plattformen sich nicht bewährt haben. So wird Karstadt seinen Musik-Shop bis Ende November 2005 schließen. Als Gründe werden qualitative und technische Mängel angeführt. (15)

Zahlen & Fakten

Abbildung 1: Bekanntheit von Online-Musik-Angeboten nach Anbietern



Basis: 63,51 Millionen Personen ab 14 Jahre. Zeitraum: 5. Januar bis 17. Januar 2005

Quelle: IPSOS Deutschland

Entnommen aus: Stern Trend Profile, Online-Musiksites, 01/2005, S. 6. (13)



Abbildung 2: Bekanntheit von Nutzungspotenzial und Nutzung von Online-Musik-Angeboten nach Anbietern



Basis: 63,51 Millionen Personen ab 14 Jahre. Zeitraum: 5. Januar bis 17. Januar 2005

Quelle: IPSOS Deutschland

Entnommen aus: Stern Trend Profile, Online-Musiksites, 01/2005, S. 6. (13)

Weiterführende Literatur:

(1.) Dengel, Birgit, Musicload kontert Angriffe der Konkurrenz, Financial Times Deutschland, 15.09.2005, S. 5
aus Financial Times Deutschland vom 15.09.2005, Seite 5

(2.) Dengel, Birgit, Napster zielt auf Rang zwei des deutschen Download-Geschäfts, Online-Musikdienst will Rivalen iTunes überholen, Financial Times Deutschland, 16.09.2005, S. 4
aus Financial Times Deutschland vom 16.09.2005, Seite 4

(3.) O.V., Verwertung des Bestehenden, Die Popkomm 05 in Berlin, Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2005, Nr. 219, S. 44
aus Neue Zürcher Zeitung, 20.09.2005, Nr. 219, S. 44

(4.) O.V., Musikverwertung in Europa, Financial Times Deutschland, 12.09.2005, S. 6
aus Financial Times Deutschland vom 12.09.2005, Seite 6

(5.) Dengel, Birgit, Saturn mischt Online-Musikgeschäft auf, Handelskette startet Download-Service zu Kampfpreisen, Financial Times Deutschland, 27.09.2005, S. 6
aus Financial Times Deutschland vom 27.09.2005, Seite 6

(6.) Riering, Burkhard, Yahoo stärkt sich mit Rock und Pop, Neue Musikangebote sollen dem Internet-Portal mehr Reichweite bringen, Die Welt, 24.09.2005, Nr. 224, S. 13
aus DIE WELT, 24.09.2005, Nr. 224, S. 13

(7.) Bernau, Patrick, Lieder aus dem Netz, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.09.2005, Nr. 36, S. 56
aus Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.09.2005, Nr. 36, S. 56

(8.) Paperlein, Juliane, Mobile Downloads sollen es richten, T-Mobile bringt mit Musicload Lieder aufs Mobiltelefon, Horizont, 22.09.2005, S. 22
aus HORIZONT 38 vom 22.09.2005 Seite 022

(9.) Riering, Burkhard, Musikfirmen machen Apple Ärger, Online-Anbieter soll Preis erhöhen, die Welt, 21.09.2005, Nr. 221, S. 13
aus DIE WELT, 21.09.2005, Nr. 221, S. 13

(10.) O.V., Amazon will Musik-Downloads anbieten, netzeitung.de, 27.09.2005
aus DIE WELT, 21.09.2005, Nr. 221, S. 13

(11.) Krempl, Stefan, Jukebox für die Jacke, Mit dem Handy unterwegs Musik hören, Neue Zürcher Zeitung, 23.09.2005, Nr. 222, S. 63
aus Neue Zürcher Zeitung, 23.09.2005, Nr. 222, S. 63

(12.) Schrader, Christopher, Gier spielt die Musik, Süddeutsche Zeitung, 22.09.2005, Ausgabe Deutschland, S. 11
aus Süddeutsche Zeitung, 22.09.2005, Ausgabe Deutschland, S. 11

(13.) O.V., Bekanntheit, Nutzungspotenzial und Nutzung von Online-Musik-Angeboten nach Anbietern, FAKT Markt- und Wirtschaftsinformationen
aus Stern Trend Profile, Online-Musiksites, 01/2005, S. 6

(14.) O.V., Die Rechnung geht nicht auf, Microsoft und Musiklabels brechen Abo-Verhandlungen ab, Süddeutsche Zeitung, 05.10.2005, Ausgabe Deutschland, S. 13
aus Süddeutsche Zeitung, 05.10.2005, Ausgabe Deutschland, S. 13

(15.) O.V., Saturn bietet Musik zum Herunterladen an, netzeitung.de, 26.09.2005
aus Süddeutsche Zeitung, 05.10.2005, Ausgabe Deutschland, S. 13

S.Naujoks

Metainformationen

Quelle: GENIOS BranchenWissen Nr. 10/2005 vom 24.10.2005
Dokument-ID: s_med_20051024

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